Siri Hustvedt Liebe auf dem Prüfstand - boersenblatt.net
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Niemand<br />
hilft …<br />
KAMPUSCH-ENTFÜHRUNG<br />
Schockierende Kleinigkeiten<br />
Der Filmproduzent<br />
Bernd Eichinger<br />
wollte in diesem<br />
Jahr mit den Dreharbeiten<br />
beginnen.<br />
Jetzt, nach seinem<br />
Tod, ist es fraglich,<br />
ob es so bald einen<br />
Kinofi lm über die spektakuläre Entführung und<br />
die lange Gefangenschaft der Natascha Kampusch<br />
geben wird. Wie gut, dass man über den<br />
Fall nicht nur lesen, sondern jetzt auch hören<br />
kann: Die Schauspielerin Elisabeth Schwarz, zuletzt<br />
zu sehen in <strong>dem</strong> Film „Der Baader Meinhof<br />
Komplex“, liest Kampuschs Erinnerungen, und in<br />
ihrer Stimme schwingt all das Leid mit, das das<br />
Kind in seiner acht Jahre dauernden Gefangenschaft<br />
ertragen musste. Es sind vor allem die Kleinigkeiten,<br />
die an der Gefangenschaftsgeschichte<br />
der Natascha Kampusch schockieren. Etwa das<br />
Befremden, das sie überfi el, als sie sich nach einigen<br />
Jahren endlich einmal wieder im Spiegel sehen<br />
durfte. Oder ihre Bitte an den Entführer, mit<br />
ihr Halma zu spielen – Zeit, die der Vater nie für<br />
Natascha hatte. rma<br />
^ Natascha Kampusch: „3096 Tage“. Gelesen<br />
von Elisabeth Schwarz. Hörbuch Hamburg,<br />
19,95 € (D / A) • 34,90 sFr.<br />
42<br />
THRILLER<br />
Brutale<br />
Nah<strong>auf</strong>nahme<br />
Am frühen Morgen des 13. März 1964 wurde<br />
eine junge Frau vor der Tür eines Wohnkomplexes<br />
in New York vergewaltigt und<br />
erstochen. Viele Menschen haben ihre<br />
Schreie gehört, niemand hat ihr geholfen.<br />
Dieser Fall, der Mord an der 28-jährigen Kitty<br />
Genovese, der Generationen von Soziologen<br />
zu Forschungen über den „Zuschauereffekt“<br />
angeregt hat, ist Ausgangspunkt<br />
von Ryan David Jahns Roman „Ein Akt der<br />
Gewalt“. Um den Mordfall herum ord<strong>net</strong> er<br />
weitere Geschichten, in denen Gewalt<br />
ebenfalls eine große Rolle spielt: Ein Krankenwagenfahrer<br />
versucht einen pädophilen<br />
Lehrer zu töten, ein Polizist will einen<br />
Mord vertuschen, ein Junge hilft seiner<br />
kranken Mutter zu sterben. Es ist eine kalte<br />
Welt, die Jahn in brutalen Nah<strong>auf</strong>nahmen<br />
schildert. David Nathan, der deutsche Synchronsprecher<br />
von Johnny Depp, liest das<br />
mit kühler Distanz und einer Spur Ekel in<br />
der Stimme. Sehr fesselnd. Aber man muss<br />
schon einiges aushalten können, um die<br />
vier CDs durchzustehen. Der Titel passt: Es<br />
ist tatsächlich „Ein Akt der Gewalt“. rma<br />
^ Ryan David Jahn:<br />
„Ein Akt der Gewalt“.<br />
Gelesen von David<br />
Nathan. Random<br />
House Audio, 4 CDs,<br />
19,99 € (D / A) •<br />
32,90 sFr.<br />
buchjournal 2/2011<br />
© Warren Goldswain