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Der St. Albans Psalter und seine liturgische Verwendung

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BERNHARD GALLISTL: <strong>Der</strong> <strong>St</strong>. <strong>Albans</strong> <strong>Psalter</strong> <strong>und</strong> <strong>seine</strong> <strong>liturgische</strong> <strong>Verwendung</strong><br />

Wenn diese anfangs hochgeschätzten Bilder im weiteren 13. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

sämtlich zur Bedeutungslosigkeit herabsanken, wie dies Belting feststellte, 102<br />

war dies sicherlich eine Auswirkung des 4. Laterankonzils <strong>und</strong> des Veronika-<br />

w<strong>und</strong>ers.<br />

Matthew Paris fügt <strong>seine</strong>m Bericht eine Wiedergabe des Veronikabildes mit<br />

103<br />

dem Ablassgebet hinzu. Das Gemälde ist auf einem dünnen Pergamentblatt<br />

auf einer leeren Seite im Text eingeklebt. 104 <strong>Der</strong> Mönch aus <strong>St</strong>. <strong>Albans</strong> gibt<br />

damit die erste Überlieferung des Veronikabildes im Westen, 105 <strong>und</strong> zwar in der<br />

Form des Ablassbildes, das bis in das späte Mittelalter hinein erhebliche Ver-<br />

breitung finden sollte. 106 Ein ähnliches Blatt, ebenfalls von Matthew Paris,<br />

finden wir am Ende eines <strong>Psalter</strong>iums mit Oxforder Kalendar (Abb. 5). 107 In<br />

einem Zusatz erklärt dort der „Künstler“ die Absicht, mit <strong>seine</strong>r Darstellung<br />

die Andacht des Gläubigen weiter anzuregen. 108<br />

Matthew Paris weicht beide Male erheblich vom wirklichen Bildtypus des<br />

Veronikabildes ab. Mit ihren archaischen Zügen reihen sich die Darstellungen<br />

109<br />

eher unter die Repliken des Mandylions ein. Wo war <strong>seine</strong> Vorlage? Gab es<br />

102<br />

„Im Westen geriet das Mandylion bald in den Schatten der berühmten Bildreliquie aus<br />

<strong>St</strong>. Peter in Rom … In einer Schenkung des lateinischen Kaisers Balduin von Konstantioopel<br />

an den französischen König ist 1247 von dem ‚heiligen Tuch‘ (bild) (toella) die Rede, das dann<br />

in allen Inventaren der Pariser <strong>St</strong>e Chapelle auftaucht … es fand neben den Passionsreliquien<br />

<strong>und</strong> im Schatten der Dornenkrone wenig Beachtung. <strong>Der</strong> wahre Gr<strong>und</strong> für sein Schattendasein<br />

bestand aber offenbar darin, dass die ‚Veronica‘ in Rom inzwischen den Anspruch des<br />

‚wahren Porträts‘ allein vertrat. Deswegen konnte sich auch das … Mandylion aus San<br />

Silvestro in Rom nicht durchsetzen“, BELTING, Bild (wie Anm. 74) S. 246.<br />

103<br />

SOLANGE CORBIN DE MANGOUX, Les offices de la Sainte Face, in: Bulletin des Etudes<br />

Portugaises NS 11 (1947) S. 29; BELTING, Bild (wie Anm. 74) S. 603.<br />

104<br />

„a sensitively rendered tinted drawing of the Veronica on a piece of fine vellum (80 x 85mm)<br />

which he pasted onto the page“, SUZANNE LEWIS, The Art of Matthew Paris in the Chronica<br />

majora, 1986, S. 126.<br />

105<br />

„represents the earliest Veronica in western art“, LEWIS, Art (wie Anm. 104) S. 127.<br />

106<br />

HANS-WALTER STORK, Spätmittelalterliche Gebetbücher in Rollenform, in: Gutenberg<br />

Jahrbuch 85 (2010) S. 43–87.<br />

107<br />

Erstes Viertel 13. Jahrh<strong>und</strong>erts, British Library, Ar<strong>und</strong>el 157, fol. 2r.<br />

108<br />

Et ut animus devotius excitetur, facies Salvatoris per industriam artificis expresse<br />

figuratur, LEWIS, Art (wie Anm 104) S. 128 Anm. 101.<br />

109<br />

„The Veronica bust in the MS Ar<strong>und</strong>el 157 is a anomaly within the manuscript ... Paris’<br />

extraordinary Byzantine head of Christ strikes us with the spiritual force of a genuine cult<br />

image. Its deliberately archaizing design lifts the representation from the ordinary sphere of a<br />

religious painting to the realm of Eastern icons as an exemplfication of the most rarified type<br />

of holy acheiropoieton … While it is impossible to know what the Vatican relic actually looked<br />

in Paris’ time, his iconic bust differs in several significant ways from roman representations …<br />

The image of the holy Face known as the Edessa mandylion, which was was among the relics<br />

sold by Baldwin II to Louis IX in 1241, adheres to the same masklike type“, LEWIS, Art (wie<br />

Anm. 104) S. 128; vgl. BELTING, Bild (wie Anm. 74) S. 603f.<br />

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