Kaum hat - Anna-Freud-Oberschule
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<strong>Anna</strong>-<strong>Freud</strong>-Culture<br />
„Familie“, das ist ein Wort welches ich mit<br />
Geborgenheit, Vertrauen, Liebe, Zuflucht,<br />
Halt, Verständnis und noch viel mehr verbinde.<br />
Doch warum wird genau diese für<br />
manche Mädchen zu einem regelrechten<br />
„Horrortripp“? Selbst meine beste Freundin<br />
sieht in Familienfesten nichts Erfreuliches<br />
mehr, da sie dort ignoriert und alles andere<br />
als akzeptiert wird und das erst, seitdem<br />
sie sich dort unfreiwillig geoutet <strong>hat</strong>.<br />
Wie soll ein Mädchen, welches vielleicht<br />
noch mitten in der Pubertät steckt, Selbstsicherheit<br />
aufbauen und die neu erkannte<br />
Sexualität entwickeln, wenn es von seiner<br />
eigenen Familie wie ein Außenseiter behandelt<br />
wird? Jeder weiß doch, wie wichtig<br />
es vor allem für Mädchen ist, anerkannt<br />
zu werden. Homosexualität ist schließlich<br />
keine Krankheit, Behinderung, Mutation<br />
oder gar ansteckend! Sollte nicht jeder frei<br />
wählen können, wen er liebt und wen nicht?<br />
Wieso darf ein Vater seiner Tochter oder<br />
auch seinem Sohn vorschreiben, wen er<br />
oder sie lieben darf? Natürlich spielt da<br />
nicht nur die Toleranzgrenze der Familie<br />
eine Rolle, sondern die Religion ist ein<br />
weiterer großer Faktor. In strenggläubigen<br />
Familien herrscht ein noch höherer Druck.<br />
Normen müssen eingehalten werden und<br />
die Ehre der Familie darf auf keinen Fall beschmutzt<br />
werden. Ganz ehrlich, ist das richtig?<br />
Ein lesbisches Mädchen in einer streng<br />
muslimischen Familie wird wohl kaum<br />
offiziell lesbisch sein und eine Freundin<br />
wird sie auch nur heimlich haben können.<br />
Ich kenne solch ein Mädchen und ich hoffe<br />
sehr für sie, dass sie irgendwann so leben<br />
kann und darf, wie sie es für richtig hält,<br />
und nicht wie ihre Familie es gerne hätte.<br />
— April 2011 —<br />
Aber nicht nur solche Fälle sind mir<br />
bekannt. In meinem Freundeskreis gibt<br />
es auch Mädchen, die zuerst Angst vor<br />
ihrer eigenen Neigung <strong>hat</strong>ten und nicht<br />
mehr weiter wussten. Sollten nicht genau<br />
dann Eltern da sein, um das eigene Kind<br />
zu unterstützen, um zu erklären oder<br />
einfach als Ansprechpartner? So wie ich<br />
das mitbekomme, sind sich viele Eltern<br />
gar nicht bewusst, welchen Schaden sie<br />
anrichten, wenn sie genau in diesen Momenten<br />
die Flucht ergreifen. Natürlich<br />
sind viele auch einfach überfordert mit<br />
der Situation, aber das ist für mich kein<br />
Grund, sein Kind im Stich zu lassen.<br />
Da kann ich nur von Glück reden,<br />
dass es hier in Berlin genügend Jugendeinrichtungen<br />
gibt, in denen sich<br />
regelmäßig Lesben und Schwule treffen.<br />
Man kann dort nicht nur die eigenen<br />
Freunde wiedersehen und zusammen<br />
chillen, sondern auch direkt mit einem<br />
dort anwesenden geschulten Ansprechpartner<br />
reden, wenn man Probleme <strong>hat</strong>.<br />
Ich finde aber, dass die Familie in<br />
erster Linie der Ansprechpartner sein<br />
sollte und nicht fremde Menschen. Homosexualität<br />
ist schon schwer genug, da<br />
sollte die Familie es nicht auch noch sein.<br />
Diana