Der Archivar, Heft 3, 1999 - Archive in Nordrhein-Westfalen

auch in diesen Fällen bei den Landratsämtern gestellt. Der Akt mit allen Unterlagen geht an die
Regierung, die den Fall bescheidet und die ihn wieder an das entsprechende Landratsamt zurückgibt.
Bei der Regierung bleibt lediglich ein Durchschlag des Antrags sowie die eigene Entscheidung. Nur
in Problemfällen wird die Regierung selbst tätig. In diesen Fällen wird nur das Ergebnis den
Kreisverwaltungsbehörden mitgeteilt, der eigentliche Schriftwechsel bleibt bei der Regierung. Das
Innenministerium fungiert bei Ermessenseinbürgerungen als Aufsichtsbehörde.
Nach dieser Analyse der vertikalen Zuständigkeiten wurde folgende Bewertung getroffen: Aufgrund
des hohen Stellenwerts der Ermessenseinbürgerungen werden auf der unteren Ebene sämtliche Akten
archiviert. Bei den Regierungen wird nur eine kleine Auswahl aus den Fällen übernommen, in denen
sie selbst tätig wurden. Die Auswahl der Akten erfolgt durch Mitarbeiter der Regierungen. Ähnlich
wird bei den Akten des Innenministeriums verfahren, wo der Sachbearbeiter oder Registrator 20 bis
maximal 30 politisch und gesellschaftlich herausragende Fälle von den jährlich insgesamt etwa 1500
Fällen benennt. Um der Forschung eine quellenkritische Auswertung zu ermöglichen, ist es
erforderlich, diese Bewertungskriterien in den Findbüchern festzuhalten.
Die bayerischen Regierungen haben die Schulaufsicht über jene Schulen, für die das
Kultusministerium unmittelbar zuständig ist. Dazu gehören an erster Stelle die Volksschulen. Das
Schulaufsichtsgesetz von 1938 führte für die Schulaufsicht über die Volksschulen die Schulämter für
jeden Landkreis ein. Da die Regierungen einzelne Aufgaben an die Kreisverwaltungsbehörden
delegieren können, fallen zu Volksschulen bei 4 Behörden auf 3 Verwaltungsebenen Akten an: bei
den Schulämtern, den Kreisverwaltungsbehörden, den Regierungen sowie beim Kultusministerium.
Da die eigentliche Zuständigkeit bei den Regierungen liegt, werden deren Akten übernommen. Bei
den Akten der Schulämter sowie bei denen des Kultusministeriums erfolgt nur eine
Auswahlarchivierung.
Personalakten der Volksschullehrer, die sowohl bei den Schulämtern als auch bei den Regierungen
anfallen, werden nur von den Regierungen, die den Hauptpersonalakt oder Grundakt führen,
archiviert, sofern sie den Archivierungskriterien für Personalakten entsprechen. 12
Bei Aktenabgaben der letzten Jahre galt es nicht nur, darauf zu achten, die steigenden Papiermengen
durch die Entwicklung von Bewertungsmodellen zu beschränken, es galt auch erhebliche
Kriegsverluste bei manchen Behörden durch Ersatzüberlieferungen zu schließen. Ein Beispiel dafür
sind die Fürsorgeakten der Hauptfürsorgestelle der Regierung von Schwaben, die 1985 in Auswahl
übernommen wurden, aufgrund des Verlusts der Unterlagen der entsprechenden Versorgungsämter,
obwohl ihnen grundsätzlich keine Archivwürdigkeit zukommt.
3. Stand und Probleme bei Aussonderungen
Die Aussonderungspraxis der einzelnen Regierungen ist äußerst unterschiedlich. Hinzu kommt, daß
bis zur Einführung des GAPl jede Regierung ihren eigenen Aktenplan hatte. Es wird daher von jedem
Staatsarchiv versucht, die Bewertungen im GAPl auf die verschiedenen alten Aktenpläne zu
übertragen.
Die mit der Einführung des Gemeinsamen Aktenplans verbundenen Änderungen nutzten einige
Der Archivar, Heft 3, 1999