21.07.2013 Aufrufe

Ei, der Strauß

Ei, der Strauß

Ei, der Strauß

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Dem <strong>Strauß</strong>enzüchter<br />

Harald Pfeiffer ist das<br />

Vogel-<strong>Strauß</strong>-Prinzip<br />

fremd: Er steckt nicht den „Kopf<br />

in den Sand“. Übrigens genauso<br />

wenig wie seine Zöglinge, denn<br />

die afrikanischen Laufvögel le-<br />

gen im Tiefschlaf manchmal ihr Haupt<br />

lediglich flach auf die Erde. Das kann aus<br />

<strong>der</strong> Ferne so aussehen, als ob sie mit dem<br />

Kopf im Boden stecken. Aber Erklärungen<br />

des Sprichworts gibt es sicher viele. Nur<br />

dessen Interpretation ist einheitlich und<br />

bedeutet, dass manche Menschen bei großen<br />

Schwierigkeiten aufgeben und nichts<br />

mehr hören und sehen wollen. Nicht so<br />

Harald Pfeiffer: Als <strong>der</strong> von ihm nach <strong>der</strong><br />

Wende gegründete Kurierdienst in Konkurs<br />

geht, entschließt sich <strong>der</strong> Mecklenburger zu<br />

einem Neuanfang auf einem völlig unbekannten<br />

Terrain: <strong>der</strong> <strong>Strauß</strong>enzucht. Denn<br />

<strong>der</strong> heute 52-Jährige ist zwar auf einem<br />

landwirtschaftlichen Hof aufgewachsen,<br />

hatte aber später nichts mehr mit Ackerbau<br />

und Viehzucht zu tun. Autodidaktisch<br />

studiert er die Haltungs- und Fütterungsbedingungen<br />

<strong>der</strong> Flachbrustvögel,<br />

besucht an<strong>der</strong>e <strong>Strauß</strong>enfarmen, pachtet<br />

Land zu und beginnt nebenbei, Gehege<br />

und Unterstände zu bauen. Pfeiffer gibt<br />

auch dann nicht auf, als er eine Ahnung<br />

davon bekommt, dass die <strong>Strauß</strong>enzucht<br />

nicht nur für ihn neu ist: Die Behörden<br />

sind maßlos überfor<strong>der</strong>t. Für die notwendigen<br />

Genehmigungen geht er oft lange<br />

Wege und leistet wahre Überzeugungsarbeit.<br />

Aber als 2001 die ersten 40 Küken des<br />

afrikanischen <strong>Strauß</strong>es über seinen Hof in<br />

Canzow bei Woldegk tänzeln, ist er stolz<br />

– und einer <strong>der</strong> Vorreiter <strong>der</strong> <strong>Strauß</strong>enzucht<br />

in Mecklenburg-Vorpommern und<br />

ganz Ostdeutschland.<br />

Anspruchsvolle Aufzucht<br />

„Am Anfang gab es wie bei jedem neuen<br />

Wagnis Schwierigkeiten. Die Haltung, insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> Küken, ist aufwendig. <strong>Strauß</strong>e<br />

geraten schnell in Panik. <strong>Ei</strong>ne kleine Ungewohntheit<br />

und schon rasen die Jungvögel<br />

hin und her, von Wand zu Wand – bis sie<br />

verletzt umfallen! Die erwachsenen Tiere<br />

können gefährlich austreten. Das passiert<br />

gerade in Gehegen, sobald die Fluchtwege<br />

begrenzt sind“, schil<strong>der</strong>t Pfeiffer seine ersten<br />

Erfahrungen mit den Exoten.Obwohl<br />

<strong>Strauß</strong>e sich an das Kontinentalklima gut<br />

anpassen, gedeihen Küken bis zu einem<br />

Alter von vier Wochen am besten bei konstanten<br />

Temperaturen von 30 bis 36 ˚C. Für<br />

diese Anfor<strong>der</strong>ungen baute Harald Pfeiffer<br />

auf seinem Hof, <strong>der</strong> rund 160 km nördlich<br />

von Berlin liegt, einen neuen Stall mit Fußbodenheizung<br />

und Rotlichtlampen. „Aber<br />

am besten wachsen sie bei Sonnenschein“,<br />

landwirt<br />

des<br />

monats<br />

weiß er. Die Aufzucht <strong>der</strong> <strong>Strauß</strong>e<br />

erfor<strong>der</strong>t eine beson<strong>der</strong>e Sorgfalt.<br />

Immerhin kostet ein Tagesküken<br />

zwischen 50 bis 70 Euro. Außerdem<br />

muss es bis zu einem Alter<br />

von zwölf Wochen ein beson<strong>der</strong>es<br />

Spezialfutter bekommen, bevor<br />

schlicht Grünfutter, Heu und Getreide auf<br />

dem Speiseplan stehen. Ausgewachsen vertilgt<br />

ein Vogel bis zu 6 kg Futter am Tag.<br />

Erst nach an<strong>der</strong>thalb Jahren sind <strong>Strauß</strong>e<br />

mit etwa 120 kg ausgewachsen. Dann haben<br />

sie die beste Fleischqualität erreicht<br />

und werden, sofern sie nicht für die Zucht<br />

bestimmt sind, geschlachtet. 20 bis 25 kg<br />

reines Edelfleisch liefert ein Vogel; <strong>der</strong><br />

Rest wird zu Wurst verarbeitet. Wichtig<br />

dabei ist, dass Afrikanische <strong>Strauß</strong>e nur auf<br />

einem Schlachthof, <strong>der</strong> eine EU-Zulassung<br />

für Farmwild besitzt, geschlachtet werden<br />

dürfen.<br />

Fläche als begrenzen<strong>der</strong> Faktor<br />

Trotz allem Engagement arbeitete die<br />

„<strong>Strauß</strong>enzucht Pfeiffer“ erst nach acht<br />

Jahren wirtschaftlich. Und selbst das erfor<strong>der</strong>te<br />

ungewöhnlich viele Ideen. Der kreative<br />

Vater zweier Kin<strong>der</strong> bietet Produkte,<br />

die es bisher auf dem Markt nicht gibt.<br />

„Zum einen verarbeite ich fast alles von<br />

einem Vogel. Zum an<strong>der</strong>en lasse ich nur<br />

qualitativ hochwertige Erzeugnisse herstellen,<br />

die ihren Preis haben“, bekennt er:<br />

Schmuck aus <strong>Strauß</strong>enkrallen als Glücksbringer,<br />

bemalte <strong>Ei</strong>er als Nachttischlampen,<br />

Kosmetika, Hüte und Westen aus <strong>Strauß</strong>enle<strong>der</strong>,<br />

gefärbte Fe<strong>der</strong>n, Gourmetwürstchen<br />

o<strong>der</strong> Leberpastete mit Preiselbeeren – die<br />

Palette seiner Verkaufsschlager ist groß.<br />

Aber beson<strong>der</strong>s gern gibt <strong>der</strong> anscheinend<br />

immer gut gelaunte Mecklenburger<br />

seine Innovationen nicht preis, denn <strong>der</strong><br />

Markt ist hart umkämpft. Das hat er oft<br />

zu spüren bekommen. Seine Ideen, Erfahrungen<br />

und Absatzmöglichkeiten hat<br />

mancher Neueinsteiger kopiert. „<strong>Ei</strong>gentlich<br />

wollte ich den an<strong>der</strong>en damit helfen,<br />

ihnen Starthilfe geben. Aber ich wurde oft<br />

enttäuscht. Heute bin ich vorsichtiger“,<br />

bedauert er. Denn ausgefallene Ideen und<br />

neue Wege sind lebenswichtig, da es für<br />

die Pfeiffer‘sche <strong>Strauß</strong>enzucht einen entscheidenden<br />

und begrenzenden Faktor<br />

gibt: die Fläche. Nach dem Bundesverband<br />

Deutscher <strong>Strauß</strong>enzüchter e. V. (www.str-<br />

Ausgewählte Produkte aus dem Pfeifferschen<br />

Hofladen, die er zum Teil selbst<br />

entwickelt hat:<br />

1 <strong>Strauß</strong>enfe<strong>der</strong>n in allen Variationen.<br />

2 Canzower <strong>Strauß</strong>enblut.<br />

3 Bemalte <strong>Strauß</strong>eneier, auch als Werbeträger<br />

einsetzbar.<br />

4 Plüschstrauß.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

Landwirt des Monats I 159<br />

www.dlz-agrarmagazin.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!