Finanzbericht 2009 (PDF) - SV (Schweiz)
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Peter Brunner, 1951, ist<br />
von Geburt an mit<br />
ganzem Herzen Zürcher<br />
und seit 15 Jahren im<br />
Herzen von Zürich Wirt<br />
und Koch. Ausserdem<br />
ist er Autor mehrerer<br />
Kochbücher und Kolumnen,<br />
zuerst in der Neuen<br />
Zürcher Zeitung, dann<br />
im Tages-Anzeiger<br />
und im Magazin Bolero.<br />
CARTE BLANCHE: GASTBEITRAG VON PETER BRUNNER<br />
Der Madenhacker und das Flusspferd || Madenhacker sind<br />
die zierlichen, kleinen Vögel, die auf dem Rücken der Flusspferde<br />
herumhüpfen und ihnen die lästigen Parasiten aus der Haut<br />
picken. Dieses friedliche Bild taucht in mir auf, wenn ich über mein<br />
Verhältnis zur Grossgastronomie nachdenke.<br />
Grosse und Kleine nebeneinander. Wie die Flusspferde im Fluss<br />
nimmt die Grossgastronomie ihren raumgreifenden Platz im alltäglichen<br />
Markt der Gastronomie ein. Und wie der kleine Vogel picken wir<br />
als kleines Restaurant uns die Gäste heraus, die zu uns passen.<br />
Natürlich nicht um sie zu verspeisen, sondern im Gegenteil, um sie zu<br />
verwöhnen. Ein Sprachbild wie dieses stimmt natürlich nur unter<br />
gewissen Aspekten. Hier ist es das friedliche Nebeneinander von<br />
Grossen und von Kleinen, die sich mit ihren verschiedenen Fähigkeiten<br />
ergänzen. Es gibt sicher Kollegen, welche die Grossgastronomie anders sehen,<br />
nämlich als eine Gefahr für ihre Existenz. Ich kann diese Ansicht zwar verstehen, aber<br />
nicht teilen. Denn realistisch betrachtet sind wir Kleinen gar nicht in der Lage, den<br />
riesigen Bedarf an gesunder, günstiger und vor allem schneller und praktischer<br />
Verpflegung der modernen Menschen zu decken. Wir sind zu langsam, zu kompliziert<br />
und zu teuer für diese alltägliche Aufgabe.<br />
Von Rationalität, Ernährung und Geschmack. Essen ist aber niemals nur effiziente<br />
Verpflegung, sondern immer auch Befriedigung von anderen Bedürfnissen, und hier<br />
haben wir kleinen Gastronomen unsere spannenden Möglichkeiten. Um was geht es<br />
überhaupt? Es geht immer wieder um denselben, simplen Vorgang: Ein Mensch<br />
nimmt Nahrung auf, verdaut sie und scheidet später einen Teil wieder aus. Interes santerweise<br />
kann man diesen Vorgang auch in einem Grossbetrieb nicht rationalisieren,<br />
er ist genau derselbe wie in der kleinen Quartierbeiz. Der Mensch tut dies aus zwei<br />
Gründen. Erstens, um gesund und fit zu bleiben, und zweitens, um des Essgenusses<br />
willen. Einmal steht die Ernährung im Vordergrund, ein andermal der Genuss. Bei den<br />
meisten Menschen wechseln sich diese Motive im Lauf des Tages und der Woche<br />
ab. Aber selbst wenn die Zeit zum Genuss fehlt, spielt der Geschmack noch eine<br />
zentrale Rolle: Ein unappetitliches Mittagessen lässt man lieber stehen, selbst wenn<br />
das einen hungrigen Nachmittag bedeutet. Sehr deutlich sieht man das bei Kindern,<br />
die lieber hungern, als etwas zu essen, was sie nicht mögen. Geschmack ist eine<br />
sehr subjektive Sache und der Geschmack beim Essen ist es ganz besonders. Ich nenne<br />
nur die Stichworte Griessbrei, Fischeier, Kutteln, Spinat oder blutiges Fleisch.<br />
Die Schnittmenge der kulinarischen Erfahrung. Was uns persönlich schmeckt<br />
oder nicht schmeckt, ist stark geprägt durch unsere kulinarische Biografie, vor allem<br />
durch unsere kulinarische Kindheit. Diese Tatsache hat eine grosse Bedeutung für<br />
die Gastronomie und für mich als Koch. Ich weiss, was mir schmeckt, und ich habe