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Gebühren und Kosten<br />

Zur Erstattungsfähigkeit von Zustellkosten<br />

im EU-Ausland<br />

OLG Hamburg 7.7.2006, 8 W 4/06<br />

Wer für die Zustellung einer einstweiligen Verfügung bei einem<br />

im EU-Ausland ansässigen Unternehmen einen Rechtsanwalt<br />

und einen Gerichtsvollzieher am Ort der Zustellung einschaltet<br />

(so genannte unmittelbaren Zustellung durch Amtspersonen),<br />

hat Anspruch auf Erstattung der hierfür anfallenden Kosten. Der<br />

Zusteller muss sich in einem solchen Fall nicht auf eine kostengünstigere<br />

Zustellungsart verweisen lassen, da ihm die Verordnung<br />

(EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29.5.2000 ein Wahlrecht<br />

einräumt.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Die Antragstellerin hatte in einem Verfahren des einstweiligen<br />

Rechtsschutzes erfolgreich beantragt, der Antragsgegnerin ein<br />

wettbewerbswidriges Verhalten vorläufig zu untersagen. Da die<br />

Antragsgegnerin ihren Sitz in Frankreich hat, beauftragte die<br />

Antragstellerin einen französischen Rechtsanwalt sowie einen<br />

französischen Gerichtsvollzieher mit der Zustellung der einstweiligen<br />

Verbotsverfügung. Für diese Zustellung brachte die<br />

Antragstellerin rund 733 Euro in Ansatz.<br />

Das LG entsprach dem Kostenansatz der Antragstellerin nur in<br />

Höhe von rund 146 Euro. Zu Begründung führte das LG aus, dass<br />

lediglich die Kosten einer diplomatischen Zustellung (Übersetzungskosten,<br />

Zustellkosten durch einen französischen Gerichtsvollzieher<br />

und Verwaltungskosten) erstattungsfähig seien. Die<br />

gegen die Entscheidung des LG gerichtete sofortige Beschwerde<br />

hatte Erfolg.<br />

Die Gründe:<br />

Die Antragstellerin kann die Erstattung der von ihr in Ansatz<br />

gebrachten 733 Euro verlangen.<br />

Die Antragstellerin kann sich insoweit auf die Verordnung<br />

(EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29.5.2000 über die Zustellung<br />

gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil-<br />

oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten stützen. Darin sind<br />

als andere Arten der Übermittlung und Zustellung gerichtlicher<br />

Schriftstücke die Übermittlung auf konsularischem oder diplomatischem<br />

Weg (Art. 12 VO 1348/2000), die Zustellung von<br />

Schriftstücken durch diplomatische oder konsularische Vertretungen<br />

(Art. 13 VO 1348/2000), die Zustellung durch die Post<br />

(Art. 14 VO 1348/2000) und auch die von der Antragstellerin<br />

gewählte unmittelbare Zustellung durch Amtspersonen, Beamte<br />

oder sonstige zuständige Personen des Empfangsmitgliedstaats<br />

(Art. 15 VO 1348/2000) genannt. Die Verordnung Nr. 1348/2000<br />

räumt dem Zusteller somit ein Wahlrecht ein.<br />

Entgegen der Auffassung des LG musste sich die Antragstellerin<br />

auch nicht auf die kostengünstigere diplomatische Zustellung<br />

verweisen lassen. Eine Begrenzung des in der Verordnung<br />

Nr. 1348/2000 eingeräumten Wahlrechts liefe dem Zweck der<br />

Verordnung zuwider, die Übermittlung von gerichtlichen und<br />

außergerichtlichen Schriftstücken zu beschleunigen. Eine Einschränkung<br />

des Zustellungswahlrechts kommt daher nur in Ausnahmefällen<br />

in Betracht, etwa bei einer missbräuchlichen Auswahl<br />

der Zustellungsart.<br />

Im Streitfall sind keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches<br />

Verhalten der Antragstellerin ersichtlich. Die von ihr gewählte<br />

unmittelbare Zustellung war vielmehr sinnvoll und notwendig.<br />

Denn die Antragstellerin hatte ein erhebliches Interesse an der<br />

schnellen Vollziehung der Beschlussverfügung, um die Fortsetzung<br />

des von ihr beanstandeten wettbewerbswidrigen Verhaltens<br />

der Antragsgegnerin ohne weitere Verzögerungen zu verhindern.<br />

Hierzu durfte sie auch einen französischen Rechtsanwalt einschalten,<br />

der mit den Gegebenheiten vor Ort bestens vertraut ist<br />

und die Landessprache perfekt beherrscht.<br />

Anwälte dürfen ihr Honorar regelmäßig<br />

nicht mittels einer 15-Minuten-Zeittaktklausel<br />

abrechnen<br />

OLG Düsseldorf 29.6.2006, I-24 U 196/04<br />

Rechtsanwälte dürfen ihr Honorar nicht mittels einer formularmäßig<br />

vereinbarten 15-Minuten-Zeittaktklausel abrechnen. Dies<br />

gilt jedenfalls dann, wenn die Anwendung der Zeittaktklausel<br />

keinen Beschränkungen unterliegt, und der <strong>Anwalt</strong> sie damit<br />

stetig mehrmals täglich anwenden kann. In einem solchen Fall<br />

wirkt die Zeittaktklausel wie eine „Endlosschleife“, die es dem<br />

Mandanten unmöglich macht, die entstehenden Kosten abschätzen<br />

zu können. Dies führt zu einer unangemessenen Benachteiligung<br />

des Mandanten.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Der Kläger, ein Rechtsanwalt, hatte die rechtliche Beratung des<br />

Beklagten in einem sehr umfangreichen gesellschaftsrechtlichen<br />

Fall übernommen. Die Parteien schlossen eine Honorarvereinbarung,<br />

die unter anderem eine so genannte Zeittaktklausel enthielt,<br />

nach der bestimmte Tätigkeiten des Klägers im Zeittakt<br />

von 15 Minuten zu vergüten waren. Diese Zeittaktklausel sollte<br />

nicht nur einmalig pro Arbeitstag (zum Beispiel am Ende eines<br />

Arbeitstags) gelten, sondern stetig. Der Kläger hat die Zeittaktklausel<br />

dementsprechend mehrmals täglich angewendet.<br />

Der Kläger verlangte vom Beklagten Zahlung seines anwaltlichen<br />

Honorars. Die hierauf gerichtete Klage hatte nur bezüglich<br />

derjenigen Tätigkeiten des Klägers Erfolg, die nicht von der<br />

Zeittaktklausel erfasst sind.<br />

Die Gründe:<br />

Der Kläger durfte die streitgegenständlichen Tätigkeiten nicht<br />

nach der Zeittaktklausel abrechnen. Diese verstößt gegen § 9<br />

Abs.1, Abs.2 Nr.1 AGBG (jetzt § 307 Abs.1 S.1, Abs.2 Nr.1<br />

BGB), weil sie dem im Dienstvertragsrecht geltenden Prinzip<br />

der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung (Äquivalenzprinzip)<br />

widerspricht. Hierdurch wird der Beklagte unangemessen<br />

benachteiligt.<br />

Nach der Zeittaktklausel darf der Kläger nicht nur kurze Tätigkeiten<br />

wie etwa kurze Telefonate oder Anweisungen an seine<br />

Mitarbeiter mit dem 15-Minutentakt abrechnen, sondern auch<br />

jede länger andauernde Tätigkeit, die den jeweiligen Zeitabschnitt<br />

von 15 Minuten auch nur um Sekunden überschreitet.<br />

Dies gilt außerdem nicht nur beschränkt auf eine einmalige<br />

Anwendung zum Beispiel am Ende eines Arbeitstags. Der<br />

Kläger konnte die Zeittaktklausel damit stetig mehrmals täglich<br />

anwenden. Sie wirkt somit wie eine „Endlosschleife“, die es dem<br />

Beklagten unmöglich macht, die entstehenden Kosten abschätzen<br />

zu können.<br />

29/2006 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 12

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