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Amira, Karl von, Grundriss des germanischen Rechts, 3. A. 1913

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270 Das AI/feste Beweisverfahren. Eid.<br />

dient als Gewährleistung für die Verlässigkeit <strong>des</strong> eigenen Wortes<br />

durch Einsatz eines Gutes für <strong>des</strong>sen Wahrheit. Diese Gewähr-<br />

leistung geschieht durch formelhaftes, ursprünglich zauberisches<br />

Reden, das »Schwören« (got. svaran, skand. sverja, ahd. ags. as.<br />

swerjan, afries. swera eigentl. = singen, in-cantare). Daß dabei<br />

ein Gott angerufen (»beschworen«) werde, ist dem heidnischen Eid<br />

nicht wesentlich. Es geschieht nur dann, wenn der Verlust <strong>des</strong> ein-<br />

gesetzten Gutes bei »Meineid« gerade durch die Gottheit bewirkt<br />

werden soll. Auch in diesem Falle ist aber dem Heidentum die<br />

Vorstellung fremd, daß die Gottheit als Schützerin der Wahrheit<br />

den falschen Eid bestrafen werde. Man pflegte ebenso wie eine<br />

Gottheit, und öfter noch, Sachen zu »beschwören«, z. B. die eigenen<br />

Waffen, das eigene Schiff, das eigene Roß. Dort wie hier soll das<br />

Leben <strong>des</strong> Schwörenden eingesetzt sein, dort die Gottheit, hier<br />

die Waffe, das Schiff, das Roß ihm den Tod bringen, wenn der Eid<br />

falsch ist. Als Surrogat schwächeren Ei<strong>des</strong> genügte Verpfändung<br />

<strong>von</strong> Leibesgliedern oder der Freiheit oder der Ehre (an. fegn-<br />

skaparlagning) oder <strong>von</strong> Vermögensstücken. Und hieraus erklärt<br />

sich das Schwören beim eigenen Bart oder Haar oder Zahn oder<br />

bei der eigenen Hand oder Brust oder bei einem demi Schw^örenden<br />

angehörigen Menschen oder Haustier. Nach seiner Christiani-<br />

sierung konnte der Eid, wenn noch wie regelmäßig Beschwörung,<br />

nur Gott oder einen Heiligen anrufen. Aber nicht überall und allemal<br />

war er eine Anrufung. Den gleichen Dienst tat es, zumal nach<br />

ags. R., wenn der Schwörer sich als Stellvertreter Gottes gab, in<br />

<strong>des</strong>sen »Namen« oder »Minne« aussagte. Stets suchten Inhalt und<br />

Wesen <strong>des</strong> Ei<strong>des</strong> nach Ausdruck in der Symbolik. In der Heiden<br />

zeit wird die Gottheit beschworen, indem der geheiligte, <strong>von</strong> Opfer-<br />

blut gerötete »Eidring« oder ein Opfertier berührt wird, in der<br />

christlichen Zeit unter Handauflage auf den Altar oder <strong>des</strong>sen<br />

Abbreviaturen: Reliquienbehälter (»auf die Heiligen«), Evangelien-<br />

buch, Kreuz, unter Niederknieen. W^affien oder auch der eigene<br />

Stab wurden im Heidentum beschworen unter Anrühren oder Em-<br />

porheben derselben, Schiffe unter deren Betretung, Rosse unter<br />

Einsetzen <strong>des</strong> Fußes in den Steigbügel. Oder es mußte der Gegen-<br />

stand hingehalten oder angefaßt werden, den der Schwörer zu<br />

Pfand setzte: die Hand, das Haar, die Brust, das Viehstück.<br />

Manche dieser Feierlichkeiten, wonach die Ei<strong>des</strong>arten oftmals benannt<br />

werden, erhält sich noch lange in der christlichen Zeit, indem<br />

ihr ursprünglicher Sinn teils vergessen, teils umgedeutet wird.<br />

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