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Haftungs- und<br />

Versicherungsrecht<br />

Vorlagefrage an den EuGH: Dürfen die<br />

Geschädigten eines Verkehrsunfalls innerhalb<br />

der EU die ausländische Hafpfichtversicherung<br />

des Unfallgegners direkt in<br />

Anspruch nehmen?<br />

BGH 26.9.2006, VI ZR 200/05<br />

Es ist fraglich, ob Geschädigte eines Verkehrsunfalls innerhalb<br />

der EU-Mitgliedstaaten ihre Ansprüche direkt gegenüber der<br />

Haftpflichtversicherung des Unfallgegners an ihrem Wohnsitz<br />

einklagen können. Entscheidend ist insofern, ob der Geschädigte<br />

in entsprechender Anwendung von Art. 9 Abs.1b EuGVVO<br />

Begünstigter im Sinn dieser Vorschrift ist. Ob dies der Fall, muss<br />

der EuGH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung<br />

entscheiden.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Der Kläger war in einen Verkehrsunfall im EU-Ausland verwickelt<br />

worden. Er wollte die ausländische Haftpflichtversicherung<br />

des Unfallgegners im Weg der Direktklage an seinem eigenen<br />

Wohnsitz auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch nehmen.<br />

Der VI. Zivilsenat des BGH setzte den Rechtsstreit aus und<br />

beschloss, dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen,<br />

ob die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rats vom<br />

22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung<br />

und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und<br />

Handelssachen (im Folgenden: EuGVVO) durch die Verweisung<br />

in Art. 11 Abs.2 auf Art. 9 Abs.1 b) EuGVVO dem Geschädigten<br />

eines innerhalb der EU erfolgten Verkehrsunfalls gestattet,<br />

die ausländische Haftpflichtversicherung des Unfallgegners im<br />

Wege der Direktklage an seinem eigenen Wohnsitz auf Schadensersatz<br />

in Anspruch zu nehmen.<br />

Die Gründe:<br />

Es ist fraglich, ob der Kläger seine Ansprüche direkt gegenüber<br />

der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners geltend machen<br />

kann. Entscheidend ist insofern, ob der Kläger in entsprechender<br />

Anwendung von Art. 9 Abs.1b EuGVVO Begünstigter im<br />

Sinn dieser Vorschrift ist. Nur in diesem Fall würde ihm ein<br />

Klagerecht an seinem Wohnsitzgerichtsstand zustehen. Ob der<br />

Geschädigte als Begünstigter anzusehen ist, muss der EuGH zur<br />

Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung entscheiden.<br />

Ärzte haften für durch fehlerhafte Verhütungsmaßnahmen<br />

entstehende Unterhaltsschäden<br />

BGH 14.11.2006, VI ZR 48/06<br />

Frauen, die auf Grund eines fehlerhaft eingesetzten Verhütungsmittels<br />

(hier: „Implanon“-Implantat) ungewollt schwanger<br />

werden, haben gegen den behandelnden Gynäkologen einen<br />

Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen der Unterhaltsverpflichtung<br />

gegenüber dem Kind. Ein solcher Anspruch<br />

steht auch dem nicht mit der Mutter verheirateten Kindsvater zu.<br />

Dieser ist in den Schutzbereich des auf Verhütung gerichteten<br />

Behandlungsvertrags einbezogen.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Die Klägerin ist Mutter eines im Dezember 2002 geborenen Sohnes.<br />

Sie verlangte von dem beklagten Gynäkologen aus eigenem<br />

und aus abgetretenem Recht des Kindsvaters Ersatz des ihnen<br />

durch die Unterhaltsverpflichtung entstandenen und noch entstehenden<br />

Schadens. Die Klägerin ist mit dem Kindsvater nicht verheiratet.<br />

Dieser zahlt Unterhalt an seinen Sohn.<br />

Der Beklagte hatte bei der Klägerin im Januar 2002 das Langzeit-Verhütungsmittel<br />

„Implanon“ eingesetzt. Hierbei handelt es<br />

sich um ein rund drei Millimeter dickes und wenige Zentimeter<br />

langes Röhrchen, das oberhalb der Ellenbogenbeuge unter die<br />

Haut eingebracht wird. Im Juli 2002 stellte der Beklagte bei der<br />

Klägerin eine Schwangerschaft in der 16. Woche fest. Weder das<br />

„Implanon“-Implantat war auffindbar noch konnte der Beklagte<br />

den entsprechenden Wirkstoff im Blut der Klägerin feststellen.<br />

Die Klägerin trug vor, dass dem Beklagten beim Einsetzen des<br />

Verhütungsmittels ein Behandlungsfehler unterlaufen sei. Das<br />

OLG verurteilte den Beklagten, an die Klägerin Unterhalt für<br />

den zurückliegenden Zeitraum von Dezember 2002 bis Dezember<br />

2005 und bis zum Eintritt der Volljährigkeit des Sohnes<br />

monatlich im Voraus in Höhe von 270 Prozent des Regelbetrags<br />

der jeweiligen Altersstufe der Regelbetragsverordnung abzüglich<br />

des jeweiligen gesamten Kindergeldes zu zahlen. Die hiergegen<br />

gerichtete Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg.<br />

Die Gründe:<br />

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Ersatz<br />

des Unterhaltsschadens. Dem Beklagten ist beim Einsetzten<br />

des Verhütungs-Implantats ein Behandlungsfehler unterlaufen.<br />

Dadurch ist der Klägerin in Form der Unterhaltsverpflichtung ein<br />

Schaden entstanden. Auch die personenrechtliche Beziehung zwischen<br />

Eltern und Kind spricht nicht dagegen, die Unterhaltsverpflichtung<br />

gegenüber dem eigenen Kind als Vermögensschaden<br />

anzusehen. Im Bereich der Arzthaftung gilt wie in jedem anderen<br />

Bereich der Vertragshaftung, dass der durch eine schuldhafte Vertragsverletzung<br />

verursachte Schaden zu ersetzen ist.<br />

Die Ersatzpflicht des Beklagten ist auch nicht deswegen ausgeschlossen,<br />

weil die Klägerin in Zukunft eventuell einen Kinderwunsch<br />

hat. Die Haftung eines Arztes besteht auch dann, wenn<br />

die gegenwärtige berufliche und wirtschaftliche Planung einer<br />

jungen Frau durchkreuzt wird und die zukünftige Planung noch<br />

nicht endgültig absehbar ist. Gerade in solchen Fällen kann der<br />

Fehler des Arztes zu erheblichen wirtschaftlichen Folgen führen.<br />

Der nichteheliche Partner der Klägerin und Kindsvater ist ebenfalls<br />

in den Schutzbereich des auf Schwangerschaftsverhütung<br />

gerichteten Vertrags zwischen dem Beklagten und der Klägerin<br />

einzubeziehen. Denn auch der nichteheliche Partner ist vom<br />

Fehlschlagen der Verhütung betroffen. Der Anspruch der Klägerin<br />

richtet sich dabei nach dem Existenzminimum des Kindes.<br />

Dies hat das OLG beanstandungsfrei berechnet.<br />

29/2006 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 4

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