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Jahresbericht 2009 (PDF) - Zentrum für Zeithistorische Forschung ...

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und gleichzeitig ausdruck und ergebnis jener Prozesse waren, die sich seit den 1970er<br />

Jahren in der Umwelt- und Friedensbewegung vollzogen hatten. neben all den düsteren<br />

Metaphern ist »tschernobyl« somit auch Symbol einer über die grenzen europas hinaus-<br />

reichenden Solidaritätsbewegung, ein Symbol zivilgesellschaftlichen engagements unzäh-<br />

liger kleinerer und größerer gruppen. dabei leistete deutschland – neben den USa, italien<br />

und Japan – den größten anteil der internationalen privaten Hilfe <strong>für</strong> die betroffenen<br />

Menschen in Belarus.<br />

Seit Beginn der 1990er Jahre bildeten sich über 1.000 größere und vor allem kleinere<br />

organisationen in deutschland, deren anliegen es ist, den opfern der Katastrophe von<br />

tschernobyl zu helfen. Sie luden Hunderttausende Kinder aus strahlenverseuchten ge-<br />

bieten ein, um ihnen einige wochen oder Monate erholung in »sicherer« und »sauberer«<br />

Umgebung und / oder medizinische Betreuung zu bieten. auch wenn die Zahl der einge-<br />

ladenen Kinder mittlerweile rückläufig ist, verbringen immer noch knapp 10.000 belarussische<br />

Kinder jährlich ihre Ferien in deutschland. Parallel zur Kindererholung im ausland<br />

entstanden erholungszentren in »sauberen« regionen in Belarus, beispielsweise das<br />

von der gleichnamigen deutsch-belarussischen organisation geführte »nadeschda« [Hoffnung].<br />

Unzählige container mit mehr oder weniger geeigneten Spenden wurden in die<br />

am meisten betroffenen länder gebracht. Zusammen mit den erholungsaufenthalten ist<br />

das nur der sichtbarste teil eines breiten engagements deutscher zivilgesellschaftlicher<br />

organisationen. daneben wurden Fortbildungen <strong>für</strong> Bauern, erzieher und Ärzte angeboten,<br />

und es entstanden auf deutsche initiative und mit deutscher Finanzierung ganze<br />

belarussische ortschaften auf der grundlage alternativer energiekonzepte <strong>für</strong> Umgesiedelte<br />

aus kontaminierten gebieten.<br />

während noch 1968 die Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung »atom« vorwiegend<br />

mit der Bombe und nur in ausnahmefällen mit Kernkraftwerken assoziierte, erfuhr<br />

das atomkraftthema im laufe der 1970er Jahre eine starke symbolische aufladung,<br />

die zunehmend auch Kernkraftwerke mit einbezog. infolgedessen nahm der atomdiskurs<br />

einen zentralen Stellenwert in Umweltdebatten ein. die anti-aKw-Bewegung war in den<br />

1960er und 1970er Jahren in jenem Kontext entstanden, den Frank Biess als »inkubationszeit<br />

einer neuen Subjektkultur« beschrieb, in der sich eine »neue angstbesetzte Subjektivität«<br />

sowie eine zunehmend »ubiquitäre angst« ausbreitete. dabei beruhte das »angstbesetzte<br />

Selbst« der 1970er Jahre durchaus auf einer steigenden anzahl realer gefahren<br />

im Zeitalter von wirtschaftskrisen, Umweltzerstörungen und terrorismus. gleichzeitig<br />

schuf die »neue Subjektivität« erst jene wahrnehmungsraster, über die sich die Bedeutun-

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