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Transparenz für alle Beteiligten - Archiv - Personalwirtschaft

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AUSLANDSENTSENDUNG Entsenderichtlinie<br />

16<br />

<strong>Transparenz</strong> <strong>für</strong> <strong>alle</strong> <strong>Beteiligten</strong><br />

Bei der Paul Hartmann AG sind internationale Mitarbeitereinsätze an der Tagesordnung.<br />

Doch existierte bis vor einiger Zeit keine allgemeingültige Policy <strong>für</strong> Auslandsentsendungen.<br />

In einem unternehmensübergreifenden Projekt wurde diese im Jahr 2008 entwickelt.<br />

D<br />

ie Hartmann Gruppe ist ein erfolgreiches, internationales<br />

Unternehmen im Bereich von Medizin- und<br />

Pflegeprodukten, welches derzeit mit knapp 10 000 Mitarbeitern<br />

in 35 Ländern tätig ist. Die Paul Hartmann AG<br />

als Konzernmutter hat ihren Sitz im schwäbischen Heidenheim.<br />

Internationale Mitarbeitereinsätze sind an der<br />

Tagesordnung, auch wenn das Instrument der Entsendung<br />

bis Ende September 2008 nicht in dem Maße genutzt<br />

wurde, wie es ein solches Unternehmen auf den ersten<br />

Blick vermuten lässt. Die fehlende Policy <strong>für</strong> Entsendungen<br />

ist sicher einer der Gründe da<strong>für</strong>.<br />

Aus diesem Grund unternahm die Konzernpersonalabteilung<br />

der Paul Hartmann AG bereits im Jahr 2007 erste<br />

Schritte, um den internationalen Mitarbeitereinsatz innerhalb<br />

des Unternehmens und seiner Tochtergesellschaften<br />

zu professionalisieren. Entscheidend <strong>für</strong> diesen Schritt<br />

waren folgende Verbesserungspotenziale:<br />

● In erster Linie die fehlende Richtlinie, die den betroffenen<br />

Mitarbeitern als Orientierungsrahmen <strong>für</strong> ihr „Entsendungs-Paket“<br />

fehlte und so zu Intransparenz bezüglich<br />

der vom Unternehmen zur Verfügung gestellten<br />

Leistungen führte.<br />

● Die Kosten eines internationalen Mitarbeitereinsatzes<br />

und der damit verbundene (auch administrative) Aufwand<br />

konnten vorab nicht beziffert werden. Eine Ent-<br />

Sonderheft 05 |2010 www.personalwirtschaft.de<br />

scheidung <strong>für</strong> eine Entsendung war somit mit einem hohen<br />

finanziellen Risiko verbunden und bescherte den Verantwortlichen<br />

nicht selten höhere Kosten als vermutet.<br />

● Die hohe Komplexität bei den Punkten Sozialversicherung,<br />

Lohnsteuer und internationales Arbeitsrecht, sowie<br />

in Fragestellungen zur Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis<br />

zwangen zur Standardisierung des Entsendungsprozesses,<br />

um die notwendige Rechtssicherheit zu gewährleisten.<br />

Dies gilt vor <strong>alle</strong>m <strong>für</strong> die stark gestiegenen<br />

Dokumentationspflichten im Bereich der Konzernsteuer<br />

(Verrechnungspreisthematik).<br />

Aufgrund dieser identifizierten Verbesserungspotenziale<br />

wurde auf Ebene der Konzernperson<strong>alle</strong>itung mit Einbindung<br />

der Unternehmensleitung entschieden, den Prozess<br />

„Internationaler Mitarbeitereinsatz“ sowohl prozessual<br />

neu zu definieren als auch eine entsprechende Policy<br />

zu entwickeln.<br />

Die Projekarbeit begann im Februar 2008. Bei der<br />

Zusammensetzung des Projektteams wurden die unterschiedlichen<br />

Ansprüche aus der Organisation berücksichtigt.<br />

Das Kernprojektteam bestand aus drei Mitarbeitern<br />

der Abteilung Corporate Human Resources sowie einer<br />

Diplomandin als Projektassistenz. Zusätzlich waren Mitarbeiter<br />

aus dem Bereich Corporate Tax in das Projekt eingebunden.<br />

Themenspezifisch wurde das Team zusätzlich


durch Verantwortliche aus dem Versicherungswesen<br />

und Führungskräften aus<br />

Bereichen, die stark von Entsendungen<br />

betroffen sind,sowie ehemaligen Expatriates,<br />

ergänzt.<br />

Um eine professionelle Begleitung des<br />

Projekts zu gewährleisten, hat man sich<br />

dazu entschieden, ein erfahrenes Beratungsunternehmen<br />

in den Prozess einzubeziehen.<br />

Dazu fand eine Ausschreibung<br />

statt, bei der verschiedene Kriterien<br />

im Fokus standen. Besonders entscheidend<br />

waren <strong>für</strong> das Projektteam der Beratungsansatz<br />

und die inhaltliche Vorgehensweise,<br />

daneben wurden aber auch<br />

das Preis-Leistungsverhältnis und persönliche<br />

Referenzen zum Beratungshaus<br />

berücksichtigt. Anfang April 2008 entschied<br />

sich das Projektteam aufgrund der<br />

zuvor aufgestellten Kriterien <strong>für</strong> eine<br />

Zusammenarbeit mit ORC Worldwide.<br />

Analyse der bisherigen<br />

Entsendungen<br />

Zur Vorbereitung des Projekts fand bereits<br />

par<strong>alle</strong>l zu den Ausschreibungen eine<br />

umfassende Analyse <strong>alle</strong>r bisherigen Entsendungsfälle<br />

statt. Ergebnis dieser Analyse<br />

war eine Übersicht, wie die bisherigen<br />

Auslandseinsätze unter anderem in<br />

den folgenden Kategorien abgewickelt<br />

wurden:<br />

● Einsatzziel der Entsendung,<br />

● vertragliche Bestandteile wie beispielsweise<br />

Laufzeit, Vergütung, Kündigungsfrist,<br />

Rechtsstand et cetera,<br />

● Sozialversicherung und Steuer,<br />

● sonstige Inhalte des Entsendungspakets<br />

(Unterkunft, Heimreisen etc.).<br />

Die Auswertung lieferte wichtige Erkenntnisse<br />

<strong>für</strong> die weitere Projektarbeit. Bereits<br />

im Vorhinein wurde deutlich, welche<br />

Punkte <strong>für</strong> die zukünftige Richtlinie und<br />

die Prozessabwicklung besonders berücksichtigt<br />

werden müssen. Das Projektteam<br />

wurde bereits in dieser Phase darin bestätigt,<br />

dass die Zielsetzung, die Bereiche<br />

Vertragswesen, Sozialversicherung und<br />

Vergütung zu vereinheitlichen, richtig ist.<br />

Beim ersten Kick-off-Workshop Ende April<br />

wurden in einem ergebnisoffenen Brain-<br />

storming zunächst die beiden Hauptziele<br />

<strong>für</strong> die weitere Zusammenarbeit präzisiert<br />

und schriftlich festgehalten: Das<br />

erste Ziel sollte die Sicherstellung einer<br />

rechtssicheren Abwicklung auf den Gebieten<br />

Arbeits-, Steuer und Sozialversicherungsrecht<br />

von Internationalen Mitarbeitereinsätzen<br />

sein.<br />

Zweitens stand die Definition eines attraktiven<br />

Entsendungsrahmens <strong>für</strong> die Mitarbeiter<br />

der Paul Hartmann AG auf der<br />

Agenda. Durch diese sollte sichergestellt<br />

werden, dass eine marktgerechte und<br />

transparente Abwicklung und Vergütung<br />

gewährleistet werden kann, bei gleichzeitiger<br />

Berücksichtigung von Personalentwicklung<br />

und Wiedereingliederung des<br />

Mitarbeiters.<br />

Erarbeitung der Richtlinie<br />

In vier weiteren Folgeworkshops wurden<br />

in den folgenden drei Monaten die<br />

Richtlinien und Prozesse der künftigen<br />

Gestaltung des Internationalen Mitarbeitereinsatzes<br />

erarbeitet und ausformuliert.<br />

ORC Worldwide moderierte <strong>alle</strong><br />

Workshops und beriet das Projektteam<br />

im Bezug auf Benchmarks und eigene<br />

Erfahrungen.<br />

Einen wichtigen Bestandteil und Angelpunkt<br />

der zukünftigen Richtlinie bildete<br />

dabei die Festlegung des Vergütungsansatzes<br />

und der zukünftige Umgang bei<br />

Sozialversicherungsfragestellungen. Aber<br />

auch Entsendebedingungen wie die Unterkunft,<br />

Heimreisen und die Schul- und Kinderbetreuungskosten<br />

wurden ausführlich<br />

thematisiert und diskutiert.<br />

Dazu der Konzernperson<strong>alle</strong>iter der Paul<br />

Hartmann AG: „Durch die ausführliche<br />

Erläuterung all dieser Punkte konnte<br />

gewährleistet werden, dass die Paul Hartmann<br />

AG eine Richtlinie erhält, die den<br />

Bedürfnissen unseres Unternehmens und<br />

unserer Mitarbeiter entspricht. Nur so<br />

konnte sichergestellt werden, dass die<br />

Richtlinien und Prozesse danach auch<br />

akzeptiert und umgesetzt werden.“ Durch<br />

die präzise Ausarbeitung <strong>alle</strong>r einzelnen,<br />

die Richtlinie umfassenden Punkte während<br />

der Workshops wurde ein Handbuch<br />

Sonderheft 05 |2010 www.personalwirtschaft.de 17


AUSLANDSENTSENDUNG Entsenderichtlinie<br />

erstellt, das optimal an die Größe des<br />

Unternehmens, seine Tochtergesellschaften<br />

und die Unternehmenskultur angepasst<br />

werden konnte.<br />

Erfolgsfaktoren bei der Erstellung<br />

einer Richtlinie<br />

Par<strong>alle</strong>l zu den Workshops fand eine<br />

zweite Ausschreibung statt, in der nach<br />

einem externen Dienstleister gesucht<br />

wurde, der die Paul Hartmann AG<br />

zukünftig bei der Abwicklung von internationalen<br />

Mitarbeitereinsätzen operativ<br />

in Rechtsfragen wie Ausländer-, Steuer-<br />

und Sozialversicherungsrecht begleitet.<br />

Es stellte sich als Vorteil heraus, diese<br />

zweite Ausschreibung während des<br />

Projekts durchzuführen, da die im Projekt<br />

festgelegten Inhalte und Verfahrensweisen<br />

direkt in Absprache mit dem dann<br />

ausgewählten Dienstleister in Arbeitsunterlagen<br />

und Checklisten umgesetzt<br />

werden konnten. Ein hilfreicher Bestandteil<br />

dieser Arbeitsunterlagen ist die sogenannte<br />

Cost Projection. Dieses Kalkulationsblatt<br />

ermöglicht vor Beginn der Entsendung<br />

die Gesamtkosten derselben<br />

abzuschätzen.<br />

Der letzte Workshop zur endgültigen Festlegung<br />

der Richtlinie wurde im September<br />

2008 unter Einbeziehung von Vorstandsmitgliedern<br />

und Regionaldirektoren<br />

durchgeführt. Ziel war es, auch von<br />

diesen noch einmal Input bezüglich offener<br />

Thematiken zu generieren und eine<br />

Abstimmung noch offener Fragestellungen<br />

durchzuführen.<br />

Die Richtlinien wurden von ORC formuliert,<br />

die finalen Versionen wurden dann<br />

zwischen dem Projektteam und den Verantwortlichen<br />

von ORC abgestimmt. Auf<br />

diese Weise wurde gewährleistet, dass die<br />

zuvor erarbeiteten Inhalte klar und verständlich<br />

übernommen worden sind.<br />

Erfolgreicher Schlusspunkt des Projekts<br />

war im Dezember 2008 die Verabschiedung<br />

dreier Richtlinien (<strong>für</strong> Short-Term-<br />

Entsendungen, Long-Term-Entsendungen<br />

und die Entsendung von Trainees) sowie<br />

der dazugehörigen Prozesse durch den<br />

Vorstand.<br />

18<br />

Sonderheft 05 |2010 www.personalwirtschaft.de<br />

Prozess der Erarbeitung einer Entsenderichtlinie Abbildung<br />

Start<br />

Kick Off Tag –<br />

Klärung Zielsetzung der Richtlinie, Definition der Adressaten,<br />

Rollenverteilung im Projektteam<br />

Workshop I mit Corporate HR (2 Tage) –<br />

Entsendungsrichtlinie: Definition der Kritierien, Diskussion der<br />

Bedingungen, Gestaltungsmöglichkeiten und Benchmarkdaten<br />

Erstentwurf Entsendungsrichtlinie -<br />

auf Basis der Workshop-Ergebnisse<br />

Workshop II – Diskussion des Erstentwurfs mit Corporate HR<br />

Diskussion und erste Entscheidung über mögliche Änderungen<br />

Fertigstellung finale Version der Entsendungsrichtlinie –<br />

zusätzliche Erstellung von Vertragsvorlagen<br />

Workshop III– Diskussion der finalen Policy<br />

Einbeziehung der Linienmanager sowie des Vorstands,<br />

letzte Möglichkeit <strong>für</strong> Änderungen<br />

Implementierungsphase –<br />

Kommunikation und Umsetzung<br />

Eine intensive Analyse der Ist-Situation, sowie die Einbindung <strong>alle</strong>r betroffenen Fach- und<br />

Unternehmensbereiche in die Richtlinienentwicklung und -kommunikation, sind Erfolgsfaktoren<br />

<strong>für</strong> das Gelingen des Projekts.<br />

Drei Punkte sind maßgeblich <strong>für</strong> den<br />

erfolgreichen Prozess der Richtlinienerstellung<br />

zu nennen:<br />

1. Eine intensive und umfassende Analyse<br />

der Ist-Situation im Bereich des internationalen<br />

Mitarbeitereinsatzes, die die<br />

Handlungsfelder und Verbesserungspotenziale<br />

<strong>für</strong> die Entscheidungsträger sichtbar<br />

macht.<br />

2. Eine professionelle Projektbegleitung<br />

mit fachlicher und methodischer Unterstützung.<br />

3. Die Einbindung <strong>alle</strong>r betroffenen Fachund<br />

Unternehmensbereiche in die Richtlinienentwicklung<br />

und -kommunikation.<br />

Durch den neuen Entsendungsprozess ist<br />

es Hartmann gelungen, eine wesentliche<br />

Professionalisierung bei Auslandsaufenthalten<br />

seiner Mitarbeiter zu erzielen. Insbesondere<br />

in Bezug auf höhere Rechtssi-<br />

Nötige Schleifen:<br />

• stetige Kommunikation<br />

und Feedback zwischen<br />

Unternehmen und Berater<br />

• regelmäßige Abstimmung<br />

in Gesprächen<br />

Mögliche Schleife:<br />

• Einbeziehung des<br />

Betriebsrates<br />

• Einbeziehung von Personalverantwortlichen<br />

der<br />

Tochtergesellschaften<br />

• Multiplikatoren aus dem<br />

Linien-Management<br />

cherheit haben sich die neuen Regelungen<br />

bewährt. Die Richtlinie wird bei <strong>alle</strong>n<br />

neuen Fällen herangezogen, gleichzeitig<br />

assistiert sie auch bei Verlängerungen<br />

von alten Entsendungsfällen. Auch das<br />

Feedback der Geschäftsbereiche zur neuen<br />

Verfahrensweise ist durchgehend<br />

positiv.<br />

Autoren<br />

Gesche Zangs,<br />

International C&B and International Assignment,<br />

PAUL HARTMANN AG, Heidenheim,<br />

gesche.zangs@hartmann.info<br />

Lulzim Gojani,<br />

Director Corporate Human Resource Management,<br />

PAUL HARTMANN AG, Heidenheim,<br />

lulzim.gojani@hartmann.info<br />

Philipp Bastian,<br />

Head of International Compensation Services,<br />

ORC Worldwide, München,<br />

philipp.bastian@orcworldwide.de

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