Recht
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Stand März 2013 I RECHT und RECHTSPRECHUNG<br />
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6. Eintretenmüssen für Fehlverhalten Dritter<br />
6.1 Zur Frage der Haftung einer GmbH für<br />
eine fehlerhafte Anlageberatung durch<br />
eine namensgleiche Einzelfirma<br />
(BGH, Urt. v. 05.07.2012, III ZR 116/11)<br />
Sachverhalt (vereinfacht)<br />
Eine Anlegerin beteiligte sich als atypisch stille Gesellschafterin<br />
an einer AG. Sie leistete eine Einmalanlage<br />
und sollte des Weiteren monatliche Raten<br />
erbringen. Die Beteiligung hatte ein Anlageberater<br />
empfohlen. Es war strittig, ob dieser Anlageberater<br />
im eigenen Namen aufgetreten ist oder als Mitarbeiter<br />
einer Einzelfirma mit deren Vertretungsbefugnis.<br />
Neben der Einzelfirma wurde eine GmbH gegründet.<br />
Zwischen der Einzelfirma und der GmbH bestand<br />
Namensgleichheit. Die Anlegerin forderte von<br />
der GmbH Schadenersatz unter den Gesichtspunkten<br />
der Firmenfortführung der Einzelfirma und<br />
<strong>Recht</strong>sscheingesichtspunkten. Der Anlageberater<br />
hatte Visitenkarten, die das Logo und den Namen<br />
der Einzelfirma trugen. Im Zeichnungsschein ist in<br />
der Rubrik „Vermittler“ die Einzelfirma angegeben.<br />
Der Anlageberater hatte in seiner Befragung<br />
als Zeuge des Weiteren angegeben, sowohl für die<br />
Einzelfirma als auch für die GmbH tätig gewesen<br />
zu sein.<br />
Entscheidung<br />
Der BGH hält eine Haftung der GmbH für denkbar.<br />
In Betracht kommt eine Haftung unter dem Gesichtspunkt<br />
der Duldungs- und Anscheinsvollmacht<br />
sowie eine Haftung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB<br />
unter dem Gesichtspunkt der Firmenfortführung.<br />
Von einer Unternehmensfortführung geht der<br />
maßgebliche <strong>Recht</strong>sverkehr aus, wenn ein Betrieb<br />
von einem neuen Inhaber in seinem wesentlichen<br />
Bestand unverändert weitergeführt wird, der Tätigkeitsbereich,<br />
die innere Organisation und die<br />
Räumlichkeiten ebenso wie die Kunden- und Lieferantenbeziehungen<br />
jedenfalls im Kern beibehalten<br />
und/oder Teile des Personals übernommen werden.<br />
Unerheblich ist dabei die Hinzufügung oder Weglassung<br />
eines auf eine Gesellschaftsform deutenden<br />
Zusatzes. Der Anwendungsbereich für eine Haftung<br />
unter dem Gesichtspunkt der Firmenfortführung<br />
wird auch eröffnet, wenn eine sukzessiv erfolgende<br />
Unternehmensübernahme vorliegt, also zeitweilig<br />
Alt- und Neu-Unternehmen nebeneinander existieren.<br />
Hier sprachen zahlreiche Indizien für eine Firmenfortführung<br />
der Einzelfirma durch die GmbH.<br />
Bildquelle: © FotolEdhar - Fotolia.com<br />
Das Betätigungsfeld beider Firmen war identisch,<br />
ferner die Firmierung, das Firmenlog, der Geschäftssitz,<br />
Telefon- und Telefaxnummer sowie auch die<br />
Selbstdarstellung der GmbH, die im Internet eine<br />
20 Jahre zurückreichende Unternehmensgeschichte<br />
schilderte. Dies spricht für eine nach außen in<br />
Erscheinung getretene Unternehmenskontinuität.<br />
Dass in der Firma der Zusatz „GmbH“ geführt wurde,<br />
sah das Gericht insoweit als belanglos an.<br />
Sodann ging es noch um die Frage, ob der Anlageberater<br />
in eigenem Namen oder für die zum Zeitpunkt<br />
der Zeichnung existente Einzelfirma gehandelt<br />
hat. Aufgrund der Visitenkarte und der Angabe<br />
im Zeichnungsschein sowie auch der Einladung der<br />
Anlegerin zu einer Informationsveranstaltung der<br />
Einzelfirma lag es nahe, von einem Handeln des Beraters<br />
für die Einzelfirma auszugehen. In Betracht<br />
kommt ein Handeln als Vertretet sowohl unter den<br />
Gesichtspunkten der Duldungs- als auch der Anscheinsvollmacht.<br />
Des Weiteren hatte der Anlageberater<br />
als Zeuge ausgesagt, für beide Gesellschaften<br />
tätig gewesen zu sein (sowohl für die Einzelfirma als<br />
auch für die GmbH).