17.10.2012 Aufrufe

AKADEMIE -REPORT - Akademie für Politische Bildung Tutzing

AKADEMIE -REPORT - Akademie für Politische Bildung Tutzing

AKADEMIE -REPORT - Akademie für Politische Bildung Tutzing

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Für Chancengleichheit – gegen Diskriminierung<br />

Die Europa-Parlamentarierin Niebler über Frauenrechte in der neuen EU<br />

Am 1. Mai 2004 traten Estland,<br />

Lettland, Litauen, Malta, Polen,<br />

die Slowakei, Slowenien,<br />

Tschechien, Ungarn und Zypern ( nach<br />

dem Scheitern des Referendums trat<br />

nur der griechische Landesteil bei) als<br />

Vollmitglieder der EU bei. Völker und<br />

Staaten, die immer ein Teil Europas<br />

waren, kehrten zurück in die europäische<br />

Familie. Staaten, die Jahrhunderte<br />

lang von den benachbarten Großmächten<br />

bedroht und unterdrückt wurden,<br />

sollten nun an der Gestaltung des<br />

europäischen Gedankens beteiligt werden.<br />

Ein Jahr nach der Erweiterung<br />

ist zwar die politische und wirtschaftliche<br />

Teilung überwunden,<br />

die mentale hingegen noch<br />

lange nicht. Hoffnungen und<br />

Ängste prallen gleichermaßen<br />

aufeinander: Während die Wirtschaft<br />

in der Erweiterung eine<br />

große Chance <strong>für</strong> Deutschland<br />

sieht, steht <strong>für</strong> eine breite<br />

Schicht der deutschen Bevölkerung<br />

die EU-Erweiterung <strong>für</strong><br />

Lohndumping und Wegfall von<br />

Arbeitsplätzen. Wird Europa<br />

stärker oder wird die EU handlungsunfähig?<br />

Die Beitrittsverhandlungen mit<br />

Bulgarien und Rumänien bieten<br />

weiteren Anlass zu kontroversen<br />

Debatten und der Wunsch<br />

der Türkei nach einem EU-Beitritt<br />

stößt bei vielen Menschen<br />

und Politikern auf Ablehnung.<br />

Über das Pro und Contra zur<br />

weiteren Ausdehnung der EU<br />

diskutierten Vertreterinnen bayerischer<br />

Frauenverbände unter Leitung von Jürgen<br />

Weber. Unter anderem referierte<br />

die CSU-Europaabgeordnete Angelika<br />

Niebler über die „Förderung der<br />

Frauenrechte in den neuen Mitgliedsländern<br />

der EU“.<br />

Seit November 1999 ist Angelika<br />

Niebler Abgeordnete im Europäischen<br />

Parlament (EVP). Sie ist parlamentarische<br />

Geschäftsführerin der CDU/<br />

<strong>Akademie</strong>-Report 4/2005<br />

CSU-Europagruppe, Mitglied des<br />

Ausschusses <strong>für</strong> Industrie, Forschung<br />

und Energie sowie des Ausschuss <strong>für</strong><br />

die Rechte der Frau und der Gleichstellung<br />

der Geschlechter. Gleich zu<br />

Beginn betonte Niebler, dass „Frauenpolitik<br />

Europapolitik“ sei. Es sei einer<br />

der Grundsätze der EU, die Gleichstellung<br />

von Mann und Frau zu fördern.<br />

Kluft zwischen Realität<br />

und Gesetz<br />

Zur Gleichstellung sei bereits einiges<br />

auf den Weg gebracht worden: Mit<br />

DAPHNE wurde ein EU-Programm<br />

Die Europa-Abgeordnete Angelika Niebler<br />

(CSU): „2007 soll in der EU das Jahr der<br />

Chancengleichheit <strong>für</strong> alle werden.“<br />

Foto: tobis<br />

geschaffen, das Gewalt in Familien und<br />

gegen Frauen bekämpft. Die Gemeinschaftsinitiative<br />

EQUAL habe es sich<br />

zum Ziel gesetzt, die Chancengleichheit<br />

und Gleichbehandlung in Beschäftigungsfragen<br />

zu verbessern. Mit dem<br />

Konzept des „Gender Mainstreaming“<br />

habe man erkannt, dass eine geschlechtsneutrale<br />

Wirklichkeit nicht<br />

existiert. Daher sollen bei allen gesellschaftlichen<br />

Vorhaben die Interessen<br />

von Mann und Frau berücksichtigt<br />

werden.<br />

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion,<br />

so Niebler, hätten die Frauen<br />

unter dem Transformationsprozess<br />

in den ehemaligen Ostblock-Staaten<br />

am meisten gelitten: Der Umbau der<br />

sozialen Sicherungssysteme ging mit<br />

der Arbeitslosigkeit Hand in Hand.<br />

Zwar sind in allen neuen Mitgliedstaaten<br />

Gleichstellungsaspekte formell<br />

vorhanden. Dennoch seien diese in der<br />

Gesellschaft reell noch nicht vollzogen:<br />

So beträgt in der polnischen Industrie<br />

der geschlechtsspezifische<br />

Lohnunterschied 40 Prozent. Gewalt<br />

in der Familie ist in Polen der<br />

dritthäufigste Gesetzesverstoß und<br />

ein Gesetzentwurf zur Chancengleichheit<br />

wurde sogar abgelehnt.<br />

Tschechien hat mit der Prostitution<br />

zu kämpfen und in Parlament und<br />

Senat beträgt der Frauenanteil nur<br />

14 Prozent. Besonders schlecht<br />

schneidet der potenzielle Beitrittskandidat<br />

Türkei ab: So können 25<br />

Prozent der Türkinnen weder lesen<br />

noch schreiben. Zwischen 1999 und<br />

2004 ist die Beschäftigungsquote<br />

von Frauen von 34 Prozent auf<br />

22,5 Prozent gesunken.<br />

Chancengleichheit<br />

In allen neuen Beitrittsländern sei<br />

festzustellen, dass durch die Verschlechterung<br />

der sozialen und ökonomischen<br />

Verhältnisse die häusliche<br />

Gewalt zugenommen hat. Zukünftige<br />

Vorhaben stehen bereits<br />

fest: 2007 soll in der EU das Jahr<br />

der Chancengleichheit <strong>für</strong> alle werden.<br />

Der Vorrang liegt dann auf der Bekämpfung<br />

von Diskriminierung. Ziel<br />

sei es, die diesbezügliche Gesetzesla-<br />

ge in den einzelnen Staaten vollständig<br />

umzusetzen. �<br />

Tobias Schickhaus<br />

25

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!