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Der St. Albans Psalter und seine liturgische Verwendung

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BERNHARD GALLISTL: <strong>Der</strong> <strong>St</strong>. <strong>Albans</strong> <strong>Psalter</strong> <strong>und</strong> <strong>seine</strong> <strong>liturgische</strong> <strong>Verwendung</strong><br />

Die Aufforderung zum asketischen Seelenkampf ist also ein Kommentar zum<br />

ersten Psalm, der hier beginnt. 90 Es ist vielleicht auch kaum zufällig, dass das<br />

Alexiuslied ebenfalls mit einer „B“-Initiale (B – ons fut ...) einsetzt. Kleiner<br />

<strong>und</strong> unbebildert, ist sie immer noch hervorgehoben. Auch stammt sie vom<br />

gleichen Maler. 91<br />

Alexius erscheint als Typus des beatus vir, der vor dem<br />

Anblick Gottes <strong>seine</strong>n inneren Feind besiegt.<br />

Mit der Analyse der Texte kommt nun auch ein <strong>liturgische</strong>s Argument in Betracht,<br />

wenn wir nach dem Zusammenhang der Alexiuslage mit dem übrigen<br />

92<br />

<strong>Psalter</strong> fragen.<br />

Es fällt auf, dass in drei unserer Texte die Schau des Christusantlitzes<br />

thematisiert wird. Gab es in <strong>St</strong>. <strong>Albans</strong> gar ein kultisches Bild mit dem Antlitz<br />

Christi, das zu diesem Anlass gezeigt wurde?<br />

Das Christusbild hatte auch in England bereits eine alte Tradition, die noch<br />

deutlicher wird, wenn wir den Gregor-Sec<strong>und</strong>inus-Brief daneben halten.<br />

Gregor hatte dem Sec<strong>und</strong>inus versprochen, einen Boten mit dem Brustbild<br />

Christi <strong>und</strong> weiteren Bildern <strong>und</strong> einem schadenabwehrenden Kreuz zu ihm<br />

zu schicken. <strong>Der</strong> englische Historiograph Beda berichtet, wie die Missionare<br />

eben dieses Gregor ein schadenabwehrendes Kreuz <strong>und</strong> ein „auf eine Tafel gemaltes<br />

Bild des Herrn <strong>und</strong> Salvators“ mit sich trugen, als sie (im Jahr 597) in<br />

England eintrafen. 93<br />

Können wir aber in <strong>St</strong>. <strong>Albans</strong> selbst irgendwelche Spuren eines solchen<br />

Bildes finden? Hier müssen wir in die erste Hälfte des 13. Jahrh<strong>und</strong>erts weiter-<br />

Heinrich III. hatte eben den simonistischen Erzbischof Widger von Ravenna abgesetzt. In<br />

<strong>seine</strong>r Bemühung um die Reinheit <strong>und</strong> <strong>St</strong>ärke der Kirche im Geiste Clunys führt der Kaiser<br />

das goldene Zeitalter des Friedens herauf. Vgl. BERNHARD GALLISTL, Ein Herrscherbild im<br />

Reichenauer Orationale der Hildesheimer Dombibliothek?, in: Wolfenbütteler Notizen zur<br />

Buchgeschichte 23 (1998) S. 7–13. Petrus Damianus ist auch Verfasser eines Sermo de<br />

S. Alexio confessore, in dem der Heilige als Exponent des geistlichen Kampfes erscheint,<br />

Migne PL 144, S. 652–660.<br />

90<br />

GOLDSCHMIDT, Albanipsalter (wie Anm. 3) S. 46, erkannte eine Gemeinsamkeit mit dem<br />

Psalm, lediglich im allgemeinen Gegensatzpaar von Gut <strong>und</strong> Böse. Die Absicht des Verfassers<br />

geht darüber hinaus. Er kommentiert den Psalm richtiggehend nach dem tropologischen <strong>und</strong><br />

anagogischen Schriftsinn. Die Worte Hic Versus loquitur bedeuten die Einleitung eines<br />

Kommentars. Abschließend wiederum wird auf den gedeuteten versus zurückgeblickt: Modo<br />

audisti n[ost]r[u]m dictu[m] & illu[m] v[e]rsu[m] … Mit der Vorstellung des Psalmisten David<br />

leitet der Verfasser schließlich ins Psalmwerk als Ganzes ein.<br />

91<br />

Vgl. KIDD, Contents (wie Anm. 6) S. 125f.<br />

92<br />

Zur kodikologische Diskussion vgl. KIDD, Contents (wie Anm. 6) S. 111–115.<br />

93<br />

At illi non demoniaca, sed diuina virtute prediti veniebant, crucem pro vexillo ferentes<br />

argenteam, et imaginem domini saluatoris in tabula depictam; letaniasque canentes, pro sua<br />

simul et eorum propter quos et ad quos venerant salute eterna domino supplicabant,<br />

BERTRAM COLGRAVE, ROGER A. MYNORS (Hg.), Bede’s ecclesiastical History, 1966, S. 74.

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