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Der Archivar, Heft 3, 1999 - Archive in Nordrhein-Westfalen

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durchgeführt haben. Von dieser Behelfslösung müßten Weiterentwicklungen zu e<strong>in</strong>er<br />

Protokollfunktion ausgehen, die e<strong>in</strong>e Speicherung und jederzeitige Recherchierbarkeit<br />

transferierbarer Benutzerhistorien ermöglichen und bei wiederholter Recherche zwischenzeitliche<br />

Neuverzeichnungen oder Umklassifikationen, d. h. F<strong>in</strong>dbuchnachträge oder -änderungen,<br />

nachvollziehbar machen sollte.<br />

Kontext - statt stichwortorientierter Recherche<br />

<strong>Der</strong> häufigste E<strong>in</strong>wand gegen das Marburger Onl<strong>in</strong>e-F<strong>in</strong>dbuch ist das nicht vorhandene Angebot<br />

e<strong>in</strong>er Recherchemöglichkeit nach benutzerdef<strong>in</strong>ierten Begriffen. Dies seien die Benutzer aus dem<br />

Internet gewöhnt, dies erwarteten sie auch von archivischen Angeboten im Internet. Das<br />

Benutzer<strong>in</strong>teresse ist e<strong>in</strong> gewichtiger E<strong>in</strong>wand, den man ernst nehmen muß. Es greift allerd<strong>in</strong>gs zu<br />

kurz, die Benutzergewohnheiten mit den Benutzer<strong>in</strong>teressen gleichzusetzen. <strong>Der</strong> <strong>Archivar</strong> bildet<br />

sozusagen die Schnittstelle zwischen Benutzern und dem Quellenmaterial im Archiv. Er ist der<br />

Vermittler, der bei der persönlichen Beratung im Archiv, bei schriftlichen und telefonischen<br />

Anfragen se<strong>in</strong>e Kenntnis über Zuständigkeiten, Entstehungszusammenhänge und Informationen über<br />

die Bestände liefert, und er hat es um so leichter, je persönlicher der Kontakt zu den Benutzern ist, je<br />

mehr er im Gespräch an dessen <strong>in</strong>dividuelle Vorkenntnisse anknüpfen kann. Im Internet tritt der<br />

<strong>Archivar</strong> zurück, die Benutzer, ob qualifiziert oder nicht, s<strong>in</strong>d auf sich alle<strong>in</strong> gestellt. Sie fragen nach<br />

Informationen - natürlich nicht nach e<strong>in</strong>zelnen Beständen-, werden aber mit dieser Frage alle<strong>in</strong><br />

gelassen, wenn man ihnen alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Freitextrecherchemöglichkeit anbietet. Diese suggeriert ja<br />

Vollständigkeit, Verläßlichkeit und die Vorstellung, archivische Information sei wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Lexikon erschöpfend abfragbar. Deshalb werden die Benutzer sie natürlich nutzen, ist sie doch um so<br />

vieles e<strong>in</strong>facher als der umständliche Weg über die Gliederung e<strong>in</strong>es Bestands. Alle diese<br />

Erwartungen erfüllt sie aber höchstens teilweise und wenn, dann unbefriedigend. Wird die<br />

Möglichkeit der Freitextrecherche angeboten, müssen die Benutzer vielmehr wissen, welche<br />

Angebote e<strong>in</strong>es Archivs sie genau e<strong>in</strong>schließt und vor allem: welche nicht. Das Internetangebot e<strong>in</strong>es<br />

Archivs wird noch lange nicht die Gesamtheit der F<strong>in</strong>dmittel, geschweige denn die Gesamtheit der<br />

Unterlagen widerspiegeln können; e<strong>in</strong>e Recherche wird also niemals vollständig se<strong>in</strong> können. Und<br />

solange nicht mit Thesauri verzeichnet wird und die Aktentitelbildung alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> das Belieben des<br />

<strong>Archivar</strong>s gestellt ist, kann die Suche der Benutzer über die Freitextrecherche haarscharf an den<br />

tatsächlich vorhandenen, für ihre Fragestellung relevanten Akten vorbeigehen. Hier ist der Rückgriff<br />

auf e<strong>in</strong>en Index e<strong>in</strong>fach sicherer. Und als letztes: das Ergebnis e<strong>in</strong>er Schlagwortsuche ohne den<br />

Kontext der Gliederung und der umgebenden Titelaufnahmen versperrt den Blick auf die<br />

funktionalen Zusammenhänge, die archivische Information ausmachen. Die Benutzer ersparen sich<br />

mit diesem E<strong>in</strong>stieg den ansonsten mühsamen, aber Strukturen aufdeckenden Weg über die<br />

Gliederung und das Auff<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>er Akte. E<strong>in</strong>e Freitextrecherche verkürzt zwar diese Arbeitsschritte;<br />

läßt man die Benutzer aber mit e<strong>in</strong>er l<strong>in</strong>earen Trefferliste alle<strong>in</strong>, müssen sie die vorher e<strong>in</strong>gesparte<br />

Arbeitszeit und den Aufwand spätestens dann wieder nachholen, wenn sie herausf<strong>in</strong>den wollen, <strong>in</strong><br />

welchen Zusammenhängen die Ergebnisse ihrer Abfrage denn stehen und welche Relevanz die<br />

e<strong>in</strong>zelnen Treffer haben. Hier gerät das technisch Machbare <strong>in</strong> Konflikt mit dem, was für die<br />

Benutzer s<strong>in</strong>nvoll und dem Material angemessen ist.<br />

Konsequenzen für die Erschließungsarbeit<br />

<strong>Der</strong> <strong>Archivar</strong>, <strong>Heft</strong> 3, <strong>1999</strong>

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