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Wenn uns der Teufel reitet … - Barrois.de

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<strong>Wenn</strong> <strong>uns</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Teufel</strong> <strong>reitet</strong> <strong>…</strong><br />

<strong>…</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong>: ohne Sün<strong>de</strong> gibt es kein Menschsein<br />

„Sün<strong>de</strong>? Schuld? Hölle? Erbsün<strong>de</strong>? Todsün<strong>de</strong>? Gott?“ „Ja,<br />

hatten wir mal alles im Programm. Führen wir aber nicht mehr.<br />

Wur<strong>de</strong> nicht mehr verlangt. Braucht ja heute wirklich niemand mehr,<br />

in einer Gesellschaft, in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Ehrliche sowieso <strong><strong>de</strong>r</strong> Dumme und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Betrüger oft <strong><strong>de</strong>r</strong> umjubelte Held ist. O<strong><strong>de</strong>r</strong>?“<br />

Die Mehrheit <strong>uns</strong>erer Zeitgenossen wird achselzuckend<br />

murmeln “Wen interessiert`s?”, um sich sofort <strong>de</strong>n wichtigeren<br />

Dingen wie Essen, Trinken und Sex zuzuwen<strong>de</strong>n und ganz einfach<br />

dieses Leben in Technicolor zu genießen, wo man abtreiben lässt,<br />

nur weil <strong><strong>de</strong>r</strong> Mann <strong><strong>de</strong>r</strong> Falsche war und wo die Frage, ob geöltes<br />

Parkett in die Küche passt, existenziell zu sein scheint.<br />

Genau wie Gott ist die Sün<strong>de</strong> aus K<strong>uns</strong>t und Literatur, aus<br />

öffentlicher Diskussion und privater Lebensplanung verschwun<strong>de</strong>n.<br />

<strong>Wenn</strong> überhaupt, so kennen die Meisten von <strong>uns</strong> die Sün<strong>de</strong> nur als<br />

Hauptthema <strong><strong>de</strong>r</strong> katholischen Kirche und sehen wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um die<br />

Kirche als einen Ort, an <strong>de</strong>m man je<strong>de</strong>n Sonntag bekennt: „Ich<br />

armer, elen<strong><strong>de</strong>r</strong>, sündiger Mensch <strong>…</strong> durch meine Schuld, durch<br />

meine übergroße Schuld.“ Hatte diese Kirche nicht in <strong>de</strong>n<br />

Menschen ein Sün<strong>de</strong>nbewusstsein geschaffen, das alle<br />

Lebensfreu<strong>de</strong> in Schuldgefühlen erstickte und zu einem beinahe<br />

endlosen Bemühen um Vergebung und Buße führte? Und sind nicht<br />

alle Religionen nur ein Regelwerk zur Verarbeitung von Schuld?<br />

Ja, früher, als das Urbild menschlicher Gewalt, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bru<strong><strong>de</strong>r</strong>mord von Kain an Abel in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bibel eine lange Reihe von<br />

Gewalttaten einläutete, war das vielleicht noch angebracht. Aber<br />

heute? Haben wir doch Gott sei Dank alles hinter <strong>uns</strong> gelassen.<br />

Und wer will schon in <strong>de</strong>n Tiefen <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergangenheit wühlen? Gut,<br />

früher, zu Zeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Religionen war es ja auch einfacher: das<br />

Ju<strong>de</strong>ntum hatte seinen Sün<strong>de</strong>nbock. Am Jom Kippur, <strong>de</strong>m Tag <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sün<strong>de</strong>nvergebung, machte <strong><strong>de</strong>r</strong> Hohepriester die Sün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />

Volkes Israel bekannt und übertrug sie durch Handauflegen<br />

© Dipl. rer. Pol. Jules <strong>Barrois</strong> – Danziger Str. 14 – D-66663 Merzig<br />

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symbolisch auf einen Ziegenbock. Mit <strong>de</strong>m Bock wur<strong>de</strong>n diese<br />

Sün<strong>de</strong>n dann in die Wüste gejagt. Ähnliche Rituale sind aus<br />

Mesopotamien und Anatolien bekannt. Und die katholische Kirche<br />

hat die Ohrenbeichte. Ganze Generationen lernten im Katechismus<br />

<strong>de</strong>n Beichtspiegel auswendig und wur<strong>de</strong>n eindringlich ermahnt, ihr<br />

Gewissen zu erforschen und zu bereuen. Nieman<strong>de</strong>m, außer <strong>de</strong>m<br />

Herrn Pfarrer durfte man seine lässlichen Sün<strong>de</strong>n, geschweige<br />

<strong>de</strong>nn die paar vermeintlichen Todsün<strong>de</strong>n, verraten. Damit beim<br />

Beichten ja keine vergessen wur<strong>de</strong>, was schon wie<strong><strong>de</strong>r</strong> eine neue<br />

Sün<strong>de</strong> gewesen wäre, wur<strong>de</strong> sorgfältig und gewissenhaft ein<br />

Sün<strong>de</strong>nzettel geschrieben. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Beichte waren alle Sün<strong>de</strong>n<br />

getilgt und man hatte Platz für neue Sün<strong>de</strong>n.<br />

Heute ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Sün<strong>de</strong>nbegriff nur noch irdisch und belanglos.<br />

<strong>Wenn</strong> jemand im Alltag von Sün<strong>de</strong> spricht, dann meint er meist<br />

Diätsün<strong>de</strong>n, Umweltsün<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> wenn er sein Fitness-Programm<br />

vernachlässigt hat, die kleinen Sün<strong>de</strong>n eben, die mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

augenzwinkern<strong><strong>de</strong>r</strong> Komplizenschaft verharmlost wer<strong>de</strong>n: „Wir sind<br />

alle kleine Sün<strong><strong>de</strong>r</strong>lein, s`war immer so ...“<br />

Eine neue Art <strong>de</strong>s Verdrängens hat sich breit gemacht:<br />

je<strong>de</strong>s menschliche Fehlverhalten, alles, was beim Menschen selber<br />

im Argen liegt, wird schnell zur Krankheit erklärt. Kriminelles<br />

Verhalten, perverse Lei<strong>de</strong>nschaften und je<strong>de</strong> nur vorstellbare Sucht<br />

wer<strong>de</strong>n entschuldbar gemacht, weil alle Schlechtigkeiten als<br />

Symptom dieser o<strong><strong>de</strong>r</strong> jener psychischen Krankheit ausgemacht und<br />

so als medizinische Lei<strong>de</strong>n eingestuft wird. Selbst alltägliche<br />

Probleme wie seelische Unsicherheit, Bedrückungen, Verzagtheit<br />

und Angst wer<strong>de</strong>n fast ausnahmslos als medizinische anstatt als<br />

geistliche Not eingestuft. Menschen sündigen nicht. Sie sind nur<br />

schrecklich krank und <strong>de</strong>shalb für ihr verkehrtes Verhalten nicht<br />

verantwortlich. So können sie sich selbst als Patienten und nicht als<br />

Missetäter anzusehen. Und warten wir`s ab, vielleicht wird schon<br />

bald ein allumfassen<strong>de</strong>s „Sün<strong>de</strong>n-Gen“ ent<strong>de</strong>ckt.<br />

Es gibt keine Sün<strong>de</strong>! Und wo es keine Sün<strong>de</strong>, kein Tabu<br />

gibt, da kann es auch keine Schuld und kein Unrechtsbewusstsein<br />

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geben! Eine Ansicht, die sehr willkommen ist, wo es <strong>uns</strong> Menschen<br />

doch schon schwer fällt, auch nur kleinste Fehler zu zugeben<br />

Aber was ist mit Brutalität, Gewalt, Bosheit, Gemeinheit und<br />

Lüge? Was ist mit Diebstahl, Plün<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Raub, mit Betrug,<br />

Korruption, mit Mord und Totschlag? Was ist mit Hartherzigkeit,<br />

Egoismus und Geiz, mit Schamlosigkeit, Hurerei und<br />

Menschenverachtung, mit Zwangsprostitution und<br />

Menschenhan<strong>de</strong>l? Was ist mit Missbrauch, Vergewaltigung,<br />

häuslicher Gewalt und sexuellen Übergriffen? Was ist mit all <strong>de</strong>n<br />

Blen<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Angebern, Bluffern, Hochstaplern, Intriganten, Betrügern,<br />

Irreführern, Gewinnsüchtigen, Selbstverliebten, Psychopathen und<br />

Erotomanen, die alle nur Macht, Geld und Sex hin- und<br />

herschieben?<br />

Der Allgegenwart von all diesem Bösen steht das<br />

unantastbare Selbstbild einer doch so aufgeklärten und<br />

selbständigen Gesellschaft gegenüber, vereint mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

selbstgefälligen Zufrie<strong>de</strong>nheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einzelpersonen, die sich<br />

gleichzeitig an <strong>de</strong>n reißerischen Boulevardmeldungen genau zu<br />

diesen Themen ergötzen.<br />

Wir haben es mit beunruhigen<strong>de</strong>n Umwälzungen in <strong>uns</strong>erer<br />

Gesellschaft zu tun, die alles auf <strong>de</strong>n Kopf stellen: Unrecht wird zu<br />

Recht, Mitleid zu Schwäche und Rücksicht zum taktischen Fehler.<br />

Verbrechen zahlt sich in klingen<strong><strong>de</strong>r</strong> Münze aus. Liebe wird zu Sex<br />

<strong>de</strong>gradiert und das Abnormale wird immer mehr zur Norm erhoben.<br />

Davor hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Prophet Jesaja schon vor mehr als 2500 Jahren<br />

gewarnt: „Wehe <strong>de</strong>nen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die<br />

aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen!" (Jesaja 5,20)<br />

Es gibt keine klar greifbaren Normen von „richtig“ und „falsch“ und<br />

die meisten gesellschaftlichen Institutionen scheinen zutiefst korrupt<br />

zu sein. <strong>Wenn</strong> aber die Gesellschaft keine funktionieren<strong>de</strong> Moral<br />

mehr hat, umso mehr braucht je<strong><strong>de</strong>r</strong> seinen individuellen<br />

Moralko<strong>de</strong>x. Was ist richtig, was ist falsch? Was ist mit Moral und<br />

Sitte?<br />

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Moral und Sitte umfassen alle gelebten Ver- und Geboten,<br />

alle als gut und schlecht bewerteten Handlungsweisen und -muster<br />

sowie alle Werte- und Sittenvorstellungen. Für <strong>de</strong>n Mensch sind sie<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Grundrahmen, in <strong>de</strong>m han<strong>de</strong>lt. Dieses Verhalten äußert sich<br />

gegenüber sich selbst, seinen Mitmenschen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Natur.<br />

Somit han<strong>de</strong>lt es sich bei Moral und Sitte um alles „Gültige“<br />

im Leben, was <strong>de</strong>m Menschen eine Stütze bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Suche nach<br />

richtigen Entscheidungen liefert, wobei Moral und Sitte so weit<br />

verinnerlicht sind, dass diese Suche unterbewusst, also ohne einen<br />

nachvollziehbaren Denkprozess geschieht. Damit grenzen sich<br />

Moral und Sitte auch von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en verwandten Begriffen wie Recht,<br />

Etikette, Brauch und Gewohnheit ab.<br />

Wie vieles an<strong><strong>de</strong>r</strong>e aus <strong>de</strong>m menschlichen Verhalten können<br />

wir Moral und Sitte als Folge <strong><strong>de</strong>r</strong> Evolution verstehen: Wo die<br />

Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Instinkte nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> raschen Entwicklung <strong>de</strong>s homo<br />

sapiens folgen konnten, wur<strong>de</strong>n sie durch Moral und Sitte ergänzt.<br />

Sie schaffen im menschlichen Zusammenleben ein gegenseitiges<br />

Vertrauen, stabilisieren somit soziale Systeme und ermöglichen<br />

eine Integration darin. So unterschei<strong>de</strong>t ein Mensch zwischen<br />

„seinem“ System und an<strong><strong>de</strong>r</strong>en, die damit als „fremd“ empfun<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Irgendwie scheinen die Menschen das Gespür für Moral und<br />

Sitte, für die Sün<strong>de</strong> preisgegeben zu haben. Ist es nicht gera<strong>de</strong>zu<br />

die größte Sün<strong>de</strong> <strong>uns</strong>erer Zeit? Dass sich an <strong><strong>de</strong>r</strong> Sün<strong>de</strong> Heil und<br />

Wehe eines Menschenlebens entschei<strong>de</strong>n, wird kaum mehr<br />

anerkannt, sei es, weil man mit „Heil" nichts mehr anzufangen weiß,<br />

sei es, weil man nicht mehr daran glaubt, dass Sün<strong>de</strong> etwas ist,<br />

wofür <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch selbst mit seiner ganzen Person einzustehen hat<br />

und das er nicht auf die Schicksalsmächte abschieben kann, die er<br />

sonst für Scha<strong>de</strong>nsfälle haftbar zu machen pflegt.<br />

Bis heute wissen wir nicht zweifelsfrei, was das Gute und<br />

das Böse wirklich ist. Seit Urzeiten versucht <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch mithilfe<br />

von Ritualen, sozialen Systemen und jeweils eigenen Gesetzen mit<br />

<strong>de</strong>m Problem umzugehen. Was be<strong>de</strong>utet „das Böse“? Was ist eine<br />

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böse Handlung? Entsteht das Böse o<strong><strong>de</strong>r</strong> ist es bereits im Menschen<br />

vorhan<strong>de</strong>n? Wie wer<strong>de</strong>n Menschen böse? Wer o<strong><strong>de</strong>r</strong> was <strong>de</strong>finiert,<br />

was gut o<strong><strong>de</strong>r</strong> böse ist? Inwiefern ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch für seine<br />

Missetaten verantwortlich? Wieso han<strong>de</strong>lt <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch böse?<br />

Immerhin weiß <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch von heute noch etwas von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sün<strong>de</strong>. Aber wenn auch das Bewusstsein von <strong><strong>de</strong>r</strong> Sün<strong>de</strong> und das<br />

Gespräch über sie noch vorhan<strong>de</strong>n sind, so bleibt doch wahr: das<br />

Gespür für sie ist in weitesten Kreisen dahin. Man hat noch das<br />

Wort, aber es hat kein Gewicht mehr, in <strong>uns</strong>erem Streben nach<br />

einem sorgen- und sün<strong>de</strong>nfreiem, einem wahrhaft paradiesischem<br />

Leben.<br />

<strong>Wenn</strong> Eva nicht gewesen wäre, wür<strong>de</strong>n wir heute noch<br />

sorgen- und sün<strong>de</strong>nfrei im Paradies leben. Aber sie musste ja<br />

unbedingt vom Baum <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkenntnis naschen, verlor das Paradies<br />

und wur<strong>de</strong> so erst zu einem sterblichen Menschen, in <strong>de</strong>ssen Natur<br />

es liegt, zu sündigen.<br />

Zwei Dinge wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Menschen mit <strong>de</strong>m Verlust <strong>de</strong>s<br />

Paradieses zu eigen:<br />

„Sie erkannten, dass sie nackt waren.“ Sie erkannten sich<br />

also selbst, wur<strong>de</strong>n selbstbewusst. Je tiefer <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch erkennt,<br />

dass er nackt ist, <strong>de</strong>sto weniger befriedigt ihn sein Zustand. Was er<br />

besitzt, enttäuscht ihn, was er sucht, fin<strong>de</strong>t er nicht.<br />

Sie erkannten ihre Endlichkeit und gleichzeitig war es die<br />

Geburtsstun<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst vor dieser Endlichkeit. Gegen <strong>de</strong>n Tod<br />

fin<strong>de</strong>n die Menschen kein Rezept. Mit <strong>de</strong>m Selbstbewusstsein <strong>de</strong>s<br />

Menschen sind auch „Gut“ und „Böse“ in <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt gekommen.<br />

Das Böse in <strong><strong>de</strong>r</strong> Person <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlange, die Eva verführte,<br />

vom Baum <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkenntnis zu essen, hat <strong>uns</strong> dazu gebracht, ständig<br />

auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Suche nach <strong>de</strong>m verlorenen Paradies zu sein, nach<br />

irgen<strong>de</strong>twas, was trägt, vielleicht nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Antwort auf die Frage<br />

nach <strong>de</strong>m Sinn <strong>de</strong>s Lebens, weil <strong>uns</strong> das Leben ausweg- und<br />

sinnlos erscheint. Wir rufen nach einer unumstößlichen,<br />

universellen Wahrheit, weil das individuelle Entschei<strong>de</strong>n eines<br />

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je<strong>de</strong>n Einzelnen über seine subjektive Wahrheit wohl nicht tragfähig<br />

ist. O<strong><strong>de</strong>r</strong> es brennt in <strong>uns</strong>, wie Horckheimer es nennt, die<br />

"Sehnsucht nach <strong>de</strong>m Ganz An<strong><strong>de</strong>r</strong>en".<br />

Was das Gute ist, wissen wir erst, weil wir das Böse kennen.<br />

Das unterschei<strong>de</strong>t <strong>uns</strong> vom Tier. Dieses kennt Widrigkeiten, Gefahr,<br />

Wohlbefin<strong>de</strong>n, Nützliches, aber nicht das mit Absicht zugefügte<br />

Böse, die Verleumdung, <strong>de</strong>n Diebstahl, die unter Gewalt erpresste<br />

Zustimmung. Ein Tier hat keine Entscheidungsfreiheit. Diese ist nur<br />

und ausschließlich <strong>de</strong>m Menschen eigen: die freie Wahl zwischen<br />

Gut und Böse.<br />

Böse ist eine Handlung dann, wenn sie wissentlich und<br />

willentlich <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>er herbeiführt. Nur wann wird eine<br />

Handlung wissentlich und willentlich, also in absoluter Freiheit,<br />

vollzogen? Und wann entsteht ein Scha<strong>de</strong>n, wo doch das<br />

Empfin<strong>de</strong>n von Scha<strong>de</strong>n individuell äußerst verschie<strong>de</strong>n ist? Aber<br />

unabhängig von <strong><strong>de</strong>r</strong> fehlen<strong>de</strong>n Antwort auf die Frage was „Gut“ und<br />

„Böse“ ist, entschei<strong>de</strong>t je<strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch zwischen bei<strong>de</strong>n. Das setzt<br />

Wahlfreiheit o<strong><strong>de</strong>r</strong> einfach Freiheit voraus. Ob Gewalt von außen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Furcht von innen, bei<strong>de</strong>s schränkt <strong>uns</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Entfaltung<br />

<strong>uns</strong>erer Freiheit ein.<br />

Und was wählt er eigentlich, wenn er sich für das Böse<br />

entschei<strong>de</strong>t? Er wählt nicht ein an<strong><strong>de</strong>r</strong>es Leben, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n weniger<br />

Leben. Das Weniger betrifft erst einmal <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en, <strong>de</strong>m etwas<br />

weggenommen, <strong><strong>de</strong>r</strong> beeinträchtigt, geschädigt o<strong><strong>de</strong>r</strong> umgebracht<br />

wird. Das Weniger betrifft auch und vor allem <strong>de</strong>n Sün<strong><strong>de</strong>r</strong> selber:<br />

Die Sün<strong>de</strong> raubt ihm Energie, macht ihm Angst. Sün<strong>de</strong> will geheim<br />

bleiben. Wir wollen sie verheimlichen, wir verschweigen sie und wir<br />

verdrängen sie.<br />

Das hat bestimmte Auswirkungen zur Folge. Wo Sün<strong>de</strong><br />

nicht bekannt und vergeben wird, kann das schmerzhafte Folgen<br />

haben. Verdrängen einer Schuld kann einen so mitnehmen, dass<br />

die Gesundheit akut bedroht ist. Die Anklage <strong>de</strong>s Gewissens raubt<br />

<strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n, und ein friedloser Mensch wird elend und krank. Nicht<br />

bekannte Sün<strong>de</strong> infiziert Leib, Seele und Geist. Das schlechte<br />

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Gewissen wird zur unerträglichen Plage. Manche Verletzungen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Seele sitzen so tief, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Betroffene in Süchte flieht, um mit<br />

diesem Zustand fertig zu wer<strong>de</strong>n. Das Gute eröffnet Leben, das<br />

Böse min<strong><strong>de</strong>r</strong>t und vernichtet Leben.<br />

Der Kern <strong><strong>de</strong>r</strong> Sün<strong>de</strong> ist die Selbstsucht, die in vielen<br />

Erscheinungsbil<strong><strong>de</strong>r</strong>n existiert. Dahinter steht das menschliche ICH,<br />

das auf <strong>de</strong>m Thron sitzt und immerzu sein vermeintliches Recht<br />

for<strong><strong>de</strong>r</strong>t. "Todsün<strong>de</strong>n" stehen <strong>de</strong>m Leben kontraproduktiv<br />

gegenüber. Alle Todsün<strong>de</strong>n führen zur Selbstisolation, lassen<br />

Menschen zu Ichlingen wer<strong>de</strong>n.<br />

In „Sün<strong>de</strong>“ lebt, wer <strong>de</strong>n Bezug zum Ganzen verloren hat<br />

und nur mehr seine Eigeninteressen in einem eingegrenzten<br />

materiellen Sein verfolgt. Das Fragment „Ich“ stellt sich gegen das<br />

Ganze o<strong><strong>de</strong>r</strong> spielt sich selbst als Ganzes auf (in <strong><strong>de</strong>r</strong> Sprache <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Religion: Sein wollen wie Gott und damit eine gestörte Beziehung<br />

zu Gott). Dazu gehört die Verleugnung <strong><strong>de</strong>r</strong> ganzheitlichen<br />

Perspektive, die teilweise o<strong><strong>de</strong>r</strong> volle Missachtung <strong>de</strong>s An<strong><strong>de</strong>r</strong>en,<br />

<strong>de</strong>ssen was an<strong><strong>de</strong>r</strong>en gehört, was sie sind, was sie tun, was sie<br />

<strong>de</strong>nken.<br />

Die Todsün<strong>de</strong> be<strong>de</strong>utet Beziehungstod, <strong><strong>de</strong>r</strong> Beziehung zum<br />

Nächsten und zu sich selbst. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Sün<strong>de</strong> trennt sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch<br />

aktiv vom Nächsten und distanziert sich von sich selbst. Bleiben<br />

diese getrennten Beziehungen unversöhnt, folgt nach klassischer<br />

Lehre <strong><strong>de</strong>r</strong> "ewige Tod", ein Beziehungstod, <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch bleibt in<br />

sich verkümmert und entfrem<strong>de</strong>t.<br />

Das liegt schon in <strong><strong>de</strong>r</strong> gleichen Wortwurzel von Sün<strong>de</strong> und<br />

»abson<strong><strong>de</strong>r</strong>n«. Sündigen be<strong>de</strong>utet ursprünglich, aus einer<br />

Gemeinschaft, einer Ordnung herausfallen, in<strong>de</strong>m man „sein<br />

eigenes Ding“ macht, ohne Rücksicht auf das große Ganze.<br />

Letztlich geht es um das sich Abkapseln <strong>de</strong>m Ganzen gegenüber,<br />

um Vereinzelung, Einschränkung, Fragmentierung und Reduktion,<br />

die dann letztlich zum Verleugnen o<strong><strong>de</strong>r</strong> zum Verdrängen <strong>de</strong>s<br />

Ganzen führt.<br />

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In <strong>de</strong>m Wort „Todsün<strong>de</strong>” steckt die alte Weisheit, dass<br />

Laster nicht nur moralisch verwerflich, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch körperlich<br />

ernste Folgen haben. Je<strong>de</strong>s dieser Laster nagt an <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesundheit.<br />

Laster sind Sün<strong>de</strong>n, die zum Tod führen, und damit Todsün<strong>de</strong>n.<br />

Alle Krankheiten haben eines gemeinsam: sie bedrohen <strong>uns</strong>er<br />

Leben und beeinträchtigen <strong>uns</strong>ere Lebensqualität und<br />

Schaffenskraft. Einige Krankheiten trüben <strong>uns</strong>er Bewusstsein und<br />

damit <strong>uns</strong>ere Denk- und Handlungsfähigkeit. Alles in allem<br />

verursachen sie Lei<strong>de</strong>n. Krankheit ist nur ein Symptom, also eine<br />

Erscheinung, resultierend aus einer Ursache. <strong>Wenn</strong> wir also eine<br />

Krankheit bekämpfen, gehen wir nur gegen die Anzeichen einer viel<br />

schlimmeren Krankheit vor, die Sün<strong>de</strong> heißt.<br />

<strong>Wenn</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelne sich nicht um das Gute bemüht, öffnet er<br />

bereits <strong>de</strong>m Bösen die Tür. Wer sich selbst nicht entwickelt und<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en keine Möglichkeiten zur Entwicklung einräumt, be<strong>reitet</strong><br />

<strong>de</strong>m Bösen <strong>de</strong>n Weg. Er scha<strong>de</strong>t <strong>de</strong>m an<strong><strong>de</strong>r</strong>en nicht direkt, er<br />

för<strong><strong>de</strong>r</strong>t aber auch nicht <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en. Böse ist also nicht nur aktive<br />

Schädigung, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n das Nicht-Ermöglichen.<br />

Nun will kein Mensch wirklich Böses tun. Wodurch entsteht<br />

nun das Böse? Die Grundlage für Gut wie Böse ist die Wahlfreiheit.<br />

Was ist nun <strong><strong>de</strong>r</strong> Auslöser, <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschen sich zum Bösen neigen<br />

lässt? Eugen Drewermann, katholischer Theologe, suspendierter<br />

Priester, Psychoanalytiker und Schriftsteller sagte „Böses entsteht<br />

immer aus Angst – letztlich aus Angst vor <strong>de</strong>m Tod.“ Hasten<strong>de</strong><br />

Angst und ängstliche Hast steigern sich gegenseitig, mün<strong>de</strong>n in<br />

Abstiegs-, Existenz- und Entscheidungsängsten, Angst vor<br />

Misserfolgen o<strong><strong>de</strong>r</strong> sozialer Zurückweisung, schränken die<br />

Möglichkeiten und die Zeit für das Nach<strong>de</strong>nken über sich selbst und<br />

die Umgebung ein und sind Grün<strong>de</strong> zur Übertäubung mit Alkohol,<br />

Tabletten o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schlimmerem. Und letztlich ist <strong>uns</strong>ere Angst die<br />

Basis <strong>uns</strong>erer Sün<strong>de</strong>n.<br />

Aber wie funktioniert das? Auch ein Tier kann sich<br />

ängstigen. Wird es <strong>de</strong>shalb böse? Nein, <strong>de</strong>nn es antwortet auf<br />

seine Angst mit <strong>de</strong>n Lösungsmechanismen, über die es verfügt.<br />

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Dann ist die Angst vorüber. So einfach ist es bei <strong>uns</strong> Menschen<br />

nicht. Denn Lösungsmechanismen stehen <strong>uns</strong> für <strong>uns</strong>ere Art <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ängste nicht zu Verfügung. Nur <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch ist sich bewusst, dass<br />

im Letzten <strong><strong>de</strong>r</strong> Tod auf ihn wartet, <strong>de</strong>m er nicht entkommen kann.<br />

Und für <strong>de</strong>n Tod hat er keine Lösung bereit. Diese Angst nötigt ihn,<br />

Sicherheit zu wollen. Und das scheint in erster Linie heute<br />

materielle Sicherheit zu sein. Dieser Wirklichkeit entkommen wir<br />

nicht<br />

Die Wirklichkeit zieht je<strong>de</strong>n für das zur Verantwortung, was<br />

er entschei<strong>de</strong>t. Es mutet ihm die Konsequenzen zu, die seinen<br />

Taten folgen. Sie bestimmen das Leben und niemand kann ihnen<br />

entkommen. Entschei<strong>de</strong>t Jemand sich, die Übernahme <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Verantwortung zu verweigern, hat er die Verantwortung für die<br />

Verweigerung zu tragen und die Folgen auszuhalten.<br />

<strong>Wenn</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch die Verantwortung für sein Han<strong>de</strong>ln und<br />

sein Tun nicht übernehmen will, re<strong>de</strong>n wir gerne von „schuldig“.<br />

Aber weisen Schuldgefühle nicht immer auf eine äußere Autorität<br />

hin? Schuld ist eine Lenkhilfe <strong><strong>de</strong>r</strong> Macht. Dem Menschen wird seit<br />

Generationen das Empfin<strong>de</strong>n von Schuld tief “eingeimpft”. Das<br />

macht Menschen kontrollierbar. Aber es geht nicht darum, Gesetze<br />

zu erfüllen, o<strong><strong>de</strong>r</strong> etwas (nicht) zu tun, weil Eltern, Lehrer, Priester<br />

usw. es verlangen. Es geht um die innere Autorität, das so<br />

genannte Gewissen.<br />

Vor wem o<strong><strong>de</strong>r</strong> was müssen wir <strong>uns</strong> rechtfertigen? Was ist<br />

das eigentlich, was wir Gewissen nennen? Was leistet das<br />

Gewissen? Hat es immer Recht? Muss man ihm wirklich immer<br />

folgen, und muss man das Gewissen an<strong><strong>de</strong>r</strong>er immer respektieren?<br />

Das Wort „Gewissen“ ist offenbar nicht von vornherein ein<strong>de</strong>utig.<br />

Die einen halten das Gewissen für eine Stimme Gottes im<br />

Menschen, die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en für ein Dressurprodukt, für die anerzogene<br />

Verinnerlichung ursprünglich äußerlicher Herrschaftsnormen.<br />

Gewissen im weiteren Sinn bil<strong>de</strong>t das Fundament <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

persönlichen Überzeugungen und Normen für das eigene Leben.<br />

Das Gewissen ist eine For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von <strong>uns</strong> selbst an <strong>uns</strong> selbst. Nur<br />

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Menschen haben die Fähigkeit, ihr Verhalten am Maßstab <strong><strong>de</strong>r</strong> im<br />

Laufe seines Lebens erfahrenen und bewusst o<strong><strong>de</strong>r</strong> unbewußt<br />

akzeptierten Auffassung von Gut und Böse zu prüfen und zu<br />

bewerten. Das Gewissen im engeren Sinn bezeichnet die Fähigkeit<br />

<strong>de</strong>s Menschen, zwischen Gut und Böse zu unterschei<strong>de</strong>n. So ist<br />

das Gewissen eine Art innere Waage zum Vergleich zwischen I<strong>de</strong>al<br />

und Wirklichkeit.<br />

Das Gewissen ermöglicht es, für die vollbrachten<br />

Handlungen die Verantwortung zu übernehmen. Hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch<br />

Böses getan, kann das rechte Gewissensurteil in ihm immer noch<br />

Zeuge dafür sein, dass die moralische Wahrheit gilt, seine konkrete<br />

Entscheidung aber schlecht ist. Der Schuldspruch <strong>de</strong>s schlechten<br />

Gewissens ist eigentlich ein Grund zur Hoffnung. In<strong>de</strong>m er die<br />

begangene Verfehlung bezeugt, mahnt er, das Gute doch noch<br />

auszuführen.<br />

Das Gute zeigt sich im Gra<strong>de</strong> <strong>uns</strong>erer Menschlichkeit. Sie<br />

besteht darin, sich in die Lage an<strong><strong>de</strong>r</strong>er zu versetzen. Dazu gehört,<br />

ihn als Menschen anzusehen, egal was er getan hat Sie ist vor<br />

allem gekennzeichnet durch Verständnis Einfühlungsvermögen<br />

Rücksicht und Hilfsbereitschaft verbun<strong>de</strong>n mit einem tiefen Respekt<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> Verpflichtung gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong> Wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Mitmenschen.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> heutigen Gesellschaft sind die Menschen eher auf<br />

sich selber konzentriert und nicht auf ihre Mitmenschen. Ein Leben,<br />

in <strong>de</strong>m beim Streben nach Selbstverwirklichung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch sich<br />

und seine Aufgaben verfehlt. Ein Leben, das sich nicht um die<br />

Menschen und die Situation um <strong>uns</strong> herum kümmert. Ein Leben<br />

ohne jegliches persönliches Verantwortungsbewusstsein. Ein Leben<br />

ohne Liebe.<br />

Erich Fromm fasst das ganze in zwei Sätzen zusammen:<br />

„Was du nicht willst, das man dir tu, das füg´ auch keinem an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

zu, lautet eines <strong><strong>de</strong>r</strong> wichtigsten Gebote <strong><strong>de</strong>r</strong> Ethik.“ Aber mit gleicher<br />

Berechtigung sagte er: „Was du an<strong><strong>de</strong>r</strong>en antust, das tust du auch<br />

dir selber an.“ Also, sich ein schönes Leben bereiten, heißt an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

ein schönes Leben zu bereiten.<br />

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Der Kampf zwischen Gut und Böse fin<strong>de</strong>t auf zwei Ebenen<br />

statt. Einerseits innerhalb eines Menschen, an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits innerhalb<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaft, zwischen <strong>de</strong>n Menschen. Ersteres ist bekannt<br />

unter <strong>de</strong>m Begriff <strong><strong>de</strong>r</strong> Todsün<strong>de</strong> aus <strong><strong>de</strong>r</strong> klassischen Theologie,<br />

letzteres unter <strong>de</strong>m Begriff Kampf <strong>de</strong>s Guten gegen das Böse. Es<br />

ist das große Thema <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschen. Und es ist nicht mehr die<br />

Frage, ob es Gut o<strong><strong>de</strong>r</strong> Böse gibt, ob <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch von Natur aus gut<br />

ist, wie es beispielsweise Jean-Jacques Rousseau sieht, wenn er<br />

sagt. „Alles ist gut, was aus <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Schöpfers kommt;<br />

alles entartet unter <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Menschen.“ O<strong><strong>de</strong>r</strong> ob <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Mensch von Natur aus böse ist, wie Hobbes meint, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n<br />

Menschen von Affekten geleitet sieht und im natürlichen Urzustand<br />

nur <strong>de</strong>n Krieg aller gegen alle sieht, also „... Homo homini lupus –<br />

Der Mensch ist <strong>de</strong>s Menschen Wolf. O<strong><strong>de</strong>r</strong> ob wir das Böse als<br />

reines Erkenntnisproblem ansehen o<strong><strong>de</strong>r</strong> es für eine<br />

Fehlkompensation <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Min<strong><strong>de</strong>r</strong>wertigkeitsgefühle ansehen:<br />

eines steht fest: Das Böse ist in <strong>uns</strong> drin. Irgendwo hinter <strong>uns</strong>erer<br />

bürgerlichen Fassa<strong>de</strong>n lauert die Bestie Mensch. Lauern<br />

Grausamkeit, Heimtücke, Mordlust, Perversitäten, Wollust, Habgier,<br />

all die Todsün<strong>de</strong>n, die nach heutigem juristischen Sprachgebrauch<br />

„nie<strong><strong>de</strong>r</strong>e Beweggrün<strong>de</strong>“ heißen.<br />

Gut und Böse sind die zwei Seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> gleichen Medaille<br />

Mensch. Untrennbar miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong> verbun<strong>de</strong>n formen sie <strong>uns</strong> als<br />

Mensch in <strong>uns</strong>erer Gesamtheit. Ohne das Böse, ohne die Sün<strong>de</strong><br />

wür<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch und menschliches Leben, wie wir es kennen<br />

und einschätzen können, nicht existieren.<br />

Das Böse ist nicht allgemein und abstrakt. Das Böse ist nicht<br />

am Ran<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaft, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n mitten unter <strong>uns</strong>, ja mitten in<br />

<strong>uns</strong>. Wir sehen und erleben <strong>de</strong>n puren Horror, hervorgeholt aus <strong>de</strong>n<br />

Abgrün<strong>de</strong>n, die je<strong><strong>de</strong>r</strong> in sich trägt und die im Gleichnis von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Versuchung Jesu <strong>de</strong>utlich wer<strong>de</strong>n.<br />

„Dann wur<strong>de</strong> Jesus von <strong>de</strong>m Geist in die Wüste<br />

hinaufgeführt, um von <strong>de</strong>m <strong>Teufel</strong> versucht zu wer<strong>de</strong>n; und als er<br />

vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn<br />

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schließlich Und <strong><strong>de</strong>r</strong> Versucher trat zu ihm hin und sprach: <strong>Wenn</strong> du<br />

Gottes Sohn bist, so sprich, dass diese Steine Brote wer<strong>de</strong>n Er<br />

aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: "Nicht von Brot<br />

allein soll <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch leben, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n von je<strong>de</strong>m Wort, das durch<br />

<strong>de</strong>n Mund Gottes ausgeht Darauf nimmt <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Teufel</strong> ihn mit in die<br />

heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne <strong>de</strong>s Tempels und spricht<br />

zu ihm: <strong>Wenn</strong> du Gottes Sohn bist, so wirf dich hinab! Denn es<br />

steht geschrieben: "Er wird seinen Engeln über dir befehlen, und sie<br />

wer<strong>de</strong>n dich auf <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n tragen, damit du nicht etwa <strong>de</strong>inen<br />

Fuß an einen Stein stößt Jesus sprach zu ihm: Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um steht<br />

geschrieben: "Du sollst <strong>de</strong>n Herrn, <strong>de</strong>inen Gott, nicht versuchen<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um nimmt <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Teufel</strong> ihn mit auf einen sehr hohen Berg und<br />

zeigt ihm alle Reiche <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu<br />

ihm: Dies alles will ich dir geben, wenn du nie<strong><strong>de</strong>r</strong>fallen und mich<br />

anbeten willst. Da spricht Jesus zu ihm: Geh hinweg, Satan! Denn<br />

es steht geschrieben: "Du sollst <strong>de</strong>n Herrn, <strong>de</strong>inen Gott, anbeten<br />

und ihm allein dienen Dann verlässt ihn <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Teufel</strong>, und siehe,<br />

Engel kamen herbei und dienten ihm.“ (Matthäus 4,1-11 (Mk 1,12-<br />

13; Lk 4,1-13))<br />

Der Diabolos, <strong><strong>de</strong>r</strong> Satan, <strong><strong>de</strong>r</strong> große „Durcheinan<strong><strong>de</strong>r</strong>bringer“,<br />

lockt mit irdischen Gütern. Er gaukelt vor, dass Besitz die<br />

erstrebenswerte Nummer Eins im Leben ist. "Der <strong>Teufel</strong> ist jetzt<br />

weiser als vor<strong>de</strong>m, er macht <strong>uns</strong> reich, nicht arm, <strong>uns</strong> zu<br />

versuchen." So nannte es Alexan<strong><strong>de</strong>r</strong> Pope.<br />

Drei tief verwurzelte, menschlich verständliche Verführungen<br />

wer<strong>de</strong>n in diesem Text von Matthäus <strong>de</strong>utlich.<br />

1. Der Mensch wird zur Maßlosigkeit verführt. Aus Steinen<br />

Brot machen - die Sattheit zu je<strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit; die Sorglosigkeit, die<br />

beliebig wird und nicht mehr schätzen lässt, was kostbar ist - für<br />

mich und für an<strong><strong>de</strong>r</strong>e. Die materielle Sorglosigkeit nach Belieben hat<br />

zwangsläufig die soziale und ökologische Rücksichtslosigkeit im<br />

Schlepptau. Wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm. Aber viele<br />

Leute, Alte wie Junge, die mit Essen, Geld und Vergnügungen<br />

gesättigt sind, zeigen Symptome seelischer Unterernährung. Je<br />

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größer <strong><strong>de</strong>r</strong> Luxus, <strong>de</strong>sto unbefriedigter wer<strong>de</strong>n die Herzen. Sie zeigt<br />

sich im maßlosen Konsum, <strong><strong>de</strong>r</strong> zahlreiche Krankheiten hervorbringt,<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Maßlosigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit, die Dauerstress erzeugt, im Streben<br />

nach Perfektion und Sicherheit. Erst wenn <strong>uns</strong> etwas genommen<br />

wird, erleben wir, dass wir eigentlich nichts davon festhalten können<br />

auf dieser Welt. Besitz kann zerfallen. Menschen verlassen <strong>uns</strong>.<br />

Erfolg ist flüchtig. Gesundheit ist keine Selbstverständlichkeit.<br />

2. Der Mensch darf alles, was geht. Sich vom Tempel<br />

herabstürzen: Alles machen, mir alles herausnehmen können, die<br />

Naturgesetzlichkeit überwin<strong>de</strong>n wollen. Alles dürfen, was geht, was<br />

"technisch" möglich ist! Den sprichwörtlichen "Machbarkeitswahn"<br />

erleben wir in vielen Bereichen <strong>de</strong>s mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Lebens, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

augenscheinlich etwa in <strong><strong>de</strong>r</strong> medizinischen Wissenschaft: Befreiung<br />

von Gebrechen und Schmerz um je<strong>de</strong>n Preis; die Gentechnologie,<br />

die schon das geklonte Tier wahr gemacht hat und nach <strong>de</strong>m<br />

Menschen greift.<br />

Im Zeitalter <strong><strong>de</strong>r</strong> 400 Fernsehprogramme und 10.000<br />

Urlaubsziele wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spricht die Fülle <strong><strong>de</strong>r</strong> Möglichkeiten <strong>uns</strong>erer<br />

begrenzten Lebenszeit. Ständig tobt <strong><strong>de</strong>r</strong> Kampf um die knappste<br />

Ressource: Aufmerksamkeit. Und es kostet Kraft, ständig nein zu<br />

sagen zum Möglichen. Ja, mehr noch: Zu vielen Optionen kann<br />

man eigentlich gar nicht Nein sagen. So überspannt <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch<br />

<strong>de</strong>n Bogen <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Möglichkeiten und erschöpft seine inneren<br />

Kraftquellen.<br />

3. Der <strong>uns</strong>tillbare Drang nach Macht über an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Län<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

und Menschen hat über die Jahrtausen<strong>de</strong> nicht nachgelassen.<br />

Diese Macht wird heute nicht nur militärisch, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor allem<br />

auch wirtschaftlich ausgeübt. Entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> lasse ich mich verführen,<br />

benutzen, um am En<strong>de</strong> dann doch fallen gelassen zu wer<strong>de</strong>n, o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

stehe ich zu meinen Überzeugungen, die zwar in Konflikte führen,<br />

am En<strong>de</strong> aber aufrichtiger sind und ein viel stärkeres<br />

Hoffnungspotenzial in sich bergen.<br />

Unsere Gesellschaft wird ständig egozentrierter: Je<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

verfolgt ausschließlich Eigeninteressen. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> gibt die Schuld an<br />

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seiner Situation <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en. Und <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch wird immer mehr zu<br />

seinem eigenen Feind. In je<strong>de</strong>m von <strong>uns</strong> lauert ein dämonischer<br />

Abgrund. Unsere Altvor<strong><strong>de</strong>r</strong>en nannten sie beim Namen: Luzifer, die<br />

Hochmut; Mammon, <strong><strong>de</strong>r</strong> Geiz; Leviathan, <strong><strong>de</strong>r</strong> Neid; Satan, <strong><strong>de</strong>r</strong> Zorn;<br />

Asmo<strong>de</strong>us, die Wollust; Beelzebub, die Völlerei und Belphegor, die<br />

Faulheit. Insgesamt sieben Vergehen, so lehrt die Kirche seit Papst<br />

Gregor I., verdienen <strong>de</strong>n Namen Todsün<strong>de</strong>: Hochmut, Geiz, Neid,<br />

Zorn, Wollust, Völlerei, Trägheit.<br />

Die Liste überrascht. Denn sie beschreibt nicht etwa<br />

beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s entsetzliche Taten, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n natürliche Gefühle und<br />

Verhaltensweisen. Trägheit, Fresslust, Neid – je<strong><strong>de</strong>r</strong> hat solche<br />

Anwandlungen, je<strong><strong>de</strong>r</strong> kennt sie von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en. Alles sehr menschlich<br />

und verzeihlich. Doch unter die Lupe genommen, offenbart sich<br />

eine erschrecken<strong>de</strong> Aktualität: Die so genannten Todsün<strong>de</strong>n –<br />

treffend auch »Wurzelsün<strong>de</strong>n« genannt – sind tatsächlich Tore zum<br />

Verbrechen, Einfallstore für das Böse. Auch heute. Gera<strong>de</strong> heute.<br />

Hochmut und Überheblichkeit (Acedia) stehen an erster<br />

Stelle. Jemand erachtet sich selbst im Denken, Re<strong>de</strong>n und Han<strong>de</strong>ln<br />

als wertvoller als an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Menschen. Der Grundfehler ist, sich mit<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en zu vergleichen und etwas Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>es sein zu wollen.<br />

Dazu gehört auch, sich für beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s arm(selig) zu halten.<br />

Hochmut zeigt sich im Patriarchat und in <strong>uns</strong>erem Umgang mit<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, zeigt sich in tief verwurzeltem Sexismus, Rassismus und<br />

Faschismus. Hochmut würdigt immer <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en herab. Damit<br />

kann ich ihn kontrollieren und habe Macht über ihn. So kann er mir<br />

nicht gefährlich wer<strong>de</strong>n und ich kann ihn ausnutzen. Deshalb sind<br />

Ungleichheit und Diskriminierung noch nicht aus <strong>uns</strong>erer<br />

Gesellschaft verschwun<strong>de</strong>n. Im Gegenteil, es drängt sich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Eindruck einer organisierten Intoleranz auf.<br />

Hochmut heißt heute aber auch Eitelkeit, Narzissmus,<br />

Egoismus und Selbstüberschätzung. Vielfach zu beobachten ist er<br />

bei Menschen in Banken, Unternehmen, Verbän<strong>de</strong>n,<br />

Gewerkschaften, bei Politikern und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mediengesellschaft. Wer<br />

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hochmütig ist, lenkt von seinen Schwächen ab. Und genau diese<br />

Schwächen bringen ihn zu Fall.<br />

Doch was soll <strong>de</strong>nn so schlimm sein an Stolz und Hochmut?<br />

Begleitet vom Adjektiv »gesund«, wird Stolz doch sogar zur<br />

Tugend: Gesun<strong><strong>de</strong>r</strong> Stolz, Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein –<br />

sind das nicht die Bausteine von Siegeswillen und Erfolg? Dass<br />

Menschen Grenzen nicht akzeptieren wollen, dass sie wie Ikarus<br />

fliegen, <strong>de</strong>n Mars erkun<strong>de</strong>n, Gene manipulieren möchten, gehört zu<br />

ihrer Geschichte und hat auch manch segensreichen Fortschritt mit<br />

sich gebracht.<br />

Aber Vorsicht: Der Humus, auf <strong>de</strong>m Selbstvertrauen,<br />

Ent<strong>de</strong>ckerlust und Risikobereitschaft keimen, bringt auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e –<br />

hochgiftige – Blüten hervor. Sich für etwas Besseres zu halten,<br />

aufzutreten im Namen Gottes, um eigene Interessen durchzusetzen<br />

– das sind Ausgeburten <strong>de</strong>s Hochmuts, <strong><strong>de</strong>r</strong> Superbia in Reinkultur:<br />

Der strenggläubige US-Präsi<strong>de</strong>nt George W. Bush, Anhänger <strong>de</strong>s<br />

konservativen Predigers Oswald Chambers, glaubt, Gott selbst<br />

hätte ihn dazu erwählt und berufen, <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt Frie<strong>de</strong>n zu bringen.<br />

O<strong><strong>de</strong>r</strong>, wie er es in einer berüchtigten Re<strong>de</strong> vom 29.1.2002<br />

ausdrückte, »die Achse <strong>de</strong>s Bösen zu vernichten«.<br />

Wer sich als Herrenmensch fühlt, scheut nicht davor zurück,<br />

Gefangene in irakischen Gefängnissen zu <strong>de</strong>mütigen und Hun<strong>de</strong><br />

auf sie zu hetzen. Wer für sich in Anspruch nimmt, <strong>de</strong>n einzig<br />

richtigen Gott anzubeten, wird am En<strong>de</strong> womöglich – wie die<br />

muslimische Reitermiliz Janjaweed im Sudan – an<strong><strong>de</strong>r</strong>sgläubige<br />

Mitmenschen kaltblütig abschlachten. Die Liste <strong><strong>de</strong>r</strong> giftigen Früchte<br />

<strong>de</strong>s Hochmuts ist lang: Sie reicht von Mobbing, Ausgrenzung alter<br />

Menschen über Machtmissbrauch bis zu blutigen Kreuzzügen,<br />

Folter und Mord. Und trotz aller Sonntagsre<strong>de</strong>n haben wir es heute<br />

immer mehr mit einer I<strong>de</strong>ologie <strong><strong>de</strong>r</strong> Ungleichwertigkeit zu tun. Und<br />

das hat nicht nur gesellschaftliche Auswirkungen son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch<br />

ganz persönliche.<br />

Eine <strong><strong>de</strong>r</strong> Haupt-Krankheiten <strong>uns</strong>erer Zeit ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Krebs, eine<br />

langsam entstehen<strong>de</strong>, eher bedächtig Krankheit. Ihre Wurzel liegt in<br />

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<strong><strong>de</strong>r</strong> menschlichen Zelle. Fast je<strong><strong>de</strong>r</strong> Krebs stammt von einer<br />

einzigen, verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Zelle ab, die die Fähigkeit zu unbegrenzter<br />

Zellteilung erworben hat. Ist die entartete Zelle nich ein<br />

verzweifelter Individualist, ein Nonkonformist, die sich<br />

erfindungsreich, schlau und abwehrbereit gibt, als erteile sie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Menschheit eine Lektion im Überleben. Krebszellen haben genau<br />

die Eigenschaften, die <strong>uns</strong> als Spezies und als Organismus<br />

erfolgreich machen. Das Wesen <strong>de</strong>s Krebses ist expansiv. Nur<br />

anfangs lebt er lokal begrenzt, alsbald wird er territorial, taucht unter<br />

und reist umher, ganz <strong>de</strong>m Zeitgeist entsprechend, um sich<br />

irgendwo an<strong><strong>de</strong>r</strong>s nie<strong><strong>de</strong>r</strong>zulassen.<br />

Und wenn wir die Gegenkraft zum Hochmut nämlich Demut<br />

und Geduld nicht freiwillig zeigen, dann wird <strong>uns</strong> die Krankheit dazu<br />

zwingen.<br />

Den Hals nicht voll bekommen. Avaritia: Geiz und Gier, die<br />

zweite stark ausgeprägte Eigenschaft <strong>uns</strong>erer heutigen<br />

Gesellschaft: Geiz ist geil. Geiz ist zwanghafte o<strong><strong>de</strong>r</strong> im Vergleich zu<br />

<strong>de</strong>n eigenen finanziellen Möglichkeiten übertriebene Sparsamkeit.<br />

Habgier ist die ebenfalls zwanghafte o<strong><strong>de</strong>r</strong> im Vergleich zu <strong>de</strong>n<br />

eigenen finanziellen Möglichkeiten übertriebene Gier nach<br />

überdurchschnittlichem Einkommen und Vermögen. Geiz und<br />

Habgier wird heute umbenannt in (extremes) kaufmännisches<br />

Denken. Aber wenn Drogenbarone über Leichen gehen, Landwirte<br />

gegen Honorar auf ihren Fel<strong><strong>de</strong>r</strong>n hochgiftige Abfälle entsorgen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Unternehmer Giftgas an Tyrannen verkaufen, die damit ihr Volk<br />

töten – dann entlarvt sich das teuflische Gesicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Habgier.<br />

Insi<strong><strong>de</strong>r</strong>han<strong>de</strong>l und Wertpapierbetrug, Korruption und<br />

Vorteilsannahme, Bestechungsaffären, Steuerhinterziehungen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

»gol<strong>de</strong>n shake-hands«: Auch wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Begriff „Todsün<strong>de</strong>“<br />

allgemein aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Mo<strong>de</strong> gekommen ist, scheint für die meisten<br />

Menschen doch klar, dass Habgier – und <strong><strong>de</strong>r</strong> eng damit verbun<strong>de</strong>ne<br />

Geiz – ein moralisch verwerfliches und äußerst <strong>de</strong>struktives<br />

Verhalten ist. Habgier und Geiz: Das Mehr-Haben- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Nichts-<br />

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Abgeben-Wollen entzweit Familien o<strong><strong>de</strong>r</strong> Freun<strong>de</strong> und hat immer<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Völker in Kriege geführt.<br />

Das sind die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en! Und wie steht es mit <strong>uns</strong> selbst? Gier<br />

– was alles rechnen wir dazu? Der Du<strong>de</strong>n erklärt <strong>uns</strong> Gier als ein<br />

heftiges, maßloses Verlangen, das auf Genuss und Befriedigung,<br />

auf Besitz und Erfüllung von Wünschen gerichtet ist. Diese<br />

Be<strong>de</strong>utung entspricht <strong>de</strong>m heutigen allgemeinen Sprachgebrauch.<br />

Wir können sie wohl <strong>uns</strong>chwer nachvollziehen und akzeptieren.<br />

Und auffällig ist hier die Verwandtschaft zur Sucht<br />

Es geht nicht nur um Kaufrausch und Fernweh, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

auch die Sucht, immer neue Leute kennen lernen und etwas<br />

erleben zu wollen. Wir geraten in einen Wettlauf mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Habsüchtigen. Hedonismus, Genusssucht, Leben auf Pump,<br />

Anspruchsmentalität und Entsolidarisierung sind im Trend. Solange<br />

wir mit <strong>uns</strong>erem Sein nicht zufrie<strong>de</strong>n sind, wollen wir Haben, immer<br />

mehr und auf keinen Fall verzichten. Erst wenn wir <strong>uns</strong>er wahres<br />

Ich erkannt haben, wird <strong>uns</strong> die Habgier verlassen.<br />

Der Geiz, <strong><strong>de</strong>r</strong> nichts hergeben will tötet.<br />

„Nichtshergebenwollen" zeigt sich in vielen Bereichen - von<br />

Verdauungsschwierigkeiten bis zur völligen Isolation. Der<br />

Volksmund spricht vom "Ersticken am eigenen Geiz". Schlechte<br />

Laune, Missmut und Bosheit zeugen von einer inneren Angst, die<br />

das Leben ersticken lässt. Eltern, die ihre Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht "hergeben"<br />

wollen und diese statt<strong>de</strong>ssen allein behüten, sind genauso<br />

gefähr<strong>de</strong>t wie <strong><strong>de</strong>r</strong> "Konsummensch", <strong><strong>de</strong>r</strong> nicht "sein" son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

"haben" will.<br />

Was <strong>uns</strong> fehlt sind Mitgefühl und Mitmenschlichkeit, positive<br />

menschliche Eigenschaften und Werte wie Einfühlungsvermögen,<br />

Gemeinschaftssinn und Aufrichtigkeit. Nur über diese wer<strong>de</strong>n wir<br />

schließlich eine neue Ethik <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns fin<strong>de</strong>n.<br />

Die gelbe, giftige Kröte mit ihrem heimtückischen Blick: Neid<br />

(Invidia) ist ein uraltes, allumfassen<strong>de</strong>s menschliches Gefühl – und<br />

kann äußerst zerstörerisch sein, für <strong>de</strong>n Nei<strong><strong>de</strong>r</strong> selbst und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e.<br />

Schon <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Mord <strong><strong>de</strong>r</strong> christlichen Menschheitsgeschichte<br />

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geschah aus Neid. Er kennt viele Schattierungen – <strong>de</strong>struktiv<br />

einerseits, an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits könnte man ihn auch als Motor <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Leistungsgesellschaftsehen. Übertriebener sachlich nicht<br />

nachvollziehbarer Neid gefähr<strong>de</strong>t das Zusammenleben. Normaler<br />

Neid spornt dazu an, seinen durchschnittlichen Platz in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gesellschaft anzustreben.<br />

Kein Betrieb, in <strong>de</strong>m nicht das Gespenst Neid umhergeht:<br />

Neid auf eine höhere Stellung, das schönere Zimmer o<strong><strong>de</strong>r</strong> das<br />

höhere Gehalt eines Kollegen. Aus Neid wer<strong>de</strong>n Intrigen<br />

gesponnen, Schicksale besiegelt und Ehen zerstört. Unter <strong>de</strong>n<br />

Todsün<strong>de</strong>n gilt <strong><strong>de</strong>r</strong> Neid als das hartnäckigste Gefühl. Die Energie<br />

<strong>de</strong>s Neidischen ist nicht kreativ. Im Gegenteil: Sie lähmt, macht<br />

unbeweglich, frisst sich fest am Gegenstand <strong><strong>de</strong>r</strong> Begier<strong>de</strong>,<br />

verkrampft das Herz und macht blind.<br />

An <strong>uns</strong> nagt <strong><strong>de</strong>r</strong> Glaube, nicht gut genug zu sein. Und die<br />

Freu<strong>de</strong> am Leben gerät bei <strong>de</strong>m Wettlauf um Anerkennung in<br />

Vergessenheit. Angst vor <strong>de</strong>m Kalen<strong><strong>de</strong>r</strong>, vor <strong>de</strong>m Gedanken, es<br />

nicht zu schaffen, führt zu emotionalen Störungen und Allergien.<br />

Gegen wen sind wir allergisch?<br />

Solange <strong>uns</strong>ere Devise lautet: „Bigger, better, faster, more“,<br />

koste es, was es wolle, wenn in <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt alles so weiter geht wie<br />

bisher, dann wird keiner sein Ziel erreichen. Nur das Rechte Maß<br />

und Nachhaltigkeit können <strong>uns</strong> retten.<br />

Zorn (Ira) ist einerseits lebensnotwendig und dient <strong>uns</strong>erem<br />

Selbstschutz gegen Gewalt, Missbrauch und Enttäuschungen. Man<br />

sollte ihn steuern und unterbrechen lernen. Denn Zorn gegen einen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> mehrere Menschen kann <strong>de</strong>n Menschen beherrschen und ihm<br />

seine Selbstkontrolle nehmen.<br />

Unberechtigter Zorn führt z. B. zu Frem<strong>de</strong>nhass, zu<br />

Gewaltausbrüchen, zu Amokläufen. Zorn entsteht in <strong>uns</strong>erem Kopf,<br />

also müssen wir <strong>uns</strong> um <strong>uns</strong> selber kümmern, damit wir keine<br />

Kettenreaktion negativer Energieausbrüche zün<strong>de</strong>n, die wütend und<br />

aggressiv sich am En<strong>de</strong> gegen <strong>uns</strong> selber richten. Son<strong><strong>de</strong>r</strong>n wir<br />

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sollten bewusst mit <strong>uns</strong>erem Zorn umgehen und ihn Gewinn<br />

bringend auszudrücken lernen.<br />

<strong>Wenn</strong> Todsün<strong>de</strong>n dadurch gekennzeichnet sind, dass sie<br />

letztlich zerstörerisch für <strong>de</strong>n Einzelnen und für die Gemeinschaft<br />

sind, dann ist Zorn ein Para<strong>de</strong>beispiel. Hooligans, Krawallaktionen<br />

und Schlägereien, Sie suchen größere Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen, <strong>de</strong>n<br />

Kick, das Kribbeln. Aber Gewalt zerstört das Gehirn. Man verliert<br />

seine Fähigkeit zu analysieren und nach zu <strong>de</strong>nken, zu be<strong>de</strong>nken<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> abzuwägen.<br />

Zorn, Gereiztheit, Wut Ärger und Groll führen zu Infektionen,<br />

zu Entzündungen. Zorn, Wut und Ungeduld sind die Wurzeln von<br />

Autoagressionskrankheiten und Verletzungen, zu <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schlaganfall, Herzinfarkt, Krebs o<strong><strong>de</strong>r</strong> Rheumatismus gehören.<br />

Solange Ihr Unterbewusstsein mit Wut und Zorn blockiert ist,<br />

können Sie nicht glücklich wer<strong>de</strong>n. Die Sucht nach <strong>de</strong>m Negativen<br />

kann anstecken, wenn man nicht auf die eigenen Grenzen achtet.<br />

Deshalb brauchen wir als Gegenkräfte Wohlwollen und Nachsicht.<br />

<strong>Wenn</strong> man sich Zeit nimmt, in bei<strong>de</strong> Richtungen zu <strong>de</strong>nken – nicht<br />

nur, wovon man sich „anstecken“ lässt son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch, ob man nicht<br />

selbst ansteckt, und womit – merkt man, wie nötig seelisch-geistige<br />

Entgiftungskuren sind.<br />

Die “Wollust“ galt früher als Hauptlaster. Luxuria, die<br />

Wollust ist das bewusste übertriebene Han<strong>de</strong>ln inklusive<br />

entsprechen<strong><strong>de</strong>r</strong> Fantasien zur Steigerung <strong><strong>de</strong>r</strong> sexuellen Lust. Aber<br />

„Luxuria” be<strong>de</strong>utet nicht nur Wollust son<strong><strong>de</strong>r</strong>n Genusssucht und<br />

Ausschweifung. Nun sind Glück, Wohlbefin<strong>de</strong>n, Freu<strong>de</strong>,<br />

Vergnügen, Lust und sinnliche Begier<strong>de</strong> beileibe nichts Negatives.<br />

Das negative liegt hier nicht im Tun. Die Verfehlung liegt im<br />

Denken. <strong>Wenn</strong> ich meinen Körper o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n eines an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Menschen wie einen Gegenstand behandle, wird die sexuelle Lust<br />

zur Sün<strong>de</strong>. Dann übersch<strong>reitet</strong> Wollust die Grenzen zwischen<br />

sexueller Befreiung und Missbrauch. Von ihm sind<br />

Zwangsprostitution und Missbrauch von Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein ganz<br />

wesentlicher Teil. Den jährlichen etwa 30 000 erfassten<br />

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Kin<strong>de</strong>smisshandlungen steht eine Dunkelziffer von über ca. 500<br />

000 gegenüber. Täglich gehen rund 1,2 Millionen Männer zu <strong>de</strong>n<br />

etwa 400.000 Prostituierten, davon die Hälfte als<br />

Zwangsprostituierte. Gesamtumsatz <strong><strong>de</strong>r</strong> Branche 15 Milliar<strong>de</strong>n<br />

Euro.<br />

Aber wie sieht es in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Bereichen aus: Genusssucht,<br />

Ausschweifung. <strong>Wenn</strong> sie das rechte Maß verlieren, wer<strong>de</strong>n sie alle<br />

zur Sucht, und zwar dann wenn <strong>uns</strong>ere Wünsche und <strong>uns</strong>er<br />

Verlangen von Habgier gekennzeichnet wer<strong>de</strong>n.<br />

„Gula” – die Unmäßigkeit. Das Wort Maßlosigkeit scheint<br />

für diese Todsün<strong>de</strong> passend. Je<strong>de</strong> Entfaltung muss mit Maß<br />

geschehen. Nur wer <strong>de</strong>n Blick auf das Ganze, auf <strong>de</strong>n Sinn nicht<br />

aus <strong>de</strong>n Augen verliert, kann das richtige Maß fin<strong>de</strong>n. Dabei soll<br />

man sich nicht nur auf die gestörte Aufnahme von Nahrungsmittel<br />

wie Magersucht o<strong><strong>de</strong>r</strong> Fresssucht beschränken. Auch das Messen<br />

mit verschie<strong>de</strong>nem Maß ist hier angesprochen. "Zweierlei Gewicht<br />

und zweierlei Maß, bei<strong>de</strong>s sind <strong>de</strong>m Herrn ein Gräuel." (Spr 20;10)<br />

Wer<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaft alle gleich(mäßig) behan<strong>de</strong>lt, egal ob<br />

In- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong>, Arbeitnehmer o<strong><strong>de</strong>r</strong> Unternehmer? Wer im<br />

Übermaß lebt, stumpft ab. Wir wissen um die Gleichgültigkeit, mit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> wir etwa <strong>de</strong>m übermäßigen Fernsehkonsum (Gewalt, Konsum,<br />

Leid, Vergnügen,...) begegnen.<br />

Das gilt auch für die Völlerei Sie ist nicht die übermäßige<br />

Mahlzeit, <strong><strong>de</strong>r</strong> volle Kühlschrank o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> hemmungslose<br />

Partyabend mit einem dicken Kopf am an<strong><strong>de</strong>r</strong>n Tag. Es geht nicht<br />

zuerst um die einzelne Tat. Auch bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Völlerei geht es um eine<br />

Haltung, eine alles an<strong><strong>de</strong>r</strong>e prägen<strong>de</strong> und bestimmen<strong>de</strong> Sicht <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Dinge und <strong><strong>de</strong>r</strong> Handlungen.<br />

Es geht bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Völlerei noch nicht einmal nur ums Essen,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n um viele Bereiche <strong>uns</strong>eres Lebens, die das rechte Maß<br />

verloren haben – die nicht mehr <strong>de</strong>n Genuss erleben, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die<br />

nur noch das Verschlingen kennen. Gefährlicher als <strong><strong>de</strong>r</strong> Konsum<br />

von zu vielen Kalorien ist Informations-Völlerei. Die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Cyber-<br />

Süchtigen, Fernseh-Süchtigen, SMS-Süchtigen ist ständig im<br />

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Steigen. Unser Gehirn ist dauernd überstimuliert durch Werbung,<br />

Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>, Worte, sexuelle Reize. Und <strong><strong>de</strong>r</strong> Drang<br />

Je<strong>de</strong> Art von Maßlosigkeit ist schädlich für einen gesun<strong>de</strong>n<br />

Körper und einen gesun<strong>de</strong>n Geist, Genuss ohne Gewissen,<br />

Maßlosigkeit im Ausloten von Limits, von allem immer mehr haben<br />

zu wollen, ohne Rücksicht auf Mitmenschen und Natur, hat schwer<br />

wiegen<strong>de</strong> gesellschaftliche, gesundheitliche und geistige Folgen.<br />

Die permanente Beschleunigung aller Prozesse verkennt die<br />

biologischen und geistigen Grenzen dieses außeror<strong>de</strong>ntlichen<br />

Wun<strong><strong>de</strong>r</strong>wesens Mensch.<br />

Das Verlangen nach <strong>de</strong>m Mehr, nach permanenter<br />

Grenzüberschreitung, scheint <strong>uns</strong> in die Wiege gelegt, und ist ein<br />

Motor von Entwicklung und Fortschritt im Leben <strong>de</strong>s Einzelnen wie<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschheit.<br />

Lernen wir hauszuhalten mit <strong>uns</strong>eren begrenzten<br />

Möglichkeiten und <strong>de</strong>n begrenzten Ressourcen im Haus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Menschheit, für <strong>uns</strong>er eigenes Wohl und das kommen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Generationen. Die Ressourcenvöllerei, die wir alle je<strong>de</strong>n Tag<br />

betreiben, ist ein apokalyptisches Laster. Stutzen wir <strong>uns</strong>ere tief<br />

verwurzelten Konsumsüchte auf das rechte Maß zurecht, damit<br />

je<strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch hat, was zu einem würdigen Leben Not tut. Schaffen<br />

wir die systemische Völlerei ab und versuchen wir einer Ordnung zu<br />

schaffen, die die gegebenen Grenzen <strong>de</strong>s Einzelnen, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gemeinschaft und <strong><strong>de</strong>r</strong> Umwelt anerkennt und <strong>de</strong>mentsprechend<br />

Maß hält. Völlerei zerstört die Zukunft, nur Maßhalten macht sie<br />

möglich.<br />

Müßiggang o<strong><strong>de</strong>r</strong> Faulheit (Acedia) bezeichnen ein<br />

Dahinleben ohne Eigeninitiative. „So bin ich eben.“ „So sind die<br />

Dinge eben.“ Dieser subversive Akt <strong>de</strong>s Däumchendrehens und<br />

schweigend das Böse hinnehmen. „Wir können sowieso nichts<br />

än<strong><strong>de</strong>r</strong>n.“ Weiten wir <strong>uns</strong>eren Blick aber auch auf das Innenleben<br />

aus, kommt eine viel wichtigere Sichtweise ans Tageslicht: <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

mangeln<strong>de</strong> Wille, an seiner Entwicklung zu arbeiten. Das<br />

Missachten <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufgabe "Wer<strong>de</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong> du bist", die Verweigerung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

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eigenen Reifung, das Mitschwimmen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberfläche <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Massenströmungen ist bequem. Ich kümmere mich nicht um meine<br />

Mitte, ich verweigere die Meditation und das Gebet. Meine<br />

unbewussten Seiten wer<strong>de</strong>n verdrängt, ich stelle mich ihnen nicht.<br />

Die Todsün<strong>de</strong> besteht darin, nicht nach innen zu hören und damit<br />

verborgene Talente nicht zu ent<strong>de</strong>cken o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu entwickeln. "Kommt<br />

Zeit, kommt Rat" wird so zu einer fatalistischen Lebenseinstellung<br />

pervertiert. Ich lehne meine Eigenverantwortung ab und <strong>de</strong>legiere<br />

sie an die Sterne, Gott, die Gesellschaft o<strong><strong>de</strong>r</strong> das Schicksal. Helfen<br />

sollen nur die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en, ich bin nur zum Nehmen da. Der Sozialstaat<br />

ist zum Ausnehmen da, Eigeninitiative o<strong><strong>de</strong>r</strong> Subsidiarität kennt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

träge Mensch nicht.<br />

Trägheit als aller Laster Anfang. Faulheit: Keine <strong><strong>de</strong>r</strong> sieben<br />

Todsün<strong>de</strong>n ist so schwer zu i<strong>de</strong>ntifizieren wie gera<strong>de</strong> die Trägheit.<br />

Denn sie versteckt sich gekonnt unter <strong>de</strong>m Mäntelchen<br />

sympathischer Gelassenheit, relaxter Leistungsverweigerung, ja<br />

sogar hinter Toleranz. O<strong><strong>de</strong>r</strong> sie führt scheinbar vernünftige<br />

Argumente ins Feld, die ein schnelles Eingreifen, eine Handlung<br />

verbieten.<br />

Doch Vorsicht: Gleichgültigkeit, mentale Trägheit bringen<br />

<strong>uns</strong> dazu, wegzuhören, wenn ein Nachbarskind misshan<strong>de</strong>lt wird.<br />

Aus mentaler Trägheit dachten sich viele Deutsche nichts dabei,<br />

das Hab und Gut von <strong>de</strong>portierten jüdischen Nachbarn auf<br />

öffentlichen Versteigerungen billig zu erwerben. Für diese Form <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sün<strong>de</strong> Acedia hatte bereits <strong><strong>de</strong>r</strong> dänische Philosoph Søren<br />

Kierkegaard ein passen<strong>de</strong>s Wort gefun<strong>de</strong>n: »Herzensträgheit«.<br />

Die „Trägheit <strong>de</strong>s Herzens“ – o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch <strong>de</strong>s Geistes – ist die<br />

Todsün<strong>de</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong>en „Verwerflichkeit“ sich heute nicht mehr so einfach<br />

erschließt, weil sie vielfach falsch verstan<strong>de</strong>n wird. Trägheit <strong>de</strong>s<br />

Herzens ist heute: Mitleidlosigkeit, Gleichgültigkeit, Überdruss, aber<br />

auch Denkfaulheit, Ignoranz, innerliche Leere und Trostlosigkeit,<br />

letztlich Sinnlosigkeit.<br />

Trägheit, das ist <strong><strong>de</strong>r</strong> dunkle Mantel <strong><strong>de</strong>r</strong> Depression, die<br />

unheimliche Last eines Burnouts, die gefühlte Sinnlosigkeit, ein<br />

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lähmen<strong>de</strong>s Gefühl, das wir nicht einfach abschütteln können.<br />

Trägheit, das ist aber auch die Bequemlichkeit, lieber nichts als<br />

etwas Falsches zu tun; das resignative sich abfin<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m<br />

vermeintlichen Schicksal, die Angst vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Verantwortung, die<br />

Weigerung, sich einzulassen, Konflikte, Gemeinschaft,<br />

Kommunikation zuzulassen.<br />

Setzen wir <strong><strong>de</strong>r</strong> Trägheit <strong>uns</strong>ere Begeisterung entgegen,<br />

bleiben wir neugierig, achtsam und bereit <strong>uns</strong> einzulassen, etwas<br />

zu erwarten, wahrzunehmen, zu staunen. Unser Leben muss nicht<br />

leicht sein, aber es sollte einen Sinn haben. Erst dann spen<strong>de</strong>t es<br />

Hoffnung, Befriedigung und Freu<strong>de</strong>.<br />

Was sind die Folgen <strong>uns</strong>erer Sün<strong>de</strong>n? Weniger Leben,<br />

schlechteres Leben, das haben wir schon festgestellt. Insgesamt<br />

folgen aus <strong>de</strong>n Todsün<strong>de</strong>n disharmonische Zustän<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gesellschaft, aber auch in <strong>uns</strong>erem Körper, wo sie sich als<br />

Krankheit manifestieren.<br />

Es ist ein Irrtum zu glauben, es gäbe materielle<br />

Krankheitsursachen. Natürlich treten unter <strong>de</strong>m Einfluss materieller<br />

Gegebenheiten gewisse Symptome auf. Die Gegebenheiten sind<br />

Auslöser <strong><strong>de</strong>r</strong> Symptome, aber nicht die Ursache <strong>uns</strong>erer<br />

Krankheiten.<br />

Louis Pasteur meinet dazu: „<strong>Wenn</strong> Sie meinen, Krankheiten<br />

einfach dadurch beseitigen zu können, dass Sie die dabei<br />

auftreten<strong>de</strong>n Bakterien unterdrücken und abtöten, dann wer<strong>de</strong>n Sie<br />

ganz schlimme Wun<strong><strong>de</strong>r</strong> erleben. Vergessen Sie nicht, dass<br />

Mikroben nicht Ursache, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n Zeichen für Krankheiten sind, und<br />

dass wir <strong>uns</strong>ere wissenschaftliche Sorgfalt auf die Erforschung <strong>de</strong>s<br />

Rätsels verwen<strong>de</strong>n müssen, warum die Mikroben bei manchen<br />

Individuen so verheerend wirken.“<br />

Und schon Platon bemerkte zum gleichen Thema: „Die<br />

Behandlung eines Teiles sollte nicht versucht wer<strong>de</strong>n ohne die<br />

Behandlung <strong>de</strong>s Ganzen. Es sollten keine Bemühungen<br />

unternommen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Körper ohne die Seele zu kurieren und<br />

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wenn Kopf und Körper wie<strong><strong>de</strong>r</strong> gesun<strong>de</strong>n sollen, so muss man<br />

zuerst <strong>de</strong>n Geist behan<strong>de</strong>ln.“<br />

Medikamente und Therapien unterstützen möglicherweise<br />

das Bestreben <strong>de</strong>s Körpers, die Harmonie wie<strong><strong>de</strong>r</strong> herzustellen, aber<br />

eben nur auf <strong><strong>de</strong>r</strong> körperlichen Ebene. Die Ursachen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Unausgeglichenheit und Zerrissenheit sind damit nicht beseitigt.<br />

Deshalb gibt es auch die vielen Rückfälle o<strong><strong>de</strong>r</strong> das Symptom zeigt<br />

sich an einer an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Stelle, o<strong><strong>de</strong>r</strong> wird alsbald durch ein an<strong><strong>de</strong>r</strong>es<br />

ersetzt. Insofern ist eine reine medikamentöse Behandlung <strong>de</strong>m<br />

anstehen<strong>de</strong>n Bewusstwerdungsprozess abträglich, <strong>de</strong>nn die<br />

dadurch erzielte Besserung o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar Beschwer<strong>de</strong>nfreiheit lässt die<br />

betreffen<strong>de</strong> Person glauben, es sei wie<strong><strong>de</strong>r</strong> alles in Ordnung, in<br />

Wirklichkeit ist aber alles beim Alten geblieben. Seine Entwicklung<br />

wird dadurch nur verzögert und, falls dieses Spiel <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Symptombehandlung das ganze Leben lang weitergeführt wird,<br />

sogar verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t.<br />

Was ist zu tun? Unsere Gesellschaft wird erst dann wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

gesun<strong>de</strong>n, wie<strong><strong>de</strong>r</strong> lebenswert wer<strong>de</strong>n, wenn je<strong><strong>de</strong>r</strong> Einzelne<br />

gesun<strong>de</strong>t, heil wird, in<strong>de</strong>m er die Sün<strong>de</strong>n in seinem Herzen tilgt.<br />

Was schul<strong>de</strong>n wir <strong>uns</strong> selbst? Was schul<strong>de</strong>n wir einan<strong><strong>de</strong>r</strong>?<br />

Da <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch nicht seiner Umwelt ausgeliefert ist, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

gestaltend auf sie einzuwirken vermag, so muss er die Frage<br />

stellen, wie die Welt, in <strong><strong>de</strong>r</strong> er lebt, und die Verhältnisse, die ihn<br />

umgeben, beschaffen sein müssen, damit er ein menschliches,<br />

glückliches und erfüllen<strong>de</strong>s Leben führen kann. Wir sind nicht nur<br />

Betroffene, wir sind auch und in erster Linie Beteiligte. Die<br />

Grundlagen <strong><strong>de</strong>r</strong> Moral sind gleichzeitig die Grundlagen eines guten,<br />

menschlichen Lebens. Tugen<strong>de</strong>n sind die tragen<strong>de</strong>n Kräfte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vermittlung zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> Sorge um sich selbst und <strong><strong>de</strong>r</strong> Rücksicht<br />

auf an<strong><strong>de</strong>r</strong>e. Vier Eigenschaften scheinen mir dafür notwendig:<br />

Weisheit: Der Mensch ist weise, <strong><strong>de</strong>r</strong> imstan<strong>de</strong> ist, seine<br />

gegenwärtige Situation zu <strong>de</strong>uten. Er gibt sich keinen Illusionen hin<br />

und kann unterschei<strong>de</strong>n, was gut und böse ist. Der weise Mensch<br />

verdrängt nichts, auch nicht seinen eigenen Tod. Er hat die<br />

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Fähigkeit zu angemessenem Han<strong>de</strong>ln im konkreten Einzelfall unter<br />

Berücksichtigung aller für die Situation relevanten Faktoren,<br />

individueller Handlungsziele und sittlicher Einsichten.<br />

Ein weiser Mensch versucht, Irrtümer und Täuschungen zu<br />

minimieren. Ein unweiser Mensch schließt als Dogmatiker Irrtümer<br />

und Täuschungen aus. Ein weiser Mensch stellt<br />

Selbstverständlichkeiten in Frage. Ein Mensch, <strong><strong>de</strong>r</strong> im Käfig seiner<br />

Wahrheiten thront, erachtet seine Selbstverständlichkeiten stets für<br />

richtig und sinnvoll. Ein weiser Mensch kann unterschei<strong>de</strong>n. Er ist in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Lage, vielschichtige Sachverhalte so weit zu vereinfachen, dass<br />

sie zu klaren Aussagen führen. Der unweise Mensch hingegen<br />

verliert sich bei verzwickten Sachverhalten. Der weise Mensch<br />

<strong>de</strong>nkt in Wahlmöglichkeiten. Es gibt für ihn zu je<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vorgehensweise auch noch eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Möglichkeit. Der unweise<br />

Mensch dagegen <strong>de</strong>nkt in Gegensätzen. Ihm ist es wichtig, etwas<br />

zu wi<strong><strong>de</strong>r</strong>legen. Für ihn ist alles alternativlos. Ein weiser Mensch<br />

versucht, sich auf die Wertvorstellungen, Erwartungen, Interessen<br />

und Bedürfnisse an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Menschen einzustellen, <strong><strong>de</strong>r</strong> unweise<br />

Mensch macht seine Werte, Erwartungen, Bedürfnisse und<br />

Interessen auch für an<strong><strong>de</strong>r</strong>e verpflichtend.<br />

Gerechtigkeit: Thomas von Aquin bezeichnet die<br />

Gerechtigkeit als jene Haltung, kraft <strong><strong>de</strong>r</strong>er wir je<strong>de</strong>m Menschen sein<br />

Recht zuerkennen. Gerechtigkeit beruht auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Überlegung, dass<br />

für alle die gleichen Voraussetzungen und die gleichen<br />

Beurteilungskriterien gelten müssen, wenn nicht ein großer Teil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Menschen unter <strong>de</strong>m an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Teil seiner Gattung lei<strong>de</strong>n soll.<br />

Gerechtigkeit ist nicht zwingend ein Teil <strong>uns</strong>eres Instinktes, <strong>de</strong>nn<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> sucht in erster Linie sein eigenes Überleben und seinen Vorteil.<br />

Das Umsetzen vom Gedanken <strong><strong>de</strong>r</strong> Gerechtigkeit wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spricht sehr<br />

oft <strong><strong>de</strong>r</strong> wirtschaftlichen und sozialen Realität <strong>de</strong>s "kapitalistischen<br />

Raubritters“<br />

Tapferkeit: Der Mensch hält durch sie die Tragik dieser Welt<br />

aus und glaubt gegen Angst und Tod an <strong>de</strong>n Sieg <strong>de</strong>s Guten. Sie<br />

hat nichts zu tun mit sinnloser Tollkühnheit.<br />

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Mäßigkeit: Sie ist jene Tugend, mit <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch seine<br />

Lei<strong>de</strong>nschaften und Affekte zügelt. Zucht und Maß sind nicht schon<br />

Verwirklichung <strong>de</strong>s Guten, aber sie schaffen dafür eine notwendige<br />

Voraussetzung.<br />

Ursprünglich bezeichnete <strong><strong>de</strong>r</strong> Begriff Tugend nichts<br />

Geistiges o<strong><strong>de</strong>r</strong> blässlich Moralisches - was man heute als<br />

»Tugend« übersetzt, wur<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n Griechen erfolgreichen<br />

Sportlern und tapferen Kriegern zugesprochen: ein siegreicher<br />

Läufer hatte tugendhafte Füße. Es bezeichnete so etwas wie<br />

Exzellenz, körperlich, moralisch, intellektuell, in praktischen<br />

Geschicklichkeiten gut, ja sogar sehr gut zu sein. Dabei liegt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Akzent nicht vordringlich auf <strong>de</strong>m einzelnen Sieg im Wettbewerb -<br />

so wenig er für sich unwichtig ist - son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf einem dauern<strong>de</strong>n<br />

Zustand, einer Lebensform <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschen, <strong>de</strong>nen man »Tugend«<br />

zusprach.<br />

Tugend heißt, sich nicht mit <strong>de</strong>m Gegebenen abzufin<strong>de</strong>n,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n es als Aufgabe zur optimalen Verwirklichung<br />

wahrzunehmen. Die Tugend soll das Menschliche im Menschen zur<br />

Geltung bringen. soll das individuell Gute mit <strong>de</strong>m sozial Gerechten<br />

verbin<strong>de</strong>n.<br />

Wir brauchen kein neues Moralsystem, vor allem keine<br />

neuen I<strong>de</strong>ologien wie <strong><strong>de</strong>r</strong> jetzt walten<strong>de</strong> entmündigen<strong>de</strong><br />

Staatssozialismus mit seinem narkotisieren<strong>de</strong>n Konsumwahn.<br />

Diese herrschen<strong>de</strong> Staats- und Gesellschaftsdoktrin drängt <strong>de</strong>n<br />

Menschen, <strong><strong>de</strong>r</strong> ihr in die Quere kommt, an <strong>de</strong>n Rand. Tugen<strong>de</strong>n<br />

und Laster sind Eigenschaften <strong>de</strong>s menschlichen Charakters und<br />

stehen in einer heiklen Beziehung zu einan<strong><strong>de</strong>r</strong>. In je<strong>de</strong>m von bei<strong>de</strong>n<br />

wohnt ein Teil <strong>de</strong>s Gegenstücks.<br />

Wie wi<strong><strong>de</strong>r</strong>steht man <strong>de</strong>n Versuchungen Satans, <strong>de</strong>s Bösen?<br />

In<strong>de</strong>m man aufhört sich selbst zu überschätzen o<strong><strong>de</strong>r</strong> wie Paulus in<br />

einem Brief an die Römer schreibt: ‘nicht höher von <strong>uns</strong> zu <strong>de</strong>nken,<br />

als zu <strong>de</strong>nken nötig ist’ (Römer 12:3).<br />

O<strong><strong>de</strong>r</strong> sollen wir es mit Aldous Huxley halten, <strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

schönen neuen Welt meinte: „Ich brauche keine Bequemlichkeit. Ich<br />

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will Gott, ich will Poesie, ich will wirkliche Gefahren und Freiheit und<br />

Tugend. Ich will Sün<strong>de</strong>!“<br />

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