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Weißer Wolf & Seelenfresser (PDF)

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men würde, Wie groß musste Hruindhyrs Hass, musste seine<br />

Eifersucht sein, dass er sich der Menschen bediente, statt<br />

sich einem gleichwertigen Gegner in fairem Kampf zu stellen?<br />

Huicotl verharrte unschlüssig, aber nur einen Augenblick.<br />

Brennender Schmerz riss ihn in die Wirklichkeit zurück.<br />

Ein Pfeil hatte seine rechte Flanke gestreift, ihm blieb<br />

keine Wahl mehr: Er musste kämpfen.<br />

An eine rettende Verwandlung dachte er längst nicht mehr.<br />

Aus Liebe war er zum <strong>Wolf</strong> geworden, und nun hatte er fast<br />

vergessen, dass dies nur eine von unzähligen Erscheinungsformen<br />

war. Mit einem Knurren, das den Tod der Männer zu<br />

verkünden schien, warf er sich den Menschen entgegen.<br />

In weiter Feme schreckte der letzte der sieben Brüder aus<br />

dem Schlaf. Er war alleine.<br />

Vergangenheit 3.<br />

Sie standen reglos im silbernen Mondlicht am Rand der Klippe,<br />

unter sich die schwarzen, schweigenden Wälder Moravods:<br />

Eine makellose Wölfin mit silberweißem Fell und<br />

klaren blauen Augen und der große schwarzbraune <strong>Wolf</strong>.<br />

Huiocotl sagte nichts. Er hörte nur zu, was ihm die Weiße<br />

Fähe zu berichten hatte. Es war ihre Lebensbeichte, und sie<br />

berichtete davon, wie sie früher einmal, vor langer Zeit, eine<br />

menschliche Schamanin namens Ljubana gewesen und durch<br />

Hruindhyrs Schuld getötet worden war. Doch ihre Seele fuhr<br />

in den Leib ihres Totemtieres, einer weißen Wölfin, in die<br />

sich Hruindhyr verliebte. Ljubana aber hasste und fürchtete<br />

die riesige, reißende Bestie, die nur aus Eis und Kälte zu<br />

bestehen schien. Niemals würde es Liebe zwischen ihnen<br />

geben. Hruindhyr aber verstand sie nicht und verfolgte sie<br />

unerbittlich und mit rasender Eifersucht. Sie wusste, dass er<br />

ihre Verbindung mit Huiocotl niemals dulden würde.<br />

Huiocotl verspürte keine Angst. Er hatte sie geliebt, vom<br />

ersten Augenblick an, und er wusste, dass sie ihm das gleiche<br />

Gefühl entgegen brachte. So schworen sie einander ewige<br />

Liebe, jenseits von Leben und Tod und Raum und Zeit.<br />

Ihr ehemaliges Menschsein verband sie miteinander, so eng,<br />

wie er es niemals geglaubt hätte, so eng, dass es sogar die<br />

Bande zu seinen Brüdern überlagerte. Die Weiße Fähe warnte<br />

ihn vor Hruindhyrs Macht und Verschlagenheit, aber er lachte<br />

nur. Hruindhyr und er waren einander an Macht ebenbürtig,<br />

daran bestand für ihn nicht der geringste Zweifel.<br />

In dieser Nacht kam Hruindhyr zu ihnen, eine bleiche, kalte<br />

Gestalt, die in der Luft über dem Abgrund zu schweben<br />

schien. Verlass ihn, lautete seine Botschaft an diesem Abend,<br />

und sie war ausschließlich an Ljubana gerichtet, sonst werde<br />

ich ihn töten. Mehr nicht. Die Weiße Fähe entgegnete nichts,<br />

86<br />

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aber das war auch nicht notwendig; ihr Schweigen war Antwort<br />

genug. Huiocotl aber sprang in die Luft, wurde im<br />

Sprung zur Fledermaus und stürzte sich auf den Seelenwolf.<br />

Für einen Augenblick schien dieser so etwas wie Überraschung<br />

zu spüren, aber dann drehte sich das riesige weiße<br />

Geschöpf einfach um, zerfloss zu einer wirbelnden Wolke<br />

aus Schneegestöber - und war verschwunden.<br />

Als die Fledermaus gelandet und wieder <strong>Wolf</strong> geworden war,<br />

erklang von fern das Krächzen von Krähen wie ein unheilvolles<br />

Omen.<br />

Huiocotl 4.<br />

Huiocotl jaulte schmerzerfüllt auf, als die Klingen und Pfeile<br />

mit magischem Schmerz in seinen Wunden brannten. So<br />

sehr, dass er sich plötzlich wieder als das sah, was er war. Er<br />

wurde ganz ruhig. Er konnte nicht sterben. Er war ein Statthalter<br />

des Camasotz. Er würde den Menschen entkommen,<br />

indem er zu Nebel wurde. Doch nichts geschah, so sehr er<br />

seine Magie auch heraufzubeschwören versuchte. Er wollte

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