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7 - Ärztekammer für Salzburg

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medizin in salzburg<br />

entscheiden. Auf die Gefahren einer sogenannten<br />

Triple-Therapie (OAK, ASS,<br />

Thienopyridine) bedeutet in jedem Fall<br />

eine erhöhte Blutungsgefahr (Univ.-Prof.<br />

Dr. Pichler – Univ.Kardiologie <strong>Salzburg</strong>).<br />

Es existieren dazu allerdings keine prospektiven<br />

Studien. Empfohlen wird ein<br />

engmaschiges INR-Monitoring, ein vorsichtiger<br />

Einsatz der sogenannten Bridging-Therapie<br />

mit Heparin (nur bei mechanischem<br />

Klappenersatz und Beinvenenthrombosen<br />

unter 3 Monaten), eine<br />

Blutdruckeinstellung unter 130/80 mm<br />

Hg, eine prophylaktische PPI-Einnahme<br />

bei Patienten mit Magenulcus bzw. die<br />

Eradikation bei HP-positiver Gastritis,<br />

die explizite Aufklärung bezüglich Gefahren<br />

bei Einnahme von NSAR und<br />

Aspirin-haltigen Medikamenten und die<br />

Risikostratifizierung bei Vorhofflimmern<br />

mit CHADS 2-Score. Bei der Notwendigkeit<br />

eines Stentings sollte nach Möglichkeit<br />

die Implantation eines drug eluting-Stents<br />

(DES) vermieden werden.<br />

Die ärgste Form einer Blutung ist wohl<br />

die intracerebrale Blutung, wobei allerdings<br />

bis 2005 der Begriff „major bleeding“<br />

nicht einheitlich definiert war<br />

(Univ.Prof.Dr. Iglseder – CDK <strong>Salzburg</strong>).<br />

Ein exzessiver Anstieg des ICH-Risikos<br />

besteht bei INR > 5, es sind dann auch<br />

größere Infarktvolumina und eine erhöhte<br />

Letalität zu erwarten. Ebenso ist<br />

bekannt, dass starke INR-Schwankungen<br />

mit einem erhöhten Blutungsrisiko<br />

assoziiert sind. Generell kann man<br />

sagen, dass das Blutungsrisiko sich pro<br />

INR-Zunahme etwa um 1 verdoppelt,<br />

hingegen wird das Blutungsrisiko bei<br />

Sturzgefährdung allgemein eher überschätzt.<br />

Bei Einhaltung eines INR-Zielbereiches<br />

von 2,0 – 3,0 ist ein signifikanter<br />

Anstieg intracranieller Blutungen<br />

nach Sturz nicht zu erwarten.<br />

Die tiefe Beinvenenthrombose stellt<br />

eine der häufigsten Erkrankungen des<br />

Herzkreislaufsystems dar, die jährliche<br />

Inzidenz beträgt 40–160 pro 100.000<br />

Einwohnern, die Inzidenz der Pulmonalembolie<br />

20–70 pro 100.000 (OA Dr.<br />

Sturm – Med. Universität Innsbruck).<br />

Entscheidungshilfen <strong>für</strong> eine optimale<br />

OAK-Therapie sind Schweregrad des<br />

VTE-Ereignisses, die Frage ob ein idiopathisches<br />

oder provoziertes Ereignis vor-<br />

liegt, das Blutungsrisiko, das Thrombophilie-Screening<br />

und die Guidelines zur<br />

antithrombotischen Therapie (ACCP<br />

2008 CHEST). Bei peripherer arterieller<br />

Verschlußkrankheit ist eine Langzeit-Antikoagulation<br />

nur <strong>für</strong> den Zustand nach<br />

Embolektomie und/oder hohem Risiko<br />

<strong>für</strong> einen Bypassverschluss sinnvoll, ansonsten<br />

werden Thrombozytenfunktionshemmer<br />

empfohlen.<br />

Die Hälfte der Indikationen zur oralen<br />

Antikoagulation im Kindesalter sind kardiologische<br />

Erkrankungen (Univ.-Prof.<br />

Dr. Streif – Med. Universität Innsbruck).<br />

Jüngere Kinder benötigen mehr Warfarin,<br />

mehr Zeit zum Erreichen des Ziel-INR,<br />

häufigere Testung und mehr Dosisanpassungen.<br />

Eine notwendige antithrombotische<br />

Therapie sollte man Kindern<br />

nicht vorenthalten, eine sehr geeignete<br />

Methode wäre in diesem Fall auch das<br />

Patienten-Selbstmanagement bei gleichzeitiger<br />

Einschulung der Eltern.<br />

Das Patienten-Selbstmanagement ist<br />

durchaus auch <strong>für</strong> ältere Patienten geeignet<br />

(Univ.-Prof. Dr. Siebenhofer-<br />

Kroitzsch – Med. Universität Graz). Im<br />

Vergleich zu Jüngeren sollte dabei eine<br />

niedrigere Startdosis gewählt werden,<br />

auch die Erhaltungsdosis ist häufig niedriger<br />

wegen Medikamenteninteraktionen<br />

und reduzierter Nierenclearance.<br />

Da häufigere Kontrollen das Blutungsrisiko<br />

vermindern sollte durchaus auch<br />

älteren Mitmenschen, die einen Schulungskurs<br />

besuchen wollen, Patienten-<br />

Selbstmanagement angeboten werden.<br />

Die Schulungsstelle <strong>Salzburg</strong> – Ambulatorium<br />

Nord (OA Dr. Krüttner, MMag.<br />

Dr. Zauner, SKA RZ Großgmain) konnte<br />

in einem 9 Jahre follow up zeigen, dass<br />

das Patienten-Selbstmanagement nach<br />

entsprechend qualitätskontrollierter und<br />

strukturierter Einschulung auch im Langzeitverlauf<br />

eine sichere Methode <strong>für</strong> das<br />

Monitoring der oralen Antikoagulation<br />

darstellt. Wie viele Studien und mehrere<br />

Review-Arbeiten eindeutig zeigen, reduziert<br />

sich die Thromboembolierate<br />

und die Gesamtmortalität signifikant unter<br />

Steuerung der OAK mit Selbstmanagement.<br />

Es verbessert sich somit die<br />

Qualität der Gerinnungseinstellung gegenüber<br />

jeglicher Fremdkontrolle.<br />

Entscheidend ist dies auch <strong>für</strong> die Le-<br />

32<br />

Der <strong>Salzburg</strong>er Arzt November 2008<br />

bensqualität der betroffenen Patienten,<br />

wie dies Frau Ulrike Walchshofer – Obfrau<br />

einer Selbsthilfegruppe von Gerinnungspatienten<br />

www.INR-Austria.at am<br />

eigenen Beispiel zeigte. Die Gerinnungskontrollen<br />

im Alltag bedeuten bei<br />

Selbstmanagement wesentlich weniger<br />

Streßbelastung <strong>für</strong> den einzelnen betroffenen<br />

Patienten.<br />

Interaktionen einer oralen Antikoagulation<br />

mit anderen Medikamenten (200<br />

Arzneimittel führen zur relevanten Interaktionen)<br />

sind zu beachten (OA Dr.<br />

Schuler – Univ.-Kardiologie <strong>Salzburg</strong>),<br />

insbesondere Vorsicht ist bei gleichzeitiger<br />

Gabe von Amiodaron, Tamoxifen<br />

und Allopurinol angezeigt. Bei diesen<br />

Medikamenten ist eine deutliche INR-<br />

Steigerung bzw. ein steigendes Blutungsrisiko<br />

zu beobachten. Dazu gibt es eine<br />

eigene Pharmakovigilanzstudie aus dem<br />

Jahre 2007.<br />

Ein abschließendes „Gerinnungsfeuerwerk“<br />

wurde von Herrn Univ.Prof.Dr.<br />

Pechlaner (Med. Universität Innsbruck)<br />

abgefeuert und dabei eine vorweihnachtliche<br />

Wunschliste an einen neuen<br />

Gerinnungshemmer abgegeben: Ein<br />

neuer Gerinnungshemmer sollte eine<br />

Tablette sein, weniger Einstellungsschwankungen<br />

aufweisen, weniger Blutungen<br />

und Thrombosen nach sich ziehen,<br />

keine allgemeinen Nebenwirkungen<br />

haben, keine Laborkontrollen benötigen,<br />

die Nierenfunktion unbeeinflusst<br />

lassen und nicht zu teuer sein.<br />

Abschließend bleibt somit die Gerinnung,<br />

was sie auch derzeit ist: spannend<br />

und ungewiss.<br />

Der Autor:<br />

OA Dr. Hermann<br />

Krüttner<br />

Sämtliche Literatur beim Verfasser:<br />

OA Dr. Hermann Krüttner<br />

SKA-RZ Großgmain<br />

<strong>Salzburg</strong>er Str. 520, 5084 Großgmain<br />

Hermann.kruettner@pva.sozvers.at

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