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Jahresbericht 2009 (PDF) - Zentrum für Zeithistorische Forschung ...

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Das dritte Objekt ist eine grüne Nylon-Umhängetasche,<br />

die ebenfalls mit dem DRK-<br />

Kreuz bedruckt, mit einer Seitentasche versehen<br />

und innen in mehrere Fächer unterteilt<br />

ist (Abb. 1). Die Seitentasche enthielt beim<br />

Ankauf durch das Museum eine Pinzette und<br />

einen unbenutzten Notizblock, die Innentasche<br />

eine Mundmaske »Atemspende«, Verbände<br />

und Mullbinden in verschiedenen Größen,<br />

vier schwarze Tücher, einen gläsernen<br />

Messbecher, Holzstäbchen <strong>für</strong> eine Rachenuntersuchung,<br />

ein flüssiges Antiseptikum,<br />

zwei Packungen SPALT Schmerztabletten und<br />

eine Flasche »Dreierlei Tropfen« (gegen Magen-<br />

und Darmbeschwerden). Anhand der<br />

Aufdrucke auf verschiedenen Verpackungen lässt sich dieses Paket auf Mitte der 1970er<br />

Jahre datieren. Während die zweite Tasche möglicherweise aus privatem Besitz stammt,<br />

wurden die erste (ca. 1959) mit Sicherheit und die zweite (ca. 1974) aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach bei Übungen oder Einsätzen des Zivilschutzes verwendet.<br />

Bevor ich auf die Frage zurückkomme, welchen Aufschluss diese Objekte über das<br />

Sicherheitsempfinden von DDR-Bürgern im Kalten Krieg geben (könnten), möchte ich<br />

einige Anmerkungen zum Status von Artefakten im Kontext historischer <strong>Forschung</strong> machen.<br />

Für die Darstellung und Erforschung der Vergangenheit haben Artefakte traditionell<br />

eine große Rolle gespielt. Dies gilt vor allem <strong>für</strong> den Museumsbereich, aber auch <strong>für</strong> verschiedene<br />

Felder der historischen <strong>Forschung</strong> wie die Archäologie, die Wissenschaftsgeschichte,<br />

die Anthropologie, Volkskunde und Kunstgeschichte. Grundsätzlich gibt es dabei<br />

zwei verschiedene Herangehensweisen: Entweder betrachten wir die Dinge als passive<br />

Gegenstände, die indirekt Aufschluss über die Geschichte des Menschen und seine kulturelle<br />

Produktion geben, oder wir betrachten sie als Akteure oder ›Agenten‹, die Menschen<br />

auf je eigene (z. B. magische oder ästhetische) Weise affizieren. Während die erste Herangehensweise<br />

häufig nicht explizit gemacht wird (weil sie unserem gemeinen Verständnis<br />

der Dinge entspricht), haben Vertreter verschiedener akademischer Disziplinen in den<br />

vergangenen Jahren die zweite Herangehensweise theoretisch fundiert. Als Referenzpunkt<br />

dienen dabei die Werke von Marcel Mauss, seit den 1980er Jahren auch die Schriften<br />

von Bruno Latour: Er entwickelte den Gedanken, dass es zwischen Mensch und Kultur bzw.<br />

Technik eine andere als nur eine Subjekt-Objekt-Beziehung gibt, zur sogenannten Akteur-<br />

Inhalt einer Erste-Hilfe-Tasche des<br />

DRK der DDR aus den 1970er Jahren.<br />

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