Lesekompetenz Impulse: Grundschule - Landesinstitut für ...
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Morteza nimmt sich eine Aufgabenkarte aus<br />
d er Löwenzahn-Werkstat t. Ein e Karte mit<br />
einem dicken rot en Klebepu nkt – eine<br />
„Mussaufgabe“. Er kommt zu mir an den<br />
Beratertisch. „Was muss ich da machen?“ Ich<br />
schüt tele d en Kop f und erinnere ihn an<br />
unsere Regeln: „Versuche erst, selber zu lesen.<br />
Wenn es zu schwierig ist, bitte ein anderes<br />
Kind, dir zu helfen. Wenn ihr beide es nicht<br />
schafft, dann darfst du zu mir kommen.“*<br />
Er geht wieder und macht sich an die <strong>für</strong><br />
ihn noch mühevolle Arbeit, die Buchstaben<br />
zu Wörtern zusammenzufügen. Er kann es<br />
schaffen. Das weiß ich. Deshalb muss er es<br />
zuerst alleine versuchen. Nach einiger Zeit<br />
steht er auf und lacht mich an. „Ich weiß<br />
jetzt“, sagt er, hängt sich den Fotoapparat aus<br />
der Forscherecke um den Hals und geht aufs<br />
Schulgelände.<br />
F o t o g r a f i e r den schönsten Lö wenzahn,<br />
den du finden kannst.<br />
Täglich gibt es solche Situationen. Und wie<br />
oft sind wir versucht, den Kindern die kleine<br />
Aufgabenstellung schnell mal vorzulesen!<br />
Eine Stärkung der <strong>Lesekompetenz</strong> in der<br />
Gr undschule bedeutet aber auch, möglichst<br />
v iele dieser sich t äglich erg e b e n d e n<br />
Gelegenheiten zum Üben zu nutzen.<br />
Die in der Pisa-Stu die getestete Lesek<br />
om petenz zielt au f d ie Fähigkeit, im<br />
Alltagsleben mit Texten unterschiedlicher Art<br />
– und dazu gehören Fließtexte, aber auch<br />
Symbole, Tabellen, Verzeichnisse usw. – praktisch<br />
umzugehen. Eine so beschriebene <strong>Lesekompetenz</strong><br />
wird besonders im Sachunterricht<br />
gebraucht und muss deshalb in diesem Fach<br />
auch besonders gefördert werden.<br />
Es ist das Ziel des Sachunterrichts, den<br />
Kindern zu ermöglichen, sich ihre Lebenswelt<br />
zu nehm end selb stständig zu erschließen<br />
(Bild ung splan <strong>Grundschule</strong>, Rahmenplan<br />
Sachunterricht).<br />
Dieser Anspruch ist sehr komplex und<br />
fordert eine große fachliche und methodische<br />
Kompetenz bei der Auseinandersetzung mit<br />
natürlichen, gesellschaftlichen und technischen<br />
Gegebenh eiten . Dement spre c h e n d<br />
vielfältig sind die Darstellungsformen schriftlicher<br />
Informationen, die <strong>für</strong> die Kinder dabei<br />
von Bedeutung sind. Sie müssen lernen,<br />
• diese Informationen zu dekodieren,<br />
• sie aufgabenbezogen zu bewerten und<br />
• sie <strong>für</strong> den Erwerb und <strong>für</strong> die Anwendung<br />
ihres Wissens zu nutzen.<br />
Genauso vielfältig sind die Möglichkeiten<br />
und die Notwendigkeiten im Sachunterricht,<br />
eigene Text e in ganz u nterschied lichen<br />
Formen selbstständig zu verfassen. Auch dies<br />
trägt bedeutend zur St ärkung der <strong>Lesekompetenz</strong><br />
bei.<br />
Zunächst ein mal sind hier<strong>für</strong> einige<br />
Grundsätze im Schulalltag zu beachten:<br />
• Die Kinder so oft wie m öglich anre g e n ,<br />
sich mit schrift lichen Informat ionen –<br />
un d seien sie no ch so klein – auseinander<br />
zu set zen: d ies aber nicht nur neb enb ei<br />
und u nverbindlich, so nd ern im<br />
Zusammenhang mit einem Au ftrag, der<br />
zum Entschlüsseln mo t iviert ; so lche<br />
I n f o rm ationen kö nnen Hinw eisschilder<br />
auf dem Schulgelände sein, Merkzet tel,<br />
Aufgab enst ellungen im Ta g e s p l a n .<br />
• Dab ei und b ei allem G eschriebenen gilt<br />
<strong>für</strong> d ie Kind er die Regel: Ich mu ss zu erst<br />
allein e versuchen, d en Text zu lesen, erst<br />
d ann darf ich mir Hilfe holen.<br />
• Mit Arbeitsergebnissen , d ie im Sachunterricht<br />
entst ehen, eine leseförd e r l i c h e<br />
Umgebung in der Schule gest alten: So<br />
kö nnen z.B. ein Po st er m it einem Rätsel<br />
zum Sachu nt errichtsthem a (m it Gewinnchance!),<br />
Infos zu Freizeitangebo ten im<br />
Stadtt eil, eine Tau schbö rse am schwarz e n<br />
B ret t „Su che – b iete“ u.Ä. im Klassen-<br />
Bei „Musa“ oder „Emel“ hätte<br />
dieser Arbeitsauftrag aber auch<br />
ein anderes Szenario auslösen<br />
können: Ein hilfloses Kind, das<br />
nicht weiß, was es tun soll, und<br />
lustlos und untätig herumsitzt.<br />
Denn der vorgegebene Arbeits -<br />
auftrag ist nicht so einfach zu<br />
bewältigen, wie es scheint. Das<br />
Erlesen der Aufforderung<br />
bedeutet noch nicht, die<br />
Aufgabe zu verstehen. Und das<br />
Verständnis kann an unbekann -<br />
ten Wortbedeutungen und an<br />
Sprachstrukturen scheitern. Der<br />
Fachbegriff „Löwenzahn“ wird<br />
durch die Zeichnung verdeut -<br />
licht, aber die Satzstruktur des<br />
Imperativs mit einem<br />
anschließenden Relativsatz ist<br />
nicht der all-tagskommunika -<br />
tiven Sprache der Kinder ent -<br />
nommen. Auch das Adjektiv im<br />
Superlativ ist in seiner<br />
Bedeutung eventuell noch<br />
sprachlich genau zu definieren.<br />
Die Lehrkraft muss bei<br />
K i n d e rn, deren Erst sprach e<br />
nicht Deu tsch ist , einen<br />
Balan ceakt vollz ieh en zwi -<br />
schen dem aufmun tern d e n<br />
„D as kann st du schon allein !“<br />
und einem ebenso bestärken -<br />
den „Da brauch st du noch<br />
meine Hilf e, das kannst du<br />
noch nicht allein können!“<br />
Das Kind, <strong>für</strong> das der z weit e<br />
Satz gilt, darf n ich t zu lang<br />
das Gef ühl haben, rat - und<br />
hilflos zu sein, weil son st sein<br />
I n t e resse an der Aufgabe spür -<br />
bar nach lässt. S. Kap. 1, 2, 4.