Themenheft 2011 - Assoziation ökologischer Lebensmittel Hersteller
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fen sind auch Ackerflächen in Ostdeutschland, die in<br />
der Nachfolge der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften<br />
(LPG) zunächst von der Treuhand<br />
und dann von der Bodenverwaltungs- und Verwertungsgesellschaft<br />
verpachtet wurden. 38<br />
Weil Boden immer knapper wird, greift Landgrabbing<br />
um sich. Reiche Länder und multinationale<br />
Konzerne sichern sich heute mit Finanz- statt Waffengewalt<br />
üppige Ländereien in armen und korruptionsgebeutelten<br />
Staaten, vor allem in Asien und Südostasien.<br />
Nach Studien des International Food Policy<br />
Research Institute (IFPRI) haben sie zwischen 2006<br />
und 2009 zwischen 15 und 20 Millionen Hektar<br />
Ackerland gekauft oder gepachtet – das entspricht<br />
etwa einem Fünftel der in der EU landwirtschaftlich<br />
genutzten Fläche. 39 In der Folge verschärfen sich die<br />
Landkonflikte, wenn Kleinbauern von ihrem Land<br />
verdrängt oder vertrieben werden, indem ihre extensiv<br />
genutzten Flächen als „untergenutzt“ definiert<br />
werden. 40<br />
Vor allem diese Landbevölkerung wird also ihrer Lebensgrundlage<br />
beraubt. 41 Dadurch verschärft sich<br />
das Hungerproblem, das derzeit vor allem ein<br />
Verteilungsproblem ist. 42 Doch die immer kleinere<br />
fruchtbare Fläche muss künftig immer mehr Menschen<br />
ernähren – bis zum Ende des Jahrhunderts<br />
wohl zehn Milliarden. Ist es heute durch Intensivbewirtschaftung<br />
möglich, einen Menschen mit 0,25<br />
Hektar Land zu ernähren, so wird das bis 2050 verfügbare<br />
Ackerland auf 0,1 Hektar pro Kopf sinken. 43<br />
Und der vermehrte Fleischkonsum wird tief greifende<br />
Folgen für die Ernährungssicherheit haben. 44 Die<br />
Viehzucht beansprucht Ackerflächen, die dringend<br />
„Verbrannte Erde“: Großflächiger Landkauf oder -pachtung ausländischer<br />
Investoren gibt es vor allem in Afrika.<br />
zur Produktion von Grundnahrungsmitteln benötigt<br />
werden. 45<br />
Sind Schweine und Geflügel über Jahrtausende auf<br />
der Basis von Gras und Ernterückständen gefüttert<br />
worden, die für den Menschen ohnehin nicht verwertbar<br />
sind und daher nicht direkt konsumiert werden<br />
können, so werden heute vermehrt Getreide wie<br />
Mais, Weizen und Roggen sowie Proteine, vor allem<br />
Soja, gefüttert. 46 Die heute gängige Praxis, diese Tiere<br />
mit Getreide und Soja zu füttern, beansprucht riesige<br />
Flächen, größtenteils außerhalb Europas und vor allem<br />
in Lateinamerika. Dort werden große Regenwaldflächen<br />
abgeholzt und Grünland in Ackerland umgebrochen.<br />
47<br />
„Im weitesten Sinne wird die Lebensdauer einer Gesellschaft<br />
dadurch begrenzt, dass irgendwann die gesamte<br />
bestellbare Fläche landwirtschaftlich genutzt<br />
wird.“ 48 Allerdings gibt es im 3. Jahrtausend kaum<br />
noch ungenutztes Land zur weiteren Eroberung, im<br />
Gegenteil: Die Verfügbarkeit fruchtbarer Böden nimmt<br />
rapide ab. Damit ist das Überleben der Menschheit<br />
mittelfristig ist Gefahr. „Eines ist klar: Wenn wir die<br />
Lebensdauer unserer heutigen Zivilisation verlängern<br />
wollen, ist der Umbau der Landwirtschaft zwingend<br />
erforderlich.“ 49<br />
40 Herre, Roman (2010): Moderne Landnahme – Eine Bewertung großflächiger Direktinvestitionen in Land aus menschenrechtlicher Perspektive. In: Agrarbericht, S. 75 – 78.<br />
41 So heißt es im Weltagrarbericht (2008): „Etwa 70 % der mittellosen Bevölkerung der Welt leben in ländlichen Räumen, und der größte Teil davon hat mit Landnutzung und Erzeugung<br />
von <strong>Lebensmittel</strong>n zu tun.“ siehe: Dev Nathan (Indien), Erika Rosenthal (USA), Joan Kagwanja (Kenia): Handel und Märkte. zitiert nach: IAASTD- Synthesebericht (2009),<br />
S. 215. http://hup.sub.uni-hamburg.de/opus/volltexte/2009/94/pdf/HamburgUP_IAASTD_Synthesebericht.pdf<br />
42 vgl. u.a. Ries, Felix (2009): Auf dem Acker wächst genug für alle. Auf: Bundeszentrale für politische Bildung, Spezial Ernährung. http://www.bpb.de/<br />
Siehe auch: Bello, Walden (2010): Politik des Hungers.<br />
43 Montgomery, David R. (2010): dreck - Warum unsere Zivilisation den Boden unter den Füßen verliert, S. 314.<br />
44 Blum, Winfried E.H. (2010): Die Sanduhr läuft. In: Politische Ökologie - Peak Soil, S. 37.<br />
45 u.a. http://www.brot-fuer-die-welt.de/ernaehrung/4489_4744_DEU_HTML.php<br />
46 Gerade Rindermägen sind auf rohfaserreiches Futter spezialisiert und daher basiert die optimale Fütterung der Tiere auf Gras. Schweine und Hühner wiederum sind Allesfresser und<br />
damit optimal als „Resteverwerter“ einsetzbar.<br />
47 vgl. Soil Association (2010): Feeding the animals that feed us, S. 4.<br />
48 Montgomery, David R. (2010): dreck – Warum unsere Zivilisation unter den Füßen verliert, S. 310.<br />
49 ebda, S. 325.<br />
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