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Das Leben ist so, wie wir darauf reagieren

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leicht gut sein. Alles <strong>ist</strong> zu etwas gut. <strong>Das</strong> glaube<br />

ich. Auch das Schlechteste <strong>ist</strong> zu etwas gut.<br />

<strong>Das</strong> <strong>ist</strong> aber schwer zu glauben, wenn man Ihre<br />

<strong>Leben</strong>sgeschichte kennt.<br />

Gerade deswegen. Ich sage Ihnen, als mein<br />

Sohn gestorben <strong>ist</strong>, haben <strong>wir</strong> seine Selbstbiographie<br />

gefunden. Er schreibt, viele wissen, dass<br />

er mit mir als Fünfjähriger im Konzentrationslager<br />

war, aber er sagt, er hat gute Erinnerungen.<br />

Die Kinder durften nicht lernen, aber sie haben<br />

miteinander gespielt. Und er war wunderbar<br />

musikalisch. Als <strong>wir</strong> angekommen sind in<br />

Theresienstadt, hat man ihn am nächsten Tag<br />

schon engagiert, in der Kinderoper „Brundibar“<br />

mitzusingen. Er war der Spatz. Und außerdem <strong>ist</strong><br />

er in die Konzerte gegangen, manchmal <strong>so</strong>gar<br />

allein. Für mich als Musikerin war es ein unerhörtes<br />

Glück, ein <strong>so</strong>lches Kind aufzuziehen. Mit<br />

zehn Jahren war er ein herrlicher Pian<strong>ist</strong>. Als<br />

<strong>wir</strong> aus Theresienstadt zurückkamen, da war er<br />

acht, sind <strong>wir</strong> fast jeden Tag ins Konzert gegangen.<br />

Er hat immer zugehört <strong>wie</strong> ein Musiker,<br />

nicht <strong>wie</strong> ein Musikliebhaber. Einmal war ich<br />

mit ihm in einem Konzert eines Cell<strong>ist</strong>en. Da<br />

sagte er mir: „Ich muss Cello lernen.“ Von dem<br />

Tag an hat er Cello gelernt. In der dritten<br />

Stunde, die er hatte, hat er schon Bach gespielt.<br />

Ihr Sohn war in jeder Hinsicht das größte Geschenk<br />

Ihres <strong>Leben</strong>s?<br />

Die Musik und mein Sohn. Ich glaube, es gibt<br />

wenige Menschen auf der Welt, die <strong>so</strong> ein herrliches<br />

<strong>Leben</strong> hatten <strong>wie</strong> ich. Nämlich mit dem<br />

Temperament, immer das Gute sehen, immer<br />

zufrieden, immer kompromissbereit. Wenn es<br />

nicht <strong>so</strong> <strong>ist</strong>, <strong>wir</strong>d es <strong>so</strong> sein. Die me<strong>ist</strong>en<br />

Menschen sind außer sich, wenn sie sich für<br />

Veränderungen entscheiden <strong>so</strong>llen. <strong>Das</strong> hat es<br />

bei mir nie gegeben. Aber <strong>so</strong> <strong>ist</strong> man geboren,<br />

man kann nichts dafür. Die Welt <strong>ist</strong> herrlich,<br />

phänomenal. Wir sind umgeben von Wundern.<br />

Wir selbst sind ein Wunder. <strong>Das</strong> größte Wunder<br />

<strong>ist</strong> ein Kind. Na, und die Technologie <strong>ist</strong> eigentlich<br />

auch ein Wunder. Dieses E-Mail und das<br />

alles <strong>ist</strong> eigentlich ein Wunder. Ich verstehe ja<br />

nicht einmal unser Telefon. Und auch die<br />

Sprachen sind ein Wunder.<br />

Sie sprechen mehrere Sprachen.<br />

Fünf. Zwei Muttersprachen, Deutsch und<br />

Tschechisch, dann haben <strong>wir</strong> mit 14 Jahren<br />

Französisch gelernt, bei einer hervorragenden<br />

Lehrerin. Englisch kann ja jeder Mensch, ganz<br />

ohne Grammatik, eine lächerliche Sprache,<br />

finde ich. Mit 45 habe ich Hebräisch gelernt,<br />

das war meine größte Errungenschaft.<br />

Sie haben sich in Ihrem <strong>Leben</strong> ein paar Mal umstellen<br />

müssen.<br />

Sehr schwer, wahnsinnig schwer manchmal.<br />

Aber es gibt Kraft, man <strong>wir</strong>d viel reicher als<br />

andere Leute, die nichts miterlebt haben.<br />

Wo sind die Schätze im Menschen angesiedelt?<br />

In der Seele, in our mind, sagen die Engländer.<br />

Na, ich hatte einige Hunderte Schüler, schon<br />

bevor ich nach Israel kam. Ich habe sehr gern<br />

unterrichtet. In Israel hatte ich auch viele arabische<br />

Kinder. Der Goethe sagt, <strong>wir</strong> müssten von<br />

Kindern lernen, <strong>wie</strong> zu leben. Wie sie fragen,<br />

<strong>wie</strong> sie die Welt entdecken.<br />

Haben Sie sich etwas Kindliches bewahrt?<br />

Ich glaube, ja. Ich liebe Kinder und sie lieben<br />

mich.<br />

Worauf kommt es an mit Kindern?<br />

<strong>Das</strong>s man sie gern hat. Man muss nichts<br />

Be<strong>so</strong>nderes machen.<br />

Alice Herz Sommer erzählt, dass sie gerne das Spiel<br />

Scrabble spielt. Dieses Spiel habe auch den Vorteil,<br />

dass man mit Menschen, mit denen man sich nicht<br />

<strong>so</strong> viel zu reden weiß, gut unterhalten kann und<br />

dabei nicht viel reden muss. Mehrmals in der Woche

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