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Amtlicher Entwurf eines deutschen Strafgesetzbuches von 1925

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und in Deutschland zu einer Fülle <strong>von</strong> Strafrechtsänderungen geführt<br />

hat.<br />

Quelle: <strong>Amtlicher</strong> <strong>Entwurf</strong> <strong>eines</strong> Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs mit nebst<br />

Begründung, Berlin <strong>1925</strong>, S. 4 ff. Die textliche Anordnung des <strong>Entwurf</strong>s wurde für den<br />

Abdruck gestrafft.<br />

Erstes Buch<br />

Verbrechen und Vergehen<br />

Allgemeiner Teil<br />

1. Abschnitt. Das Strafgesetz<br />

[I.] Zeitliche Geltung<br />

§ 1 [Nulla poena sine lege] Eine Tat kann nur dann mit einer Strafe<br />

belegt werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die<br />

Tat begangen wurde.<br />

§ 2 [Gesetzliche Strafe] Die Strafe bestimmt sich nach dem Gesetze,<br />

das zur Zeit der Tat gilt.<br />

Wird das Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt, vor der Aburteilung geändert,<br />

so ist das Gesetz anzuwenden, das für den Täter am günstigsten ist.<br />

Vorschriften, die wegen besonderer tatsächlicher Verhältnisse erlassen<br />

worden waren, sind auf die während ihrer Geltung begangenen Taten<br />

auch noch anzuwenden, nachdem sie wegen Wegfalls dieser Verhältnisse<br />

außer Kraft getreten sind.<br />

§ 3 [Geltung der Maßregeln der Sicherung und Besserung] Über<br />

Maßregeln der Besserung und Sicherung ist nach dem Gesetze zu entscheiden,<br />

das zur Zeit der Entscheidung gilt.<br />

[II. Räumliche Geltung]<br />

§ 4 [Geltung im Inland] Die <strong>deutschen</strong> Strafgesetze gelten für Taten,<br />

die im Inland begangen werden.<br />

Deutsche Schiffe und Luftfahrzeuge gelten als Inland, gleichviel wo<br />

sie sich befinden.<br />

§ 5 [Geltung im Ausland] Die <strong>deutschen</strong> Strafgesetze gelten, unabhängig<br />

<strong>von</strong> den Gesetzen des Tatorts, für folgende im Ausland begangene<br />

Taten:


1. Hochverrat und Landesverrat gegen das Reich oder <strong>eines</strong> der Länder<br />

und Vergehen gegen die Wehrmacht oder die Volkskraft;<br />

2. strafbare Handlungen, die jemand als Träger <strong>eines</strong> <strong>deutschen</strong> Amtes<br />

oder die jemand gegen den Träger <strong>eines</strong> <strong>deutschen</strong> Amtes während<br />

der Ausübung s<strong>eines</strong> Amtes oder in Beziehung auf sein Amt begeht;<br />

3. Meineid in einem Verfahren, das bei einer <strong>deutschen</strong> Behörde anhängig<br />

ist;<br />

4. Verbrechen der Falschmünzerei;<br />

5. Verbrechen des Frauenhandels und des Kinderhandels.<br />

§ 6 [Kollisionsnorm] Für andere Taten, die im Ausland begangen<br />

werden, gelten, sofern sie auch durch die Gesetze des Tatorts mit Strafe<br />

bedroht sind, die <strong>deutschen</strong> Strafgesetze:<br />

1. wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher war oder nach der Tat<br />

Deutscher geworden ist;<br />

2. wenn der Täter zur Zeit der Tat Ausländer war, im Inland betroffen<br />

und, obwohl die Auslieferung an das Ausland zulässig wäre, nicht<br />

ausgeliefert wird.<br />

Ist der Ort der Tat keiner Staatsgewalt unterworfen, so genügt es, daß<br />

die Tat nach den <strong>deutschen</strong> Gesetzen strafbar ist.<br />

§ 7 Anrechnung ausländischer Strafen. Wird jemand im Inland wegen<br />

einer Tat verurteilt, wegen deren er schon im Ausland bestraft worden<br />

ist, so ist die ausländische Strafe, soweit sie vollstreckt ist, auf die im<br />

Inland zu verhängende Strafe anzurechnen.<br />

§ 8 Absehen <strong>von</strong> der Verfolgung. Wann die Verfolgung einer Tat<br />

ausgeschlossen ist oder <strong>von</strong> der Verfolgung abgesehen werden kann,<br />

bestimmen die Prozeßgesetze.<br />

§ 9 Ort und Zeit der Tat. Eine strafbare Handlung ist an jedem One<br />

begangen, wo sich der Tatbestand ganz oder zum Teil verwirklicht hat<br />

oder im Falle des Versuchs nach dem Vorsatze des Täters verwirklichen<br />

sollte.<br />

Eine strafbare Handlung ist zu der Zeit begangen, zu der der Täter<br />

gehandelt hat oder hätte handeln müssen. Wann der Erfolg eintritt, ist<br />

nicht maßgebend.<br />

[III.] Sprachgebrauch<br />

§ 10 [Strafbare Handlungen] Verbrechen sind die Handlungen, die<br />

mit dem Tode oder mit Zuchthaus bedroht sind.<br />

Vergehen sind die Handlungen, die mit Gefängnis bedroht sind. Ob<br />

eine Tat Verbrechen oder Vergehen ist, richtet sich nach der ordentli-


chen Strafe ohne Rücksicht auf die Schärfungen und Milderungen, die<br />

der Allgemeine Teil vorsieht.<br />

§ 11 [Einzelne Begriffe] Im Sinne dieses Gesetzes ist<br />

1. Jugendlicher: wer vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alt ist;<br />

2. Frau: auch eine unverheiratete Person weiblichen Geschlechts;<br />

3. Amtsträger: jeder, der berufen ist, ein öffentliches Amt auszuüben;<br />

4. Richter: jeder, der berufen ist, ein öffentliches Richteramt auszuüben;<br />

5. öffentlich begangen: auch eine Handlung, die in einer geschlossenen<br />

Versammlung oder durch Verbreiten, Anschlagen oder Auslegen <strong>von</strong><br />

Schriften, Abbildungen oder anderen Darstellungen begangen wird;<br />

6. Gewalt: auch die Anwendungen der Hypnose oder <strong>eines</strong> betäubenden<br />

Mittels zu dem Zwecke, jemanden gegen seinen Willen bewußtlos<br />

oder widerstandsunfähig zu machen;<br />

7. eine gefährliche Drohung: eine Drohung mit Gewalt, mit einem<br />

Verbrechen oder Vergehen, mit einer Strafanzeige oder mit der<br />

Offenbarung einer Tatsache, die geeignet ist, den Ruf zu gefährden,<br />

gleichviel ob das angedrohte Übel den Bedrohten selbst oder einen<br />

seiner Angehörigen treffen soll;<br />

8. Entgelt: jeder Vorteil, gleichviel ob er dem Empfänger selbst oder<br />

einem anderen zugute kommen soll;<br />

9. Urkunde: eine Schrift, die zu dem Zwecke errichtet worden ist, ein<br />

Recht oder ein Rechtsverhältnis zu begründen oder eine Tatsache<br />

<strong>von</strong> rechtlicher Bedeutung zu beweisen;<br />

10. ein öffentliches Beglaubigungszeichen: ein Zeichen, das eine öffentliche<br />

Behörde innerhalb ihrer Amtsbefugnisse oder eine mit öffentlichem<br />

Glauben versehene Person innerhalb des ihr zugewiesenen<br />

Geschäftskreises an einer Sache in der vorgeschriebenen Form angebracht<br />

hat, um eine bestimmte Eigenschaft der Sache zu bestätigen;<br />

11. Gemeingefahr: Gefahr für Menschenleben oder in bedeutendem<br />

Umfange für fremdes Eigentum.<br />

Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind Verwandte und Verschwägerte<br />

gerader Linie, Adoptiv- und Pflegeeltern, Adoptiv- und Pflegekinder,<br />

Ehegatten, Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister<br />

der Ehegatten sowie Verlobte.<br />

2. Abschnitt. Die strafbare Handlung<br />

[I. Schuld und Erfolg]<br />

§ 12 Vorsatz und Fahrlässigkeit. Strafbar ist nur, wer vorsätzlich<br />

oder fahrlässig handelt.


Zur Strafbarkeit ist, wo das Gesetz nichts anderes bestimmt, vorsätzliches<br />

Handeln erforderlich.<br />

Fahrlässiges Handeln ist nur strafbar, wenn es das Gesetz ausdrücklich<br />

mit Strafe bedroht.<br />

§ 13 Irrtum. Ein Irrtum, der den Täter das Unerlaubte seiner Tat<br />

nicht erkennen läßt, schließt die Bestrafung wegen vorsätzlicher Begehung<br />

aus.<br />

Beruht der Irrtum auf Fahrlässigkeit, so finden die Vorschriften über<br />

fahrlässige Handlungen Anwendung.<br />

§ 14 Herbeiführung <strong>eines</strong> Erfolges durch Unterlassung. Wer es<br />

unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, obwohl er hierzu rechtlich verpflichtet<br />

ist, wird ebenso bestraft, wie jemand, der den Erfolg verursacht.<br />

Wer die Gefahr, daß ein bestimmter Erfolg eintritt, durch seine Tätigkeit<br />

herbeiführt, ist verpflichtet, den Erfolg abzuwenden.<br />

§ 15 Erfolgshaftung. Eine höhere Strafe, die das Gesetz an eine besonders<br />

bezeichnete Folge der Tat knüpft, trifft den Täter nur, wenn er<br />

diese Folge wenigstens fahrlässig herbeigeführt hat.<br />

[II.] Zurechnungsunfähigkeit. Verminderte Zurechnungsfähigkeit<br />

§ 16 [Zurechnungsunfähigkeit] Wer zur Zeit der Tat nicht zurechnungsfähig<br />

ist, ist nicht strafbar.<br />

§ 17 [Verminderte Zurechnungsfähigkeit] Nicht zurechnungsfähig<br />

ist, wer zur Zeit der Tat wegen Bewußtseinsstörung, wegen krankhafter<br />

Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig ist,<br />

das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln.<br />

War die Fähigkeit zur Zeit der Tat aus einem dieser Gründe in hohem<br />

Grade vermindert, so ist die Strafe zu mildern (§ 72). Dies gilt nicht bei<br />

Bewußtseinsstörungen, die auf selbstverschuldeter Trunkenheit beruhen.<br />

§ 18 [Zurechnungsunfähigkeit Taubstummer] Ein Taubstummer ist<br />

nicht zurechnungsfähig, wenn er wegen zurückgebliebener geistiger<br />

Entwicklung unfähig ist, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser<br />

Einsicht gemäß zu handeln. War die Fähigkeit zur Zeit der Tat aus diesem<br />

Grunde in hohem Grade vermindert, so ist die Strafe zu mildern<br />

(§ 72).


§ 19 [Zurechnungsunfähigkeit Jugendlicher] Nicht zurechnungsfähig<br />

ist, wer zur Zeit der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist.<br />

Unter welchen Voraussetzungen einem Jugendlichen eine Tat nicht<br />

zuzurechnen ist, bestimmt das Jugendgerichtsgesetz.<br />

[III. Fehlende Rechtswidrigkeit]<br />

§ 20 Ausschluß der Rechtswidrigkeit. Eine strafbare Handlung liegt<br />

nicht vor, wenn die Rechtswidrigkeit der Tat durch das öffentliche oder<br />

bürgerliche Recht ausgeschlossen ist.<br />

§ 21 Notwehr. Eine Tat, die in Notwehr begangen ist, ist nicht<br />

rechtswidrig.<br />

In Notwehr handelt, wer sich oder einen anderen gegen einen gegenwärtigen<br />

rechtswidrigen Angriff in einer den Umständen angemessenen<br />

Weise verteidigt.<br />

Hat der Täter die Grenzen der Notwehr überschritten, so kann die<br />

Strafe gemildert werden (§ 72); ist die Überschreitung wegen Aufregung<br />

oder Bestürzung entschuldbar, so ist er straffrei.<br />

§ 22 Notstand. Nothilfe. Wer eine mit Strafe bedrohte Handlung begeht,<br />

um die gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr <strong>eines</strong> erheblichen<br />

Schadens <strong>von</strong> sich oder einem anderen abzuwenden, bleibt<br />

<strong>von</strong> der auf die vorsätzliche Begehung der Tat gesetzten Strafe frei,<br />

wenn ihm nach den Umständen nicht zuzumuten war, den drohenden<br />

Schaden zu dulden.<br />

Hat der Täter eine solche Gefahr irrtümlich angenommen und beruht<br />

der Irrtum auf Fahrlässigkeit, so finden die Vorschriften über fahrlässige<br />

Handlungen Anwendung.<br />

3. Abschnitt. Versuch<br />

§ 23 Strafbarkeit des Versuchs. Wer den Entschluß, eine strafbare<br />

Handlung zu begehen, durch Handlungen betätigt, die nach seiner Vorstellung<br />

den Anfang der Ausführung bilden, ist wegen Versuchs zu<br />

bestrafen.<br />

Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat<br />

(§72) '<br />

Der Versuch <strong>eines</strong> Vergehens ist nur strafbar, wenn ihn das Gesetz<br />

ausdrücklich mit Strafe bedroht.<br />

Der Versuch bleibt straflos, wenn der Täter die Tat aus grober Unwissenheit<br />

über Naturgesetze an einem Gegenstand oder mit einem<br />

Mittel versucht hat, an oder mit dem die Tat überhaupt nicht ausgeführt<br />

werden kann.


§ 24 Rücktritt. Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer aus freien<br />

Stücken die Ausführung aufgibt oder verhindert.<br />

Wegen Versuchs wird ferner nicht bestraft, wer den zur Vollendung<br />

gehörigen Erfolg aus freien Stücken abwendet. Konnte der Versuch<br />

nicht zur Vollendung führen oder war er schon fehlgeschlagen, so genügt,<br />

solange der Täter das nicht weiß, das ernstliche Bemühen, den<br />

Erfolg abzuwenden.<br />

4. Abschnitt. Teilnahme.<br />

§ 25 Anstiftung. Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine<br />

strafbare Handlung ausführt, wird als Anstifter gleich einem Täter bestraft.<br />

§ 26 Beihilfe. Wer vorsätzlich einem anderen die Ausführung einer<br />

strafbaren Handlung erleichtert, wird als Gehilfe gleich einem Täter<br />

bestraft; doch kann die Strafe gemildert werden (§ 72).<br />

§ 27 Selbständige Strafbarkeit des Teilnehmers. Die Strafbarkeit des<br />

Anstifters und des Gehilfen ist unabhängig <strong>von</strong> der Strafbarkeit dessen,<br />

der die Tat ausführt.<br />

§ 28 Besondere Eigenschaften oder Verhältnisse. Wenn besondere<br />

Eigenschaften oder Verhältnisse die Strafbarkeit der Tat begründen, so<br />

sind der Anstifter und der Gehilfe strafbar, wenn diese Umstände bei<br />

ihnen oder beim Täter vorliegen. Liegen die Umstände beim Anstifter<br />

nicht vor, so kann seine Strafe gemildert werden (§ 72).<br />

Bestimmt das Gesetz, daß besondere Eigenschaften oder Verhältnisse<br />

die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den<br />

Täter, Anstifter oder Gehilfen, bei dem sie vorliegen.<br />

5. Abschnitt. Strafen<br />

§ 29 Strafarten. Die Strafen sind Todesstrafe, Freiheitsstrafen und<br />

Geldstrafe.<br />

§ 30 Freiheitsstrafen. Freiheitsstrafen sind Zuchthaus, Gefängnis und<br />

Einschließung.<br />

§ 31 Dauer der Freiheitsstrafen. Die Dauer der Freiheitsstrafen ist,<br />

soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt,<br />

bei Zuchthaus mindestens ein Jahr und höchstens fünfzehn Jahre,<br />

bei Gefängnis mindestens eine Woche und höchstens fünf Jahre,<br />

bei Einschließung mindestens eine Woche und höchstens fünfzehn<br />

Jahre.


§ 32 Berechnung der Freiheitsstrafen. Die Dauer <strong>von</strong> Freiheitsstrafen<br />

darf nur nach vollen Tagen, Wochen, Monaten und Jahren bemessen<br />

werden.<br />

Der Tag wird zu vierundzwanzig Stunden, die Woche zu sieben Tagen,<br />

der Monat und das Jahr nach der Kalenderzeit gerechnet.<br />

§ 33 Geldstrafe. Die Geldstrafe beträgt, soweit nicht höhere Beträge<br />

oder Geldstrafe in unbeschränkter Höhe angedroht sind oder werden,<br />

mindestens drei Reichsmark und höchstens zehntausend Reichsmark.<br />

§ 34 Ersatzstrafe. An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt<br />

Gefängnis oder, wenn neben der Geldstrafe auf Zuchthaus erkannt<br />

wird, Zuchthaus.<br />

Die Dauer der Ersatzstrafe ist mindestens ein Tag und höchstens ein<br />

Jahr. Ist neben der Geldstrafe wahlweise Freiheitsstrafe <strong>von</strong> geringerer<br />

Dauer angedroht, so darf die Ersatzstrafe diese Dauer nicht übersteigen.<br />

Die Ersatzstrafe darf nur nach vollen Tagen bemessen werden.<br />

Im übrigen richtet sich das Maß der Ersatzstrafe nach den allgemeinen<br />

Regeln der Strafzumessung.<br />

Kann die Geldstrafe ohne Verschulden des Verurteilten nicht eingebracht<br />

werden, so kann das Gericht nachträglich anordnen, daß die<br />

Vollstreckung der Ersatzstrafe unterbleibt.<br />

6. Abschnitt. Bedingter Straferlaß<br />

§ 35 Bedingter Erlaß der ganzen Strafe. Gefängnisstrafen und Geldstrafen<br />

kann das Gericht im Urteil bedingt erlassen; es kann die Entscheidung<br />

einem besonderen Beschlüsse vorbehalten.<br />

§ 36 Bedingter Erlaß des Strafrestes. Bei Freiheitsstrafen <strong>von</strong> mindestens<br />

einem Jahre kann das Gericht, nachdem der Verurteilte zwei<br />

Drittel der Strafe verbüßt hat, den Rest bedingt erlassen.<br />

Hat der Verurteilte <strong>von</strong> einer Freiheitsstrafe <strong>von</strong> mindestens einem<br />

Jahre drei Viertel der Strafe verbüßt so hat das Gericht, falls die Voraussetzungen<br />

des § 37 vorliegen, den Rest bedingt erlassen.<br />

Hat der Verurteilte <strong>von</strong> einer Freiheitsstrafe <strong>von</strong> mindestens einem<br />

Jahre drei Viertel der Strafe verbüßt, so hat das Gericht, falls die Voraussetzungen<br />

des § 37 vorliegen, den Rest bedingt zu erlassen.<br />

§ 37 Persönliche Voraussetzungen. Bedingter Straferlaß wird nur<br />

Verurteilten bewilligt, bei denen nach ihrer Persönlichkeit die begründete<br />

Erwartung besteht, daß die Hoffnung auf den Erlaß der Strafe sie<br />

<strong>von</strong> weiteren strafbaren Handlungen abhalten wird.


Bedingter Erlaß des Strafrestes setzt ferner voraus, daß sich der Verurteilte<br />

in der Strafanstalt gut geführt hat.<br />

§ 38 Probezeit. Der Straferlaß geschieht unter der Bedingung, daß<br />

sich der Verurteilte während einer Probezeit gut führt.<br />

Die Probezeit ist mindestens auf zwei Jahre und höchstens auf fünf<br />

Jahre zu bemessen.<br />

Hat das Gericht die Probezeit auf weniger als fünf Jahre bemessen, so<br />

kann es sie nachträglich bis auf fünf Jahre verlängern.<br />

§ 39 Schutzaufsicht und besondere Pflichten. Das Gericht kann den<br />

Verurteilten, dem es bedingten Straferlaß gewährt, unter Schutzaufsicht<br />

(§51) stellen. Es kann ihm auch besondere Pflichten auferlegen. Soweit<br />

es die wirtschaftliche Lage des Verurteilten zuläßt, soll es ihn verpflichten,<br />

den Schaden wieder gutzumachen, den er durch die Tat verursacht<br />

hat.<br />

Das Gericht kann diese Anordnungen während der Probezeit auch<br />

nachträglich treffen.<br />

§ 40 Widerruf. Das Gericht widerruft den bedingten Straferlaß, wenn<br />

der Verurteilte vor Ablauf der Probezeit wegen einer Tat verurteilt<br />

wird, die er nach der Bewilligung des bedingten Straferlasses begangen<br />

hat. Es kann <strong>von</strong> dem Widerruf absehen, wenn auch für die neue Strafe<br />

bedingter Straferlaß gewährt wird oder wenn wegen der neuen Tat nur<br />

auf Geldstrafe erkannt worden ist.<br />

Das Gericht widerruft den bedingten Straferlaß ferner, wenn der Verurteilte<br />

den nach § 39 getroffenen Anordnungen gröblich zuwiderhandelt,<br />

oder wenn nach seiner Führung nicht mehr zu erwarten ist, daß ihn<br />

die Hoffnung auf Erlaß der Strafe <strong>von</strong> weiteren strafbaren Handlungen<br />

abhalten wird. Das Gericht kann den bedingten Straferlaß widerrufen,<br />

wenn der Verurteilte wegen einer Tat verurteilt wird, die er vor der<br />

Bewilligung des bedingten Straferlasses begangen hat.<br />

Vor dem Widerruf ist der Verurteilte zu hören.<br />

§ 41 Endgültiger Straferlaß. Wird der bedingte Straferlaß innerhalb<br />

der Probezeit nicht widerrufen, so ist die Strafe erlassen.<br />

Ist der Verurteilte vor Ablauf der Probezeit wegen einer neuen Tat<br />

verurteilt worden oder ist gegen ihn bei Ablauf der Probezeit ein Strafverfahren<br />

anhängig, so kann der bedingte Straferlaß noch binnen sechs<br />

Wochen nach der rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens widerrufen<br />

werden.


624 V. Reform der Strafgesetzgebung im 20. Jahrhundert<br />

7. Abschnitt. Maßregeln der Besserung und Sicherung<br />

§ 42 Arten <strong>von</strong> Maßregeln. Maßregeln der Besserung und Sicherung<br />

sind:<br />

I . die Unterbringung in einer öffentlichen Heil- oder Pflegeanstalt,<br />

2. die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt,<br />

3. die Sicherungsverwahrung,<br />

4. die Schutzaufsicht,<br />

5. das Wirtshausverbot,<br />

6. die Reichsverweisung,<br />

7. der Verlust der Amtsfähigkeit,<br />

8. der Verlust des Wahl- und Stimmrechts,<br />

9. die Urteilsbekanntmachung,<br />

10. die Einziehung.<br />

§ 43 Unterbringung in einer öffentlichen Heil- oder Pflegeanstalt.<br />

Wird jemand als nicht zurechnungsfähig freigesprochen oder außer<br />

Verfolgung gesetzt oder als vermindert zurechnungsfähig verurteilt, so<br />

ordnet das Gericht zugleich seine Unterbringung in einer öffentlichen<br />

Heil- oder Pflegeanstalt an, falls die öffentliche Sicherheit diese Maßregel<br />

erfordert.<br />

Genügt Schutzaufsicht (§51), so ist diese anzuordnen.<br />

§ 44 Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt. Wird ein Trunksüchtiger<br />

wegen einer Tat, die er in der Trunkenheit begangen hat, oder<br />

wegen Volltrunkenheit (§ 335) zu einer Strafe verurteilt, so ordnet das<br />

Gericht zugleich seine Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt an,<br />

wenn diese Maßregel erforderlich ist, um ihn an ein gesetzmäßiges und<br />

geordnetes Leben zu gewöhnen.<br />

Genügt Schutzaufsicht (§ 51), so ist diese anzuordnen.<br />

§ 45 Sicherungsverwahrung. Wird ein für die öffentliche Sicherheit<br />

gefährlicher Gewohnheitsverbrecher auf Grund des § 77 zu einer Strafe<br />

verurteilt, so kann das Gericht daneben auf Sicherungsverwahrung erkennen.<br />

[I.] Gemeinsame Bestimmungen über die Unterbringung<br />

§ 46 [Unterbringung] Die Unterbringung (§§ 43 bis 45) bewirkt die<br />

Verwaltungsbehörde.<br />

Die Unterbringung dauert so lange, als es der Zweck der Anordnung<br />

erfordert.<br />

Die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt oder in der Sicherungsverwahrung<br />

darf drei Jahre nur übersteigen, wenn sie das Ge-


ieht vor Ablauf dieser Frist <strong>von</strong> neuem anordnet. Ordnet das Gericht<br />

die Fortdauer an, so bestimmt es zugleich, wann seine Entscheidung <strong>von</strong><br />

neuem einzuholen ist.<br />

Die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt darf nicht länger als<br />

zwei Jahre dauern.<br />

§ 47 [Unterbringung neben Freiheitsstrafe] Ist auf Unterbringung<br />

neben einer Freiheitsstrafe erkannt worden, so ist zunächst die Strafe zu<br />

vollstrecken. Das Gericht kann jedoch die Vollstreckung der Strafe<br />

einstweilen aussetzen und anordnen, daß zunächst die Unterbringung<br />

vollzogen wird.<br />

Ist die Unterbringung durch den Strafvollzug überflüssig geworden,<br />

so ordnet das Gericht an, daß sie unterbleibt. Die Unterbringung<br />

unterbleibt auch dann, wenn das Gericht dem Verurteilten<br />

einen Rest der Strafe bedingt erlassen hat und der Erlaß endgültig<br />

wird.<br />

Ist der Vollzug der Strafe durch die Unterbringung überflüssig geworden,<br />

so ordnet das Gericht an, daß er unterbleibt.<br />

§ 48 [Sicherungsverwahrung] Wird auf Sicherungsverwahrung neben<br />

einer Freiheitsstrafe erkannt, so kann das Gericht anordnen, daß die<br />

Verwahrung an die Stelle der Strafe tritt.<br />

Der Verurteilte ist in einem solchen Falle mindestens so lange in der<br />

Anstalt unterzubringen, als die Strafe dauern würde.<br />

§ 49 [Entlassung] Zu einer Entlassung aus der Unterbringung bedarf<br />

es, solange die Anordnung des Gerichts nicht nach § 46 Abs. 3, 4 außer<br />

Kraft getreten ist, der Zustimmung des Gerichts.<br />

Vor Ablauf der in § 46 Abs. 3, 4 bestimmten Frist darf die Entlassung<br />

in der Regel nur auf Probe geschehen. Die §§ 38, 39, 41 gelten entsprechend.<br />

Zeigt sich nach der Entlassung, daß der Zweck der Unterbringung<br />

noch nicht erreicht war, oder daß das Bedürfnis für die Unterbringung<br />

wieder eingetreten ist, so kann die Entlassung mit Zustimmung des<br />

Gerichts widerrufen werden.<br />

§ 50 [Fehlender Vollzug] Ist die Unterbringung seit der Zeit, zu der<br />

sie hätte vollzogen werden können, drei Jahre lang nicht vollzogen worden,<br />

so darf sie nur vollzogen werden, wenn das Gericht die Anordnung<br />

bestätigt.<br />

§ 51 Schutzaufsicht. Die Schutzaufsicht soll den unter Schutzaufsicht<br />

Gestellten vor der Gefahr, neue strafbare Handlungen zu begehen, be-


wahren, ihn an ein gesetzmäßiges Leben gewöhnen und ihm das wirtschaftliche<br />

Fortkommen erleichtern.<br />

§ 52 Wirtshausverbot. Wird jemand, der in der Trunkenheit zu Ausschreitungen<br />

neigt, wegen einer Tat, die er in selbstverschuldeter Trunkenheit<br />

begangen hat, oder wegen Volltrunkenheit (§335) verurteilt, so<br />

kann ihm das Gericht für eine bestimmte Frist allgemein verbieten,<br />

Wirtshäuser zu besuchen, in denen geistige Getränke verabreicht werden.<br />

Die Frist ist mindestens auf drei Monate und höchstens auf ein Jahr<br />

zu bemessen. Sie wird <strong>von</strong> dem Tage berechnet, an dem das Urteil<br />

rechtskräftig wird; in die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der<br />

der Verurteilte eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf Grund behördlicher<br />

Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.<br />

§ 53 Reichsverweisung. Wird ein Ausländer zu einer Freiheitsstrafe<br />

<strong>von</strong> mindestens einem Jahre verurteilt, so kann das Gericht zulassen,<br />

daß er innerhalb einer Frist <strong>von</strong> sechs Monaten aus dem Reichsgebiete<br />

verwiesen wird. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der er<br />

eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf Grund behördlicher Anordnung in<br />

einer Anstalt verwahrt wird.<br />

Die Verweisung wird durch die zuständige Verwaltungsbehörde ausgesprochen.<br />

Einen Ausländer, gegen den auf Unterbringung in einer öffentlichen<br />

Heil- oder Pflegeanstalt oder in einer Trinkerheilanstalt oder auf Sicherungsverwahrung<br />

erkannt worden ist, kann die zuständige Verwaltungsbehörde<br />

an Stelle oder neben der Ausführung dieser Maßregeln<br />

aus dem Reichsgebiete verweisen. Kehrt der Ausgewiesene unbefugt<br />

zurück, so kann die Maßregel nachgeholt werden; § 50 gilt entsprechend.<br />

[II.] Verlust der Amtsfähigkeit<br />

§ 54 [Dauernder Verlust der Amtsfähigkeit] Wer zum Tode oder zu<br />

Zuchthaus verurteilt wird, wird dauernd unfähig, öffentliche Ämter zu<br />

bekleiden.<br />

Hat ein zu Gefängnis Verurteilter durch die Tat das Vertrauen verwirkt,<br />

das die Ausübung öffentlicher Ämter erfordert, so erklärt ihn das<br />

Gericht auf die Dauer <strong>von</strong> mindestens einem und höchstens fünf Jahren<br />

für unfähig, öffentliche Ämter zu bekleiden.<br />

§ 55 [Verlust öffentlicher Ämter] Wer unfähig wird, öffentliche<br />

Ämter zu bekleiden, verliert zugleich dauernd die öffentlichen Ämter,<br />

die er inne hat.


Den öffentlichen Ämtern stehen gleich die Zugehörigkeit zur<br />

Reichswehr, die aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte, die<br />

Rechtsanwaltschaft sowie öffentliche Würden.<br />

§ 56 [Befristeter Verlust der Amtsfähigkeit] Die Amtsfähigkeit<br />

kann, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, nur neben Gefängnis<br />

<strong>von</strong> mindestens einem Jahre aberkannt werden.<br />

Die Dauer der Amtsunfähigkeit wird <strong>von</strong> dem Tage ab berechnet, an<br />

dem die Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist. Ist dem Verurteilten<br />

die Strafe oder ein Strafrest nach einer Probezeit endgültig<br />

erlassen worden, so wird die Probezeit auf die Frist angerechnet.<br />

§ 57 Verlust des Wahl- und Stimmrechts. Wird auf Todesstrafe<br />

oder Zuchthaus erkannt, so kann das Gerichte den Verurteilten für<br />

immer oder auf mindestens zwei oder höchstens zehn Jahre für unfähig<br />

erklären, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen.<br />

Wird neben Gefängnis die Amtsfähigkeit aberkannt, so kann das Gericht<br />

den Verurteilten für die Dauer der Amtsunfähigkeit auch für unfähig<br />

erklären, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen.<br />

§ 5& Wiederverleihung. Das Gericht kann dem Verurteilten die Fähigkeit,<br />

öffentliche Ämter zu bekleiden oder in öffentlichen Angelegenheiten<br />

zu wählen oder zu stimmen, wiederverleihen, wenn er durch<br />

längere gute Führung nach der Verbüßung, der Verjährung oder dem<br />

Erlasse der Strafe das Vertrauen, das die Ausübung öffentlicher Ämter<br />

oder des Wahl- und Stimmrechts erfordert, wieder erworben hat. Ist<br />

dem Verurteilten die Strafe oder ein Strafrest nach einer Probezeit endgültig<br />

erlassen worden, so ist auch die gute Führung während der Probezeit<br />

zu berücksichtigen.<br />

§ 59 Urteilsbekanntmachung. Das Gericht kann die öffentliche Bekanntmachung<br />

des Urteils auf Kosten des Verurteilten anordnen, um<br />

ihn an weiteren strafbaren Handlungen zu hindern oder andere <strong>von</strong><br />

gleichen oder ähnlichen strafbaren Handlungen abzuhalten.<br />

Das Gericht kann ferner dem Verletzten, um ihm Genugtuung zu<br />

verschaffen, gestatten, die Verurteilung auf Kosten des Verurteilten<br />

öffentlich bekanntzumachen.<br />

Umfang und Art der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt.<br />

Die Befugnis des Verletzten zur Bekanntmachung erlischt, wenn der<br />

Verletzte nicht innerhalb <strong>eines</strong> Monats nach Zustellung des rechtskräftigen<br />

Urteils da<strong>von</strong> Gebrauch macht.


§ 60 Einziehung. Sachen, die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht<br />

oder zur Begehung einer strafbaren Handlung gebraucht worden<br />

sind oder dazu bestimmt waren, können ganz oder teilweise eingezogen<br />

werden. Sachen, die weder dem Täter noch einem Teilnehmer<br />

gehören, können nur eingezogen werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich<br />

vorsieht.<br />

Ist eine strafbare Handlung fahrlässig begangen, so darf auf Einziehung<br />

nur erkannt werden, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht.<br />

Mit der Rechtskraft der Entscheidung geht das Eigentum über.<br />

§ 61 [Unbrauchbarmachung] Ist der Inhalt einer Schrift, Abbildung<br />

oder anderen Darstellung strafbar, so ist im Urteil auszusprechen, daß<br />

alle Stücke eingezogen werden, die im Besitze des Verfassers, Druckers,<br />

Herausgebers, Verlegers oder <strong>eines</strong> Buchhändlers sind oder die öffentlich<br />

ausgelegt oder angeboten sind; ausgenommen sind die Stücke, die<br />

zum eigenen Gebrauch dieser Personen bestimmt sind. Ferner ist anzuordnen,<br />

daß die Platten und Formen unbrauchbar gemacht haben, die<br />

zur Herstellung der Schrift, Abbildung oder Darstellung gebraucht<br />

worden sind oder dazu bestimmt waren.<br />

Ist nur ein Teil des Inhalts strafbar, der sich ausscheiden läßt, so ist an<br />

Stelle der Einziehung anzuordnen, daß dieser Teil des Inhalts in den<br />

Stücken unbrauchbar gemacht wird; auch die Platten und Formen sind<br />

nur soweit unbrauchbar zu machen.<br />

§ 62 [Einziehung und Unbrauchbarmachung ohne Verurteilung]<br />

Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann<br />

auf Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden,<br />

wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen.<br />

8. Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer Gesetzesverletzungen<br />

§ 63 [Idealkonkurrenz] Sind auf dieselbe Tat mehrere Strafgesetze<br />

anwendbar oder hat jemand mehrere selbständige Taten begangen,<br />

die gleichzeitig abgeurteilt werden, so ist nur auf eine Strafe zu erkennen.<br />

§ 64 [Höchststrafe] Die Strafe ist nach dem Gesetze zu bestimmen,<br />

das die höchste Strafe oder, bei ungleichen Straftaten, die Strafe schwerster<br />

Art androht; doch darf auf kein niedrigeres Strafmaß und auf keine<br />

leichtere Strafart erkannt werden, als sie nach den übrigen Strafgesetzen<br />

zulässig sind.<br />

Das Höchstmaß der Strafe, das in dem anzuwendenden Strafgesetz<br />

vorgesehen ist, darf um die Hälfte überschritten werden; doch darf die<br />

Dauer einer zeitigen Freiheitsstrafe die Summe der angedrohten<br />

Höchststrafen und die Dauer <strong>von</strong> fünfzehn Jahren nicht übersteigen.


Auf Einschließung kann erkannt werden, wenn die Voraussetzungen<br />

hierfür auch nur bei einer der Taten vorliegen.<br />

§ 65 [Maßregeln zur Sicherung und Besserung] Neben der Strafe<br />

muß oder kann auf Maßregeln der Besserung und Sicherung und auf<br />

Geldstrafe gemäß § 69 Abs. 1 erkannt werden, wenn sie auch nur wegen<br />

einer der Taten vorgeschrieben oder zugelassen sind.<br />

§ 66 [Frühere Verurteilung] Die Vorschriften der §§ 63 bis 65 gelten<br />

auch dann, wenn jemand vor der Verbüßung, der Verjährung oder dem<br />

Erlaß einer Strafe wegen einer strafbaren Handlung verurteilt wird, die<br />

er vor Verkündung des früheren Urteils begangen hat.<br />

9. Abschnitt. Strafbemessung<br />

[I. Allgemeine Bestimmungen]<br />

§ 67 Strafzumessung. Bei Bemessung der Strafe soll das Gericht abwägen,<br />

inwieweit die Tat auf einer verwerflichen Gesinnung oder Willensneigung<br />

des Täters und inwieweit sie auf Ursachen beruht, die dem<br />

Täter nicht zum Vorwurf gereichen. Es soll namentlich berücksichtigen:<br />

die Beweggründe und den Anreiz zur Tat, den Zweck, den der Täter<br />

verfolgt hat, und die Mittel, die er angewendet hat;<br />

das Maß der Einsicht des Täters und den Einfluß krankhafter oder<br />

ähnlicher Störungen auf seinen Willen;<br />

das Vorleben des Täters, seine persönlichen Verhältnisse und seine<br />

wirtschaftliche Lage zur Zeit der Tat;<br />

das Verhalten des Täters nach der Tat, insbesondere ob er sich bemüht<br />

hat, den Schaden wieder gutzumachen, der durch die Tat entstanden<br />

ist.<br />

§ 68 Bemessung der Geldstrafe. Bei der Bemessung einer Geldstrafe<br />

sind auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zu berücksichtigen.<br />

Die Geldstrafe soll das Entgelt, das der Täter für die Tat empfangen,<br />

und den Gewinn, den er daraus gezogen hat, übersteigen. Reicht das<br />

gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so darf es überschritten werden.<br />

§ 69 Geldstrafe bei Gewinnsucht. Wird wegen einer Tat, die auf<br />

Gewinnsucht beruht, auf Freiheitsstrafe erkannt, so kann daneben auf<br />

Geldstrafe bis zu einhunderttausend Reichsmark erkannt werden.


Wird wegen einer Tat, die auf Gewinnsucht beruht, ausschließlich auf<br />

Geldstrafe erkannt, so kann deren Betrag auf einhunderttausend Reichsmark<br />

erhöht werden.<br />

§ 70 Fristen und Teilzahlungen. Ist dem Verurteilten nach seinen<br />

wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, daß er die Geldstrafe<br />

sofort zahlt, so hat ihm das Gericht eine Frist zu bewilligen oder zu<br />

gestatten, die Strafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen.<br />

Das Gericht kann diese Vergünstigungen auch nach dem Urteil bewilligen.<br />

Es kann seine Entschließungen nachträglich ändern.<br />

Das Gericht kann die Vergünstigung widerrufen, wenn der Verurteilte<br />

die Teilzahlungen nicht rechtzeitig leistet oder wenn sich seine<br />

wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich bessern.<br />

§ 71 Einschließung. An Stelle <strong>von</strong> Zuchthaus und Gefängnis tritt<br />

Einschließung <strong>von</strong> gleicher Dauer, wenn der ausschlaggebende Beweggrund<br />

des Täters darin bestand, daß er sich zu der Tat auf Grund seiner<br />

sittlichen, religiösen oder politischen Überzeugung für verpflichtet hielt.<br />

[II.] Strafmilderung<br />

§ 72 Besondere Milderungsgründe. Kommt eine der Vorschriften<br />

zur Anwendung, nach denen die ordentliche Strafe gemildert werden<br />

kann oder muß, so tritt an die Stelle <strong>von</strong> Todesstrafe lebenslanges<br />

Zuchthaus oder Zuchthaus nicht unter drei Jahren. Ist eine zeitige Freiheitsstrafe<br />

angedroht, so darf höchstens auf die Hälfte des angedrohten<br />

Höchstmaßes erkannt werden. Ist ein erhöhtes Mindestmaß angedroht,<br />

so kann auf das gesetzliche Mindestmaß herabgegangen werden. An<br />

Stelle <strong>von</strong> zeitigem Zuchthaus kann auf Gefängnis nicht unter drei Monaten<br />

erkannt werden.<br />

Bei Vergehen kann das Gericht statt der Freiheitsstrafe auf Geldstrafe<br />

erkennen, wenn der Strafzweck durch eine Geldstrafe erreicht werden<br />

kann.<br />

§ 73 Mildernde Umstände. Das Gericht kann die Strafe auch dann<br />

nach § 72 mildern, wenn es annimmt, daß die Tat hauptsächlich auf<br />

Ursachen zurückzuführen ist, die dem Täter nicht zum Vorwurf gereichen<br />

(mildernde Umstände).<br />

§ 74 Zusammentreffen <strong>von</strong> mehreren Milderungsgründen. Treffen<br />

mehrere Gründe zusammen, aus denen die ordentliche Strafe nach § 72<br />

zu mildern ist, oder treffen einer oder mehrere dieser Gründe mit mildernden<br />

Umständen zusammen, so sind die Vorschriften des § 72 nur<br />

einmal anzuwenden.


9. Amtl. <strong>Entwurf</strong> Allg. Deutsch. Strafgesetzbuch v. <strong>1925</strong> 631<br />

Innerhalb der Grenzen, die sich hieraus ergeben, sind alle vorliegenden<br />

Milderungsgründe zu berücksichtigen.<br />

§ 75 Besonders leichte Fälle. In besonders leichten Fällen mildert das<br />

Gericht die Strafe nach freiem Ermessen. Wo es zugelassen ist, kann das<br />

Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

Ein besonders leichter Fall liegt vor, wenn trotz Zubilligung mildernder<br />

Umstände die mildeste zulässige Strafe noch unbillig hart sein würde.<br />

[III.] Strafverschärfung<br />

§ 76 Besonders schwere Fälle. Ob und wie sich in besonders schweren<br />

Fällen Art oder Maß der ordentlichen Strafe ändert, bestimmt das<br />

Gesetz besonders.<br />

Ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn der verbrecherische Wille<br />

des Täters ungewöhnlich stark und verwerflich und die Tat wegen der<br />

besonderen Umstände ihrer Begehung oder wegen ihrer verschuldeten<br />

Folgen besonders strafwürdig ist.<br />

§ 77 Rückfall. Wegen Rückfalls kann die Strafe erhöht werden, wenn<br />

jemand, der schon zweimal wegen <strong>eines</strong> Verbrechens oder <strong>eines</strong> vorsätzlichen<br />

Vergehens zum Tode oder zu erheblichen Freiheitsstrafen<br />

verurteilt worden war, durch ein neues Verbrechen oder vorsätzliches<br />

Vergehen eine Freiheitsstrafe verwirkt, und wenn aus der neuen Tat in<br />

Verbindung mit den früheren Taten hervorgeht, daß der Täter ein für<br />

die öffentliche Sicherheit gefährlicher Gewohnheitsverbrecher ist.<br />

Der Rückfällige kann, soweit die Tat nicht mit schwererer Strafe bedroht<br />

ist, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, und wenn die neue Tat ein<br />

Verbrechen ist, mit Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren bestraft werden.<br />

Für den Rückfall kommt eine Verurteilung nicht in Betracht, wenn<br />

zwischen ihr und der folgenden Verurteilung mehr als fünf Jahre vergangen<br />

sind. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der der<br />

Verurteilte eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf Grund behördlicher<br />

Anordnung ein einer Anstalt verwahrt wird.<br />

Eine ausländische Verurteilung steht einer inländischen gleich, wenn<br />

sie wegen einer Tat verhängt worden ist, die nach deutschem Recht ein<br />

Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen darstellen würde.<br />

10. Abschnitt. Verjährung<br />

[I.] Verjährung strafbarer Handlungen<br />

§ 78 Fristen. Die Strafbarkeit einer Tat erlischt mit Ablauf der Verjährungsfrist.<br />

Die Frist beträgt:


1. zwanzig Jahre bei Verbrechen, die mit Todesstrafe, mit lebenslanger<br />

Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe <strong>von</strong> mehr als zehn Jahren bedroht<br />

sind,<br />

2. zehn Jahre bei den übrigen Verbrechen,<br />

3. fünf Jahre bei Vergehen, die mit Freiheitsstrafe <strong>von</strong> mehr als einem<br />

Jahre bedroht sind,<br />

4. zwei Jahre bei den übrigen Vergehen.<br />

Die Frist richtet sich nach der ordentlichen Strafe ohne Rücksicht auf<br />

die Schärfungen und Milderungen, die der Allgemeine Teil vorsieht.<br />

§ 79 Beginn. Die Verjährung beginnt, sobald die strafbare Tätigkeit<br />

abgeschlossen ist oder das strafbare Verhalten aufhört. Tritt der zum<br />

Tatbestand gehörige Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung<br />

mit diesem Zeitpunkt.<br />

§ 80 Ruhen. Die Verjährung ruht, solange auf Grund einer gesetzlichen<br />

Vorschrift die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt<br />

werden kann. Wird die Tat nur auf Verlangen oder mit Zustimmung<br />

verfolgt, so wird der Lauf der Verjährung dadurch nicht gehindert, daß<br />

das Verlangen nicht gestellt oder die Zustimmung nicht erteilt ist.<br />

Die Verjährung ruht ferner, solange gegen den Täter das Strafverfahren<br />

bei Gericht anhängig ist; sie ruht aus diesem Grunde aber höchstens<br />

zwei Jahre oder, wenn die Sache infolge Anfechtung des Urteils an ein<br />

höheres Gericht gelangt ist, höchstens drei Jahre.<br />

§ 81 Verlängerung. Das Gericht kann die Verjährungsfrist auf Antrag<br />

der Staatsanwaltschaft verlängern, wenn es die besonderen Umstände<br />

des Falles gebieten.<br />

Insgesamt darf die Frist, auch wenn sie mehrfach verlängert wird,<br />

höchstens um die Hälfte verlängert werden.<br />

Der Beschluß wirkt nur gegen die darin bezeichneten Personen.<br />

[II.] Verjährung <strong>von</strong> Strafen<br />

§ 82 Fristen. Wird auf Strafe erkannt, so beginnt mit dem Tage, an<br />

dem die Entscheidung rechtskräftig wird, eine neue Verjährungsfrist zu<br />

laufen. Mit dem Ablauf der Frist erlischt die Vollstreckbarkeit der Strafe.<br />

Die Frist beträgt:<br />

1. zwanzig Jahre bei Todesstrafe, bei lebenslanger Freiheitsstrafe und<br />

bei Freiheitsstrafen <strong>von</strong> mehr als zehn Jahren,<br />

2. zehn Jahre bei Freiheitsstrafen <strong>von</strong> mehr als zwei bis zu zehn Jahren,<br />

3. fünf Jahre bei Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren und bei Geldstrafen<br />

<strong>von</strong> mehr als einhundertfünfzig Reichsmark,<br />

4. zwei Jahre bei Geldstrafen bis zu einhundertfünfzig Reichsmark.


9. Amtl. <strong>Entwurf</strong> Allg. Deutsch. Strafgesetzbuch v. <strong>1925</strong> 633<br />

Ist auf Freiheitsstrafe und zugleich auf Geldstrafe erkannt worden, so<br />

erlischt die Vollstreckbarkeit der einen Strafe nicht früher als die der<br />

anderen.<br />

§ 83 Ruhen [der Verjährung] Die Verjährung ruht:<br />

1. solange auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift die Vollstreckung<br />

nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann,<br />

2. solange dem Verurteilten bedingter Straferlaß, Strafaufschub oder<br />

Strafunterbrechung, bei Geldstrafe eine Zahlungsfrist oder die Abtragung<br />

in Teilzahlungen oder die Tilgung durch freie Arbeit bewilligt<br />

ist,<br />

3. solange der Verurteilte eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf Grund<br />

behördlicher Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.<br />

§ 84 [Verlängerung der Verjährung] Die Vollstreckungsbehörde<br />

kann die Verjährungsfrist verlängern, wenn es die besonderen Umstände<br />

des Falles gebieten.<br />

Insgesamt darf die Frist, auch wenn sie mehrfach verlängert wird,<br />

höchstens um die Hälfte verlängert werden.<br />

Besonderer Teil<br />

1. Abschnitt. Hochverrat<br />

§ 85 Hochverrat. Wer mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt<br />

die Verfassung des Reichs oder <strong>eines</strong> Landes ändert oder ein zum Reiche<br />

oder zu einem Lande gehöriges Gebiet losreißt, wird mit lebenslangem<br />

Zuchthaus oder Zuchthaus nicht unter zehn Jahren bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer den Reichspräsidenten seiner verfassungsmäßigen<br />

Gewalt beraubt oder mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung<br />

nötigt oder hindert, seine verfassungsmäßigen Befugnisse überhaupt<br />

oder in einem bestimmen Sinne auszuüben.<br />

§ 86 Aufforderung zum Hochverrat. Wer öffentlich zu einem<br />

Hochverrat auffordert, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.<br />

§ 87 Vorbereitung des Hochverrats. Wer einen Hochverrat mit einem<br />

anderen verabredet, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer zum Zwecke <strong>eines</strong> Hochverrats mit einer<br />

ausländischen Regierung in Beziehungen tritt, seine Amts- und Dienstgewalt<br />

mißbraucht, Mannschaften anwirbt oder einübt, Waffen oder<br />

Schießbedarf ansammelt, bereit hält oder verteilt, oder Geld sammelt<br />

oder verteilt.


Wegen Vorbereitung <strong>eines</strong> Hochverrats wird nicht bestraft, wer aus<br />

freien Stücken seine Tätigkeit aufgibt und den beabsichtigten Erfolg<br />

abwendet. § 24 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.<br />

§ 88 Nebenfolgen. Einem Hochverräter (§§ 85 bis 87) kann ohne<br />

Rücksicht auf Art und Höhe der Strafe die Amtsfähigkeit sowie das<br />

Wahl- und Stimmrecht aberkannt werden. Ist er Ausländer, so kann<br />

seine Verweisung aus dem Reichsgebiete zugelassen werden.<br />

2. Abschnitt. Landesverrat<br />

§ 89 Landesverräterische Untreue. Ein Beauftragter des Reichs oder<br />

<strong>eines</strong> Landes, der ein Staatsgeschäft mit einer anderen Regierung wissentlich<br />

zum Nachteil s<strong>eines</strong> Auftraggebers führt, wird mit Zuchthaus<br />

bestraft.<br />

§ 90 Landesverräterische Beweisvernichtung. Wer ein Beweismittel<br />

über ein Rechtsverhältnis zwischen dem Reiche oder einem Lande und<br />

einem anderen Staate fälscht oder verfälscht, vernichtet, beschädigt,<br />

beseitigt oder unterdrückt und dadurch das Wohl des Reichs oder des<br />

Landes gefährdet, wird mit Zuchthaus bestraft.<br />

§ 91 Ausspähung <strong>von</strong> Staatsgeheimnissen. Wer sich Schriften,<br />

Zeichnungen, andere Gegenstände oder Nachrichten, deren Geheimhaltung<br />

vor einer anderen Regierung für das Wohl des Reichs oder <strong>eines</strong><br />

Landes erforderlich ist, in der Absicht verschafft, sie zu einer das Wohl<br />

des Reichs oder des Landes gefährdenden Mitteilung zu gebrauchen,<br />

wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.<br />

§ 92 Verrat <strong>von</strong> Staatsgeheimnissen. Wer Schriften, Zeichnungen,<br />

andere Gegenstände oder Nachrichten, deren Geheimhaltung vor einer<br />

anderen Regierung für das Wohl des Reichs oder <strong>eines</strong> Landes erforderlich<br />

ist, an einen anderen gelangen läßt und dadurch das Wohl des<br />

Reichs oder des Landes gefährdet, wird mit Zuchthaus bestraft.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus nicht unter<br />

zehn Jahren oder lebenslanges Zuchthaus.<br />

Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

§ 93 Landesverräterische Fälschung. Wer durch Fälschung oder<br />

Verfälschung Schriften, Zeichnungen oder andere Gegenstände, deren<br />

Geheimhaltung vor einer anderen Regierung im Falle der Echtheit für<br />

das Wohl des Reichs oder <strong>eines</strong> Landes erforderlich wäre, in der Absicht


9. Amtl. <strong>Entwurf</strong> Allg. Deutsch. Strafgesetzbuch v. <strong>1925</strong> 635<br />

herstellt, sie in einer das Wohl des Reichs oder des Landes gefährdenden<br />

Weise zu verwenden, wird mit Zuchthaus bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer falsche oder verfälschte Schriften, Zeichnungen<br />

oder andere Gegenstände, deren Geheimhaltung im Falle der<br />

Echtheit, oder wer falsche Nachrichten, deren Geheimhaltung im Falle<br />

der Richtigkeit für das Wohl des Reichs oder <strong>eines</strong> Landes erforderlich<br />

wäre, an eine andere Regierung gelangen läßt.<br />

§ 94 Herbeiführung einer Kriegsgefahr. Waffenhilfe. Begünstigung<br />

des Feindes. Mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren wird bestraft:<br />

1. wer in der Absicht, einen Krieg oder Zwangsmaßregeln gegen das<br />

Reich herbeizuführen, mit einer ausländischen Regierung in Beziehungen<br />

tritt,<br />

2. ein Deutscher, der während <strong>eines</strong> Krieges gegen das Reich in der<br />

feindlichen Kriegsmacht dient oder gegen das Reich oder dessen<br />

Bundesgenossen die Waffen trägt,<br />

3. wer wissentlich während <strong>eines</strong> Krieges gegen das Reich oder in Beziehung<br />

auf einen drohenden Krieg der feindlichen Macht Vorschub<br />

leistet oder der Kriegsmacht des Reichs oder seiner Bundesgenossen<br />

einen Nachteil zufügt.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe lebenslanges Zuchthaus<br />

oder Zuchthaus nicht unter zehn Jahren.<br />

§ 95 Nichterfüllung <strong>von</strong> Verträgen über Kriegsbedürfnisse. Wer<br />

während <strong>eines</strong> Krieges gegen das Reich oder bei einem dem Reiche<br />

drohenden Kriege einen Vertrag über Bedürfnisse der Kriegsmacht des<br />

Reichs oder seiner Bundesgenossen nicht oder nicht in gehöriger Weise<br />

erfüllt, wird mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft.<br />

Ebenso werden Unterlieferanten, Vermittler und Bevollmächtigte des<br />

Lieferungspflichtigen bestraft, die durch Verletzung ihrer Vertragspflicht<br />

die Erfüllung oder die gehörige Erfüllung vereiteln.<br />

Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 96 Bandenkrieg. Eine gegen das Reich gerichtete militärische Unternehmung<br />

feindlicher Streitkräfte, die nicht als kriegführende Macht<br />

anzusehen sind, wird einem Kriege gegen das Reich im Sinne der §§ 94,<br />

95 gleichgeachtet.<br />

§ 97 Nebenfolgen. Einem Landesverräter (§§ 89 bis 96) kann ohne<br />

Rücksicht auf Art und Höhe der Strafe die Amtsfähigkeit sowie das<br />

Wahl- und Stimmrecht aberkannt werden. Ist er Ausländer, so kann<br />

seine Verweisung aus dem Reichsgebiete zugelassen werden.


3. Abschnitt. Angriffe gegen<br />

verfassungsmäßige Körperschaften<br />

§ 98 Nötigung verfassungsmäßiger Körperschaften. Wer den<br />

Reichstag, den Reichsrat, die Reichsregierung, den Reichswirtschaftsrat,<br />

einen Landtag, die Regierung oder den Staatsrat <strong>eines</strong> Landes mit Gewalt<br />

oder durch Drohung mit Gewalt nötigt oder hindert, ihre Befugnisse<br />

überhaupt oder in einem bestimmten Sinne auszuüben, wird mit<br />

Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft.<br />

§ 99 Nötigung <strong>von</strong> Mitgliedern verfassungsmäßiger Körperschaften.<br />

Wer ein Mitglied des Reichstags, des Reichsrats, der Reichsregierung,<br />

des Reichswirtschaftsrats, <strong>eines</strong> Landtags oder der Regierung oder<br />

des Staatsrats <strong>eines</strong> Landes mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung<br />

nötigt oder hindert, seine Befugnisse überhaupt oder in einem bestimmten<br />

Sinne auszuüben, wird mit Gefängnis nicht unter einem Jahre<br />

bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

§ 100 Öffentliche Beschimpfung verfassungsmäßiger Körperschaften.<br />

Wer öffentlich den Reichstag, den Reichsrat, die Reichsregierung,<br />

den Reichswirtschaftsrat, einen Landtag oder die Regierung oder den<br />

Staatsrat <strong>eines</strong> Landes beschimpft oder verleumdet, wird mit Gefängnis<br />

bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer öffentlich den Reichspräsidenten oder ein<br />

Mitglied der Regierung des Reichs oder <strong>eines</strong> Landes beschimpft oder<br />

verleumdet.<br />

Die Tat wird nur mit Zustimmung der Körperschaft, des Reichspräsidenten<br />

oder des Mitglieds der Regierung verfolgt.<br />

§ 101 Nebenfolgen. Wegen der in den §§ 98 bis 100 mit Strafe bedrohten<br />

Handlungen kann ohne Rücksicht auf Art und Höhe der Strafe<br />

dem Täter die Amtsfähigkeit sowie das Wahl- und Stimmrecht aberkannt<br />

werden. Ist der Täter Ausländer, so kann seine Verweisung aus<br />

dem Reichsgebiete zugelassen werden.<br />

4. Abschnitt. Vergehen bei Wahlen und Abstimmungen<br />

§ 102 Geltungsbereich. Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für<br />

alle Wahlen und Abstimmungen, die auf Grund der Verfassung oder<br />

anderer Vorschriften des Reichs oder <strong>eines</strong> Landes in öffentlichen An-


gelegenheiten vorgenommen werden, sowie für die Sammlung <strong>von</strong> Unterschriften<br />

für ein Volksbegehren.<br />

§ 103 Zwang bei Wahlen und Abstimmungen. Wer mit Gewalt oder<br />

durch gefährliche Drohung einen anderen nötigt oder hindert, überhaupt<br />

oder in einem bestimmten Sinne zu wählen oder zu stimmen,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 104 Täuschung bei Wahlen und Abstimmungen. Wer durch Täuschung<br />

bewirkt, daß jemand anders, als er will, oder ungültig wählt oder<br />

stimmt, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 105 Bestechung bei Wahlen und Abstimmungen. Wer einem anderen<br />

dafür, daß er nicht oder in einem bestimmten Sinne wähle oder<br />

stimme, ein Entgelt anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Gefängnis<br />

bis zu zwei Jahren bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer dafür, daß er nicht oder in einem bestimmten<br />

Sinne wähle oder stimme, ein Entgelt fordert, sich versprechen<br />

läßt oder annimmt.<br />

§ 106 Fälschung bei Wahlen und Abstimmungen. Wer dadurch, daß<br />

er wiederholt, oder daß er unter falschem Namen wählt oder stimmt,<br />

oder auf andere Weise ein unrichtiges Ergebnis einer Wahl oder Abstimmung<br />

herbeiführt, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer das Ergebnis einer Wahl oder Abstimmung<br />

verfälscht.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 107 Verhinderung einer Wahl oder Abstimmung. Wer mit Gewalt<br />

oder durch Drohung mit Gewalt eine Wahl oder Abstimmung oder<br />

die Feststellung des Ergebnisses einer Wahl oder Abstimmung verhindert,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 108 Verletzung des Wahl- oder Abstimmungsgeheimnisses. Wer<br />

einer Vorschrift zum Schütze des Wahl- oder Abstimmungsgeheimnisses<br />

in der Absicht zuwiderhandelt, sich oder einem anderen Kenntnis<br />

da<strong>von</strong> zu verschaffen, wie jemand gewählt oder gestimmt hat, wird mit<br />

Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.<br />

§ 109 Nebenfolgen. Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten<br />

Handlungen kann die Amtsfähigkeit sowie das Wahl- und


Stimmrecht ohne Rücksicht auf Art und Höhe der Strafe aberkannt<br />

werden.<br />

5. Abschnitt. Störung der Beziehungen zum Ausland<br />

§ 110 Hochverräterische Angriffe gegen einen ausländischen Staat.<br />

Wer gegen einen ausländischen Staat eine hochverräterische Handlung<br />

(§§ 85 bis 87) begeht, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

§ 111 Beleidigung <strong>eines</strong> ausländischen Staatsoberhaupts oder Gesandten.<br />

Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt beleidigt, während es<br />

sich im Deutschen Reiche aufhält, oder wer einen im Reiche beglaubigten<br />

ausländischen Gesandten oder Geschäftsträger beleidigt, wird mit<br />

Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft.<br />

§ 112 Verletzung ausländischer Hoheitszeichen. Wer ein öffentlich<br />

angebrachtes Hoheitszeichen <strong>eines</strong> ausländischen Staates absichtlich<br />

beschädigt, zerstört, beseitigt oder unkenntlich macht, oder wer beschimpfenden<br />

Unfug daran verübt, wird mit Gefängnis bis zu einem<br />

Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 113 NeutralitätsVerletzung. Wer einer <strong>von</strong> der Reichsregierung im<br />

Falle <strong>eines</strong> Krieges zwischen anderen Staaten zum Schütze der Neutralität<br />

des Reichs erlassenen Vorschrift zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis<br />

bestraft.<br />

Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 114 Verfolgung auf Verlangen. Gegenseitigkeit. Vergehen gegen<br />

die §§ 110 bis 112 werden nur auf Verlangen der ausländischen Regierung<br />

und nur dann verfolgt, wenn dem Reiche die Gegenseitigkeit verbürgt<br />

ist und schon zur Zeit der Tat verbürgt war.<br />

§ 115 Reichsverweisung. Gegen einen Ausländer, der wegen <strong>eines</strong> in<br />

diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Vergehens verurteilt wird, kann<br />

die Verweisung aus dem Reichsgebiet ohne Rücksicht auf Art und Höhe<br />

der Strafe zugelassen werden.<br />

6. Abschnitt. Angriffe gegen die Wehrmacht oder die Volkskraft<br />

§ 116 Aufwiegelung <strong>von</strong> Soldaten. Wer einen <strong>deutschen</strong> Soldaten zu<br />

verleiten sucht, Befehle in Dienstsachen nicht zu befolgen oder sich<br />

einem Vorgesetzten zu widersetzen oder tätlich gegen ihn zu werden,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.


Ist die Tat im Kriege oder zu einer Zeit begangen, zu der wegen des<br />

unmittelbar zu erwartenden Ausbruchs <strong>eines</strong> Krieges militärische Vorbereitungen<br />

getroffen werden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter<br />

drei Monaten, in besonders schweren Fällen Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

§ 117 Verleitung zur Fahnenflucht, Erleichterung der Fahnenflucht.<br />

Wer einen <strong>deutschen</strong> Soldaten zur Fahnenflucht zu verleiten<br />

sucht, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer die Fahnenflucht <strong>eines</strong> <strong>deutschen</strong> Soldaten<br />

zu erleichtern sucht.<br />

Ist die Tat im Kriege oder zu einer Zeit begangen, zu der wegen des<br />

unmittelbar zu erwartenden Ausbruchs <strong>eines</strong> Krieges militärische Vorbereitungen<br />

getroffen werden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter<br />

drei Monaten, in besonders schweren Fällen Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

§ 118 Anwerbung zum ausländischen Heeresdienst. Wer einen<br />

Deutschen zum Heeresdienst einer ausländischen Macht anwirbt oder<br />

ihren Werbern oder dem ausländischen Heeresdienst zuführt, wird mit<br />

Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

§ 119 Auswanderungsbetrug. Wer in der Absicht, sich oder einen<br />

anderen unrechtmäßig zu bereichern, jemanden durch Täuschung<br />

bestimmt, aus dem Inland auszuwandern, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 120 Reichsverweisung. Gegen einen Ausländer, der wegen <strong>eines</strong> in<br />

diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Vergehens verurteilt wird, kann<br />

die Verweisung aus dem Reichsgebiet ohne Rücksicht auf Art und Höhe<br />

der Strafe zugelassen werden.<br />

7. Abschnitt. Verletzung der Amtspflicht<br />

§ 121 Geschenkannahme. Ein Amtsträger, der für Amtshandlungen<br />

ein Entgelt fordert, sich versprechen läßt oder annimmt,<br />

wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bedroht.


§ 122 Bestechung. Ein Amtsträger, der ein Entgelt dafür fordert, sich<br />

versprechen läßt oder annimmt, daß er unter Verletzung seiner Amtspflicht<br />

eine Amtshandlung vornimmt oder unterläßt, wird mit Zuchthaus<br />

bis zu fünf Jahren bestraft.<br />

Wer einem Amtsträger oder einem Soldaten ein Entgelt dafür anbietet,<br />

verspricht oder gewährt, daß er unter Verletzung seiner Amts- oder<br />

Dienstpflicht eine Amts- oder Diensthandlung vornimmt oder unterläßt,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.<br />

§ 123 [Passive] Richterbestechung. Ein Richter oder Schiedsrichter,<br />

der ein Entgelt dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß<br />

er eine richterliche Amtshandlung vorgenommen oder unterlassen hat,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ein Richter oder Schiedsrichter, der ein Entgelt dafür fordert, sich<br />

versprechen läßt oder annimmt, daß er künftig eine Amtshandlung<br />

vornehme oder unterlasse, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.<br />

Wenn die Vornahme oder Unterlassung der Amtshandlung eine<br />

Rechtsbeugung (§ 126) oder eine andere Verletzung der Amtspflicht<br />

enthält oder enthalten soll, ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren.<br />

§ 124 [Aktive Richterbestechung] Wer einem Richter oder Schiedsrichter<br />

ein Entgelt dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er unter<br />

Verletzung seiner Amtspflicht eine richterliche Amtshandlung vorgenommen<br />

oder unterlassen hat, wird mit Gefängnis bestraft. Bestand die<br />

Verletzung der Amtspflicht in einer Rechtsbeugung (§ 126), so ist die<br />

Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

Wer einem Richter oder Schiedsrichter ein Entgelt dafür anbietet, verspricht<br />

oder gewährt, daß er künftig eine richterliche Amtshandlung<br />

vornehme oder unterlasse, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.<br />

Soll die Vornahme oder Unterlassung der Amtshandlung eine<br />

Rechtsbeugung (§ 126) oder eine andere Verletzung der Amtspflicht<br />

enthalten, so ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren.<br />

§ 125 Entgelt des Schiedsrichters. Als Entgelt <strong>eines</strong> Schiedsrichters<br />

im Sinne der §§ 123,124 gilt nicht die ihm zu leistende Vergütung, es sei<br />

denn, daß sie ihm <strong>von</strong> einer Partei hinter dem Rücken der anderen Partei<br />

geleistet wird.<br />

§ 126 Rechtsbeugung. Ein Amtsträger, der bei der Ausübung s<strong>eines</strong><br />

Amtes in der Absicht, einen Beteiligten zu begünstigen oder zu benachteiligen,<br />

wissentlich das Recht beugt, wird mit Zuchthaus bis zu<br />

fünf Jahren bestraft.


Ist die Rechtsbeugung <strong>von</strong> einem Richter oder Schiedsrichter bei der<br />

Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache begangen, so ist die Strafe<br />

Zuchthaus.<br />

§ 127 Diebstahl und Veruntreuung im Amte. Ein Amtsträger, der<br />

eine Sache, die ihm in amtlicher Eigenschaft zugänglich ist, stiehlt, wird<br />

mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.<br />

Ebenso wird ein Amtsträger bestraft, der eine ihm amtlich anvertraute<br />

Sache veruntreut.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren.<br />

§ 128 Unrichtige Beurkundung, Urkundenverfälschung und Urkundenunterdrückung<br />

im Amte. Ein Amtsträger, der innerhalb seiner<br />

Zuständigkeit ein Recht, ein Rechtsverhältnis oder eine Tatsache in<br />

einer öffentlichen Urkunde unrichtig beurkundet oder ein öffentliches<br />

Beglaubigungszeichen unrichtig anbringt, damit im Rechtsverkehr <strong>von</strong><br />

der Urkunde zum Beweise des Rechtes, des Rechtsverhältnisses oder<br />

der Tatsache oder <strong>von</strong> der unrichtig beglaubigten Sache, als wäre sie<br />

echt, Gebrauch gemacht werde, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird ein Amtsträger bestraft, der eine ihm amtlich anvertraute<br />

oder zugängliche Urkunde oder ein solches Beweismittel in der Absicht,<br />

daß da<strong>von</strong> im Rechtsverkehr oder in einem Rechtsverfahren zum Beweise<br />

Gebrauch gemacht werde, verfälscht oder in der Absicht, zu verhindern,<br />

daß da<strong>von</strong> Gebrauch gemacht werde, vernichtet, beschädigt,<br />

beseitigt oder unterdrückt.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren.<br />

§ 129 Gebrauch unrichtiger öffenlicher Urkunden oder Beglaubigungszeichen.<br />

Wer <strong>von</strong> einer unrichtigen öffentlichen Urkunde oder<br />

<strong>von</strong> einer mit einem unrichtigen öffentlichen Beglaubigungszeichen<br />

versehenen Sache im Rechtsverkehr in der Absicht Gebrauch macht,<br />

einen anderen über das beurkundbare Recht, Rechtsverhältnis oder die<br />

beurkundete Tatsache oder die bestätigte Eigenschaft der Sache zu täuschen,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

§ 130 Erheben nicht geschuldeter Abgaben, Vorenthalten gebührender<br />

Leistungen. Ein Amtsträger, der wissentlich nicht geschuldete


Steuern, Abgaben, Gebühren oder andere Vergütungen erhebt, wird mit<br />

Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird eine Amtsträger bestraft, der einem anderen bei der<br />

amtlichen Ausgabe <strong>von</strong> Geld oder anderen Sachen wissentlich das ihm<br />

Zukommende ganz oder zum Teil vorenthält.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 131 Verbrechen bei der Strafverfolgung. Ein zur Mitwirkung bei<br />

einem Strafverfahren berufener Amtsträger, der<br />

1. Zwangsmittel anwendet, um Aussagen zu erpressen,<br />

2. wissentlich einen Schuldigen der Verfolgung oder Bestrafung entzieht,<br />

3. wissentlich einen Unschuldigen zur Verfolgung oder Bestrafung<br />

bringt,<br />

wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.<br />

§ 132 Gesetzwidrige Strafvollstreckung. Ein zur Mitwirkung bei der<br />

Strafvollstreckung berufener Amtsträger, der es unterläßt, eine Strafe zu<br />

vollstrecken, die vollstreckt werden muß, oder eine Strafe vollstreckt,<br />

die nicht zu vollstrecken ist, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren<br />

bestraft.<br />

Ein zur Mitwirkung bei der Strafvollstreckung berufener Amtsträger,<br />

der fahrlässig eine Strafe vollstreckt, die nicht zu vollstrecken ist, wird<br />

mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 133 Verletzung des Amtsgeheimnisses. Ein Amtsträger, der ohne<br />

besondere Befugnis ein ihm kraft s<strong>eines</strong> Amtes anvertrautes oder zugängliches<br />

Geheimnis offenbart und dadurch ein berechtigtes öffentliches<br />

oder privates Interesse gefährdet, wird mit Gefängnis bis zu einem<br />

Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Wer ein Geheimnis zur Wahrnehmung <strong>eines</strong> berechtigten öffentlichen<br />

oder privaten Interesses offenbart und dabei die einander gegenüberstehenden<br />

Interessen pflichtmäßig abgewogen hat, ist nicht strafbar.<br />

Ein Amtsträger, der ein ihm kraft s<strong>eines</strong> Amtes anvertrautes oder zugängliches<br />

Geheimnis gegen Entgelt oder in der Absicht offenbart, sich<br />

oder einen andern unrechtmäßig zu bereichern, oder jemandem einen<br />

Nachteil zuzufügen, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Die Offenbarung <strong>eines</strong> Privatgeheimnisses wird nur auf Verlangen<br />

des Verletzten verfolgt.<br />

§ 134 Verletzung des Amtsgeheimnisses und untreue Amtsführung<br />

durch Amtsträger des auswärtigen Dienstes. Wer als Amtsträger<br />

im Dienste des Auswärtigen Amtes steht oder gestanden hat und<br />

Nachrichten oder Gegenstände, die für die Vertretung des Reichs ge-


genüber dem Ausland <strong>von</strong> Bedeutung sind und auf die sich seine Pflicht<br />

zur Amtsverschwiegenheit bezieht, an einen anderen gelangen läßt, wird<br />

mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer, im Ausland im Auftrag des Reichs tätig,<br />

einer amtlichen Anweisung zuwiderhandelt oder in der Absicht, die<br />

Reichsregierung irrezuleiten, unwahre Tatsachen berichtet.<br />

§ 135 Verletzung des Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnisses.<br />

Mit Gefängnis wird bestraft:<br />

1. ein im Dienste der Post stehender Amtsträger, der unbefugt eine der<br />

Post anvertraute verschlossene Sendung öffnet, ihrem Inhalt nachforscht,<br />

<strong>von</strong> dem Inhalt einer Postsendung einen anderen benachrichtigt,<br />

eine Postsendung unterdrückt oder eine solche Handlung<br />

einem Dritten gestattet oder erleichtert;<br />

2. ein im Dienste einer öffentlichen Telegraphenanstalt stehender Amtsträger,<br />

der unbefugt ein der Anstalt anvertrautes Telegramm öffnet,<br />

seinem Inhalt nachforscht, <strong>von</strong> dem Inhalt <strong>eines</strong> Telegramms einen<br />

anderen benachrichtigt oder ein Telegramm unterdrückt oder unrichtig<br />

weitergibt oder eine solche Handlung einem Dritten gestattet<br />

oder erleichtert;<br />

3. ein im öffentlichen Fernsprechdienst stehender Amtsträger, der unbefugt<br />

<strong>von</strong> dem Inhalt <strong>eines</strong> durch Fernsprecher geführten Gesprächs<br />

einen anderen benachrichtigt oder ein solches Gespräch unterdrückt<br />

oder unrichtig übermittelt oder einem anderen das Anhören <strong>eines</strong><br />

solchen Gesprächs gestattet oder erleichtert.<br />

Den in Abs. 1 Nr. 2, 3 bezeichneten Amtsträgern werden andere Personen<br />

gleichgestellt, die in einer öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphen-<br />

oder Fernsprechanstalt mit der Beaufsichtigung oder Bedienung<br />

der Anstalt oder mit Arbeiten an ihren Einrichtungen betraut<br />

sind.<br />

§ 136 Verleitung Untergebener. Ein Amtsvorgesetzter, der einen<br />

Untergebenen zu einem Amtsverbrechen oder einem vorsätzlichen<br />

Amtvergehen zu verleiten sucht, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Verhindert der Amtsvorgesetzte aus freien Stücken das Verbrechen<br />

oder Vergehen, so wird er straffrei.<br />

§ 137 Verlust der Amtsfähigkeit. Einem Amtsträger, der wegen <strong>eines</strong><br />

Amtsverbrechens oder <strong>eines</strong> vorsätzlichen Amtsvergehens oder <strong>eines</strong><br />

anderen in oder bei Ausübung des Amtes begangenen Verbrechens oder<br />

vorsätzlichen Vergehens verurteilt wird, kann die Amtsfähigkeit aberkannt<br />

werden, auch wenn auf Freiheitsstrafe <strong>von</strong> weniger als einem<br />

Jahre aber <strong>von</strong> mindestens drei Monaten erkannt wird.


§ 138 Amtsanmaßung. Wer sich die Ausübung <strong>eines</strong> öffentlichen<br />

Amtes anmaßt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe<br />

bestraft.<br />

§ 139 Erschleichung <strong>eines</strong> Amtes. Wer sich dadurch, daß er die Anstellungsbehörde<br />

über Tatsachen täuscht, ein öffentliches Amte erschleicht,<br />

wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. Der Versuch<br />

ist strafbar.<br />

§ 140 Erschleichung der Befähigung zu einem Amte. Wer bei einer<br />

Prüfung, die bei einer Behörde zum Nachweis der Befähigung zu einem<br />

Amte oder Beruf oder zur Erlangung einer Anstellung oder <strong>eines</strong> Titels<br />

abzulegen ist, eine Prüfungsarbeit abgibt, die er ganz oder im wesentlichen<br />

<strong>von</strong> einem anderen hat anfertigen lassen, oder wer einen anderen<br />

bestimmt, eine solche Prüfung für ihn abzulegen, wird mit Gefängnis<br />

bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer einem anderen für eine solche Prüfung eine<br />

Prüfungsarbeit ganz oder im wesentlichen anfertigt, oder wer für einen<br />

anderen eine solche Prüfung ablegt.<br />

Wer die im Abs. ^ bezeichnete Tat gewerbsmäßig begeht oder wer<br />

sich öffentlich zur Herstellung <strong>von</strong> Prüfungsleistungen für andere anbietet,<br />

wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.<br />

8. Abschnitt. Auflehnung gegen die Staatsgewalt<br />

§ 141 Widerstand gegen die Staatsgewalt. Wer eine Behörde, einen<br />

Amtsträger oder einen Soldaten mit Gewalt oder durch gefährliche<br />

Drohung zu einer Amts- oder Diensthandlung nötigt oder an einer<br />

Amts- oder Diensthandlung hindert, wird mit Gefängnis bis zu drei<br />

Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.<br />

Ebenso wird bestraft, wer einen Amtsträger oder Soldaten während<br />

der Ausübung des Amtes oder Dienstes tätlich angreift.<br />

Die Hinderung an einer Amts- oder Diensthandlung und der tätliche<br />

Angriff sind nur strafbar, wenn die Amts- oder Diensthandlung rechtmäßig<br />

war.<br />

§ 142 [Gleichstellung <strong>von</strong> Hilfspersonen] Personen, die zur Unterstützung<br />

bei einer Amtshandlung zugezogen oder <strong>von</strong> der zuständigen<br />

Behörde zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit<br />

herangezogen werden, stehen einem Amtsträger im Sinne des § 141<br />

gleich.<br />

§ 143 Widerstand gegen Wald-, Jagd- oder Fischereiberechtigte.<br />

Wer einen Waldeigentümer oder einen anderen Waldberechtigten oder


einen Jagd- oder Fischereiberechtigten mit Gewalt oder durch Drohung<br />

mit Gewalt an der rechtmäßigen Ausübung des Wald-, Jagd- oder Fischereischutzes<br />

hindert, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

Ebenso wird bestraft, wer den Berechtigten während der rechtmäßigen<br />

Ausübung des Schutzes tätlich angreift.<br />

Dem Berechtigten steht gleich, wer <strong>von</strong> ihm mit der Wahrnehmung<br />

des Schutzes beauftragt worden ist.<br />

§ 144 Schwerer Widerstand. Hat der Täter bei einem nach den<br />

§§ 141 bis 143 strafbaren Widerstand den, dem er Widerstand geleistet<br />

hat, durch eine Gewalttat in schwere Gefahr für Leib oder Leben gebracht<br />

(§ 15), so ist die Strafe Gefängnis nicht unter einem Monat, in<br />

besonders schweren Fällen Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

§ 145 Aufwiegelung <strong>von</strong> Polizeibeamten und Gefangenenaufsehern.<br />

Wer einen Polizeibeamten oder einen mit der Beaufsichtigung <strong>von</strong><br />

Gefangenen Beauftragten zu verleiten sucht, Vorschriften oder Anordnungen,<br />

die für ihren Dienst erlassen sind, nicht zu befolgen, wird mit<br />

Gefängnis bestraft.<br />

§ 146 Meuterei <strong>von</strong> Gefangenen. Gefangene, die mit vereinten<br />

Kräften einen Anstaltsbeamten oder einen mit ihrer Beaufsichtigung<br />

Beauftragten mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu einer<br />

Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigen, werden mit Gefängnis<br />

nicht unter drei Monaten bestraft. Der Versuch ist strafbar.<br />

Ebenso werden Gefangene bestraft, die mit vereinten Kräften einen<br />

Anstaltsbeamten oder einen mit ihrer Beaufsichtigung Beauftragten<br />

tätlich angreifen.<br />

Die Rädelsführer und alle, die selbst einen tätlichen Angriff gemacht,<br />

Gewalt angewendet oder mit Gewalt gedroht haben, werden mit Zuchthaus<br />

bis zu zehn Jahren bestraft.<br />

§ 147 Ausbrechen <strong>von</strong> Gefangenen. Gefangene, die mit vereinten<br />

Kräften ausbrechen, werden mit Gefängnis nicht unter drei Monaten<br />

bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

Die Rädelsführer werden mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.<br />

§ 148 Befreiung <strong>von</strong> Gefangenen. Wer einen Gefangenen befreit<br />

oder sein Entweichen erleichtert, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren<br />

bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.


Handelt der Täter in oder bei Ausübung <strong>eines</strong> Amtes, so ist die Strafe<br />

Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

§ 149 Fahrlässiges Entweichenlassen <strong>von</strong> Gefangenen. Wer fahrlässig<br />

einen Gefangenen, bei dessen Bewachung er mitzuwirken hat, entweichen<br />

läßt oder sein Entweichen erleichtert, wird mit Gefängnis bis<br />

zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 150 Begriff des Gefangenen. In den Fällen der §§ 146 bis 149 steht<br />

einem Gefangenen gleich, wer in Sicherungsverwahrung oder in einem<br />

Arbeitshaus untergebracht ist.<br />

§ 151 Befreiung <strong>von</strong> behördlich Verwahrten. Wer, abgesehen <strong>von</strong><br />

den Fällen der §§ 148,150, jemanden, der auf behördliche Anordnung in<br />

einer Anstalt verwahrt wird, aus der Verwahrung befreit oder sein Entweichen<br />

erleichtert, wird damit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit<br />

Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 152 Verwahrungsbruch. Wer Schriftstücke oder andere bewegliche<br />

Sachen, die sich in amtlicher Verwahrung befinden oder ihm oder einem<br />

anderen amtlich in Verwahrung gegeben worden sind, beschädigt oder<br />

der amtlichen Verfügung entzieht, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 153 Verstrickungsbruch. Wer eine Sache, die amtlich gepfändet<br />

oder in Beschlag genommen ist, zerstört, beiseite schafft oder in anderer<br />

Weise ganz oder zum Teil der Verstrickung entzieht, wird mit Gefängnis<br />

bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 154 Siegelbruch. Wer ein amtliches Siegel beschädigt oder ablöst,<br />

das <strong>von</strong> einem Beamten angelegt war, um Sachen amtlich zu verschließen,<br />

in Beschlag zu nehmen oder zu bezeichnen, oder wer den durch ein<br />

solches Siegel bewirkten Verschluß unwirksam macht, wird mit Gefängnis<br />

bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 155 Verletzung amtlicher Bekanntmachungen. Wer ein amtliches<br />

Schriftstück, das zur Bekanntmachung öffentlich angeschlagen oder<br />

ausgelegt ist, absichtlich beschädigt, zerstört, beseitigt oder unkenntlich<br />

macht, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe<br />

bestraft.<br />

§ 156 Beschimpfung der Reichsfarben. Verletzung <strong>von</strong> Hoheitszeichen.<br />

Wer öffentlich die Reichsfarben oder die Farben <strong>eines</strong> Landes<br />

beschimpft, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe


estraft. Ebenso wird bestraft, wer ein öffentlich angebrachtes Hoheitszeichen<br />

des Reichs oder <strong>eines</strong> Landes absichtlich beschädigt, zerstört,<br />

beseitigt oder unkenntlich macht oder wer beschimpfenden Unfug daran<br />

verübt.<br />

§ 157 Bruch der Reichs Verweisung. Wer einer auf Grund gerichtlichen<br />

Urteils ausgesprochenen Verweisung aus dem Reichsgebiete<br />

zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft.<br />

§ 158 Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen. Wer<br />

in einer Druckschrift eine wegen des Ausschlusses der Öffentlichkeit<br />

untersagte Mitteilung über eine Gerichtsverhandlung veröffentlicht,<br />

wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe<br />

bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer die ihm vom Gericht auferlegte Pflicht<br />

verletzt, die in einer nicht öffentlichen Verhandlung zu seiner Kenntnis<br />

gelangten Tatsachen geheimzuhalten.<br />

9. Abschnitt. Störung der öffentlichen Ordnung<br />

§ 159 Öffentliche Aufforderung zur Auflehnung gegen Gesetze.<br />

Wer in der Absicht, ein Gesetz oder eine Verordnung wirkungslos zu<br />

machen, "öffentlich zur Auflehnung dagegen auffordert, wird mit Gefängnis<br />

bis zu zwei Jahren bestraft.<br />

Die Aufforderung zur Auflehnung gegen eine Verordnung ist nur<br />

strafbar, wenn die Verordnung rechtsgültig ist.<br />

§ 160 Öffentliche Aufforderung zu strafbaren Handlungen. Wer<br />

öffentlich zu einer strafbaren Handlung oder zu Gewalttaten gegen<br />

Menschen oder Sachen auffordert, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 161 Landfriedensbruch. Wer sich an der öffentlichen Zusammenrottung<br />

einer Menschenmenge beteiligt, die mit vereinten Kräften der<br />

Staatsgewalt Widerstand leistet (§ 141) oder Gewalttaten gegen Menschen<br />

oder Sachen verübt, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Die Rädelsführer werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.<br />

Gleich einem Rädelsführer wird bestraft, wer durch eine Gewalttat<br />

einen Menschen in schwere Gefahr für Leib oder Leben gebracht oder<br />

schweren Sachschaden angerichtet hat (§15).<br />

§ 162 Auflauf. Wer sich aus einer den öffentlichen Frieden gefährdenden<br />

Ansammlung einer Menschenmenge nicht entfernt, obwohl die


Menge dreimal aufgefordert worden ist, auseinanderzugehen, wird mit<br />

Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Die Tat ist nur strafbar, wenn die Aufforderung nach den gesetzlichen<br />

Vorschriften zulässig und der Beamte oder militärische Befehlshaber,<br />

der zum Auseinandergehen aufgefordert hat, zu dieser Aufforderung<br />

zuständig war.<br />

§ 163 Geheimbündelei. Wer an einer Geheimverbindung teilnimmt,<br />

die einen den Strafgesetzen zuwiderlaufenden Zweck verfolgt, wird mit<br />

Gefängnis bestraft.<br />

Als geheim ist eine Verbindung anzusehen, deren Dasein, Verfassung<br />

oder Zweck vor der Regierung geheimgehalten werden soll.<br />

§ 164 Bewaffnete Haufen. Wer unbefugt einen bewaffneten Haufen<br />

bildet, ausrüstet oder befehligt, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Wer sich einem solchen bewaffneten Haufen anschließt, wird mit<br />

Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 165 Ansammlung <strong>von</strong> Waffen. Wer heimlich oder verbotswidrig<br />

Vorräte <strong>von</strong> Waffen oder <strong>von</strong> Schießbedarf ansammelt oder bereit<br />

hält, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Die Waffen und der Schießbedarf können eingezogen werden, auch<br />

wenn sie nicht dem Täter gehören.<br />

§ 166 Landzwang. Wer durch Androhung <strong>von</strong> Verbrechen oder gemeingefährlichen<br />

Vergehen die Bevölkerung in Angst oder Schrecken<br />

versetzt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.<br />

10. Abschnitt. Störung des religiösen Friedens und<br />

der Totenruhe<br />

§ 167 Beschimpfung einer Religionsgesellschaft. Wer öffentlich eine<br />

im Reiche bestehende Religionsgesellschaft oder ihren Glauben in einer<br />

Weise beschimpft, die geeignet ist, das Empfinden ihrer Angehörigen zu<br />

verletzen, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe<br />

bestraft.<br />

§ 168 Störung des Gottesdienstes. Wer den Gottesdienst einer Religionsgesellschaft<br />

mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt verhindert,<br />

wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

Ebenso wird bestraft, wer absichtlich den Gottesdienst einer Religionsgesellschaft<br />

durch Erregen <strong>von</strong> Lärm oder Unordnung oder auf


ähnliche Weise stört, oder wer an einem zum Gottesdienste bestimmten<br />

Orte beschimpfenden Unfug verübt.<br />

Dem Gottesdienste stehen einzelne gottesdienstliche Handlungen<br />

gleich.<br />

§ 169 Störung einer Bestattungsfeier. Wer eine Bestattungsfeier<br />

mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt verhindert, wird mit Gefängnis<br />

bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist<br />

strafbar.<br />

Ebenso wird bestraft, wer absichtlich eine Bestattungsfeier durch Erregen<br />

<strong>von</strong> Lärm oder Unordnung oder auf ähnliche Weise stört.<br />

§ 170 Störung der Totenruhe. Wer einen Leichnam oder Teile <strong>eines</strong><br />

Leichnams oder die Asche <strong>eines</strong> Verstorbenen aus dem Gewahrsam des<br />

Berechtigten wegnimmt, oder wer daran oder an der Beisetzungsstätte<br />

beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

11. Abschnitt. Meineid und falsche Aussage<br />

§ 171 Meineid, Fahrlässiger Falscheid. Wer vor einer Behörde einen<br />

falschen Eid schwört oder unter Eid eine falsche Angabe macht, wird<br />

mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Einem Eide steht die Berufung<br />

auf einen früheren Eid und bei Personen, die <strong>von</strong> der Verpflichtung<br />

zur Eidesleistung befreit sind, die an Stelle des Eides zugelassene Beteuerung<br />

gleich.<br />

Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre<br />

bestraft.<br />

§ 172 Falsche Versicherung an Eides Statt. Wer vor einer Behörde<br />

eine falsche Versicherung an Eides Statt abgibt, wird mit Gefängnis bis<br />

zu drei Jahren bestraft. Der Versicherung steht die Berufung auf eine<br />

frühere Versicherung an Eides Statt gleich.<br />

Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 173 Verleitung zum Meineid. Wer einen anderen zu einem Meineid<br />

zu verleiten sucht, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.<br />

Wer einen anderen zur vorsätzlichen Abgabe einer falschen Versicherung<br />

an Eides Statt zu verleiten sucht, wird mit Gefängnis bis zu zwei<br />

Jahren bestraft.<br />

Verhindert der Täter aus freien Stücken den Meineid oder die Abgabe<br />

der falschen Versicherung an Eides Statt, so wird er straffrei.


§ 174 Herbeiführung <strong>eines</strong> falschen Eides. Wer bewirkt, daß ein anderer,<br />

ohne vorsätzlich zu handeln, vor einer Behörde einen falschen<br />

Eid leistet, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, in besonders<br />

schweren Fällen mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.<br />

Wer bewirkt, daß ein anderer, ohne vorsätzlich zu handeln, vor einer<br />

Behörde ein falsche Versicherung an Eides Statt abgibt, wird mit Gefängnis<br />

bis zu einem Jahre bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 175 Falsche uneidliche Aussage. Wer als Zeuge oder Sachverständiger<br />

uneidlich falsch aussagt, obwohl er <strong>von</strong> der Behörde auf die Strafbarkeit<br />

falscher uneidlicher Aussagen hingewiesen worden ist, wird mit<br />

Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§ 176 Zuständigkeit der Behörde. In den Fällen des § 171 Abs. 1 und<br />

des § 174 Abs. 1 ist die Tat nur strafbar, wenn die Behörde, vor welcher<br />

der Eid geleistet worden ist oder werden soll, zur Abnahme <strong>von</strong> Eiden<br />

zuständig war oder ist.<br />

In den Fällen des § 172, des § 173 Abs. 2 und des § 174 Abs. 2 ist die<br />

Tat nur strafbar, wenn die Behörde, bei der die Versicherung abgegeben<br />

worden ist oder werden soll, zur Abnahme eidestattlicher Versicherungen<br />

zuständig war oder ist.<br />

Im Falle des § 175 ist die Tat nur strafbar, wenn die Behörde, vor der<br />

die falsche Aussage gemacht wird, zur eidlichen Vernehmung <strong>von</strong> Zeugen<br />

und Sachverständigen zuständig ist.<br />

§ 177 Fälschung <strong>von</strong> Beweismitteln. Wer, abgesehen <strong>von</strong> den Fällen<br />

der Urkundenfälschung und der Fälschung öffentlicher Beglaubigungszeichen,<br />

ein Beweismittel in der Absicht fälscht oder verfälscht, daß<br />

da<strong>von</strong> in einem Rechtsverfahren vor einer Behörde Gebrauch gemacht<br />

werde, oder wer <strong>von</strong> einem falschen oder verfälschten Beweismittel in<br />

einem Rechtsverfahren vor einer Behörde Gebrauch macht, wird mit<br />

Gefängnis bestraft.<br />

§ 178 Unterdrückung <strong>von</strong> Beweismitteln. Wer, abgesehen <strong>von</strong> den<br />

Fällen der Urkundenunterdrückung, ein Beweismittel, das zur Verwendung<br />

in einem Rechtsverfahren vor einer Behörde bestimmt ist und über<br />

das er nicht allein verfügen darf, in der Absicht vernichtet, beschädigt,<br />

beseitigt oder unterdrückt, zu verhindern, daß da<strong>von</strong> in dem Verfahren<br />

Gebrauch gemacht werde, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

§ 179 Tätige Reue. Wenn der Täter in den Fällen der §§ 171, 172, 175<br />

die falsche Erklärung oder Aussage aus freien Stücken bei der Behörde,


ei der sie abgegeben ist oder die sie im Verfahren zu würdigen hat,<br />

oder bei einem Amtsgerichte widerruft oder in den Fällen der §§ 177,<br />

178 der Behörde die Fälschung oder Verfälschung des Beweismittels<br />

oder die durch die Vernichtung, Beschädigung, Beseitigung oder Unterdrückung<br />

des Beweismittels verheimlichte Tatsache aufdeckt, so kann<br />

das Gericht die Strafe nach freiem Ermessen mildern.<br />

Diese Vorschrift gilt nicht, wenn zur Zeit des Widerrufs oder der<br />

Aufdeckung die Entscheidung oder Verfügung schon getroffen oder aus<br />

der Tat schon ein Rechtsnachteil für einen anderen entstanden ist.<br />

12. Abschnitt. Schädigung der Rechtspflege<br />

§ 180 Falsche Anschuldigung. Wer einen anderen bei einer Behörde<br />

oder bei einem zur Entgegennahme <strong>von</strong> Anzeigen zuständigen Beamten<br />

wider besseres Wissen einer strafbaren Handlung oder der Verletzung<br />

einer Amtspflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren<br />

gegen ihn herbeizuführen, wird mit Gefängnis nicht unter einem Monat<br />

bestraft.<br />

Wer ohne Verdächtigung <strong>eines</strong> anderen wider besseres Wissen einer<br />

Behörde die Begehung einer strafbaren Handlung vortäuscht, wird mit<br />

Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 181 Parteiverrat. Wer als Rechtsanwalt oder als Rechtsbeistand, der<br />

geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgt, eine ihm anvertraute<br />

Rechtssache wissentlich zum Nachteil s<strong>eines</strong> Auftraggebers führt,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar. In besonders schweren Fällen ist die Strafe<br />

Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

13. Abschnitt. Vorbereitung strafbarer Handlungen,<br />

Begünstigung, Strafvereitlung<br />

§ 182 Verleiten und Erbieten zu Verbrechen. Wer einen anderen zu<br />

einem Verbrechen zu verleiten sucht oder sich auf das Ansinnen <strong>eines</strong><br />

anderen zu einem Verbrechen bereit erklärt, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer sich zu einem Verbrechen erbietet oder<br />

ein solches Erbieten annimmt.<br />

§ 183 Komplott und Bande. Wer mit einem anderen ein Verbrechen<br />

verabredet, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer sich mit einem anderen zu fortgesetzter<br />

Begehung <strong>von</strong> Verbrechen verbindet, die im einzelnen noch nicht bestimmt<br />

sind.


Nach diesen Vorschriften wird nicht bestraft, wer aus freien Stücken<br />

seine Tätigkeit aufgibt und den beabsichtigten Erfolg abwendet. § 24<br />

Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.<br />

§ 184 Unterlassene Verbrechensanzeige. Wer <strong>von</strong> dem Vorhaben <strong>eines</strong><br />

Verbrechens des Hochverrats, des Landesverrats oder <strong>eines</strong> Angriffs<br />

gegen verfassungsmäßige Körperschaften, <strong>eines</strong> Verbrechens der Geldfälschung<br />

oder <strong>eines</strong> gemeingefährlichen Verbrechens, <strong>eines</strong> Verbrechens<br />

der Tötung oder der Körperverletzung, <strong>eines</strong> Verbrechens des<br />

Frauenhandels oder des Kinderhandels, <strong>eines</strong> Verbrechens des Diebstahls<br />

oder des Raubes zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der<br />

Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhafte Kenntnis erhält und<br />

es unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu<br />

machen, wird, wenn das Verbrechen versucht oder vollendet worden ist,<br />

mit Gefängnis bestraft. In besonders schweren Fällen ist die Strafe<br />

Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

Wer die Anzeige fahrlässig unterläßt, wird mit Gefängnis bis zu einem<br />

Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Die Strafbarkeit ist unabhängig <strong>von</strong> der Strafbarkeit dessen, der das<br />

Verbrechen versucht oder vollendet hat.<br />

Hat sich der zur Anzeige Verpflichtete ernstlich bemüht, das Verbrechen<br />

oder, wenn dieses zu der Zeit, zu der er <strong>von</strong> dem Vorhaben<br />

Kenntnis erlangt, schon ausgeführt worden war, den Erfolg auf andere<br />

Weise als durch Anzeige abzuwenden, so kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe<br />

absehen; hat er das Verbrechen oder den Erfolg abgewendet, so ist er<br />

straffrei.<br />

§ 185 Begünstigung. Wer einem anderen, der ein Verbrechen oder<br />

Vergehen begangen hat, in der Absicht Beistand leistet, ihm die Vorteile<br />

der Tat zu sichern, wird mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft. Die<br />

Strafe darf jedoch nach Art und Maß nicht schwerer sein als die für das<br />

Verbrechen oder Vergehen angedrohte Strafe.<br />

Die Strafbarkeit ist unabhängig <strong>von</strong> der Strafbarkeit dessen, der das<br />

Verbrechen oder Vergehen begangen hat.<br />

Ist das Verbrechen oder Vergehen nur auf Verlangen oder mit Zustimmung<br />

des Verletzten verfolgbar, so kann wegen der Begünstigung<br />

nur gestraft werden, wenn das Verlangen gestellt oder die Zustimmung<br />

erteilt worden ist.<br />

§ 186 Strafvereitelung. Wer wissentlich die Bestrafung <strong>eines</strong> anderen<br />

wegen <strong>eines</strong> <strong>von</strong> diesem begangenen Verbrechens oder Vergehens ganz<br />

oder zum Teil vereitelt, wird mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Die Strafe darf jedoch nach Art und Maß nicht schwerer sein als die für<br />

das Verbrechen oder Vergehen angedrohte Strafe.


Ebenso wird bestraft, wer wissentlich die Unterbringung <strong>eines</strong> anderen<br />

in einer öffentlichen Heil- oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheilanstalt,<br />

in der Sicherungsverwahrung oder in einem Arbeitshause ganz<br />

oder zum Teil vereitelt.<br />

Der Versuch ist strafbar. Wird die Tat zugunsten <strong>eines</strong> Angehörigen<br />

begangen, so kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

14. Abschnitt. Urkundenfälschung<br />

§ 187 Urkundenfälschung. Wer eine Urkunde in der Absicht fälscht<br />

oder verfälscht, daß sie im Rechtsverkehre zum Beweis <strong>eines</strong> Rechtes,<br />

<strong>eines</strong> Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde, wird mit<br />

Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer <strong>von</strong> einer falschen oder verfälschten Urkunde<br />

im Rechtsverkehre zum Beweis <strong>eines</strong> Rechtes, <strong>eines</strong> Rechtsverhältnisses<br />

oder einer Tatsache Gebrauch macht. Der Versuch ist strafbar.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren.<br />

§ 188 Fälschung öffentlicher Beglaubigungszeichen. Wer ein öffentliches<br />

Beglaubigungszeichen fälscht oder verfälscht oder einem<br />

echten öffentlichen Beglaubigungszeichen eine andere Sache unterschiebt<br />

in der Absicht, daß <strong>von</strong> der Sache im Rechtsverkehre Gebrauch<br />

gemacht werde, als wäre das Beglaubigungszeichen oder die Sache echt,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer <strong>von</strong> einer mit einem falschen oder verfälschten<br />

öffentlichen Beglaubigungszeichen versehenen oder <strong>von</strong> einer<br />

einem echten öffentlichen Beglaubigungszeichen untergeschobenen<br />

Sache im Rechtsverkehre Gebrauch macht, als wäre das Zeichen oder<br />

die Sache echt.<br />

Der Versuch ist strafbar. In besonders schweren Fällen ist die Strafe<br />

Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

§ 189 Urkundenunterdrückung. Wer eine Urkunde, über die er<br />

nicht allein verfügen darf, in der Absicht vernichtet, beschädigt, beseitigt<br />

oder unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehre zum Beweis<br />

<strong>eines</strong> Rechtes, Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.<br />

§ 190 Gebrauch fremder Ausweise. Wer <strong>von</strong> einem Ausweispapier,<br />

das für einen anderen ausgestellt ist, im Rechtsverkehre Gebrauch<br />

macht, als wäre es für ihn ausgestellt, wird mit Gefängnis bis zu einem<br />

Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.


Ebenso wird bestraft, wer ein Ausweispapier, das für ihn ausgestellt<br />

ist, einem anderen in der Absicht überläßt, daß er im Rechtsverkehre<br />

da<strong>von</strong> Gebrauch mache, als wäre es für ihn ausgestellt.<br />

Den Ausweispapieren stehen Zeugnisse und andere Urkunden gleich,<br />

die im Verkehr als Ausweis verwendet zu werden pflegen.<br />

§ 191 Vorbereitung der Fälschung öffentlicher Urkunden oder Beglaubigungszeichen.<br />

Wer zum Zwecke der Fälschung oder Verfälschung<br />

öffentlicher Urkunden oder Beglaubigungszeichen Formen oder<br />

andere Gerätschaften, die zur Herstellung solcher Urkunden oder Beglaubigungszeichen<br />

geeignet sind, oder Abdrücke, die mit solchen Gerätschaften<br />

hergestellt sind, oder Vordrucke für öffentliche Urkunden<br />

oder Beglaubigungszeichen anfertigt, sich verschafft, feilhält oder einem<br />

anderen überläßt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe<br />

bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer zum Zwecke der Fälschung oder Verfälschung<br />

öffentlicher Urkunden oder Beglaubigungszeichen Papier anfertigt,<br />

sich verschafft, feilhält oder einem anderen überläßt, das einer zur<br />

Herstellung öffentlicher Urkunden oder Beglaubigungszeichen bestimmten<br />

Papierart gleicht oder zum Verwechseln ähnlich ist.<br />

Die Gerätschaften, Abdrücke, Vordrücke und das Papier können eingezogen<br />

werden, auch wenn sie nicht dem Täter gehören.<br />

§ 192 Ausstellen unrichtiger ärztlicher Zeugnisse. Wer bei berufsmäßiger<br />

Ausübung der Heilkunde, Krankenpflege oder Geburtshilfe ein<br />

unrichtiges Zeugnis zum Gebrauch im Rechtsverkehr ausstellt, wird mit<br />

Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.<br />

Wer <strong>von</strong> einem solchen unrichtigen Zeugnis im Rechtsverkehr in der<br />

Absicht Gebrauch macht, einen anderen über die beurkundete Tatsache<br />

zu täuschen, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe<br />

bestraft.<br />

§ 193 Grenz verrückung. Wer einen Grenzstein oder ein anderes zur<br />

Bezeichnung einer Grenze oder <strong>eines</strong> Wasserstandes bestimmtes Zeichen<br />

in der Absicht, daß da<strong>von</strong> im Rechtsverkehr zum Beweis <strong>eines</strong><br />

Rechts Gebrauch gemacht werde oder nicht Gebrauch gemacht werden<br />

könne, unrichtig setzt, an eine unrichtige Stelle rückt, beseitigt oder<br />

unkenntlich macht, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit<br />

Geldstrafe bestraft.<br />

15. Abschnitt. Falschmünzerei<br />

§ 194 Geldfälschung. Wer Geld in der Absicht fälscht oder verfälscht,<br />

es als echt in Verkehr zu bringen, oder wer sich in dieser Ab-


sieht falsches oder verfälschtes Geld verschafft, wird mit Zuchthaus<br />

bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer falsches oder verfälschtes Geld in Verkehr<br />

bringt.<br />

§ 195 Geldverringerung. Wer Metallgeld in der Absicht verringert,<br />

es als vollwertig in Verkehr zu bringen, oder wer sich verringertes Geld<br />

in dieser Absicht verschafft, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer verringertes Geld als vollwertig in Verkehr<br />

bringt. Der Versuch ist strafbar. Wer die Tat gewerbsmäßig begeht, wird<br />

mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.<br />

§ 196 Weitergabe falschen oder verringerten Geldes. Wer falsches,<br />

verfälschtes oder verringertes Geld, das als echt oder vollwertig eingenommen<br />

worden ist, in der Absicht, den durch die Einnahme entstandenen<br />

Schaden <strong>von</strong> sich oder einem anderen abzuwälzen, als echt oder<br />

vollwertig weitergibt wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit<br />

Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 197 Wertzeichenfälschung. Wer inländische oder ausländische<br />

amtliche Wertzeichen oder Wertmarken in der Absicht, daß sie als echt<br />

verwendet werden, fälscht oder verfälscht, oder wer sich in dieser Absicht<br />

falsche Zeichen oder Marken dieser Art verschafft, wird mit Gefängnis<br />

nicht unter einem Monat bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer falsche oder verfälschte Zeichen oder Marken<br />

dieser Art als echt verwendet, feilhält oder in Verkehr bringt.<br />

Der Versuch ist strafbar. In besonders schweren Fällen ist die Strafe<br />

Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

Als amtliche Wertzeichen gelten auch Stempelabdrücke, die auf Postsendungen<br />

zur Freimachung angebracht werden.<br />

§ 198 Wiederverwenden <strong>von</strong> Wertzeichen. Wer bereits verwendete<br />

inländische oder ausländische amtliche Wertzeichen oder Wertmarken<br />

als gültig wiederverwendet oder in der Absicht, daß sie als gültig wiederverwendet<br />

werden, sich verschafft, feilhält oder in Verkehr bringt,<br />

oder wer in gleicher Absicht auf solchen Zeichen oder Marken den<br />

Entwertungsstempel oder das Entwertungszeichen entfernt, wird mit<br />

Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar. In besonders leichten Fällen kann das Gericht<br />

<strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§ 199 Vorbereitung der Geld- oder Wertzeichenfälschung. Wer<br />

zum Zecke einer Geldfälschung, Geldverringerung oder Wertzeichenfälschung<br />

Formen oder andere Gerätschaften, die zur Herstellung <strong>von</strong>


Geld oder <strong>von</strong> Wertzeichen oder Wertmarken der im § 197 bezeichneten<br />

Art oder zur Geldverringerung geeignet sind, oder mit solchen Gerätschaften<br />

hergestellte Abdrücke anfertigt, sich verschafft, feilhält oder<br />

einem anderen überläßt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit<br />

Geldstrafe bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer zum Zwecke einer Geldfälschung oder<br />

einer Wertzeichenfälschung Papier anfertigt, sich verschafft, feilhält<br />

oder einem anderen überläßt, das einer Papierart gleicht oder zum<br />

Verwechseln ähnlich ist, die zu Herstellung <strong>von</strong> Geld oder Wertzeichen<br />

oder Wertmarken der im § 197 bezeichneten Art bestimmt<br />

ist.<br />

§ 200 Einziehung. Falsches, verfälschtes oder verringertes Geld sowie<br />

die falschen wiederverwendeten oder zur Wiederverwendung bestimmten<br />

Wertzeichen oder Wertmarken der im § 197 bezeichneten Art sind<br />

einzuziehen, auch wenn sie nicht dem Täter gehören.<br />

Das gleiche gilt für Gerätschaften, Abdrücke und Papier der im § 199<br />

bezeichneten Art.<br />

Hat der Eigentümer des Geldes an der Tat nicht teilgenommen, so ist<br />

das Geld nur unbrauchbar zu machen.<br />

Sind wegen Hinterziehung <strong>von</strong> Abgaben oder Gebühren Strafen verwirkt,<br />

so werden sie neben den in den §§ 197 bis 199 vorgesehenen<br />

Strafen verhängt.<br />

§ 201 Geld. Geld im Sinne dieses Gesetzes ist inländisches und ausländisches<br />

Geld, gleichviel aus welchem Stoff es hergestellt ist.<br />

Dem Gelde stehen gleich Banknoten, Schuldverschreibungen, in denen<br />

die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, Aktien,<br />

Interims-, Zins-, Gewinnanteils- und Erneuerungsscheine, soweit<br />

diese Papiere auf den Inhaber und auf einen Aussteller lauten, der zur<br />

Ausgabe berechtigt ist.<br />

16. Abschnitt. Gemeingefährliche Handlungen, Störung des<br />

öffentlichen Verkehrs<br />

§ 202 Brandstiftung. Wer an einer fremden Sache eine Feuersbrunst<br />

verursacht, wird mit Zuchthaus bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer eine eigene Sache oder eine Sache <strong>eines</strong> anderen<br />

mit dessen Einwilligung in Brand setzt und dadurch eine Gemeingefahr<br />

herbeiführt.<br />

§ 203 Strandung. Wer ein Schiff zum Sinken oder Stranden bringt<br />

und dadurch eine Gemeingefahr herbeiführt, wird mit Zuchthaus bestraft.


9. Amtl. <strong>Entwurf</strong> Allg. Deutsch. Strafgesetzbuch v. <strong>1925</strong> 657<br />

Ebenso wird bestraft, wer durch giftige Gase eine Gemeingefahr herbeiführt.<br />

§ 204 Herbeiführung einer Überschwemmung oder Explosion.<br />

Wer eine Überschwemmung oder Explosion verursacht und dadurch<br />

eine Gemeingefahr herbeiführt, wird mit Zuchthaus bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer durch giftige Gase eine Gemeingefahr herbeiführt.<br />

§ 205 Brunnenvergiftung. Wer Wasser, das zum Gebrauch <strong>von</strong><br />

Menschen dient, in Brunnen, Leitungen oder Behältern vergiftet oder<br />

verunreinigt und dadurch Gefahr für Menschenleben oder die Gesundheit<br />

<strong>von</strong> Menschen herbeiführt, wird mit Zuchthaus bestraft.<br />

§ 206 Störung der Sicherheit des Eisenbahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs.<br />

Wer die Sicherheit des Betriebs einer Eisenbahn, der Schifffahrt<br />

oder der Luftfahrt durch Beschädigen, Zerstören oder Beseitigen<br />

<strong>von</strong> Anlagen, Beförderungsmitteln oder Gegenständen, die dem Eisenbahn-,<br />

Schiffs- oder Luftverkehre dienen, durch Bereiten <strong>von</strong> Hindernissen<br />

auf der Fahr- oder Flugbahn, durch falsche Zeichen oder Signale<br />

oder dadurch, daß er bei Versehung des Dienstes seine dienstlichen<br />

Obliegenheiten verletzt, stört und dadurch eine Gemeingefahr herbeiführt,<br />

wird mit Zuchthaus bestraft.<br />

§ 207 Störung der Verkehrssicherheit auf Straßen. Wer die Sicherheit<br />

des Betriebs einer Straßenbahn durch Beschädigen, Zerstören oder<br />

Beseitigen <strong>von</strong> Anlagen, Beförderungsmitteln oder Gegenständen, die<br />

dem Straßenbahnverkehre dienen, durch Bereiten <strong>von</strong> Hindernissen auf<br />

der Fahrbahn, durch falsche Zeichen oder Signale oder dadurch, daß er<br />

bei Versehung des Dienstes seine dienstlichen Obliegenheiten verletzt,<br />

stört und dadurch eine Gemeingefahr herbeiführt, wird mit Gefängnis<br />

bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer durch Beschädigen oder Zerstören einer<br />

Brücke, einer Straße oder <strong>eines</strong> Weges die Sicherheit des Straßenverkehrs<br />

stört und dadurch eine Gemeingefahr herbeiführt.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 208 Beschädigung <strong>von</strong> Wasserbauten. Wer Wasserbauten, Wasserleitungen,<br />

Schutzvorrichtungen gegen Naturereignisse oder Anlagen<br />

zur Erfassung <strong>von</strong> Naturkräften beschädigt, zerstört oder beseitigt und<br />

dadurch eine Gemeingefahr herbeiführt, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.


§ 209 Beseitigung <strong>von</strong> Sicherheitsvorrichtungen in gefährlichen<br />

Betrieben. Wer in Fabriken oder anderen Betrieben oder an Maschinen<br />

eine dem Schütze des Lebens der Arbeiter dienende Vorrichtung beschädigt,<br />

zerstört, beseitigt oder sonst unbrauchbar macht, außer Tätigkeit<br />

setzt oder vorschriftswidrig nicht anbringt und dadurch Gefahr für<br />

Menschenleben herbeiführt, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

§ 210 Besonders schwere Fälle. In besonders schweren Fällen ist die<br />

Strafe bei den in den §§ 202 bis 206 bezeichneten Verbrechen Zuchthaus<br />

nicht unter fünf Jahren, bei den in den §§ 207 bis 209 bezeichneten Vergehen<br />

Zuchthaus.<br />

§211 Todesfolge. Stirbt ein Mensch infolge einer der in den §§ 202<br />

bis 209 mit Strafe bedrohten Handlungen (§15), so ist die Strafe Zuchthaus<br />

nicht unter zehn Jahren oder lebenslanges Zuchthaus.<br />

§ 212 Fahrlässige Begehung. Wer fahrlässig eine der in den §§ 202<br />

bis 208 bezeichneten Handlungen begeht, wird mit Gefängnis bis zu<br />

drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 213 Freiwillige Schadensverhütung. Verhütet der Täter in den<br />

Fällen der §§ 202 bis 209, 212 aus freien Stücken, daß aus der Tat ein<br />

Schaden entsteht, so kann die Strafe nach freiem Ermessen gemildert<br />

werden; das Gericht kann auch <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§ 214 Verhinderung <strong>eines</strong> lebenswichtigen Betriebs. Wer den Betrieb<br />

dem öffentlichen Verkehre dienender Eisenbahnen, Schiffahrtsoder<br />

Luftfahrtsunternehmungen, der Post, einer zur öffentlichen Versorgung<br />

mit Wasser, Licht, Wärme oder Kraft dienenden Anstalt oder<br />

einer staatlichen Anstalt, die der Landesverteidigung dient, dadurch<br />

verhindert oder stört, daß er Bestandteile oder Zubehör beschädigt,<br />

zerstört, beseitigt oder verändert, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

§ 215 Verhinderung des Betriebs einer Telegraphenanlage. Wer den<br />

Betrieb einer öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphen-, Fernsprech-<br />

oder Rohrpostanlage dadurch verhindert oder gefährdet, daß er<br />

Bestandteile oder Zubehör beschädigt, zerstört, beseitigt oder verändert,<br />

wird mit Gefängnis bestraft. In besonders schweren Fällen ist die Strafe<br />

Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.


§ 216 Schiffsgefährdung durch Bannware. Wer ohne Wissen des<br />

Reeders oder des Schiffers oder wer als Schiffer gegen den Willen des<br />

Reeders Sachen, deren Beförderung Schiff oder Ladung der Gefahr einer<br />

Beschlagnahme oder Einziehung aussetzt, an Bord <strong>eines</strong> <strong>deutschen</strong> Seeschiffes<br />

bringt oder nimmt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder<br />

mit Geldstrafe bestraft.<br />

Einem <strong>deutschen</strong> Seeschiff steht ein ausländisches Seeschiff gleich,<br />

wenn es ganz oder zum Teil im Inland beladen worden ist.<br />

§ 217 Verletzung <strong>von</strong> Regeln der Baukunst. Wer bei der Leitung<br />

oder Ausführung <strong>eines</strong> Baues oder des Abbruchs <strong>eines</strong> Baues gegen die<br />

allgemein anerkannten Regeln der Baukunst handelt und dadurch Gefahr<br />

für Menschenleben oder für die Gesundheit <strong>von</strong> Menschen herbeiführt,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 218 Verletzung <strong>von</strong> Schutzmaßregeln gegen Seuchen. Wer eine<br />

Schutzmaßregel verletzt, die durch Gesetz oder durch die zuständige<br />

Behörde angeordnet ist, um das Einschleppen oder Verbreiten einer<br />

übertragbaren menschlichen Krankheit oder einer Tier- oder Pflanzenseuche<br />

zu verhüten, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§ 219 Nichterfüllung <strong>von</strong> Lieferungsvertragen. Wer in Zeiten gemeiner<br />

Not einen mit einer Behörde geschlossenen Vertrag über Lieferung<br />

oder Beförderung <strong>von</strong> Lebens- oder sonstigen Unterhaltsmitteln,<br />

die zur Abwendung, Beseitigung oder Linderung gemeiner Not erforderlich<br />

sind, nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, wird mit Gefängnis<br />

nicht unter drei Monaten bestraft.<br />

Ebenso werden Unterlieferanten, Vermittler und Bevollmächtigte des<br />

zur Lieferung oder Beförderung Verpflichteten bestraft, die durch Verletzung<br />

ihrer Vertragspflicht die Erfüllung oder die gehörige Erfüllung<br />

vereiteln.<br />

§ 220 Unterlassene Hilfeleistung. Wer bei einer Gemeingefahr der<br />

polizeilichen Aufforderung zur Hilfeleistung nicht nachkommt, obwohl<br />

er der Aufforderung ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung<br />

sonstiger wichtiger Interessen genügen kann, wird mit Gefängnis<br />

bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.


17. Abschnitt. Tötung<br />

§ 221 Mord. Wer einen anderen tötet, wird mit dem Tode bestraft.<br />

§ 222 Totschlag. Wer sich durch Jähzorn oder entschuldbare heftige<br />

Gemütsbewegung zur Tötung <strong>eines</strong> anderen hinreißen läßt, wird mit<br />

Zuchthaus bestraft.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus nicht unter<br />

zehn Jahren oder lebenslanges Zuchthaus.<br />

§ 223 Tötung auf Verlangen. Wer einen anderen auf dessen ausdrückliches<br />

und ernstliches Verlangen tötet, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 224 Verleitung zum Selbstmord. Wer einen anderen verleitet, sich<br />

selbst zu töten, wird, wenn der andere sich tötet oder zu töten versucht,<br />

mit Gefängnis bestraft.<br />

§ 225 Kindestötung. Eine Mutter, die ihr Kind in oder gleich nach<br />

der Geburt tötet, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren.<br />

§ 226 Aufforderung zum Morde. Wer öffentlich zu einem Morde<br />

auffordert, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.<br />

§ 227 Verabredung <strong>eines</strong> Mordes. Wer einen Mord mit einem anderen<br />

verabredet, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.<br />

Wegen Verabredung <strong>eines</strong> Mordes wird nicht bestraft, wer aus freien<br />

Stücken seine Tätigkeit aufgibt und die Vollendung des Mordes abwendet.<br />

§ 24 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.<br />

§ 228 Abtreibung. Eine Frau, die ihre Frucht im Mutterleibe oder<br />

durch Abtreibung tötet oder die Tötung durch einen anderen zuläßt,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird ein anderer bestraft, der eine Frucht im Mutterleibe oder<br />

durch Abtreibung tötet.<br />

Der Versuch ist strafbar. In besonders leichten Fällen kann das Gericht,<br />

auch wenn die Voraussetzungen des § 23 Abs. 4 nicht vorliegen,<br />

<strong>von</strong> Strafe absehen.


Wer die in Abs. 2 bezeichnete Tat ohne Einwilligung der Schwangeren<br />

oder gewerbsmäßig begeht, wird mit Zuchthaus bestraft. Ebenso<br />

wird bestraft, wer einer Schwangeren ein Mittel oder Werkzeug zur<br />

Abtreibung der Frucht gewerbsmäßig verschafft.<br />

§ 229 Ankündigung <strong>von</strong> Abtreibungsmitteln. Wer öffentlich zu<br />

Zwecken der Abtreibung (§ 228) dazu bestimmte Mittel, Werkzeuge<br />

oder Verfahren ankündigt oder anpreist oder solche Mittel oder Werkzeuge<br />

an einem allgemein zugänglichen Orte ausstellt, wird mit Gefängnis<br />

bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Weise seine eigenen oder fremde<br />

Dienste zur Vornahme oder Erleichterung <strong>von</strong> Abtreibungen anbietet.<br />

§ 230 Aussetzung. Wer einen anderen aussetzt und dadurch in eine<br />

hilflose Lage bringt, die sein Leben gefährdet, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer einen Hilflosen, der unter seiner Obhut<br />

steht oder für dessen Unterbringung, Fortschaffung oder Aufnahme er<br />

zu sorgen hat, in einer hilflosen Lage läßt, die sein Leben gefährdet.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus.<br />

§ 231 Lebensgefährdung. Wer wissentlich und gewissenlos einen<br />

anderen in unmittelbare Lebensgefahr bringt, wird mit Zuchthaus bestraft.<br />

§ 232 Fahrlässige Tötung. Wer fahrlässig den Tod <strong>eines</strong> anderen verursacht,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Die Einziehung (§ 60) ist zulässig.<br />

18. Abschnitt. Körperverletzung<br />

§ 233 Körperverletzung. Wer einen anderen am Körper verletzt oder<br />

an der Gesundheit schädigt, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder<br />

mit Geldstrafe bestraft.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§234 Schwere Körperverletzung. Stirbt der Verletzte (§15), so ist<br />

die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

Die gleiche Strafe tritt ein, wenn der Verletzte in Lebensgefahr gerät,<br />

verstümmelt, dauernd und auffallend entstellt wird, im Gebrauch s<strong>eines</strong><br />

Körpers oder seiner Geisteskräfte längere Zeit bedeutend beeinträchtigt<br />

wird oder in eine gefährliche oder langdauernde Krankheit verfällt


§ 235 Gefährliche Körperverletzung. Wer eine Körperverletzung in<br />

einer Weise begeht, die geeignet ist, eine der im § 234 Abs. 2 bezeichneten<br />

Folgen herbeizuführen, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

§ 236 Absichtliche schwere Körperverletzung. Wer durch Körperverletzung<br />

absichtlich eine der im § 234 Abs. 2 bezeichneten Folgen<br />

herbeiführt, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.<br />

Stirbt der Verletzte (§ 15), so ist die Strafe Zuchthaus.<br />

§ 237 Mißhandlung. Wer einen anderen mißhandelt, wird mit Gefängnis<br />

bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§ 238 Ärztliche Eingriffe. Eingriffe und Behandlungsweisen, die der<br />

Übung <strong>eines</strong> gewissenhaften Arztes entsprechen, sind keine Körperverletzungen<br />

oder Mißhandlungen im Sinne dieses Gesetzes.<br />

§ 239 Einwilligung des Verletzten. Wer eine Körperverletzung mit<br />

Einwilligung des Verletzten vornimmt, wird nur bestraft, wenn die Tat<br />

trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.<br />

§ 240 Körperverletzung und Mißhandlung an Kindern, Jugendlichen<br />

oder Wehrlosen. Wer an Kindern, Jugendlichen oder wegen Gebrechlichkeit<br />

oder Krankheit Wehrlosen, die seiner Fürsorge oder Obhut<br />

unterstehen oder seinem Hausstand angehören, oder die der<br />

Fürsorgepflichtige seiner Gewalt überlassen hat, grausam oder in der<br />

Absicht, sie zu quälen, eine Körperverletzung oder Mißhandlung begeht,<br />

wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

§ 241 Raufhandel. Wer sich an einer Schlägerei oder an einem Angriff<br />

mehrerer beteiligt, wird schon wegen dieser Beteiligung mit Gefängnis<br />

bis zu drei Jahren bestraft, wenn durch die Schlägerei oder den Angriff<br />

der Tod <strong>eines</strong> Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 234<br />

Abs. 2) verursacht wird.<br />

Wer ohne sein Verschulden hineingezogen worden ist, ist straffrei.<br />

§ 242 Waffengebrauch bei Schlägereien. Wer sich bei einer Schlägerei<br />

oder bei einem Angriff einer Waffe, insbesondere <strong>eines</strong> Messers,<br />

bedient, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft.<br />

Die Waffe kann eingezogen werden, auch wenn sie nicht dem Täter<br />

gehört.


§ 243 Fahrlässige Körperverletzung. Wer fahrlässig eine Körperverletzung<br />

begeht, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe<br />

bestraft.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

Die Einziehung (§ 66) ist zulässig.<br />

§ 244 Verfolgung auf Verlangen. In den Fällen der §§233, 237,<br />

243 wird die Tat nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt. Eines Verlangens<br />

bedarf es nicht, wenn die Tat in oder bei Ausübung <strong>eines</strong> Amtes<br />

oder in Ausübung <strong>eines</strong> Berufs oder Gewerbes begangen worden<br />

ist.<br />

19. Abschnitt. Zweikampf<br />

§ 245 [Austragung des Zweikampfes] Der Zweikampf mit tödlichen<br />

Waffen wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.<br />

Hat der Zweikampf den Tod des Gegners zur Folge (§ 15), so ist die<br />

Strafe Gefängnis nicht unter einem Jahre.<br />

Kartellträger, die ernstlich bemüht gewesen sind, den Zweikampf zu<br />

verhindern, Mitglieder <strong>eines</strong> Ehrengerichts, Sekundanten sowie die zugezogenen<br />

Zeugen und Ärzte sind straffrei.<br />

§ 246 Übertretung der Kampfregeln. Wer bei einem Zweikampf den<br />

Gegner durch vorsätzliche Übertretung der vereinbarten oder hergebrachten<br />

Kampfregeln tötet oder körperlich verletzt, wird, soweit nicht<br />

§ 245 eine schwerere Strafe androht, nach den Vorschriften über Tötung<br />

oder Körperverletzung bestraft.<br />

§ 247 Herausforderung zum Zweikampf. Wer einen anderen zum<br />

Zweikampf herausfordert oder eine Herausforderung zum Zweikampf<br />

annimmt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft.<br />

Die Herausforderung und die Annahme werden straflos, wenn einer<br />

der Gegner den Zweikampf vor Beginn freiwillig aufgibt.<br />

§ 248 Anreizung zum Zweikampf. Wer einen anderen dadurch, daß<br />

er ihm Verachtung bezeigt oder androht, oder in ähnlicher Weise zu<br />

einem Zweikampf mit einem Dritten anreizt, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer öffentlich einem anderen Verachtung bezeigt,<br />

weil dieser eine Herausforderung zum Zweikampf unterlassen<br />

oder nicht angenommen hat.


20. Abschnitt. Verbrechen und Vergehen gegen die persönliche<br />

Freiheit oder Sicherheit<br />

§ 249 Freiheitsberaubung. Wer einen anderen einsperrt oder auf andere<br />

Weise der Freiheit beraubt, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus.<br />

§ 250 Frauenraub. Wer eine Frau in der Absicht, sie zur Ehe oder<br />

zur Unzucht zu bringen, mit Gewalt, gefährlicher Drohung oder List<br />

entführt, oder wer in gleicher Absicht eine Frau entführt, die bewußtlos,<br />

geisteskrank oder wegen Geistesschwäche oder aus einem anderen<br />

Grunde zum Widerstand unfähig ist, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren.<br />

Die Tat wird nur mit Zustimmung der Verletzten verfolgt.<br />

Hat der Täter oder ein Teilnehmer die Entführte geheiratet, so wird<br />

die Tat nur verfolgt, wenn die Ehe für nichtig erklärt worden ist.<br />

§ 251 Hausfriedensbruch. Wer in eine Wohnung, einen Geschäftsraum<br />

oder ein befriedetes Besitztum, in ein Schiff oder in einen abgeschlossenen<br />

Raum, der zum öffentlichen Dienste oder Verkehr bestimmt<br />

ist, gegen den Willen des Berechtigten eindringt oder sich, wenn<br />

er ohne Befugnis darin verweilt, auf wiederholte Aufforderung des Berechtigten<br />

nicht entfernt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder<br />

mit Geldstrafe bestraft.<br />

Wendet der Täter Gewalt an oder droht er mit Gewalt, so ist die<br />

Strafe Gefängnis. Der Versuch ist strafbar.<br />

Die Tat wird nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§ 252 Bedrohung. Wer einen anderen mit einem Verbrechen bedroht,<br />

wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Die Tat wird nur auf Verlangen des Bedrohten verfolgt.<br />

§ 253 Nötigung. Wer mit Gewalt oder durch Drohung mit einem<br />

Verbrechen oder Vergehen einen anderen zu einer Handlung, Duldung<br />

oder Unterlassung nötigt, wird mit Gefängnis bestraft, gleichviel, ob das<br />

angedrohte Übel den Bedrohten selbst oder einen seiner Angehörigen<br />

treffen soll.


§ 254 Ehrennötigung. Wer einen anderen durch Drohung mit einer<br />

Strafanzeige oder mit der Offenbarung einer Tatsache, die geeignet ist,<br />

den Ruf zu gefährden, nötigt, sich einer gegen die guten Sitten verstoßenden<br />

Zumutung zu fügen, wird mit Gefängnis bestraft, gleichviel, ob<br />

das angedrohte Übel den Bedrohten selbst oder einen seiner Angehörigen<br />

treffen soll.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren.<br />

21. Abschnitt. Unzucht<br />

§ 255 Nötigung zur Unzucht. Wer einen Frau mit Gewalt oder<br />

durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben nötigt,<br />

sich zur Unzucht mißbrauchen zu lassen, wird mit Zuchthaus bis zu<br />

zehn Jahren bestraft.<br />

§ 256 Notzucht. Wer eine Frau mit Gewalt oder durch Drohung mit<br />

gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben nötigt, sich zum außerehelichen<br />

Beischlaf mißbrauchen zu lassen, wird mit Zuchthaus bestraft.<br />

§ 257 Schändung. Wer eine Frau, die bewußtlos, geisteskrank oder<br />

wegen Geistesschwäche oder aus einem anderen Grunde zum Widerstand<br />

unfähig ist, zur Unzucht mißbraucht, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 258 Schwere Schändung. Wer eine Frau, die bewußtlos, geisteskrank<br />

oder wegen Geistesschwäche oder aus einem anderen Grunde<br />

zum Widerstand unfähig ist, zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht,<br />

wird mit Zuchthaus bestraft.<br />

§ 259 Unzucht mit Kindern. Wer ein Kind, das noch nicht vierzehn<br />

Jahre als ist, zur Unzucht mißbraucht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren bestraft.<br />

§ 260 Schwere Folgen. Hat eine in den §§ 255 bis 259 mit Strafe bedrohte<br />

Handlung den Tod oder eine schwere Körperverletzung (§ 234<br />

Abs. 2) oder die Ansteckung der Frau oder des Kindes mit einer Geschlechtskrankheit<br />

zur Folge (§ 15), so ist die Strafe Zuchthaus nicht<br />

unter zehn Jahren oder lebenslanges Zuchthaus.<br />

§ 261 Verführung. Wer ein Mädchen unter sechzehn Jahren zum<br />

Beischlaf verführt, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Die Tat wird nur mit Zustimmung der Verletzten verfolgt.<br />

Hat der Verführer die Verführte geheiratet, so wird die Tat nur verfolgt,<br />

wenn die Ehe für nichtig erklärt worden ist.


§ 262 Nötigung Abhängiger zum Beischlaf. Wer eine Frau durch<br />

Mißbrauch ihrer durch ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis begründeten<br />

Abhängigkeit zum außerehelichen Beischlaf nötigt, wird mit Gefängnis<br />

bis zu drei Jahren bestraft.<br />

Die Tat wird nur mit Zustimmung der Verletzen verfolgt.<br />

Hat der Täter die Frau geheiratet, so wird die Tat nur verfolgt, wenn<br />

die Ehe für nichtig erklärt worden ist.<br />

§ 263 Blutschande. Wer mit einem Verwandten absteigender Linie<br />

den Beischlaf vollzieht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.<br />

Wer mit einem Verwanden aufsteigender Linie den Beischlaf vollzieht,<br />

wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. Ebenso werden<br />

Geschwister sowie Verschwägerte auf- und absteigender Linie bestraft,<br />

die miteinander den Beischlaf vollziehen.<br />

Verwandte und Verschwägerte, die zur Zeit der Tat noch jugendlich<br />

waren, sind straffrei, wenn sie zu der Tat verführt worden sind.<br />

§ 264 Unzucht mit minderjährigen Abkömmlingen. Wer, abgesehen<br />

<strong>von</strong> den Fällen des § 263, mit einem minderjährigen Verwandten<br />

absteigender Linie Unzucht treibt, wird mit Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren bestraft.<br />

§ 265 Unzucht mit minderjährigen Pflegebefohlenen. Adoptiveltern,<br />

Stiefeltern, Pflegeeltern, Vormünder und Pfleger, die mit ihrem<br />

minderjährigen Adoptivkind, Stiefkind, Pflegekind, Mündel oder<br />

Pflegling Unzucht treiben, werden mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren<br />

bestraft.<br />

Ebenso werden Geistliche, Lehrer und Erzieher bestraft, die mit einem<br />

ihrer Erziehung oder ihrem Unterricht anvertrauten minderjährigen<br />

Schüler oder Zögling Unzucht treiben.<br />

§ 266 Unzucht unter Mißbrauch der Amtsstellung. Ein Amtsträger,<br />

der mit jemandem unter Verletzung einer Obhutspflicht oder unter<br />

sonstigem Mißbrauch seiner Amtsstellung Unzucht treibt, wird mit<br />

Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer in Gefangenen- oder anderen Verwahrungsanstalten,<br />

in Erziehungs- oder Besserungsanstalten, in Anstalten<br />

für Kranke oder Hilfsbedürftige angestellt oder beschäftigt oder als<br />

Inhaber daran beteiligt ist und mit einer Frau oder einem Jugendlichen<br />

Unzucht treibt, die in die Anstalt aufgenommen sind und unter seiner<br />

Aufsicht, Obhut oder Behandlung stehen.


§ 267 Unzucht zwischen Männern. Ein Mann, der mit einem anderen<br />

Mann eine beischlafähnliche Handlung vornimmt, wird mit Gefängnis<br />

bestraft.<br />

Ein erwachsener Mann, der einen männlichen Jugendlichen verführt,<br />

mit ihm Unzucht zu treiben, wird mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten<br />

bestraft. Ebenso wird ein Mann bestraft, der mit einem Manne<br />

gewerbsmäßig oder unter Mißbrauch einer durch ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis<br />

begründeten Abhängigkeit Unzucht treibt. In besonders<br />

schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

§ 268 Öffentliche Vornahme unzüchtiger Handlungen. Wer öffentlich<br />

und unter Umständen, unter denen sein Verhalten geeignet ist,<br />

Ärgernis zu erregen, eine unzüchtige Handlung vornimmt, wird mit<br />

Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 269 Unzüchtige Schriften und Abbildungen. Wer eine unzüchtige<br />

Schrift, Abbildung oder andere Darstellung feilhält, verkauft, verteilt<br />

oder sonst verbreitet oder sie zum Zwecke der Verbreitung herstellt,<br />

sich verschafft, vorrätig hält, ankündigt oder anpreist, oder wer sie an<br />

einem allgemein zugänglichen Orte ausstellt, anschlägt oder vorführt,<br />

wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer eine Schrift, Abbildung oder andere Darstellung,<br />

die unzüchtig oder doch geeignet ist, das Geschlechtsgefühl der<br />

Jugend zu überreizen oder irrezuleiten, einer Person unter sechzehn<br />

Jahren gegen Entgelt anbietet, überläßt oder vorführt.<br />

§ 270 Sachen zu unzüchtigem Gebrauche. Wer eine Sache, die zu<br />

unzüchtigem Gebrauche bestimmt ist, öffentlich ankündigt oder anpreist<br />

oder an einem allgemein zugänglichen Orte ausstellt, wird mit<br />

Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer in einer Sitte oder Anstand verletzenden<br />

Weise ein Mittel, Werkzeug oder Verfahren, das zur Verhütung der<br />

Empfängnis oder zur Verhütung <strong>von</strong> Geschlechtskrankheiten dient,<br />

öffentlich ankündigt, anpreist oder ein solches Mittel oder Werkzeug an<br />

einem allgemein zugänglichen Orte ausstellt.<br />

§ 271 Aufforderung zur Unzucht. Wer öffentlich in einer Sitte oder<br />

Anstand verletzenden oder andere belästigenden Weise zur Unzucht<br />

auffordert oder sich dazu anbietet, wird mit Gefängnis bis zu sechs<br />

Monaten bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer öffentlich eine Ankündigung erläßt, die bestimmt<br />

ist, unzüchtigen Verkehr herbeizuführen.


22. Abschnitt. Kuppelei, Frauenhandel, Zuhälterei<br />

§ 272 Kuppelei. Kuppelei begeht, wer durch seine Vermittlung oder<br />

durch Gewähren oder Verschaffen <strong>von</strong> Gelegenheit der Unzucht Vorschub<br />

leistet.<br />

Als Kuppelei gilt insbesondere die Unterhaltung <strong>eines</strong> Bordells oder<br />

<strong>eines</strong> bordellartigen Betriebs.<br />

§ 273 [Ausbeutung] Wer aus Eigennutz Kuppelei begeht, wird mit<br />

Gefängnis bestraft.<br />

Wer einer Person, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, Wohnung<br />

gewährt, wird auf Grund des Abs. I nur dann bestraft, wenn damit<br />

ein Ausbeuten der Person, der die Wohnung gewährt ist, oder ein Anwerben<br />

oder ein Anhalten dieser Person zur Unzucht verbunden ist.<br />

§ 274 [Kuppelei mit Minderjährigen] Wer an einer Person, die noch<br />

nicht achtzehn Jahre alt ist, Kuppelei begeht, wird mit Zuchthaus bis zu<br />

fünf Jahren bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer Kuppelei mit hinterlistigen Kunstgriffen<br />

begeht.<br />

§ 275 [Schwere Kuppelei] Wer an seiner Ehefrau Kuppelei begeht,<br />

wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.<br />

Ebenso werden Eltern, Adoptiveltern, Stiefeltern, Großeltern und<br />

Pflegeeltern, Vormünder und Pfleger bestraft, die an ihrem Kinde, Adoptivkinde,<br />

Stiefkind, Enkel, Pflegekinde, Mündel oder Pflegling Kuppelei<br />

begehen, sowie Geistliche, Lehrer und Erzieher, die an einem ihrer<br />

Erziehung oder ihrem Unterricht anvertrauten Schüler oder Zögling<br />

Kuppelei begehen. Diese Vorschrift gilt nicht für die Duldung des Beischlafs<br />

zwischen Verlobten.<br />

§ 276 Frauenhandel. Kinderhandel. Wer eine Frau oder eine Person,<br />

die noch nicht achtzehn Jahre alt ist, gewerbsmäßig der Unzucht zuführt<br />

oder die Zuführung gewerbsmäßig erleichtert, wird mit Zuchthaus<br />

bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer eine Frau oder eine Person, die noch nicht<br />

achtzehn Jahre alt ist, unter Verheimlichung seiner Absicht, sie der Unzucht<br />

zuzuführen, zum Verlassen der Heimat bestimmt oder aus ihrer<br />

Heimat wegbringt, oder wer eine solche Tat erleichtert.<br />

§ 277 Zuhälterei. Ein Mann, der sich <strong>von</strong> einer Frau, die mit anderen<br />

Unzucht treibt, unter Ausbeutung ihres Gewinns aus der Unzucht ganz<br />

oder zum Teil unterhalten läßt oder eine solche Frau gewohnheitsmäßig


oder aus Eigennutz bei Ausübung der Unzucht schützt oder fördert,<br />

wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.<br />

23. Abschnitt. Verbrechen und Vergehen gegen Ehe und Familie<br />

§ 278 Doppelehe. Wer eine Ehe schließt, obwohl er verheiratet ist,<br />

wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer mit jemandem eine Ehe schließt, obwohl<br />

dieser verheiratet ist.<br />

Die Verjährung ruht, bis eine der beiden Ehen aufgelöst oder für<br />

nichtig erklärt wird.<br />

§ 279 Ehebetrug. Wer bei Eingehung einer Ehe dem anderen Eheschließenden<br />

eine Tatsache verschweigt, welche die Ehe nichtig oder<br />

anfechtbar macht, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer einen anderen durch eine Täuschung, auf<br />

Grund deren die Ehe angefochten werden kann, dazu bestimmt, mit<br />

ihm die Ehe zu schließen.<br />

Die Tat wird nur mit Zustimmung des Verletzten und nur dann verfolgt,<br />

wenn die Ehe auf Grund der verschwiegenen Tatsache oder der<br />

Täuschung für nichtig erklärt worden ist.<br />

§ 280 Ehebruch. Wer die Ehe bricht, wird mit Gefängnis bis zu einem<br />

Jahre bestraft.<br />

Die Tat wird nur auf Verlangen des verletzten Ehegatten und nur<br />

dann verfolgt, wenn die Ehe wegen Ehebruchs geschieden worden ist.<br />

War zur Zeit der Tat die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben,<br />

so kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§ 281 Entziehung <strong>eines</strong> Minderjährigen aus der elterlichen Gewalt.<br />

Wer einen Minderjährigen dem entzieht, dem die Sorge für die<br />

Person des Minderjährigen zusteht, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren.<br />

Die Tat wird nur mit Zustimmung des Verletzten verfolgt.<br />

Ist die Tat durch Entführung einer Minderjährigen begangen, so wird<br />

sie nicht verfolgt, wenn der Täter oder ein Teilnehmer die Entführte<br />

geheiratet hat, es sei denn, daß die Ehe für nichtig erklärt worden<br />

ist.<br />

§ 282 Verletzung der Unterhaltspflicht. Wer sich böswillig einer gesetzlichen<br />

Unterhaltspflicht derart entzieht, daß der notwendige Unterhalt<br />

des Unterhaltsberechtigten ohne öffentliche Hilfe oder die Hilfe


anderer gefährdet wäre, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit<br />

Geldstrafe bestraft.<br />

Hat die Tat den Selbstmord oder die Tötung des Unterhalts berechtigten<br />

oder die Tötung des Kindes, für das der Unterhaltsberechtigte zu<br />

sorgen hatte, oder den Versuch einer solchen Handlung zur Folge<br />

(§ 15), so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten.<br />

§ 283 Kindesweglegung. Wer ein Kind, für dessen Person er zu sorgen<br />

hat, in der Absicht weglegt oder verläßt, sich seiner zu entledigen,<br />

wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.<br />

§ 284 Personenstandsfälschung. Wer den Personenstand <strong>eines</strong> anderen<br />

fälscht oder unterdrückt, insbesondere ein Kind unterschiebt, wird<br />

mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

24. Abschnitt. Beleidigung und Verletzung fremder Geheimnisse<br />

§ 285 Üble Nachrede. Wer über einen anderen eine ehrenrührige Tatsache<br />

behauptet oder verbreitet, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

Ist die Tatsache erweislich wahr, so ist die Tat als üble Nachrede nicht<br />

strafbar. Die Behauptung oder Mitteilung, daß jemand etwas Strafbares<br />

begangen habe, gilt als erwiesen, wenn er wegen der Tat rechtskräftig<br />

verurteilt ist. Ist er rechtskräftig freigesprochen, weil er die Tat nicht<br />

begangen habe oder nicht überführt sei, so gilt die Behauptung oder<br />

Mitteilung als widerlegt.<br />

Betrifft die Tatsache Angelegenheiten des Privat- oder Familienlebens,<br />

die das öffentliche Interesse nicht berühren, so ist es für die Strafbarkeit<br />

unerheblich, ob sie wahr oder unwahr ist, wenn sie aus Gewinnsucht<br />

oder bloß in der Absicht zu schmähen öffentlich behauptet oder<br />

verbreitet worden ist.<br />

§ 286 Wahrnehmung berechtigter Interessen. Tadelnde Urteile<br />

über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen sowie<br />

Äußerungen, durch die jemand eine Rechtspflicht erfüllt oder ein<br />

Recht ausübt, sind als üble Nachrede nicht strafbar.<br />

Das gleiche gilt, wenn der Täter zur Wahrnehmung <strong>eines</strong> berechtigten<br />

öffentlichen oder privaten Interesses handelt und dabei die einander<br />

gegenüberstehenden Interessen pflichtmäßig abgewogen hat.


§ 287 Verleumdung. "Wer wider besseres Wissen über einen anderen<br />

eine ehrenrührige Tatsache behauptet oder verbreitet, wird mit Gefängnis<br />

nicht unter einem Monat bestraft.<br />

§ 288 Beleidigung. Wer einen anderen auf andere Weise als durch<br />

üble Nachrede oder Verleumdung beleidigt, wird mit Gefängnis bis zu<br />

einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Die Vorschriften des § 286 gelten entsprechend.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

Wer sich nur durch die gerechtfertigte Entrüstung über das unmittelbar<br />

vorausgegangene Benehmen <strong>eines</strong> anderen hinreißen läßt, ihn in<br />

einer nach den Umständen entschuldbaren Weise zu beleidigen, wird<br />

nicht bestraft.<br />

§ 289 Vorwurf einer strafbaren Handlung. Wer einem anderen in<br />

der Absicht, ihn zu schmähen, eine strafbare Handlung oder eine Verurteilung<br />

zum Vorwurf macht, obwohl die Tat durch Verbüßung oder<br />

Erlaß der Strafe gesühnt ist, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 290 Strafantrag. Die Beleidigung (§§ 285, 287 bis 289) wird nur auf<br />

Verlangen des Beleidigten verfolgt.<br />

Ist die Beleidigung gegen eine Behörde oder einen Beamten oder einen<br />

Soldaten während der Ausübung ihres Berufs oder in Beziehung auf<br />

den Beruf begangen, so wird die Tat mit Zustimmung des Vorgesetzten<br />

auch ohne Verlangen des Beleidigten verfolgt.<br />

Ist ein Verstorbener beleidigt, so wird die Tat nur auf Verlangen s<strong>eines</strong><br />

Ehegatten oder <strong>eines</strong> Kindes und, wenn er weder Ehegatten noch<br />

Kinder hinterlassen hat oder wenn der Ehegatte und die Kinder vor<br />

Ablauf der Frist, innerhalb deren das Verlangen gestellt werden muß,<br />

gestorben sind, auf Verlangen seiner Eltern, Großeltern, Enkel oder<br />

Geschwister verfolgt.<br />

§291 Urteilsbekanntmachung. Ist die Beleidigung (§§285, 287<br />

bis 289) in einer Zeitung oder Zeitschrift erfolgt, so ist auf Antrag des<br />

Beleidigten oder der im § 290 Abs. 2, 3 bezeichneten Personen anzuordnen,<br />

daß das Urteil, und zwar mindestens der verfügende Teil, durch<br />

öffentliche Blätter bekanntgemacht wird; wenn möglich, ist das Urteil<br />

durch dieselbe Zeitung oder Zeitschrift, in demselben Teile und<br />

mit der gleichen Schrift bekanntzumachen, in der die Beleidigung erfolgt<br />

ist.<br />

§ 292 Verletzung des Briefgeheimnisses. Wer einen nicht zu seiner<br />

Kenntnis bestimmten verschlossenen Brief oder ein anderes verschlos-


senes Schriftstück unbefugt öffnet, wird mit Gefängnis bis zu sechs<br />

Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Die Tat wird nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§ 293 Verrat <strong>von</strong> Privatgeheimnissen. Wer ohne besondere Befugnis<br />

ein Privatgeheimnis offenbart, das ihm bei berufsmäßiger Ausübung<br />

der Heilkunde, der Krankenpflege, der Geburtshilfe oder des Apothekergewerbes<br />

oder bei berufsmäßiger Beratung, Vertretung oder Verteidigung<br />

in Rechtsangelegenheiten kraft s<strong>eines</strong> Berufs anvertraut oder<br />

zugänglich geworden ist, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder<br />

mit Geldstrafe bestraft.<br />

Den Personen, die den Beruf selbständig ausüben, stehen ihre berufsmäßigen<br />

Gehilfen sowie Personen gleich, die zur Vorbereitung auf<br />

den Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen.<br />

Wer ein Geheimnis zur Wahrnehmung <strong>eines</strong> berechtigten öffentlichen<br />

oder privaten Interesses offenbart und dabei die einander gegenüberstehenden<br />

Interessen pflichtmäßig abgewogen hat, ist nicht strafbar.<br />

Die Tat wird nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt.<br />

25. Abschnitt. Sachbeschädigung<br />

§ 294 Sachbeschädigung. Wer eine fremde Sache beschädigt oder<br />

zerstört, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe<br />

bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer eine fremde Sache in einer Weise unbrauchbar<br />

macht, daß sie der Verletzte nur mit erheblichem Aufwand an<br />

Arbeit, Kosten oder Zeit wieder brauchbar machen kann.<br />

Die Tat wird nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§ 295 Gemeinschädliche Sachbeschädigung. Wer die Sachbeschädigung<br />

(§ 294) begeht<br />

1. an einer Sache, die den Gegenstand religiöser Verehrung bildet oder<br />

religiösen Gebrauche gewidmet ist,<br />

2. an einem Grab, einer anderen Beisetzungsstätte oder einem Grabmal,<br />

3. an einem öffentlichen Denkmal oder einem Erzeugnis der Natur oder<br />

menschlicher Tätigkeit, das aus wissenschaftlichen oder künstlerischen,<br />

landschaftlichen oder geschichtlichen Gründen behördlich<br />

unter Schutz gestellt worden ist,<br />

4. an einem wissenschaftlichen oder künstlerischen, geschichtlichen oder<br />

gewerblichen Gegenstand, der in einer öffentlichen Sammlung aufbewahrt<br />

wird oder öffentlich aufgestellt ist,


5. an einem Gegenstand, der zum öffentlichen Nutzen dient,<br />

wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

26. Abschnitt. Diebstahl, Veruntreuung, Unterschlagung<br />

§ 296 Diebstahl. Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in<br />

der Absicht wegnimmt, sich oder einen dritten damit unrechtmäßig zu<br />

bereichern, wird wegen Diebstahls mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

§ 297 Schwerer Diebstahl. Wegen schweren Diebstahls wird mit<br />

Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft:<br />

1. wer eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder in<br />

anderer Weise gegen Wegnahme besonders gesichert ist;<br />

2. wer eine Sache aus unmittelbarem körperlichen Gewahrsam stiehlt;<br />

3. er in oder aus Räumen oder Beförderungsmitteln <strong>eines</strong> dem öffentlichen<br />

Verkehre dienenden Unternehmens, insbesondere einer Eisenbahn<br />

oder der Post, eine Sache stiehlt, die dem Unternehmen zur<br />

Beförderung anvertraut ist oder die ein Fahrgast mit sich führt oder<br />

bei sich trägt;<br />

4. wer stiehlt, indem er sich die durch Feuers- oder Wassersnot oder<br />

einen anderen Unfall hervorgerufene Bedrängnis <strong>eines</strong> anderen zunutze<br />

macht;<br />

5. wer eine Sache <strong>von</strong> hohem Werte, insbesondere <strong>von</strong> hohem wissenschaftlichen<br />

oder künstlerischen, geschichtlichen oder gewerblichen<br />

Werte stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung,<br />

in einem öffentlichen Gebäude oder an einem anderen öffentlichen<br />

Orte befindet;<br />

6. wer aus einem religiösen Gebrauche dienenden Gebäude eine Sache<br />

stiehlt, die den Gegenstand religiöser Verehrung bildet oder religiösem<br />

Gebrauche gewidmet ist;<br />

7. wer Maschinenbestandteile oder sonstige Betriebsmittel stiehlt, deren<br />

Wegnahme die gesicherte Fortführung des Betriebes erheblich gefährdet;<br />

8. wer Sachen stiehlt, die einen Teil <strong>eines</strong> Gebäudes bilden oder in einem<br />

Gebäude zu dessen Ausstattung angebracht sind;<br />

9. wer Sachen stiehlt, die zum öffentlichen Nutzen dienen.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

§ 298 Einbruch. Bewaffneter Diebstahl. Wegen Einbruchs wird mit<br />

Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft, wer stiehlt, indem er in ein Gebäude<br />

oder eine Wohnung, einen Geschäftsraum, ein Schiff oder einen


anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, sich einschleicht, sich<br />

darin verborgen hält, oder wer in den Raum mit einem falschen Schlüssel,<br />

einem Dietrich oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen<br />

Eröffnung bestimmten Werkzeug eindringt.<br />

Ebenso wird bestraft, wer bei einem Diebstahl eine Waffe oder ein<br />

anderes Werkzeug oder Mittel bei sich führt, die dazu dienen sollen,<br />

einen persönlichen Widerstand zu überwinden, oder wer in Gesellschaft<br />

<strong>eines</strong> anderen stiehlt, der so ausgerüstet ist.<br />

Wer die Tat zur Nachtzeit begeht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren bestraft.<br />

§ 299 Gewerbsmäßiger Diebstahl. Wer gewerbsmäßig stiehlt, wird<br />

bestraft:<br />

für einen einfachen Diebstahl mit Zuchthaus bis fünf Jahren, für einen<br />

schweren Diebstahl mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren,<br />

für einen Einbruch oder einen bewaffneten Diebstahl mit Zuchthaus<br />

bis zu fünfzehn Jahren.<br />

§ 300 Veruntreuung. Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche<br />

Sache in der Absicht zueignet, sich oder einen Dritten damit unrechtmäßig<br />

zu bereichern, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht anvertrautes Gut, insbesondere<br />

Geld, verbraucht oder verausgabt.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren.<br />

§ 301 Unterschlagung. Wer sich, abgesehen <strong>von</strong> den Fällen der Veruntreuung,<br />

eine fremde bewegliche Sache in der Absicht zueignet, sich<br />

oder einen Dritten damit unrechtmäßig zu bereichern, wird mit Gefängnis<br />

bis zu drei Jahren bestraft.<br />

§ 302 Haus- und Familiendiebstahl. Ist der Verletzte ein Angehöriger<br />

oder der Vormund, Pfleger oder Erzieher des Täters, so wird der<br />

Diebstahl, die Veruntreuung oder die Unterschlagung nur mit seiner<br />

Zustimmung verfolgt.<br />

Das gleiche gilt, wenn der Täter einer Person, mit der er in häuslicher<br />

Gemeinschaft lebt, oder seinem Lehrherrn Sachen <strong>von</strong> geringem Werte<br />

stiehlt, veruntreut oder unterschlägt.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§ 303 Entwendung. Wer aus Not Sachen <strong>von</strong> geringem Werte entwendet<br />

(§§ 296, 300, 301), wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder<br />

mit Geldstrafe bestraft.


Ebenso wird bestraft, wer Nahrungs- oder Genußmittel oder Gegenstände<br />

des hauswirtschaftlichen Verbrauchs in geringer Menge oder <strong>von</strong><br />

geringem Werte zum alsbaldigen Verbrauch für sich oder seine Angehörigen<br />

entwendet.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

Die Tat wird nur mit Zustimmung des Verletzten verfolgt.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

Wer die Tat gegen seinen Ehegatten oder einen Verwandten absteigender<br />

Linie begeht, ist straffrei.<br />

§ 304 Dauernde Entziehung <strong>von</strong> Sachen. Wer in der Absicht, einem<br />

anderen Nachteil zuzufügen, eine fremde Sache einem anderen dauernd<br />

entzieht, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe<br />

bestraft.<br />

Die Tat wird nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

27. Abschnitt. Raub, Erpressung<br />

§ 305 Raub. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder durch Drohung<br />

mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben einem anderen eine<br />

fremde bewegliche Sache in der Absicht wegnimmt oder abnötigt, sich<br />

oder einen Dritten damit unrechtmäßig zu bereichern, wird mit Zuchthaus<br />

bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer bei der Wegnahme einer fremden beweglichen<br />

Sache, mit der er sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern<br />

beabsichtigte, auf frischer Tat betroffen, Gewalt gegen eine Person<br />

anwendet oder mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben<br />

droht, um sich oder dem Dritten die weggenommene Sache zu erhalten.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus nicht unter fünf<br />

Jahren.<br />

Stirbt der Verletzte (§ 15), so ist die Strafe Zuchthaus nicht unter zehn<br />

Jahren oder lebenslanges Zuchthaus.<br />

§ 306 Erpressung. Wer in der Absicht, sich oder einen anderen unrechtmäßig<br />

zu bereichern, jemanden mit Gewalt oder durch gefährliche<br />

Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, die für<br />

das Vermögen des Genötigten oder <strong>eines</strong> Dritten nachteilig ist, wird mit<br />

Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren.


28. Abschnitt. Wucher<br />

§ 307 Geldwucher. Wer die Zwangslage, den Leichtsinn, die Unerfahrenheit<br />

oder die Geistesschwäche <strong>eines</strong> anderen dadurch ausbeutet,<br />

daß er sich oder einem Dritten für ein Darlehn oder ein andere Leistung,<br />

die der Befriedigung <strong>eines</strong> Geldbedürfnisses des anderen dienen soll, für<br />

die Stundung einer Geldforderung oder die Vermittlung einer solchen<br />

Stundung einen Vermögensvorteil versprechen oder gewähren läßt, der<br />

in auffälligem Mißverhältnisse zu der Leistung steht, wird mit Gefängnis<br />

bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer wissentlich eine <strong>von</strong> ihm erworbene Forderung<br />

dieser Art in Kenntnis ihres wucherischen Ursprunges zu verwerten<br />

sucht.<br />

Wer die Tat gewerbsmäßig begeht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren bestraft.<br />

§ 308 Sachwucher. Wer gewerbsmäßig die Zwangslage, den Leichtsinn,<br />

die Unerfahrenheit oder die Geistesschwäche <strong>eines</strong> anderen dadurch<br />

ausbeutet, daß er sich oder einem Dritten für eine Ware oder eine<br />

andere Leistung, die nicht der Befriedigung <strong>eines</strong> Geldbedürfnisses des<br />

anderen dienen soll und nicht in der Stundung einer Geldforderung oder<br />

der Vermittlung einer solchen Stundung besteht, einen Vermögensvorteil<br />

versprechen oder gewähren läßt, der in auffälligem Mißverhältnisse<br />

zu der Leistung steht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer gewerbsmäßig eine <strong>von</strong> ihm erworbene<br />

Forderung dieser Art in Kenntnis ihres wucherischen Ursprunges zu<br />

verwerten sucht.<br />

§309 Verleitung Minderjähriger zum Schuldenmachen. Wer aus<br />

Gewinnsucht den Leichtsinn oder die Unerfahrenheit <strong>eines</strong> Minderjährigen<br />

dazu ausbeutet, sich oder einem Dritten <strong>von</strong> dem Minderjährigen<br />

die Zahlung einer Geldsumme oder ein andere geldwerte Leistung versprechen<br />

oder die Erfüllung einer solchen Verpflichtung sicherstellen zu<br />

lassen, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer eine <strong>von</strong> ihm erworbene Forderung dieser<br />

Art in Kenntnis ihres Ursprunges zu verwerten sucht.<br />

Die Tat wird nur mit Zustimmung des Verletzten verfolgt.<br />

29. Abschnitt. Betrug, Untreue<br />

§ 310 Betrug. Wer in der Absicht, sich oder einen anderen unrechtmäßig<br />

zu bereichern, jemanden durch eine Täuschung über Tatsachen<br />

zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung bestimmt, die für das


Vermögen des Getäuschten oder <strong>eines</strong> Dritten nachteilig ist, wird mit<br />

Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

Wer die Tat gewerbsmäßig begeht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren bestraft.<br />

§311 Versicherungsbetrug. Wer eine gegen Untergang, Beschädigung,<br />

Verlust oder Diebstahl versicherte Sache in der Absicht zerstört,<br />

beschädigt oder beiseiteschafft, sich oder einem anderen die Versicherungssumme<br />

zu verschaffen oder den Versicherer zu schädigen, wird<br />

mit Gefängnis bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn<br />

Jahren.<br />

§ 312 Notbetrug. Wer aus Not betrügt und dem andern nur einen geringen<br />

Nachteil zufügt, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder<br />

mit Geldstrafe bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

Die Tat wird nur mit Zustimmung des Verletzten verfolgt.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

Wer die Tat gegen seinen Ehegatten oder einen Verwandten absteigender<br />

Linie begeht, ist straffrei.<br />

§ 313 Erschleichung freien Zutritts. Wer die Beförderung durch eine<br />

Verkehrsanstalt, den Zutritt zu einer Veranstaltung oder Einrichtung<br />

oder die Leistung <strong>eines</strong> Automaten erschleicht, ohne das dafür festgesetzte<br />

Entgelt zu entrichten, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder<br />

mit Geldstrafe bestraft.<br />

Der Versuch ist strafbar.<br />

Die Tat wird nur mit Zustimmung des Verletzten verfolgt.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§ 314 Untreue. Wer die ihm durch Gesetz oder Rechtsgeschäft eingeräumte<br />

Befugnis, über das Vermögen <strong>eines</strong> anderen zu verfügen, wissentlich<br />

zum Nachteil des anderen mißbraucht, wird mit Gefängnis<br />

bestraft.<br />

§ 315 Betrug und Untreue gegen Angehörige. Ist der Verletzte ein<br />

Angehöriger oder der Vormund, Pfleger oder Erzieher des Täters, so<br />

wird der Betrug oder die Untreue nur mit seiner Zustimmung verfolgt.


Das gleiche gilt, wenn der Täter Betrug oder Untreue gegen eine Person,<br />

mit der er in häuslicher Gemeinschaft lebt, oder gegen seinen Lehrherrn<br />

begeht und der Nachteil für das Vermögen gering ist.<br />

In besonders leichten Fällen kann das Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

30. Abschnitt. Hehlerei<br />

§ 316 Hehlerei. Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst<br />

durch strafbare Verletzung fremden Vermögens erlangt hat, ankauft,<br />

zum Pfände nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht, absetzt oder<br />

zum Absatz einer solchen Sache mitwirkt, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer in der Absicht, sich oder einen anderen<br />

unrechtmäßig zu bereichern, den Erlös einer Sache, die jemand gestohlen<br />

oder sonst durch strafbare Verletzung fremden Vermögens erlangt<br />

hat, oder eine für den Erlöse angeschaffte andere Sache an sich<br />

bringt.<br />

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.<br />

Ist die Sache durch Entwendung erlangt, so darf die Strafe nicht<br />

schwerer sein als die im § 303 angedrohte Strafe.<br />

§ 317 Gewerbsmäßige Hehlerei. Wer die Hehlerei gewerbsmäßig begeht,<br />

wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.<br />

§ 318 Fahrlässige Hehlerei. Wer beim Betriebe des Handels oder <strong>eines</strong><br />

Gewerbes eine Sache, <strong>von</strong> der er aus Fahrlässigkeit nicht erkannt<br />

wird, daß sie ein anderer gestohlen oder sonst durch strafbare Verletzung<br />

fremden Vermögens erlangt hat, ankauft, zum Pfände nimmt oder<br />

sonst an sich bringt, verheimlicht, absetzt oder zum Absatz einer solchen<br />

Sache mitwirkt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit<br />

Geldstrafe bestraft.<br />

§ 319 Selbständige Strafbarkeit des Hehlers. Die Strafbarkeit des<br />

Hehlers (§§ 316 bis 318) ist unabhängig <strong>von</strong> der Strafbarkeit dessen, der<br />

die Sache gestohlen oder sonst durch strafbare Verletzung fremden<br />

Vermögens erlangt hat.<br />

31. Abschnitt. Rechtsvereitelung<br />

§ 320 Rechtsvereitelung. Wer seine eigene Sache ganz oder zum Teil<br />

zerstört oder einem anderen wegnimmt und dadurch die Ausübung<br />

<strong>eines</strong> Rechtes auf Befriedigung aus der Sache oder <strong>eines</strong> Nießbrauchs-,<br />

Nutznießungs-, Gebrauchs- oder Zurückbehaltungsrechts vereitelt,<br />

wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.


Ebenso wird bestraft, wer die Handlung mit Einwilligung oder zugunsten<br />

des Eigentümers vornimmt. Der Versuch ist strafbar.<br />

Die Tat wird nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt.<br />

§ 321 Abhalten vom Bieten. Wer einem anderen in der Absicht, ihn<br />

<strong>von</strong> der Mitbewerbung bei einer öffentlichen Versteigerung oder bei<br />

einer öffentlichen Vergebung <strong>von</strong> Lieferungen oder Leistungen abzuhalten,<br />

ein Entgelt anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Gefängnis<br />

bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

32. Abschnitt. Glückspiel<br />

§ 322 Veranstaltung öffentlicher Lotterien. Wer ohne behördliche<br />

Erlaubnis eine öffentliche Lotterie oder eine öffentliche Ausspielung<br />

<strong>von</strong> Sachen veranstaltet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit<br />

Geldstrafe bestraft.<br />

• § 323 Öffentliches Glückspiel. Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich<br />

ein Glückspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen<br />

hierzu bereitstellt oder in seinen Räumen die öffentliche Veranstaltung<br />

<strong>eines</strong> Glückspiels duldet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder<br />

mit Geldstrafe bestraft.<br />

Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glückspiele in Vereinen oder<br />

geschlossenen Gesellschaften, in denen Glückspiele gewohnheitsmäßig<br />

veranstaltet werden.<br />

§ 324 [Beteiligung an öffentlichem Glückspiel] Wer sich an einem<br />

öffentlichen Glückspiel (§ 323) beteiligt, wird mit Gefängnis bis zu<br />

sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 325 Einziehung. In den Fällen der §§ 323, 324 sind die Spieleinrichtungen<br />

und das auf dem Spieltisch oder in der Bank befindliche<br />

Geld einzuziehen, wenn sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören.<br />

Andernfalls können die Gegenstände eingezogen werden.<br />

§ 326 Gewerbsmäßiges Glückspiel. Wer aus dem Glückspiel ein Gewerbe<br />

macht, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

§ 327 Reichs Verweisung. Gegen Ausländer, die auf Grund der §§323<br />

bis 326 verurteilt werden, kann die Verweisung aus dem Reichsgebiet<br />

ohne Rücksicht auf Art und Höhe der Strafe zugelassen werden.


33. Abschnitt. Unberechtigtes Jagen und Fischen<br />

§ 328 Unberechtigtes Jagen. Wer unter Verletzung fremden Jagdrechts<br />

dem Wild nachstellt oder sich Sachen aneignet, die dem Jagdrecht<br />

unterliegen, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

Wer die Tat gewerbsmäßig begeht, wird mit Gefängnis nicht unter<br />

drei Monaten bestraft.<br />

§ 329 Unberechtigtes Fischen. Wer unter Verletzung fremden Fischereirechts<br />

fischt, oder sich Sachen aneignet, die fremdem Fischereirecht<br />

unterliegen, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit<br />

Geldstrafe bestraft.<br />

Wer die Tat gewerbsmäßig begeht, wird mit Gefängnis bestraft.<br />

§ 330 Zustimmung des Verletzten. In den Fällen des § 328 Abs. 1<br />

und des § 329 Abs. 1 wird die Tat nur mit Zustimmung des Verletzten<br />

verfolgt, wenn sie <strong>von</strong> einem Angehörigen oder an einem Orte begangen<br />

worden ist, wo der Täter die Jagd oder die Fischerei in beschränktem<br />

Umfang ausüben durfte.<br />

§ 331 Einziehung. Die Jagdgeräte, Hunde oder Fischereigeräte, die<br />

der Täter oder ein Teilnehmer bei sich geführt oder verwendet hat, sind<br />

einzuziehen, und zwar auch dann, wenn sie keinem <strong>von</strong> ihnen gehören.<br />

In besonders leichten Fällen kann <strong>von</strong> der Einziehung abgesehen<br />

werden.<br />

Die Einziehung ist unzulässig, wenn die rechtswidrige Benutzung der<br />

Sache ohne Schuld des Eigentümers geschehen ist.<br />

§ 332 Gewaltanwendung des Wilderers. Wer, bei der Wegnahme<br />

<strong>von</strong> Gegenständen des Jagdrechts oder Fischereirechts, die er sich<br />

rechtswidrig anzueignen beabsichtigte, auf frischer Tat betroffen, Gewalt<br />

gegen eine Person anwendet oder mit gegenwärtiger Gefahr für<br />

Leib oder Leben droht, um sich oder einem Dritten den weggenommenen<br />

Gegenstand zu erhalten, wird mit Zuchthaus bestraft.<br />

34. Abschnitt. Tierquälerei<br />

§ 333 Tierquälerei. Wer ein Tier absichtlich quält oder roh mißhandelt,<br />

wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 334 Tierschutz. Wer einer zum Zwecke des Tierschutzes erlassenen<br />

Vorschrift zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.


9. Amtl. <strong>Entwurf</strong> Allg. Deutsch. Strafgesetzbuch v. <strong>1925</strong> 681<br />

35. Abschnitt. Mißbrauch <strong>von</strong> Rauschgiften<br />

§ 335 Volltrunkenheit. Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch<br />

den Genuß geistiger Getränke oder durch andere berauschende Mittel in<br />

einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt,<br />

wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft,<br />

wenn er in diesem Zustand eine mit Strafe bedrohte Handlung<br />

begeht.<br />

Die Strafe darf jedoch nach Art und Maß nicht schwerer sein als die<br />

für die vorsätzliche Begehung der Handlung angedrohte Strafe.<br />

Die Verfolgung tritt nur auf Verlangen oder mit Zustimmung des<br />

Verletzten ein, wenn die begangene Handlung nur auf Verlangen oder<br />

mit Zustimmung verfolgt wird.<br />

§ 336 Bruch des "Wirtshausverbots. Wer einem Wirtshausverbote<br />

zuwider ein Wirtshaus besucht, in dem geistige Getränke verabreicht<br />

werden, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe<br />

bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer als Inhaber einer Schankwirtschaft oder als<br />

Vertreter des Inhabers wissentlich einer Person, die unter Wirtshausverbot<br />

steht, in den Räumen der Schankwirtschaft ein geistiges Getränk<br />

verabreicht.<br />

§ 337 Abgabe geistiger Getränke an Insassen einer Trinkerheilanstalt.<br />

Wer wissentlich einer Person, die auf Grund des § 44 in einer<br />

Trinkerheilanstalt untergebracht ist, geistige Getränke verschafft, wird<br />

mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 338 Verabreichen geistiger Getränke an Jugendliche oder Betrunkene.<br />

Wer einer Person, die noch nicht sechzehn Jahre alt ist,<br />

Branntwein oder in einer Schankstätte in Abwesenheit des zu ihrer<br />

Erziehung Berechtigten oder s<strong>eines</strong> Vertreters andere geistige Getränke<br />

zu eigenem Genüsse verabreicht, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten<br />

oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer einem Betrunkenen in einer Schankstätte<br />

geistige Getränke verabreicht.<br />

§ 339 Übertreten <strong>von</strong> Vorschriften gegen das Verabreichen geistiger<br />

Getränke. Wer einer Vorschrift zuwiderhandelt, durch die für<br />

bestimmte Anlässe das Verabreichen geistiger Getränke verboten<br />

wird, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.


682 V. Reform der Strafgesetzgebung im 20. Jahrhundert<br />

§ 340 Verabreichen <strong>von</strong> Tabakwaren an Jugendliche. Wer einer<br />

Person, die noch nicht sechzehn Jahre alt ist, in Abwesenheit des zu<br />

ihrer Erziehung Berechtigten oder s<strong>eines</strong> Vertreters nikotinhaltige Tabakwaren<br />

zu eigenem Verbrauche verabreicht, wird mit Gefängnis bis<br />

zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 341 Überlassen berauschender Gifte. Wer unbefugt einem anderen<br />

Opium, Morphium, Kokain oder ähnliche berauschende oder betäubende<br />

Gifte überläßt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit<br />

Geldstrafe bestraft.<br />

§ 342 Absehen <strong>von</strong> Strafe. Bei Vergehen gegen eine Vorschrift dieses<br />

Abschnitts kann das Gericht in besonders leichten Fällen <strong>von</strong> Strafe<br />

absehen.<br />

Zweites Buch<br />

Übertretungen<br />

Allgemeiner Teil<br />

§ 343 Abgrenzung. Übertretungen sind die Handlungen, die nur mit<br />

Geldstrafe bedroht sind.<br />

§ 344 Strafe. Die Geldstrafe beträgt mindestens eine Reichsmark, soweit<br />

nicht ein höherer Mindestbetrag angedroht ist oder wird, und<br />

höchstens einhundertfünfzig Reichsmark.<br />

§ 345 Anwendung des Allgemeinen Teiles des Ersten Buches. Für<br />

Übertretungen gelten die im Allgemeinen Teile des Ersten Buches für<br />

Verbrechen und Vergehen getroffenen Vorschriften, soweit sich nicht<br />

aus den §§ 346 bis 356 etwas anderes ergibt.<br />

§ 346 Im Ausland begangene Übertretungen. Für Übertretungen,<br />

die im Ausland begangen werden, gelten die <strong>deutschen</strong> Strafgesetze nur,<br />

soweit es besondere Gesetze oder Verträge anordnen.<br />

§ 347 Strafbarkeit fahrlässigen Handelns. Fahrlässiges Handeln genügt<br />

zur Strafbarkeit, soweit nicht das Gesetz Vorsatz erfordert.<br />

§ 348 Versuch, Beihilfe. Versuch und Beihilfe sind straflos.


9. Amtl. <strong>Entwurf</strong> Allg. Deutsch. Strafgesetzbuch v. <strong>1925</strong> 683<br />

§ 349 Bedingte Strafaussetzung. Die Probezeit für die bedingte<br />

Strafaussetzung beträgt mindestens ein Jahr und höchstens zwei Jahre.<br />

§ 350 Maßregeln der Besserung und Sicherung. Auf Einziehung<br />

<strong>von</strong> Sachen kann nur erkannt werden, wo das Gesetz es ausdrücklich<br />

vorsieht.<br />

Auf andere Maßregeln der Besserung und Sicherung darf nicht erkannt<br />

werden.<br />

§ 351 Besonders leichte Fälle. In besonders leichten Fällen kann das<br />

Gericht <strong>von</strong> Strafe absehen.<br />

§ 352 Besonders schwere Fälle. In besonders schweren Fällen, insbesondere<br />

bei hartnäckigem Verharren im Ungehorsam gegen die bestehenden<br />

Vorschriften, kann auf Haft oder auf Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert<br />

Reichsmark erkannt werden.<br />

§ 353 Keine Geldstrafe wegen Gewinnsucht. Die Verhängung oder<br />

Erhöhung einer Geldstrafe wegen Gewinnsucht des Täters nach § 69 ist<br />

nicht zulässig.<br />

§ 354 Uneinbringliche Geldstrafen. An die Stelle einer uneinbringlichen<br />

Geldstrafe tritt Haft.<br />

§ 355 Haft. Die Dauer der Haft ist mindestens ein Tag und höchstens<br />

drei Monate.<br />

§ 356 Verjährung. Die Verjährungsfrist, mit deren Ablauf die Strafbarkeit<br />

erlischt, beträgt sechs Monate.<br />

Die Verjährungsfrist, mit deren Ablauf die Vollstreckbarkeit erlischt,<br />

beträgt zwei Jahre.<br />

Besonderer Teil<br />

§ 357 Bruch der Verweisung aus dem Gebiet <strong>eines</strong> Landes. Wer der<br />

Ausweisung aus dem Gebiet <strong>eines</strong> Landes zuwiderhandelt, wird mit<br />

Geldstrafe bestraft.<br />

§ 358 Unbefugter Wappengebrauch. Wer unbefugt eine Abbildung<br />

des Wappens des Reichs oder <strong>eines</strong> Landes oder des Reichsadlers anbringt,<br />

wird mit Geldstrafe bestraft.


Ebenso wird bestraft, wer unbefugt eine Dienstflagge des Reichs oder<br />

<strong>eines</strong> Landes gebraucht.<br />

§ 359 Unbefugtes Gebrauchen <strong>von</strong> Titeln, Uniformen, Berufstrachten<br />

und Abzeichen. Mit Geldstrafe wird bestraft:<br />

1. wer unbefugt inländische oder ausländische Titel oder Würden führt;<br />

2. wer unbefugt inländische oder ausländische Uniformen, Amts kl ei -<br />

dungen oder Amtsabzeichen, Orden oder Ehrenzeichen trägt;<br />

3. wer unbefugt eine Berufstracht oder ein Berufsabzeichen für Betätigung<br />

in der Krankenpflege trägt, die im Reiche staatlich anerkannt<br />

sind oder einem staatlich anerkannten Berufsabzeichen gleichen oder<br />

zum Verwechseln ähnlich sind. Die Reichsregierung bestimmt mit<br />

Zustimmung des Reichsrats die Grundsätze, nach denen die staatliche<br />

Anerkennung erfolgt.<br />

§ 360 Falsche Namensangabe. Wer vorsätzlich einem zuständigen<br />

Beamten über seinen Namen, seinen Stand, seinen Beruf, sein Gewerbe,<br />

seinen Wohnort oder seine Wohnung eine unrichtige Angabe macht<br />

oder die Angabe verweigert, wird mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 361 Übertreten der Polizeistunde. Wer als Gast in einer Schankwirtschaft<br />

oder an einem öffentlichen Vergnügungsort über die Polizeistunde<br />

hinaus verweilt, obwohl der Inhaber oder dessen Vertreter oder<br />

ein Polizeibeamter ihn aufgefordert hat, wegzugehen, wird mit Geldstrafe<br />

bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer als Inhaber einer Schankwirtschaft oder <strong>eines</strong><br />

öffentlichen Vergnügungsorts oder als Vertreter des Inhabers duldet,<br />

daß ein Gast über die Polizeistunde hinaus verweilt.<br />

§ 362 Belästigung des Publikums. Mit Geldstrafe wird bestraft:<br />

1. wer vorsätzlich durch Schlägerei, Erregen <strong>von</strong> Unordnung oder anderes<br />

ungebührliches Verhalten das Publikum belästigt;<br />

2. wer wissentlich mit Notrufen oder Notzeichen in einer Weise Mißbrauch<br />

treibt, die geeignet ist, eine größere Anzahl <strong>von</strong> Menschen zu<br />

beunruhigen;<br />

3. wer vorsätzlich ungebührlich Lärm erregt, der geeignet ist, die öffentliche<br />

Ruhe zu stören.<br />

§ 363 Sonntagsfeier. Wer eine Vorschrift übertritt, die gegen die Störung<br />

der Sonn- und Festtagsfeier erlassen ist, wird mit Geldstrafe bestraft.


9. Amtl. <strong>Entwurf</strong> Allg. Deutsch. Strafgesetzbuch v. <strong>1925</strong> 685<br />

§ 364 Vornahme <strong>von</strong> Bestattungen. Wer einer Vorschrift über die<br />

Vornahme <strong>von</strong> Bestattungen zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 365 Gefährdung des Verkehrs mit öffentlichen Urkunden oder<br />

des Geldverkehrs. Wer ohne schriftliche Erlaubnis der zuständigen Behörde<br />

oder des rechtmäßigen Ausstellers oder Herstellers Formen oder<br />

andere Gerätschaften, die zur Herstellung öffentlicher Urkunden oder<br />

Beglaubigungszeichen, <strong>von</strong> Geld (§ 201) oder <strong>von</strong> Wertzeichen oder<br />

Wertmarken der im § 197 bezeichneten Art geeignet sind, oder Abdrükke,<br />

die mit solchen Gerätschaften hergestellt sind, oder Vordrucke für<br />

öffentliche Urkunden oder Beglaubigungszeichen anfertigt, sich verschafft,<br />

feilhält oder einem anderen als der Behörde oder dem Aussteller<br />

oder Hersteller überläßt, wird mit Geldstrafe bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer ohne schriftliche Erlaubnis der zuständigen<br />

Behörde oder des rechtmäßigen Ausstellers oder Herstellers Papier, das<br />

einer zur Herstellung der in Abs. 1 bezeichneten Gegenstände bestimmten<br />

Papierart gleicht oder zum Verwechseln ähnlich ist, anfertigt,<br />

sich verschafft, feilhält oder einem anderen als der Behörde oder dem<br />

Aussteller oder Hersteller überläßt.<br />

§ 366 Blüten [Geldimitationen] Wer geschäftliche oder andere<br />

Drucksachen oder Abbildungen anfertigt oder verbreitet, die für den<br />

Verkehr die Gefahr einer Verwechslung mit Papiergeld (§ 201) begründen,<br />

wird mit Geldstrafe bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer Formen anfertigt oder verbreitet, die zur<br />

Herstellung solcher Drucksachen oder Abbildungen geeignet sind.<br />

§ 367 Einziehung. Gerätschaften, Abdrücke, Vordrucke, Papier,<br />

Drucksachen und Abbildungen der in den §§ 365, 366 bezeichneten Art<br />

können eingezogen werden, und zwar auch dann, wenn sie nicht dem<br />

Täter gehören.<br />

§ 368 Baupolizei, unverwahrte Vertiefungen. Wer eine Vorschrift<br />

übertritt, die über Bauten zum Schütze des Lebens oder der Gesundheit<br />

<strong>von</strong> Menschen oder zum Schütze fremden Eigentums erlassen ist, wird<br />

mit Geldstrafe bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer an Orten, wo Menschen verkehren, Brunnen,<br />

Keller, Gruben oder ähnliche Vertiefungen oder Abhänge unverwahrt<br />

läßt.<br />

Straßenpolizei. Eisenbahnpolizei.<br />

§ 369 Straßenpolizei, Eisenbahnpolizei. Sicherung der Schiffahrt<br />

und der Luftfahrt. Mit Geldstrafe wird bestraft:


1. wer eine Vorschrift übertritt, die zur Erhaltung der Sicherheit, Ordnung,<br />

Bequemlichkeit, Reinlichkeit oder Ruhe auf öffentlichen Straßen,<br />

Wegen oder Plätzen oder auf Wasserstraßen erlassen ist;<br />

2. wer eine Vorschrift übertritt, die für das Publikum zur Erhaltung der<br />

Sicherheit oder Ordnung des Eisenbahnbetriebs erlassen ist;<br />

3. wer der Seestraßenordnung oder einer anderen Vorschrift des Reichs<br />

zur Sicherung der Seeschiffahrt, oder wer einer Vorschrift zum<br />

Schütze der Binnenschiffahrt zuwiderhandelt;<br />

4. wer eine Vorschrift übertritt, die zur Sicherung des Luftverkehrs<br />

erlassen ist.<br />

§ 370 Feuerpolizei. Wer eine Vorschrift übertritt, die zur Verhütung<br />

oder Bekämpfung <strong>von</strong> Feuersgefahr erlassen ist, wird mit Geldstrafe<br />

bestraft.<br />

§ 371 Verkehr mit gefährlichen Gegenständen. Wer eine Vorschrift<br />

über das Herstellen, Aufbewahren oder Verwenden<br />

1. explosiver, leicht entzündlicher oder ätzender Stoffe oder Gegenstände,<br />

2. <strong>von</strong> Giften, Giftwaren oder Arzneien,<br />

3. <strong>von</strong> Waffen oder Schießbedarf<br />

oder über das Befördern solcher Stoffe oder Gegenstände übertritt, wird<br />

mit Geldstrafe bestraft.<br />

Die Stoffe oder Gegenstände können eingezogen werden, und zwar<br />

auch dann, wenn sie nicht dem Täter gehören.<br />

§ 372 Uferschutz. Wer eine Vorschrift übertritt, die zum Schütze der<br />

Dünen, der Meeres- oder Flußufer oder der dort befindlichen Anlagen<br />

oder Anpflanzungen erlassen ist, wird mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 373 Heimatschutz. Wer eine Vorschrift übertritt, die zum Schütze<br />

<strong>von</strong> Denkmälern der Kunst, der Geschichte oder der Natur oder zum<br />

Schütze der Landschaft oder der einheimischen Tier- oder Pflanzenwelt<br />

erlassen ist, wird mit Geldstrafe bestraft.<br />

§ 374 Hundehetzen, Steinewerfen, Gefährliches Schießen, Gefährliche<br />

Tiere. Mit Geldstrafe wird bestraft:<br />

1. wer Hunde auf Menschen hetzt;<br />

2. wer vorsätzlich mit Steinen, anderen harten Gegenständen oder Unrat<br />

nach Menschen oder nach fremdem Eigentume wirft;<br />

3. wer an Orten, wo Menschen verkehren, ohne polizeiliche Erlaubnis<br />

schießt oder Feuerwerk abbrennt oder Selbstschüsse, Schlageisen,<br />

Fußangeln oder ähnliche Vorrichtungen anbringt oder unterhält; die


Schußwaffen und Vorrichtungen können eingezogen werden, und<br />

zwar auch dann, wenn sie nicht dem Täter gehören;<br />

4. wer ein gefährliches wildes Tier ohne polizeiliche Erlaubnis hält,<br />

oder wer ein wildes oder bösartiges Tier frei umherlaufen läßt, oder<br />

wer es unterläßt, die nötigen Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung <strong>von</strong><br />

Beschädigungen durch ein solches Tier zu treffen.<br />

§ 375 Abgraben, Abpflügen, Wegnahme <strong>von</strong> Erde. Wer vorsätzlich<br />

ein fremdes Grundstück, einen Privatweg, einen öffentlichen Weg oder<br />

einen Grenzrain durch Abgraben, Abpflügen oder auf ähnliche Weise<br />

unbefugt verringert, wird mit Geldstrafe bestraft.<br />

Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich aus einem fremden Grundstück,<br />

einem Privatweg oder einem öffentlichem Wege Erde, Kies oder<br />

andere Grundstücksbestandteile <strong>von</strong> geringem Werte unbefugt wegnimmt.<br />

Unberührt bleiben die Vorschriften gegen die unbefugte Wegnahme<br />

<strong>von</strong> Grundstücksbestandteilen, zu deren Gewinnung es der Erlaubnis<br />

einer Behörde bedarf.<br />

Die Tat wird nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt.<br />

§ 376 Anfertigen <strong>von</strong> Schlüsseln. Mit Geldstrafe wird bestraft:<br />

1. wer ohne Erlaubnis des Hausbesitzers oder s<strong>eines</strong> Vertreters oder der<br />

Polizeibehörde Hausschlüssel anfertigt;<br />

2. wer ohne Erlaubnis des Wohnungsinhabers oder s<strong>eines</strong> Vertreters<br />

oder der Polizeibehörde Schlüssel zu Zimmern oder Behältnissen<br />

anfertigt oder Schlösser öffnet;<br />

3. wer ohne Erlaubnis der Polizeibehörde einem anderen einen Nachschlüssel<br />

oder einen Dietrich überläßt.<br />

Die Schlüssel und Dietriche können eingezogen werden, und zwar<br />

auch dann, wenn sie nicht dem Täter gehören.<br />

§ 377 Betreten fremden Jagdgebiets. Wer unbefugt ein fremdes<br />

Jagdgebiet außerhalb der zum allgemeinen Gebrauch bestimmten Wege<br />

zur Jagd ausgerüstet betritt, wird mit Geldstrafe bestraft.<br />

Die Tat wird nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt.<br />

Drittes Buch<br />

Gemeinschädliches Verhalten<br />

§ 378 Betteln. Wer aus Arbeitsscheu oder Liederlichkeit bettelt, statt<br />

zu arbeiten, kann einem Arbeitshaus überwiesen werden.<br />

Wer aus dem Betteln ein Gewerbe macht, ist einem Arbeitshause zu<br />

überweisen.


§ 379 Ausschicken zum Betteln. Wer Kinder oder Jugendliche, die<br />

unter seiner Aufsicht stehen und zu seiner häuslichen Gemeinschaft gehören,<br />

zum Betteln ausschickt oder anhält oder es vorsätzlich oder fahrlässig<br />

unterläßt, solche Kinder oder Jugendliche vom Betteln abzuhalten,<br />

kann einem Arbeitshaus überwiesen werden.<br />

§ 380 Umherziehen in Banden. Personen, die, ohne ein redliches<br />

Gewerbe auszuüben, bandenmäßig im Lande umherziehen, können<br />

einem Arbeitshaus überwiesen werden.<br />

§ 381 Arbeitsweigerung. Wer aus öffentlichen Armenmitteln unterstützt<br />

wird und sich aus Arbeitsscheu weigert, die ihm <strong>von</strong> der Behörde<br />

angewiesene, seinen Kräften angemessene Arbeit zu verrichten, kann<br />

einem Arbeitshaus überwiesen werden.<br />

§ 382 Gemeinschädliches Verhalten bei Ausübung der Unzucht.<br />

Wer gewohnheitsmäßig zum Zwecke des Erwerbes die Unzucht in der<br />

Nähe <strong>von</strong> Kirchen, Schulen oder anderen zum Besuche durch Kinder<br />

oder Jugendliche bestimmten Öffentlichkeiten oder in einer Wohnung,<br />

in der jugendliche Personen zwischen vier und achtzehn Jahren wohnen,<br />

oder in einer Gemeinde mit weniger als zehntausend Einwohnern, für<br />

welche die oberste Landesbehörde zum Schütze der Jugendlichen oder<br />

des öffentlichen Anstandes eine entsprechende Anordnung getroffen<br />

hat, ausübt, kann einem Arbeitshaus überwiesen werden.<br />

Wer gewohnheitsmäßig zum Zwecke des Erwerbes die Unzucht ausübt,<br />

kann ferner einem Arbeitshaus überwiesen werden, wenn er bereits<br />

zweimal wegen <strong>eines</strong> Vergehens gegen § 271 bestraft worden ist und<br />

sich erneut <strong>eines</strong> solchen Vergehens schuldig gemacht hat.<br />

§ 383 Arbeitshaus. Das Arbeitshaus ist eine Maßregel der Besserung<br />

und Sicherung. Die darin Verwahrten sind zur Arbeit anzuhalten und an<br />

ein geordnetes Leben zu gewöhnen.<br />

Die Überweisung in das Arbeitshaus wird vom Gericht angeordnet.<br />

Arbeitsunfähige sind statt einem Arbeitshaus einem Asyl zu überweisen.<br />

Genügt Schutzaufsicht (§ 51), so ist diese anzuordnen. Für die Unterbringung<br />

gelten die Vorschriften des § 46 Abs. 1 bis 3 und der §§ 47, 49<br />

bis 51 entsprechend.<br />

§ 384 Reichsverweisung. Einen Ausländer, der einem Arbeitshaus<br />

überwiesen worden ist, kann die zuständige Behörde an Stelle oder<br />

neben der Unterbringung aus dem Reichsgebiete verweisen. Kehrt der<br />

Ausgewiesene unbefugt zurück, so kann die Unterbringung nachgeholt<br />

werden; § 50 gilt entsprechend.

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