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2008/2009 - Mecke Druck und Verlag

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418 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder<br />

als Zusätze zum Leinen ergaben geringerwertige<br />

Papiere <strong>und</strong> Pappen. Der europaweit<br />

verzweigte Handel mit Lumpen <strong>und</strong> den zur<br />

Leimherstellung benötigten Schafsfüßen war<br />

gerade im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert so stark umkämpft,<br />

dass im benachbarten Kurfürstentum Hannover<br />

ein generelles Ausfuhrverbot für Lumpen<br />

<strong>und</strong> Schafsfüße verhängt wurde. Der für die<br />

gesamte Papierherstellung <strong>und</strong> eben auch für<br />

die Buchproduktion notwendige <strong>und</strong> entsprechend<br />

umkämpfte Lumpenhandel war aber<br />

auch wegen der zumeist mit allen möglichen<br />

Krankheitserregern infizierten Lumpen nicht<br />

selten lebensgefährlich.<br />

Auf dem Eichsfeld gab es früh die Bestrebungen,<br />

zu einer durch den Landesherrn<br />

privilegierten <strong>und</strong> konzessionierten Papierherstellung<br />

zu gelangen: Der Mainzer Kurfürst<br />

<strong>und</strong> Erzbischof Johann Schweikard von<br />

Kronberg (1604-1626) erteilte 1621 seinem<br />

Bediensteten, dem Mainzischen Rat, Landschreiber<br />

auf dem Eichsfeld <strong>und</strong> Stadtschultheiß<br />

in Heiligenstadt, Johann Christoph von<br />

Zwehl, das Privileg für eine Papiermühle.<br />

Gleichzeitig wurde ihm auch das Monopol<br />

übertragen, dass auf dem ganzen Eichsfeld<br />

nur er eine solche Mühle betreiben dürfe <strong>und</strong><br />

dass alle anfallenden Lumpen an diese Mühle<br />

verkauft werden müssten. Diese Regelung<br />

hatte über 200 Jahre Bestand <strong>und</strong> wurde ab<br />

1854 durch die maschinelle Papierherstellung<br />

unter Verwendung von Stroh <strong>und</strong> Holzschliff<br />

als Rohstoff abgelöst.<br />

Der hier am Beispiel von Lumpen <strong>und</strong> Schafsfüßen<br />

nur knapp angerissene Aspekt der technischen<br />

Entwicklung von <strong>Druck</strong>gewerbe <strong>und</strong><br />

Papierversorgung bis in unser elektronisches<br />

Zeitalter bleibt ein ebenso wichtiger wie aufschlussreicher<br />

Leitfaden durch die Geschichte<br />

der Schwarzen Kunst im Eichsfeld.<br />

Zu den politischen Bedingungen schließlich<br />

gehört die im Verlauf von drei Jahrh<strong>und</strong>erten<br />

mehrfach wechselnde politische Zugehörigkeit<br />

des Eichsfelds.<br />

Schon die letzten Jahrzehnte vor dem Ende<br />

der Mainzer Landesherrschaft im Jahre 1803<br />

waren von einem politisch-militärischen, aber<br />

auch wirtschaftlichen Auf <strong>und</strong> Ab geprägt: Im<br />

Siebenjährigen Krieg durchzogen <strong>und</strong> be-<br />

setzten abwechselnd Preußen <strong>und</strong> Hessen,<br />

Hannoveraner <strong>und</strong> Franzosen das Land; die<br />

Schwarze Kunst wurde jetzt zur Kunst, sich<br />

unter den Bedingungen von Fremdherrschaft<br />

<strong>und</strong> Besatzung zu behaupten.<br />

Diese Kunst des sich Behauptens war dann<br />

im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert nach dem kurzen Intermezzo<br />

des französisch dominierten Königreichs<br />

Westphalen ebenso gefragt, wie dann<br />

ab 1815 unter dem Vorzeichen des zwischen<br />

Hannover <strong>und</strong> Preußen aufgeteilten Eichsfelds.<br />

Nach der Annexion Hannovers durch Bismarck<br />

1866 war das Eichsfeld politisch wieder<br />

vereint, wenn es administrativ auch zu unterschiedlichen<br />

preußischen Provinzen gehörte -<br />

das Untereichsfeld zur Provinz Hannover, das<br />

Obereichsfeld zur Provinz Sachsen. Die Generation<br />

der Gründerjahre unter preußischer<br />

Landeshoheit brachten aber wirtschaftlich<br />

günstige Bedingungen für einen deutlichen<br />

Aufschwung der Schwarzen Kunst an den beiden<br />

hauptsächlichen <strong>Druck</strong>orten des Eichsfelds,<br />

in Duderstadt <strong>und</strong> Heiligenstadt.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Krisen, wirtschaftlichen<br />

Einbrüchen <strong>und</strong> technischen Umbrüchen<br />

des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts ist die jüngere<br />

Entwicklung der Schwarzen Kunst zu sehen.<br />

Zwei Weltkriege, Inflation, Weltwirtschaftskrise,<br />

Konjunkturschwankungen <strong>und</strong> nicht zuletzt<br />

der rasante technische Wandel gerade<br />

im Bereich der Buchherstellung <strong>und</strong> im <strong>Verlag</strong>swesen<br />

durch den Siegeszug der elektronischen<br />

Text- <strong>und</strong> Datenverarbeitung in den<br />

vergangenen drei Jahrzehnten haben die<br />

Zunft einem starken, mitunter gewaltsamen<br />

Wandel unterworfen <strong>und</strong> so manchem Familienunternehmen<br />

das wirtschaftliche Überleben<br />

erschwert, wenn nicht gar unmöglich<br />

gemacht.<br />

Geradezu aufregend - <strong>und</strong>, nebenbei, höchst<br />

verdienstvoll in der Recherche - ist der Abschnitt<br />

über das Geschick <strong>und</strong> das Schicksal<br />

der beiden Traditionsdruckereien Cordier in<br />

Heiligenstadt <strong>und</strong> <strong>Mecke</strong> in Duderstadt angesichts<br />

der deutschen Teilung nach 1945. Beide<br />

Firmen befanden sich in einer geographischen<br />

Randlage an der innerdeutschen Grenze.<br />

Cordier, sozusagen die Hausdruckerei der<br />

katholischen Kirche auf dem Obereichsfeld,

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