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Helmwart Hierdeis Über den „cultural lag“ universitärer Bildung ...

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I.<br />

<strong>Helmwart</strong> <strong>Hierdeis</strong><br />

<strong>Über</strong> <strong>den</strong> <strong>„cultural</strong> <strong>lag“</strong> <strong>universitärer</strong> <strong>Bildung</strong><br />

Abschiedsvorlesung vom 16.10.02 an der Universität Innsbruck<br />

Der immer noch verbindliche Paragraph 1 des Österreichischen Allgemeinen Hochschulstudiengesetzes<br />

von 1966 nennt als Ziele des Hochschulstudiums „wissenschaftliche Berufsvorbildung“<br />

und „<strong>Bildung</strong> durch Wissenschaft“. Das lokale Vorlesungsverzeichnis zitiert <strong>den</strong><br />

Gesetzestext und versichert, das Studium an der Universität Innsbruck diene der Erreichung dieser<br />

Ziele (1) . Ich habe <strong>den</strong> Eindruck gewonnen, dass die Universität dem gesetzlichen Auftrag und<br />

ihrer Selbstverpflichtung nicht angemessen nachkommt. Daher spreche ich von einem <strong>„cultural</strong><br />

<strong>lag“</strong> <strong>universitärer</strong> <strong>Bildung</strong>, d.h. von ihrem Zurückbleiben hinter <strong>den</strong> gesellschaftlich-kulturellen<br />

Erfordernissen und hinter <strong>den</strong> eigenen Möglichkeiten.<br />

Die Vorstellungen von <strong>Bildung</strong> sind älter als die Universität. Nach einem kurzen Hinweis auf die<br />

Theorie des sozialen Wandels sage ich also zunächst etwas zur Genese des <strong>Bildung</strong>sbegriffs und<br />

zu meinem Verständnis von <strong>Bildung</strong> und komme dann in einem zweiten Schritt zu meiner Kritik<br />

an der universitären <strong>Bildung</strong>.<br />

II.<br />

Im Juni 1981 hielt ich meine Innsbrucker Antrittsvorlesung zum Thema „Pädagogische<br />

Reflexionen über ‘Hans im Glück’“ (2) . In der Märchenfigur sah ich seinerzeit <strong>den</strong> „natürlichen<br />

Menschen“ oder <strong>den</strong> „guten Wil<strong>den</strong>“, <strong>den</strong> Jean Jacques Rousseau als Gegenstück zum<br />

vergesellschafteten Menschen erfun<strong>den</strong> hatte – nicht als dessen leibhaftiges Gegenüber, sondern<br />

als innere Antithese, als die notwendige Erinnerung an eine Ursprünglichkeit, die von der Kultur,<br />

wie Rousseau meinte, bereits weitgehend ausgelöscht war (3) . Rousseau stellte sich <strong>den</strong> natürlichen<br />

Menschen als ein lei<strong>den</strong>schaftsloses, selbstbezogenes, bequemes, sorgloses, heiteres Wesen vor<br />

und fragte sich, ob die Menschheit nicht etwas von dieser Natürlichkeit zurückgewinnen müsse,<br />

damit sie nicht zugrunde ging.<br />

Mit solchen Eigenschaften ist man in unserem Verständnis nicht gebildet. Wir haben uns eindeutig<br />

auf die Seite Immanuel Kants geschlagen, der dem Menschen seine „Wildheit“, „Rohigkeit“ und<br />

„Tierheit“ durch „Zucht“ und „Unterweisung“ austreiben möchte, damit er von seiner „Freiheit<br />

rechten Gebrauch“ macht und „<strong>den</strong>ken“ lernt, d.h. die Prinzipien seines Handelns erkennt (4) – Die<br />

Zähmung der „Natur“, das „Urbarmachen“ des „Es“, wie Freud es im 20. Jahrhundert nennen wird<br />

(5) , war natürlich keine Erfindung Kants, sondern ist offenbar eine besonders wirksame<br />

„Erfindung“ der Menschheit, um ihre kulturelle Entwicklung zu beschleunigen (6) .<br />

III.<br />

Zur Hinführung auf das heutige Thema greife ich auf eine andere Märchenfigur der Gebrüder<br />

Grimm zurück. Im 61. ihrer „Kinder- und Hausmärchen“ mit dem Titel „Sechse kommen durch<br />

die ganze Welt“ (7) fühlt sich ein Kriegsheimkehrer durch seinen König miserabel entlohnt, und er


2<br />

beschließt voll Zorn, sich von ihm zu holen, was ihm vorenthalten wor<strong>den</strong> ist: „Wart“, sprach er,<br />

„das lass ich mir nicht gefallen. Find ich die rechten Leute, so soll mir der König noch die ganzen<br />

Schätze des Landes hergeben.“ Zu <strong>den</strong> „rechten Leuten“, die er findet, gehört einer, „der stand auf<br />

einem Bein und hatte das andere abgeschnallt und neben sich gelegt. Da sprach der Soldat: ‘Du<br />

hast dirs ja bequem gemacht zum Ausruhen!’ ‘Ich bin ein Laufer’, antwortete er, ‘und damit ich<br />

nicht gar zu schnell springe, habe ich mir das eine Bein abgeschnallt; wenn ich mit zwei Beinen<br />

laufe, so geht’s geschwinder, als ein Vogel fliegt.’“ Das gefällt dem Veteran, und er engagiert ihn<br />

auf der Stelle.<br />

Die Figur des „Laufers“ fiel mir bei der Lektüre von William F. Ogburn’s „Theorie des sozialen<br />

Wandels“ ein (8) . Die Kernthese des Soziologen läuft darauf hinaus, dass sich die Kulturbereiche<br />

der modernen Gesellschaft mit unterschiedlicher Geschwindigkeit entwickeln. Technologisches<br />

Wissen und Technik sind Elemente der „materiellen Kultur“. Sie schreiten, wie er glaubt als<br />

unabhängige Variablen, in einem hohen Tempo voran und wer<strong>den</strong> dadurch zu Schrittmachern des<br />

sozialen Wandels. Damit setzen sie die „nicht-materielle Kultur“, nämlich Institutionen, Werte<br />

und Ideen einem Anpassungsdruck aus. Es kommt zu einem Kulturgefälle, das Spannungen<br />

auslöst. Je<strong>den</strong>falls hinkt die immaterielle Kultur der materiellen nach. Dabei entstehen auf der<br />

immateriellen Seite noch einmal unterschiedliche Dynamiken, weil sich deren Bestandteile der<br />

materiellen Kultur nicht mit gleicher Geschwindigkeit anpassen.<br />

Auch wenn man Ogburn’s Einschätzung der materiellen Kultur als unabhängige Variable nicht<br />

teilt, wenn man sich darüber wundert, dass er die institutionalisierte <strong>Bildung</strong> nicht als<br />

Beschleunigungsmoment der Gesamtkultur und als Vermittlerin zwischen materieller und nichtmaterieller<br />

Kultur erkannt hat und wenn man die Trennung zwischen <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Kulturbereichen<br />

für unscharf hält, so bleibt doch seine Entdeckung unterschiedlicher Dynamiken in der Kultur<br />

aufrecht, desgleichen die These, dass es gerade die Bewertungen, Ideen, Legitimationen und<br />

Institutionen sind, die ein langsameres Wandlungstempo, also einen <strong>„cultural</strong> <strong>lag“</strong>, aufweisen als<br />

technisches Wissen und dessen Umsetzung.<br />

Unsere tägliche Erfahrung und unser Lebensgefühl bestätigen die beschriebene Diskrepanz: In der<br />

heutigen Welt laufen viele wissenschaftliche und technische Entwicklungen in einer derartigen<br />

Geschwindigkeit und Komplexität ab, dass wir sie nicht mehr verstehen, geschweige <strong>den</strong>n<br />

bewerten können, von einem angemessenen Handeln ihnen gegenüber gar nicht zu re<strong>den</strong> (siehe<br />

Kerntechnik, Gentechnik, Waffensysteme, Kommunikationstechnologien, Medizin,<br />

Pharmakologie usw.). Hinzu kommen soziale Veränderungen wie Interkulturalität, Strukturwandel<br />

der Familie, Globalisierung, <strong>Über</strong>alterung der Gesellschaft, Entstandardisierung der Berufsarbeit<br />

etc. (9) und schließlich offenkundige, vielfach diagnostizierte Änderungen im Bereich der Werte:<br />

deren Beliebigkeit, so heißt es, habe zugenommen; philosophische oder religiöse Legitimationen<br />

seien vielfach unbekannt oder wür<strong>den</strong> für unnötig gehalten; Bindungen an die Autorität von<br />

Personen, Institutionen oder an Werttraditionen seien obsolet gewor<strong>den</strong>; die Berufung auf zeit-<br />

und situationsübergreifende Prinzipien habe einer Orientierung an <strong>den</strong> Kriterien Nutzen,<br />

Funktionalität und subjektive Befriedigung Platz gemacht; der Gesellschaft gelinge es nur noch<br />

unzureichend, ihr Wertsystem in der psychischen Struktur der nachwachsen<strong>den</strong> Generation zu<br />

verankern (10) .<br />

Gleichgültig, wie man diese Wandlungsprozesse ihrerseits bewertet und worauf man sie<br />

zurückführt: sie irritieren und überfordern viele Mitmenschen, fördern Resignation, regressives<br />

Verhalten, Ohnmachtsgefühle, Mythenbildung, die Entstehung von Eschatologien, <strong>den</strong> Rückzug<br />

ins Private oder die Flucht mit Gleichgesinnten in esoterische Naherholungsgebiete. Es wirft ein<br />

bezeichnendes Licht auf die Art und Weise, wie die gegenwärtige Gesellschaft wahrgenommen<br />

wird, wenn bei einer aktuellen Pilotstudie zur Frage „In welcher Gesellschaft leben wir


3<br />

eigentlich?“, die vom Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Hannover durchgeführt<br />

wird, von etwa 200 Attribuierungen zu „Gesellschaft“ über die Hälfte kritisch bis abwertend ist<br />

(11).<br />

IV.<br />

Und <strong>Bildung</strong>?<br />

Nach der Systematik Ogburn’s gehört <strong>Bildung</strong> als Idee und als deren institutionelle Verkörperung<br />

zur immateriellen Kultur und bleibt daher per definitionem hinter <strong>den</strong> Entwicklungen der<br />

materiellen Kultur zurück. Schließlich muss sie immer erst ihre ideell-theoretische und<br />

institutionelle Entsprechung zu deren Veränderungen suchen. Andererseits forciert <strong>Bildung</strong>, wie<br />

gesagt, wissenschaftlich-technische und soziale Entwicklungen, die ihrerseits auf die <strong>Bildung</strong><br />

zurückwirken. <strong>Bildung</strong> ist Produkt und Faktor von Entwicklungen (12) .<br />

Wir können mit guten Grün<strong>den</strong> annehmen, dass es sich hier um ein Phänomen handelt, das die<br />

gesamte kulturelle Evolution begleitet. Mit dem Beginn der Schriftkultur wird die<br />

Wechselwirkung nur deutlicher. In der Neuzeit wird der Druck spürbar, die auseinander<br />

streben<strong>den</strong> Dynamiken theoretisch und praktisch in <strong>den</strong> Griff zu bekommen. Aufgeklärte<br />

Utopisten glaubten die Entwicklung noch pädagogisch steuern zu können. Condorcet’s<br />

„Nationaler Erziehungsplan“ aus dem Jahr 1792 ist ein Beispiel dafür (13) .<br />

„<strong>Bildung</strong>“ und „Erziehung“ wer<strong>den</strong> die bei<strong>den</strong> Grundbegriffe der deutschen Pädagogik<br />

schlechthin. Ihre lange gemeinsame Geschichte in Alltagssprache und Wissenschaft hat dazu<br />

geführt, dass sie sich teilweise überschnei<strong>den</strong>. Ich lasse ihre Unschärfe auf sich beruhen (14) und<br />

vertraue ihrer Kommunizierbarkeit: „Erziehung“ meint also eher das, was im Umgang von<br />

Erwachsenen mit Kindern und Jugendlichen durch Anregen, Vormachen, Erklären, Hinweisen,<br />

Ermutigen, Einschränken, Gewöhnen, Schutz gewähren, Zuwendung und Schaffen einer<br />

förderlichen Umwelt geschieht und erreicht wird; „<strong>Bildung</strong>“ meint eher <strong>den</strong> Prozess und das<br />

Ergebnis der Auseinandersetzung des einzelnen mit der Welt und ihren Repräsentanzen in<br />

Sprache, Literatur, Wissenschaft, Kunst und Medien, die Verwandlung von Informationen in<br />

subjektiv bedeutsames Wissen (15) . Im <strong>Bildung</strong>sbegriff, wie wir ihn heute verwen<strong>den</strong>, steckt<br />

immer noch die in der idealistischen Literatur des 18. Jahrhunderts entwickelte Vorstellung von<br />

der „Selbstverwirklichung des Menschlichen im Menschen“ (16) und damit eine philosophischreligiöse<br />

Dimension, die sich bis auf Platons Ideenlehre und auf die Lehre des Christentums vom<br />

Menschen als Ebenbild Gottes zurückführen lässt (17) . Die Abgrenzung zum Erziehungsbegriff hin<br />

erfolgte um die gleiche Zeit. Die Aufklärungspädagogik sagte „Erziehung“ und formulierte als<br />

Zielvorstellung <strong>den</strong> arbeitsfähigen, produktiven, sich selbst erhalten<strong>den</strong>, für die Gesellschaft<br />

nützlichen Bürger; die idealistische Pädagogik sagte „<strong>Bildung</strong>“ und hatte die sprachlich<br />

kompetente, historisch und philosophisch informierte, urteilsfähige, ästhetisch genießende<br />

Persönlichkeit vor Augen. Mit der Abwertung des Nützlichen steckte in der Verwendung des<br />

<strong>Bildung</strong>sbegriffs erkennbar auch ein antiaufklärerischer Affekt.<br />

Der Erziehungsbegriff war immer schon eindeutiger und wirklichkeitsnäher als der<br />

<strong>Bildung</strong>sbegriff, weil er deutlich machte, dass das Erziehen mit Wunschvorstellungen,<br />

Zielsetzungen und Handlungen zu tun hatte, mit einer bestimmten Umwelt und Atmosphäre des<br />

Aufwachsens, mit Beziehungen. <strong>Bildung</strong>, verstan<strong>den</strong> als Selbstbildung, klammerte die anderen<br />

nicht nur aus, sondern setzte die Bereitschaft und die Fähigkeit zur Weltaneignung, also das, was<br />

„Erziehung“ zu leisten hat, irgendwie voraus. Das musste mit der Einführung der Allgemeinen<br />

Schulpflicht und dem Aufbau eines <strong>Bildung</strong>ssystems bis hinauf zur Universität zum theoretischen<br />

und praktischen Problem wer<strong>den</strong> (18) .


4<br />

Wilhelm von Humboldt war radikal. Während sich die allgemeine Schulentwicklung angesichts<br />

der dramatischen ökonomischen und gesellschaftlichen Veränderungen weniger um Begriffe als<br />

um einen Kanon verwertbarer Kenntnisse und Fertigkeiten und um dessen Vermittlung kümmerte<br />

– Hand in Hand mit der psychischen und sozialen Uniformierung der Jugend -, blieb er hartnäckig<br />

dabei, dass es in der Schule nur um die Vermenschlichung des Subjekts gehen dürfe. Durch<br />

allgemeine <strong>Bildung</strong> sollten „die Kräfte, das heißt der Mensch selbst gestärkt, geläutert und<br />

geregelt wer<strong>den</strong>“, der Unterricht sollte „nicht auf die Bedürfnisse des Lebens, sondern ... auf die<br />

Kenntnis als Kenntnis, auf die <strong>Bildung</strong> des Gemüts und im Hintergrund auf die Wissenschaft<br />

sehen“ (19) . Das war grundsätzlich für alle Schulen gedacht, setzte sich aber gegen die<br />

praxisbezogene Ausrichtung des Pflichtschulwesens nicht durch (20) . So blieben ihm „sein“<br />

Gymnasium und „seine“ Universität. In dem von ihm konzipierten Lehrplan dominierten Latein,<br />

Griechisch, Deutsch und Mathematik mit 70% der Unterrichtsstun<strong>den</strong> gegenüber<br />

Naturwissenschaften, Geschichte, Religion und Kunsterziehung. Die Universität sollte die<br />

Institution sein, die inhaltlich und methodisch das für die <strong>Bildung</strong>sarbeit an der eigenen Person<br />

notwendige geläuterte und überprüfte Wissen bereitstellte (21) .<br />

Wilhelm von Humboldts <strong>Bildung</strong>sbegriff spaltete die pädagogische Theorie, indem er die<br />

Zweckfreiheit des Wissens und die <strong>Bildung</strong> des Subjekts verabsolutierte. Das von ihm 1810<br />

konzipierte Humanistische Gymnasium, die „Gelehrtenschule“, wie er sie nannte, um sie von der<br />

alten Lateinschule abzuheben, spaltete die Gesellschaft oder verhärtete die Standesgrenzen, weil<br />

sie nur einen Bruchteil der männlichen Bevölkerung aufnahm (die Schätzungen liegen bei 3% der<br />

männlichen Jugend Ende des 19. Jahrhunderts), der zudem fast ausschließlich aus <strong>den</strong> höheren<br />

Gesellschaftsschichten kam (22) . Bis zum Jahr 1900 gestattete nur der Abschluss dieser Schule <strong>den</strong><br />

direkten Zugang zur Universität, zur Ausbildung für die höheren Lehrämter, zum gehobenen<br />

Staatsdienst und zu <strong>den</strong> höheren Offiziersrängen (23) .<br />

Die Institutionalisierung des Humboldtschen <strong>Bildung</strong>sbegriffs in der Gestalt von<br />

<strong>Bildung</strong>sprogrammen und <strong>Bildung</strong>sanstalten war angesichts des Selbstbildungskonzepts nicht nur<br />

inkonsequent – abgesehen davon, dass Wilhelm von Humboldt nie verständlich machen konnte,<br />

auf welche Weise das vermittelte Wissen zu einer Erhöhung des Menschlichen im Menschen<br />

führen sollte; Idee und Praxis blieben auch weit hinter dem zurück, was Wirtschaft, Gesellschaft<br />

und Staat an Wissen, Können, Urteilsvermögen, gesellschaftlichem Engagement und humaner<br />

Gesinnung nötig gehabt hätten. Angesichts der im 20. Jahrhundert von Deutschland ausgehen<strong>den</strong><br />

Ideologien, Kriege und Verbrechen darf daran gezweifelt wer<strong>den</strong>, ob das humanistische<br />

<strong>Bildung</strong>skonzept eine wahrnehmbare Humanisierung der Gesellschaft bewirkt hat. Die eigentliche<br />

„Deutsche <strong>Bildung</strong>skatastrophe“ hatte je<strong>den</strong>falls lange eingesetzt, bevor Georg Picht 1960 unter<br />

diesem Titel auf die Rückständigkeit der Höheren <strong>Bildung</strong> in Deutschland aufmerksam machte<br />

(24) . Das Problem lag nicht im subjektbezogenen <strong>Bildung</strong>sverständnis als solchem. Die Idee, dass<br />

<strong>Bildung</strong> Selbstbildung sein sollte, hätte ein sinnvolles Gegengewicht zum aufklärerischen<br />

Pragmatismus darstellen können, wenn von Humboldt und seine Nachfolger ihr<br />

<strong>Bildung</strong>sverständnis nicht als Negation des Nützlichen entwickelt und umgesetzt hätten. So blieb<br />

es bei einem Konzept für Eliten, nicht für die Gesellschaft, bei einem Konzept, das zeitlos sein<br />

wollte, das sich aber außerhalb der Zeit stellte und angesichts der gesellschaftlich-kulturellen<br />

Entwicklung Stillstand bedeutete.<br />

Niklas Luhmann verweist in seinem nachgelassenen Werk „Das Erziehungssystem der<br />

Gesellschaft“ auf ein bisher noch nicht angesprochenes Defizit der <strong>Bildung</strong>sidee von Humboldts,<br />

das allerdings eher in der begrenzten Einsicht seiner Zeit liegt und daher nicht ihm anzulasten ist:<br />

Das Subjekt, das sich dem Wissen der Wissenschaft öffnet, das sich durch dieses Wissen innerlich<br />

ordnen und bereichern lässt, ist ein Subjekt ohne Erfahrung, ohne Geschichte, ohne I<strong>den</strong>tität und


5<br />

ohne konkrete Lebensverhältnisse. Erfahrungen können einseitig sein, Lebensgeschichten sich in<br />

Existenzsicherung erschöpfen, I<strong>den</strong>tität kann fremdbestimmt sein, die konkreten<br />

Lebensverhältnisse können <strong>Bildung</strong> als Luxus erscheinen lassen. „Die Erziehung zur <strong>Bildung</strong>“, so<br />

Luhmann, „kann sich daher allenfalls das Ziel setzen, solche konkreten Blockierungen aufzulösen<br />

und nach und nach ein Vertrauen in <strong>den</strong> Zugang zu anderen Möglichkeiten zu festigen“ (25) .<br />

V.<br />

Wenn man versucht, unter dem Begriff „<strong>Bildung</strong>“ die Trennung zwischen dem, was der<br />

Mensch leisten und dem, was bzw. wer er wer<strong>den</strong> soll, zu überwin<strong>den</strong>, dann lassen sich<br />

Differenzierungen aufeinander beziehen, die in beide Richtungen unternommen wor<strong>den</strong> sind.<br />

Erstere betrifft die Frage, was an der Welt Gegenstand der <strong>Bildung</strong> wer<strong>den</strong> und was auf welche<br />

Weise an <strong>den</strong> Repräsentanten der Welt gelernt wer<strong>den</strong> soll, damit das Subjekt überleben kann,<br />

produktiv, sozial und im Sinne der Gesellschaft handlungsfähig wird. Letztere betrifft die Frage,<br />

was auf welche Weise gelernt wer<strong>den</strong> muss, damit das Subjekt I<strong>den</strong>tität gewinnt, d.h. in<br />

<strong>Über</strong>einstimmung mit sich und der Welt leben kann.<br />

Zur ersten Differenzierung: Weil <strong>Bildung</strong> selbst ein schlecht definiertes Problem ist (26) , gibt es<br />

zwar keine exakte Planung von <strong>Bildung</strong>sprozessen, aber auch ihre organisierte Anbahnung kommt<br />

nicht ohne eine wenigstens heuristisch plausible Segmentierung der Welt aus. Dafür lassen sich<br />

aus der Zeit der Lehrplanrevision Ende der 60er Jahre vier markante Beispiele anführen: 1. Saul<br />

B. Robinsohn wollte, dass das schulische Lernen in drei Richtungen erfolge, in eine soziale, in<br />

eine kommunikative und in eine sachliche. Demnach waren seine wichtigsten Lernziele<br />

Kommunikationsfähigkeit, Änderungsbereitschaft und die Fähigkeit, unter <strong>den</strong> Gegenstän<strong>den</strong> der<br />

Welt auszuwählen<br />

(27) . 2. Theodor Wilhelm entwickelte sechs „Horizonte“ heutiger<br />

Lebenswirklichkeit (Religion, Recht, Interpretation, Struktur, Kontinuität und Hygiene), anhand<br />

derer im Schüler über <strong>den</strong> Unterricht geordnete Vorstellungen aufgebaut wer<strong>den</strong> sollten, die dann<br />

sein künftiges Verhalten zu fundieren hatten (28) . 3. Hartmut von Hentig formulierte 13 Aspekte<br />

des Lebens in der heutigen Welt, die für ihn die wichtigsten Lernfelder eröffneten, z.B. „das<br />

Leben in der beschleunigt sich verändern<strong>den</strong> Welt“; „das Leben in der von Wissenschaft und<br />

Technik rationalisierten Welt“; „das Leben mit der Fülle der Mittel und der Vielfalt der Ziele“;<br />

„das Leben in der Demokratie“; „das Leben in der säkularisierten Welt“; „das Leben mit <strong>den</strong><br />

anderen Generationen“; „das Leben in der Einen Welt“... (29) . 4. Wenige Jahre später deduzierte die<br />

Qualifikationsforschung aus <strong>den</strong> Bedürfnissen von Arbeitswelt und Gesellschaft<br />

„Schlüsselqualifikationen“, d.h. grundlegende Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und<br />

Bereitschaften wie die Fähigkeit zum lebenslangen Lernen; die Fähigkeit, soziale Rollen flexibel<br />

zu handhaben; Kommunikationsfähigkeit, Problemlösungskompetenzen; Kooperationsfähigkeit;<br />

Kompromissfähigkeit; die Fähigkeit zur <strong>Über</strong>nahme sozialer Verantwortung; die Beherrschung<br />

der Kulturtechniken als Voraussetzung für jede Kulturaneignung und jede Partizipation an der<br />

Kultur (30) . In diesen Qualifikationen sah auch der Club of Rome im Jahr 1990 eine geeignete<br />

Antwort auf die Frage, wie Menschen der wachsen<strong>den</strong> Komplexität und Dynamik der<br />

Lebensverhältnisse angemessen begegnen können (31) .<br />

Die Kataloge lassen erkennen, dass das Schwergewicht dessen, was der Mensch lernen muss, mit<br />

seiner Tauglichkeit für die Welt zu tun hat. Nur Hartmut von Hentig macht <strong>den</strong> Versuch, seine<br />

Lernziele auch als Lebensziele der Heranwachsen<strong>den</strong> zu beschreiben (32) , als Wege für sie, sich ein<br />

Wissen und Können anzuzeigen, das mit ihrem persönlichen Leben verknüpft bleibt – so wie<br />

Jürgen Habermas sich das von der Wissensproduktion und –vermittlung in <strong>den</strong><br />

Sozialwissenschaften vorgestellt hat. Bekanntermaßen drückte er 1968 in „Erkenntnis und<br />

Interesse“ (33) sein Erstaunen darüber aus, dass die Forscher in diesen Disziplinen ihre


6<br />

Zugehörigkeit zur erforschten Welt übersehen, obwohl niemand von ihnen bestreiten würde, dass<br />

seine Subjektivität von <strong>den</strong> Bedingungen dieser Welt mit konstituiert wird. Um diese<br />

Abhängigkeit nicht methodisch verschwin<strong>den</strong> zu lassen, wäre es die Aufgabe der Forscher, die für<br />

wissenschaftlich gehaltene Distanzierung des Subjekts vom zu erforschen<strong>den</strong> Objekt aufzuheben,<br />

d.h. die jeweilige Sache und zugleich sich selbst als Momente jenes Zusammenhangs zu<br />

reflektieren, der beide gleichermaßen umfasst und ermöglicht. „Selbstreflexion“, wie Habermas<br />

diesen Vorgang unter Berufung auf Sigmund Freud und Theodor W. Adorno nannte, ist nicht nur<br />

ein methodisch angeleiteter wissenschaftlicher Erkenntnisprozess, sondern auch ein methodischer<br />

Prozess der Selbstbildung. Wer diesen Weg geht, hat einen doppelten Gewinn: Im Wissenserwerb<br />

über die Welt gehen die Erfahrungen und Deutungen der Lernen<strong>den</strong> nicht verloren, und im<br />

Prozess der Selbsterkenntnis können sie Aspekte ihrer Subjektivität im Allgemeinen<br />

wiedererkennen.<br />

Aber die Frage nach der <strong>Bildung</strong> als Selbstbildung lässt sich noch radikaler stellen. In dem, was<br />

wir landläufig als schulische <strong>Bildung</strong> bezeichnen, begegnen jene, die sich bil<strong>den</strong> sollen und<br />

wollen, der eigenen Person in der Regel nur über das Abstractum Mensch, Subjekt, Individuum,<br />

Mitglied der Gesellschaft etc. Warum? Weil die Lehrplanverantwortlichen der Ansicht sind, das<br />

Wissen, das junge Menschen über sich selbst gewinnen, sei im Sinne des Curriculums nicht<br />

ergiebig? Weil der Blick auf und in das Eigene <strong>den</strong> Blick auf die Sache trübt? Oder weil die<br />

Schule zur eigenen Sicherheit die Distanz zum Leben der Schüler braucht? Gleichgültig woher die<br />

Weigerung der Institution kommt und wie sie gerechtfertigt wird: Die <strong>Bildung</strong> des Selbst kommt<br />

ohne das Selbst als Gegenstand der <strong>Bildung</strong> nicht aus. „Es geht darum, das eigene Leben so in die<br />

Tiefe dringend zu verstehen, dass darin auch das Leben des anderen – und menschliches Leben<br />

überhaupt – erschlossen wird“ (34) . Dieses „sich selbst verstehen“ bezieht sich nicht nur auf die<br />

bewussten soziokulturellen und physischen Erfahrungen und die erinnerten Stationen der<br />

Lebensgeschichte, sondern auch auf die „Dunkelstellen“, d.h. auf die unbewussten Prozesse in <strong>den</strong><br />

Beziehungen, in <strong>den</strong>en ich gewor<strong>den</strong> bin und auf das Unbewusste in mir (35) .<br />

Ich hebe die vier Aspekte von <strong>Bildung</strong>, an <strong>den</strong>en mir liegt, noch einmal heraus:<br />

1. <strong>Bildung</strong> ist: auf die Welt vorbereitet wer<strong>den</strong> und sich auf die Welt vorbereiten. Das ist ein<br />

unbestrittener Aspekt. Die öffentlichen Debatten bis hin zur sog PISA-Studie (36) drehen sich<br />

eher darum, ob diese Aufgabe ernst genug genommen, ob sie dicht genug an der<br />

gesellschaftlich-kulturell-ökonomischen Entwicklung in Angriff genommen wird und ob die<br />

historische Kontinuität gewährleistet ist. Es gibt einen permanenten Vorwurf, v. a. von außen,<br />

die <strong>Bildung</strong>sinstitutionen leisteten in dieser Hinsicht nicht genug. Das ist einmal – siehe<br />

Ogburn – das Schicksal institutionalisierter <strong>Bildung</strong>, dass sie stets auf Vorgegebenes<br />

antworten muss, andererseits ihr immer auch zu korrigierendes Versäumnis.<br />

2. <strong>Bildung</strong> ist: durch organisierte Lernprozesse und persönliche Auseinandersetzung mit der Welt<br />

aufgeklärt, urteils- und handlungsfähig, sozial kompetent, emotional sensibilisiert zu wer<strong>den</strong>,<br />

im Sinne von Humboldts: das Angebot an Welt für die eigene umfassende Menschwerdung zu<br />

nützen. Das ist als Norm und Erwartung gleichfalls unbestritten. Wie aus Lernangeboten<br />

Selbstbildung wird, gilt meist als zweitrangig. Gelegentlich gewinnt man <strong>den</strong> Eindruck, das<br />

<strong>Bildung</strong>swesen halte diesen Effekt für selbstverständlich oder für eine Wirkung von Gebet und<br />

Fasten. Die Verantwortung scheint ausschließlich beim Lernen<strong>den</strong> zu liegen.<br />

3. <strong>Bildung</strong> ist: Hilfe zur Selbstreflexion und selbstreflexiver Umgang mit Erfahrungen und<br />

Informationen. In der didaktischen Literatur zwar sporadisch angesprochen, hat sich jedoch<br />

keine Lernkultur entwickelt, die subjektives Denken und Wissen mit allgemeinem,


7<br />

überprüftem Wissen dialektisch verbindet. - Vielleicht hätten die Ideengeber auch<br />

unverdächtigere Namen tragen sollen als gerade Freud, Adorno und Habermas.<br />

4. <strong>Bildung</strong> ist: methodisch angeleiteter Dialog mit Lernen<strong>den</strong> über ihre eigene Person und die<br />

Arbeit der Lernen<strong>den</strong> an ihrer eigenen Geschichte und Entwicklung. Gelegentlich findet die<br />

Didaktik die subjektiven Erfahrungen und Sichtweisen im Rahmen eines schüler- und<br />

handlungsorientierten Unterrichts oder als Aufhänger für Sachanalysen interessant (37) ,<br />

weitergehende Introspektionen wer<strong>den</strong> aber gerne in curriculare Enklaven (z.B.<br />

Kunstunterricht) oder Exklaven (Neigungsgruppen) verbannt. Die Chance, die<br />

Unterrichtsfächer Psychologie (z.B. in Österreich) oder Pädagogik/Erziehungskunde (z.B. in<br />

Deutschland) dafür zu nützen, dass die Lernen<strong>den</strong> sich hier selbst begegnen können, wurde<br />

trotz einer plausiblen theoretischen Legitimation, u. a. von Bernhard Rathmayr (38) , nicht<br />

wahrgenommen.<br />

Wenn alles Lernen einen Zusammenhang bildet (39) , wenn alles Lernen eine dem Subjekt<br />

zugewandte Seite hat (40) und wenn in unserem Verständnis vom Menschen vorrangig alles Lernen<br />

dem Subjekt dabei zu helfen hat, sein einmaliges Leben in Würde zu leben, dann verbietet es sich,<br />

diese vier Aspekte von <strong>Bildung</strong> gegeneinander auszuspielen oder einzelne völlig zu ignorieren,<br />

auch wenn die einzelnen <strong>Bildung</strong>sinstitutionen unterschiedliche Umsetzungsmöglichkeiten haben.<br />

Die gesellschaftlich organisierte <strong>Bildung</strong> bleibt jedoch weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.<br />

VI.<br />

Auch die Universität?<br />

Die österreichische Universität hat, wie eingangs gesagt, durch das Hochschulstudiengesetz einen<br />

Zielrahmen erhalten. Die „wissenschaftliche Berufsvorbildung“ soll auf „kritisches Denken“,<br />

„selbständiges Handeln“ und die Fähigkeit der Studieren<strong>den</strong>, „ihre künftigen beruflichen<br />

Aufgaben in stetem Zusammenhang mit <strong>den</strong> Fortschritten der Wissenschaft zu erfüllen“,<br />

hinauslaufen. „<strong>Bildung</strong> durch Wissen“ zielt auf eine „Haltung“ ab, „die in sachlicher Einstellung,<br />

klarer Urteilsfähigkeit, inhaltlicher Redlichkeit und Toleranz sowie erhöhter Verantwortlichkeit<br />

gegenüber der demokratischen Republik Österreich und der menschlichen Gesellschaft zum<br />

Ausdruck kommt“. Die Studieren<strong>den</strong> „sollen ferner die Bedeutung ihres Faches im Ganzen der<br />

Wissenschaft und die Bedeutung der Wissenschaft im Ganzen der Kultur begreifen lernen“ (41) .<br />

Das Gesetz erhebt einen hohen Anspruch. Dass es „wissenschaftliche Berufsvorbereitung“ und<br />

„<strong>Bildung</strong> durch Wissenschaft“ nicht eindeutig voneinander trennt, liegt im gegenseitigen<br />

Verweisungszusammenhang begründet. Dem Normativ geht es nicht nur um eine wissenschaftlich<br />

angebahnte Tüchtigkeit für die künftige Praxis, die in einem lebenslangen Bemühen gipfeln soll,<br />

sich auf dem neuesten Stand der Wissenschaft zu halten, sondern auch um die Fähigkeit, vor<br />

diesem Hintergrund sachlich, kritisch und urteilsfähig zu sein, Toleranz zu üben, Verantwortung<br />

gegenüber der Gesellschaft im engeren und weiteren Sinne wahrzunehmen, das Gelernte in<br />

größere wissenschaftliche Zusammenhänge einzuordnen und die Wissenschaft wiederum in ihrer<br />

Bedeutung für die Kultur insgesamt einzuschätzen.<br />

Das ist, wie gesagt, viel – und es ist doch viel zu wenig. Nicht einmal Wilhelm von Humboldt<br />

käme mit dieser Auflistung auf seine Kosten, obwohl der Titel „<strong>Bildung</strong> durch Wissenschaft“ auf<br />

ihn verweist. Es ist das gute Recht des Gesetzgebers, die von ihm geforderte <strong>Bildung</strong>sarbeit vor<br />

allem in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft zu sehen. Er hat die gesellschaftlich-kulturelle<br />

Kontinuität und Stabilität sowie <strong>den</strong> „Fortschritt“ vor Augen und muss nur <strong>den</strong> Rahmen<br />

gewährleisten, innerhalb dessen der einzelne sich bil<strong>den</strong> kann. Für die Institution, die diese Ziele


8<br />

umsetzen soll, reicht das allerdings nicht aus. Und wenn unsere Universität unter <strong>den</strong> Gesetzestext<br />

schreibt „Diesen Grundsätzen und Zielsetzungen dient auch das Studium an der Universität<br />

Innsbruck“ (42) , dann weiß sie offenbar nicht, was sie sagt.<br />

Aus einer Reihe von Indizien leite ich ab, dass die Universität ihren gesetzlichen Auftrag zur<br />

„<strong>Bildung</strong> durch Wissenschaft“ nicht erfüllt. Mein Bild von der <strong>Bildung</strong>swirklichkeit der<br />

Universität ist naturgemäß ein Konstrukt. Ich hoffe, es ist plausibel genug, um nicht als Phantom<br />

abgetan zu wer<strong>den</strong>.<br />

Erstes Indiz: Die Universität hat sich ihre sog. Autonomie durch eine historisch beispiellose<br />

Abhängigkeit von der Wirtschaft erkauft. Das hat nicht nur eine ökonomische Fernsteuerung zur<br />

Folge, die der grundgesetzlichen Zusicherung der Freiheit von Forschung und Lehre zuwiderläuft,<br />

sondern auch die interne <strong>Über</strong>nahme der Kriterien Kostenersparnis, Drittmittelbeschaffung,<br />

„Verschlankung“ der Entscheidungsstrukturen und „Effizienz“. Mittelumschichtungen und<br />

Geldzuflüsse von außen begünstigen vor allem jene Disziplinen und Einrichtungen, die<br />

wirtschaftlich verwertbares Wissen produzieren und damit für die Beschleunigung der<br />

„materiellen Kultur“ arbeiten, während die Kulturwissenschaften im Rahmen der<br />

inneruniversitären Umverteilung als Pool für Mittel- und Personalressourcen gelten – und<br />

zynischerweise gleichzeitig von allen Seiten versichert bekommen, wie unverzichtbar sie sind.<br />

Zweites Indiz: Die Universität vertritt die Organisationsprinzipien „Rationalität“ und „Ökonomie“<br />

in dem Sinne, dass möglichst viele Studierende durch möglichst wenig Lehrende auf möglichst<br />

engem Raum mit dem Einsatz von möglichst wenig Lernhilfen in möglichst kurzer Zeit und<br />

unterstützt durch eine möglichst kleine Verwaltung mit einer möglichst hohen Qualifikation<br />

ausgestatten wer<strong>den</strong>. Die Komprimierung von Studienzeiten, Studieninhalten und Prüfungen führt<br />

neben einer mentalen Fixierung der Lernen<strong>den</strong> auf <strong>den</strong> von anderen definierten Studienerfolg zur<br />

Verringerung von Verarbeitungs-, Reflexions- und Entwicklungszeiten. Zudem geht der<br />

Ausgleich in <strong>den</strong> unterrichtsfreien Zeiten verloren, besonders dann, wenn das Studium auch noch<br />

selbst verdient wer<strong>den</strong> muss.<br />

Drittes Indiz: Was die Universität für wichtig hält, das evaluiert sie. Bei <strong>den</strong> „Performances“ der<br />

Fächer stehen Publikationen, Drittmittelprojekte, internationale Verbindungen und<br />

Studienabschlüsse im Vordergrund. „<strong>Bildung</strong> durch Wissenschaft“ ist zwar deklariertes Ziel der<br />

Universität, aber kein Gegenstand von Evaluation. Daraus kann geschlossen wer<strong>den</strong>, dass sie - im<br />

Gegensatz zum gesetzlichen Auftrag und zu ihrem Bekenntnis – ihre <strong>Bildung</strong>saufgabe ignoriert.<br />

Es wirft im übrigen kein gutes Licht auf das Selbstverständnis der Pädagogik, wenn Evaluatoren,<br />

die aus diesem Fach kommen, selbstreflexive, praxisreflexive und psychoanalytische Inhalte<br />

sowie Lehrangebote, die der Verbindung der Erziehungswissenschaft mit der Vielfalt<br />

gegenwärtiger Kultur nachgehen, aus dem Studienplan des Instituts für Erziehungswissenschaften<br />

eliminiert sehen möchten. Entgegen manchen Anschauungen ist die Untersuchung von<br />

<strong>Bildung</strong>swirkungen kein methodisches, sondern allenfalls ein finanzielles Problem.<br />

Viertes Indiz: Die Universität hat für sich kein <strong>Bildung</strong>skonzept entworfen, sondern erwartet<br />

offenbar, dass die regelmäßige Wiedergabe des Gesetzestextes mit einem verkürzten<br />

<strong>Bildung</strong>sverständnis ihre I<strong>den</strong>tifizierung mit einer <strong>Bildung</strong>sidee hinlänglich zum Ausdruck bringt<br />

und vertraut ansonsten darauf, dass sich schon irgend eine Wirkung <strong>universitärer</strong> Lehre einstellen<br />

wird.<br />

Fünftes Indiz: Der Universität fehlt konsequenter Weise ein angemessenes Konzept der<br />

Wissensvermittlung. Die letzten Bemühungen um die Verbreitung einer reflexiven<br />

Hochschuldidaktik an der Universität Innsbruck sind vor etwa fünfzehn Jahren gescheitert, als die


9<br />

an einem Projekt beteiligten Hochschullehrer entdecken mussten, dass es nicht nur um die<br />

Perfektionierung von Vermittlungsprozessen ging, sondern auch um die eigene Rolle und die der<br />

Studieren<strong>den</strong> im Wissenschaftsbetrieb, um die Legitimation von Curricula oder um die Frage der<br />

Subjektivität bei der Wahl des wissenschaftlichen Paradigmas. Das letzte Forschungsprojekt zur<br />

Analyse von Lehr-Lernprozessen an dieser Universität fand 1988 – 1992 am Institut für<br />

Erziehungswissenschaften unter der Leitung von Theo Hug statt (43) . Zehn Jahre Desinteresse an<br />

hochschuldidaktischer Forschung erwecken nicht <strong>den</strong> Eindruck, als ob die Universität ein<br />

brennendes Interesses an der Frage hätte, wie <strong>Bildung</strong> durch Wissenschaft stattfindet und<br />

gefördert wer<strong>den</strong> kann.<br />

Sechstes Indiz: Bei der Rekrutierung des wissenschaftlichen Personals und bei inneruniversitären<br />

Karrieren spielen die subjektbezogenen Aspekte der <strong>Bildung</strong> keine Rolle. Das Suchbild beinhaltet<br />

ausschließlich theoretische Qualifikation, Forschungsleistungen und –interessen, internationale<br />

Erfahrung, Erfolge in der Einwerbung von Drittmitteln. Selbstreflexive Fähigkeiten, die Breite<br />

auch außerwissenschaftlicher Interessen, Belege für übernommene soziale Verantwortung,<br />

Einschätzung der eigenen Disziplin vor dem Hintergrund von Kultur und Gesellschaft,<br />

wissenschaftethisches Problembewusstsein oder auch nur eine didaktische Qualifikation, die über<br />

die bloße Unauffälligkeit hinausginge, sind nicht gefragt. Die im Auftrag der Universität<br />

durchgeführten Potenzialanalysen bei Bewerberinnen und Bewerbern für Lehrstühle untersuchen<br />

Führungs- und Teamfähigkeiten, aber keine Persönlichkeitsmerkmale, die mit (Selbst)<strong>Bildung</strong><br />

durch Wissenschaft zu tun hätten.<br />

Siebtes Indiz: Die Universität lagert die Bearbeitung von Fragen, die sie selbst als Institution, die<br />

einzelne Disziplinen und deren gesellschaftliche Funktion, die ethische Probleme usw. betreffen,<br />

aus ihrem Unterrichtsprogramm aus und delegiert sie an einzelne Fächer, Veranstaltungsreihen, an<br />

Berufsgruppen, Vertreter von Kirchen und an Kommissionen.<br />

Achtes Indiz: Was mit der Abschaffung der stu<strong>den</strong>tischen Mitbestimmung begonnen hat, war nur<br />

das Präludium zur Abschaffung der Mitbestimmung von Mittelbau und Professoren, wie sie durch<br />

das neue Universitätsgesetz vollendet wor<strong>den</strong> ist. Abgesehen davon, dass <strong>den</strong> Betroffenen die<br />

unmittelbare Einflussnahme auf Prozesse, die sie und ihre Arbeitsbereiche angehen, entzogen<br />

wird, sind alle drei Kurien auch politisch entmündigt wor<strong>den</strong> (44) . Gelebte Mitbestimmung ist stets<br />

die direkteste Form politischer <strong>Bildung</strong>. Es besteht eine auffällige Diskrepanz zwischen der<br />

Proklamation des Zusammenhangs zwischen <strong>universitärer</strong> <strong>Bildung</strong> und politisch-sozialer<br />

Verantwortung, wie sie im Hochschulstudiengesetz erfolgt, und der praktizierten<br />

Entdemokratisierung der Universität. Die demokratische Gesellschaft (nicht nur in Österreich)<br />

erwartet sich von ihren Mitgliedern, besonders von <strong>den</strong> „Höhergebildeten“, eine verantwortliche<br />

Teilhabe an der „Polis“ (45) , verweigert ihnen aber in ihrem <strong>Bildung</strong>swesen vom Kindergarten bis<br />

zur Hochschule das learning by doing.<br />

Neuntes Indiz: Die <strong>Bildung</strong>sfunktion der Universität - mit der Gründung staatlicher Hochschulen<br />

vor etwa 200 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe erkannt – ist auf dem besten Wege, privatisiert<br />

zu wer<strong>den</strong>. Das ist nicht nur ein Verstoß gegen <strong>den</strong> Gleichheitsgrundsatz der Verfassung, sondern<br />

auch ein Rückfall in eine Zeit, in der es weniger auf Lernfähigkeit und Lernbereitschaft als auf die<br />

Finanzkraft des Milieus ankam, wenn jemand im <strong>Bildung</strong>swesen reussieren wollte. Wenn der<br />

Grundsatz aufgegeben wird, dass <strong>Bildung</strong> durch Wissenschaft der ganzen Gesellschaft zugute<br />

kommen muss, „dann wird die Gesellschaft ihre Fähigkeit zur Selbstreflexion verlieren“ (46) .<br />

Ich habe bei meiner Indizienkette pauschalierend von der Universität gesprochen. Das war<br />

ungerecht; <strong>den</strong>n es gibt unter <strong>den</strong> Mitgliedern dieser Institution etliche, die nicht nur ihre<br />

Forschungs-, sondern auch ihre <strong>Bildung</strong>saufgabe ernst nehmen. Aber ich befürchte, dass sie die


10<br />

I<strong>den</strong>tität der Universität weniger bestimmen als politisch-ökonomische Zuschreibungen von<br />

außen. Die letzten Jahre haben auch gezeigt, wie leicht es ist, ihr die historische I<strong>den</strong>tität zu<br />

nehmen.<br />

Die Universität Innsbruck kann ihr Problem mit dem Paragraphen 1 des Hochschulstudiengesetzes,<br />

sofern sie hier überhaupt ein Problem sieht, auf vierfache Weise zu lösen versuchen:<br />

1. Sie druckt <strong>den</strong> Gesetzestext weiterhin Jahr für Jahr im Vorlesungsverzeichnis ab, löscht aber<br />

ihre Selbstverpflichtung kommentarlos.<br />

2. Sie druckt <strong>den</strong> Gesetzestext weiterhin ab, aber sie kommentiert ihn in der Weise, dass die<br />

politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen sie leider daran hinderten, <strong>den</strong><br />

<strong>Bildung</strong>sauftrag umzusetzen.<br />

3. Sie druckt <strong>den</strong> Gesetzestext weiterhin ab, aber sie kommentiert ihn in der Weise, dass<br />

„<strong>Bildung</strong>“ ein bürgerlich-idealistischer und damit ideologiebelasteter Begriff sei, und es<br />

widerspräche jeglicher ökonomischen Rationalität, ihn als Zielvorgabe zu akzeptieren.<br />

4. Sie druckt <strong>den</strong> Gesetzestext auch im Studienführer 2003/2004 wieder ab und kommentiert ihn<br />

in der Weise, dass er ein zeitgebun<strong>den</strong>es Dokument mit wesentlichen Inhalten sei, freilich mit<br />

einer verkürzten <strong>Bildung</strong>sidee, und dass sie es als ihre vornehmste Aufgabe und als Beitrag<br />

zur Universitätsreform ansehe, noch im laufen<strong>den</strong> Studienjahr eine interfakultäre<br />

Arbeitsgruppe zu beauftragen, ein Konzept <strong>universitärer</strong> <strong>Bildung</strong> zu entwickeln und aus ihm<br />

heraus ein didaktisches Konzept, das zeige, wie sich Effizienz und Reflexivität miteinander<br />

verbin<strong>den</strong> ließen.<br />

Vielleicht meinen Sie, nichts sei leichter für einen Schei<strong>den</strong><strong>den</strong>, als Vorschläge zu machen, an<br />

deren Erfüllung er sich nicht mehr beteiligen muss. Mir ist es ernst. Und nachdem ich zu jenen<br />

gehören möchte, die J.J. Rousseau in seiner Preisschrift von 1750 lobt, weil sie nicht nur gescheit<br />

daherre<strong>den</strong> können, sondern auch gut zu handeln wissen (47) , stifte ich dem Institut für<br />

Erziehungswissenschaften einen Preis in Höhe von 5000.- Euro für die beste wissenschaftliche<br />

Arbeit einer oder eines Studieren<strong>den</strong> zum Thema „Selbstreflexion und Selbstthematisierung als<br />

Formen der <strong>Bildung</strong> durch Wissenschaft“ - als Impuls für die Weiterarbeit der Universität an einer<br />

Theorie <strong>universitärer</strong> <strong>Bildung</strong>.<br />

Gebe ich mich einer Utopie hin?<br />

Ich verlasse mich auf <strong>den</strong> hin und wieder auch optimistischen Immanuel Kant, der gegen Ende<br />

seines Lebens gemeint hat: “Ein Entwurf zu einer Theorie der Erziehung“ (wir dürfen an dieser<br />

Stelle straflos „<strong>Bildung</strong>“ einsetzen) „ist ein herrliches Ideal, und es schadet nichts, wenn wir auch<br />

nicht gleich imstande sind, es zu realisieren. Man muss nur nicht gleich die Idee für chimärisch<br />

halten und sie als einen schönen Traum verrufen, wenn auch Hindernisse bei Ihrer Ausführung<br />

eintreten“ (48) .<br />

Um noch einmal auf <strong>den</strong> „Laufer“ im Märchen der Gebrüder Grimm zurück zu kommen: Mit zwei<br />

Beinen ist er ein exzellenter Diener seines Herrn. Mit seiner unglaublichen Schnelligkeit<br />

(„geschwinder als ein Vogel fliegt“) kann er unlösbar scheinende Aufgaben bewältigen. Aber<br />

zeitweise ist er gezwungen, auf das zu verzichten, was ihn einmalig macht, dann nämlich, wenn es<br />

darum geht, mit anderen zu re<strong>den</strong>, mit ihnen Ziele zu vereinbaren, nachzu<strong>den</strong>ken oder einfach<br />

auszuruhen. In einer Zeit, in der die Universität sich selbst unter einen ungeheuren Erfolgsdruck<br />

setzt (der sich immer auch als Zeitdruck äußert), in der sie in Gefahr ist, geschichts- und<br />

bildungsvergessen zu wer<strong>den</strong>, ist ihr anzuraten, gelegentlich ihr zweites Bein abzuschnallen. Der<br />

daraus resultierende <strong>„cultural</strong> <strong>lag“</strong> wäre nicht nur auszuhalten, sondern er böte der Universität die


11<br />

Chance, sich über ihre eigene Rolle im Wandel der Gesellschaft und Kultur klar zu wer<strong>den</strong>, die<br />

Chance also zu einem Akt kollektiver Selbstbildung.<br />

Als hätte er das Märchen gekannt, schreibt der Spätromantiker Friedrich Rückert in seinem<br />

Gedicht „Die bei<strong>den</strong> Gul<strong>den</strong>“, mit dem Sigmund Freud seine Abhandlung „Jenseits des<br />

Lustprinzips“ (49) beendet, folgende Schlusszeilen:<br />

„Was man nicht erfliegen kann, muss man erhinken<br />

...<br />

Die Schrift sagt, es ist keine Sünde zu hinken.“<br />

VII.<br />

Mit meinem Abschied von der Universität und von meinem Institut beende ich einen langen<br />

Abschnitt meiner Lebensgeschichte, der in mir und an mir seine Spuren hinterlassen hat. Nachdem<br />

ich meine Befindlichkeit nicht mit eigenen Worten wiedergeben wollte, habe ich mich in der<br />

Dichtung umgesehen. Zunächst bot sich mir der romantische Dichter Wilhelm Müller an mit dem<br />

ersten Gedicht aus seinem Zyklus „Winterreise“ (50) , der durch Franz Schuberts Vertonung zeitlos<br />

gewor<strong>den</strong> ist. Die Eingangszeile „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus“ hätte mir<br />

mit ihrer anthropologischen Weisheit durchaus entsprochen. Aber das Gedicht trägt <strong>den</strong> Titel<br />

„Gute Nacht“, und das wäre im Zusammenhang mit meiner Universitätskritik doch etwas<br />

zweideutig gewesen. Außerdem lassen sich die Schlusszeilen des Gedichts „Schreib im<br />

Vorübergehen ans Tor dir Gute Nacht, damit du mögest sehen, an dich hab ich gedacht“ nur an<br />

eine Geliebte richten, und, abgesehen von meiner monogamen Lebensweise: eine solche<br />

Beziehung hatte ich zur Universität nicht, trotz der sympathischen Menschen, die ich hier auch<br />

angetroffen habe. So habe ich mich für das Gedicht „Interview“ von Marie Luise Kaschnitz<br />

entschie<strong>den</strong>. Es stammt aus dem Gedichtband „Dein Schweigen – meine Stimme“ (51) und benötigt<br />

keine Auslegung:<br />

Interview<br />

Wenn er kommt, der Besucher,<br />

Der Neugierige, und dich fragt,<br />

Dann bekenne ihm, dass du keine Briefmarken sammelst,<br />

Keine farbigen Aufnahmen machst,<br />

Keine Kakteen züchtest.<br />

Dass du kein Haus hast, keinen Fernsehapparat,<br />

Keine Zimmerlinde.<br />

Dass du nicht weißt,<br />

Warum du dich hinsetzt und schreibst,<br />

Unwillig, weil es dir kein Vergnügen macht.<br />

Dass du <strong>den</strong> Sinn deines Lebens immer noch nicht<br />

Herausgefun<strong>den</strong> hast, obwohl du schon alt bist.<br />

Dass du geliebt hast, aber unzureichend,<br />

Dass du gekämpft hast, aber mit zaghaften Armen.<br />

Dass du an vielen Orten zu Hause warst,<br />

Aber ein Heimatrecht hast an keinem.<br />

Dass du dich nach dem Tode sehnst und ihn fürchtest,<br />

Dass du kein Beispiel geben kannst als dieses:<br />

Immer noch offen.


Anmerkungen<br />

12<br />

1. z. B. Leopold Franzens-Universität (Hg.): Vorlesungsverzeichnis und Personalstand Wintersemester 2002/2003,<br />

S. 17<br />

2. In: neue sammlung 3/1982, S. 224-237<br />

3. vgl. K. Weigand (Hg.): Jean Jacques Rousseau: Schriften zur Kulturkritik. Hamburg 1955; M. Rang: Rousseaus<br />

Lehre vom Menschen. Göttingen 2. Aufl. 1965; M. Erdheim: Das Er<strong>den</strong>ken der Neuen Welt im 16. Jahrhundert.<br />

Entfremdung, Idealisierung und Verständnis. In: ders.: Psychoanalyse und Unbewusstheit in der Kultur. Aufsätze<br />

1980-1987. Frankfurt 3. Aufl. 1994, S. 29 ff<br />

4. I. Kant: <strong>Über</strong> Pädagogik. Hrsgg. v. Th. Dietrich. Bad Heilbrunn 1960, S. 7 ff<br />

5. S. Freud: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Studienausgabe I. Frankfurt 1982;<br />

ders.: Psychologie des Unbewussten. Studienausgabe III. Frankfurt 1982; M. Erdheim: Die gesellschaftliche<br />

Produktion von Unbewusstheit. Eine Einführung in <strong>den</strong> ethnopsychoanalytischen Prozess. Frankfurt. 5. Aufl.<br />

1997; ders. Psychoanalyse und Unbewusstheit in der Kultur. Aufsätze 1980-1987. Frankfurt 3. Aufl., 1994<br />

6. vgl. M. Liedtke: Evolution und Erziehung. Ein Beitrag zur integrativen Pädagogischen Anthropologie. Göttingen<br />

3. Aufl. 1991<br />

7. Kinder- und Hausmärchen, gesammelt durch die Brüder Grimm. 2 Bd. Frankfurt 1984, S. 51 ff<br />

8. W. F. Ogburn: Kultur und sozialer Wandel: ausgewählte Schriften. Hrsgg. u. eingel. v. Otis Dudley Duncan.<br />

Neuwied u.a. 1969; ders.: Social change. With respect to cultural and original nature. New York 1966<br />

9. U. Beck: Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt 1986, S. 220 ff<br />

10. vgl. ders.; dazu W. Brezinka: Erziehung in einer wertunsicheren Gesellschaft. Beiträge zur praktischen<br />

Pädagogik. München/Basel 3. Aufl. 1993<br />

11. Prof. Dr. Hartmut Griese, Projektleiter: „In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich?“<br />

http://www.netpad.de/gesellschaft/files/hauptteil_pretest.htm<br />

12. vgl. M. Liedtke 1991 a.a.O. S. 88 ff<br />

13. H. <strong>Hierdeis</strong>: Der Nationale Erziehungsplan Condorcets. In: H. Reinalter (Hg.): Die Französische Revolution.<br />

Frankfurt u.a. 1991, S. 115 ff<br />

14. vgl. M. Liedtke: Die Unvermeidbarkeit und Präzisierbarkeit unscharfer Begriffe – dargestellt am Beispiel der<br />

pädagogischen Fachsprache. In: J. Köhler/J. Nolte (Hg.): Vernunft und <strong>Bildung</strong>. Köln u.a. 1997, S. 85 ff<br />

15. A. Treml: Allgemeine Pädagogik. Grundlagen, Handlungsfelder und Perspektiven der Gesellschaft.<br />

Stuttgart/Berlin/Köln 2000, S. 211<br />

16. W. v. Humboldt: Theorie der <strong>Bildung</strong> des Menschen. Werke in 5 Bän<strong>den</strong>. Bd. I. Darmstadt 2. Aufl. 1969<br />

17. vgl. B. Schwenk: <strong>Bildung</strong>. In: D. Lenzen (Hg.): Pädagogische Grundbegriffe. Bd. 1. Reinbek 1989, S. 213 ff; P.<br />

Stöger: Bil<strong>den</strong>, Bild und <strong>Bildung</strong> – pädagogisch-anthropologische und psychoanalytische <strong>Über</strong>legungen. In: F.<br />

Pöggeler (Hg.): Bild und <strong>Bildung</strong>. Frankfurt u.a. 1992<br />

18. vgl. B. Schwenk a.a.O.<br />

19. W. v. Humboldt: Litauischer Schulplan. In: W. v. Humboldt: Werke in 5 Bän<strong>den</strong>. Bd. IV: Schriften zur Politik<br />

und zum <strong>Bildung</strong>swesen. Darmstadt 1964, S. 188, 189<br />

20. vgl. N. Luhmann: Das Erziehungssystem der Gesellschaft (hgg. v. D. Lenzen). Frankfurt 2002, S. 191<br />

21. vgl. H. <strong>Hierdeis</strong>: Zur Auseinandersetzung zwischen humanistischer und realistisch-naturwissenschaftlicher<br />

<strong>Bildung</strong> im 19. Jahrhundert. In: J. G. Prinz v. Hohenzollern/M. Liedtke (Hg.): Naturwissenschaftlicher Unterricht<br />

und Wissenskumulation. Bad Heilbrunn 1988, S. 306 ff<br />

22. H. <strong>Hierdeis</strong> 1988 a.a.O. S. 307, 311<br />

23. H. <strong>Hierdeis</strong> 1988 a.a.O. S. 311<br />

24. G. Picht: Die deutsche <strong>Bildung</strong>skatastrophe. Analyse und Dokumentation. Freiburg 1964<br />

25. N. Luhmann 2002 a.a.O. S. 191<br />

26. vgl. N. Luhmann/K. E. Schorr: Das Technologiedefizit der Erziehung und die Pädagogik. In: Zeitschrift für<br />

Pädagogik 1979, S. 345 ff<br />

27. S. B. Robinsohn: <strong>Bildung</strong>sreform als Revision des Curriculum und ein Strukturkonzept für die Curriculumentwicklung.<br />

Neuwied 3. Aufl. 1983<br />

28. Th. Wilhelm: Theorie der Schule. Hauptschule und Gymnasium im Zeitalter der Wissenschaften. Stuttgart 2.<br />

Aufl. 1969<br />

29. H. v. Hentig: Allgemeine Lernziele für die Gesamtschule. In: Deutscher <strong>Bildung</strong>srat (Hg.): Gutachten und<br />

Studien der <strong>Bildung</strong>skommission. Bd. 12. Stuttgart 1969<br />

30. D. Mertens: Schlüsselqualifikationen. In: H. Siebert (Hg.): Begründung gegenwärtiger Erwachsenenbildung.<br />

Braunschweig 1977<br />

31. A. Peccei (Hg.): Club of Rome. Bericht für die 80er Jahre. Zukunftschance Lernen. München 1990<br />

32. H. v. Hentig 1969 a.a.O.<br />

33. J. Habermas: Erkenntnis und Interesse. Frankfurt 10. Aufl. 1991<br />

34. G. Bittner: Die Insider und Outsider der Pädagogik. In: neue sammlung 4/1993<br />

35. ebd.


13<br />

36. PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. Leverkusen 2001<br />

37. vgl. z.B. H. Meyer: Unterrichtsmetho<strong>den</strong>. Theorieband. Frankfurt 1987; ders. Unterrichtsmetho<strong>den</strong>. Praxisband.<br />

Frankfurt 1987<br />

38. B. Rathmayr: Didaktische Prinzipien der Erziehungskunde. In: H. <strong>Hierdeis</strong> (Hg.): Erziehungskunde an Haupt-<br />

und Realschulen. Baltmannsweiler 1985, S. 67 ff<br />

39. Deutscher <strong>Bildung</strong>srat (Hg.): Empfehlungen der <strong>Bildung</strong>skommission. Strukturplan für das <strong>Bildung</strong>swesen.<br />

Stuttgart 1970<br />

40. vgl. z.B. D. Lenzen: Lernen – <strong>Bildung</strong> - Lebenslauf. Optionen für das künftige Sujet der Erziehungswissenschaft.<br />

In: Th. Fuhr/K. Schultheis (Hg.): Zur Sache der Pädagogik. Bad Heilbrunn 1999, S. 181 ff<br />

41. Universität Innsbruck (Hg.): a.a.O. S. 17<br />

42. ebd.<br />

43. vgl. Th. Hug (Hg.): Die soziale Wirklichkeit der Theorie. Beiträge zur Theorievermittlung und –aneignung in der<br />

Pädagogik. München 1990<br />

44. vgl. E. Appelt: Ökonomisierung der <strong>Bildung</strong>? In: erziehung heute 1/2002, S. 4 ff<br />

45. H. v. Hentig: <strong>Bildung</strong>. Ein Essay. Weinheim/Basel 2. Aufl. 1999<br />

46. E. Appelt a.a.O. S. 6<br />

47. J. J. Rousseau: Abhandlung über die Frage, ob die Erneuerung der Wissenschaften und Künste zur Läuterung der<br />

Sitten beigetragen habe. In: H. Röhrs (Hg.): J. J. Rousseau: Preisschriften und Erziehungsplan. Bad Heilbrunn<br />

1967<br />

48. I. Kant: <strong>Über</strong> Pädagogik. Hrsgg. v. Th. Dietrich. Bad Heilbrunn 1960, S. 11<br />

49. zit. n. S. Freud: Jenseits des Lustprinzips. In: Psychologie des Unbewussten. Studienausgabe Bd. III. Frankfurt<br />

1982, S. 272. – Genau genommen handelt es sich um die Rückertsche <strong>Über</strong>setzung eines arabischen Gedichts<br />

(siehe ebd., Anm. 1).<br />

50. W. Müller: Die Winterreise. Mit Zeichnungen von Ludwig Richter und einem Nachwort von Winfried Stephan.<br />

Zürich 2000.<br />

51. M.-L. Kaschnitz: Dein Schweigen – meine Stimme. Gedichte. Hamburg 1962

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