UNI on 52 - European University Viadrina Frankfurt (Oder)
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[<str<strong>on</strong>g>UNI</str<strong>on</strong>g><strong>on</strong>]<br />
Internati<strong>on</strong>ales<br />
EU-Reformvertrag: Neue Grundlage oder „alter Bettvorleger”?<br />
Wie die Ergebnisse des EU-Gipfels vom 21.<br />
und 22. Juni zu bewerten seien, dieser Frage<br />
wurde am 27. Juni an der <strong>Viadrina</strong> in einer<br />
vom Master-Studiengang <strong>European</strong> Studies<br />
organisierten Veranstaltung mit dem Thema<br />
„EU-Verfassung adé? Zum Ergebnis des ‚Verfassungsgipfels’<br />
am 21./22. Juni in Brüssel”<br />
nachgegangen. Als Gastrednerin eingeladen<br />
war Michaele Schreyer, Politikwissenschaftlerin,<br />
ehemalige Berliner Senatorin und EU-Kommissarin,<br />
gegenwärtig Vize-Präsidentin des<br />
Netzwerks Europäische Bewegungen.<br />
Die Verfassung ist tot, es lebe der Reformvertrag<br />
– so resümierte Frau Schreyer die jüngsten<br />
Weichenstellungen für die EU und zog eine<br />
durchaus positive Bilanz: Auch ohne eine explizite<br />
Europäische Verfassung werde die Uni<strong>on</strong><br />
künftig an Handlungsfähigkeit, Demokratiegehalt<br />
und Bürgernähe gewinnen, es werde neue,<br />
effizientere Abstimmungsregeln im Rat ebenso<br />
geben wie einen de-facto-EU-Außenminister,<br />
mehr Parlamentsbeteiligung sowie Partizipati<strong>on</strong>srechte<br />
für die Bürger. Faktisch seien die<br />
ursprünglich im Verfassungsk<strong>on</strong>vent anvisierten<br />
Ziele mehr oder weniger erreicht worden. Dass<br />
das Glas nun eher halbvoll als halbleer sei,<br />
stellte Professor Jürgen Neyer aber in seinem<br />
Kommentar in Frage. Zwar verbessere das Stükkwerk<br />
aus revidierten und üppig mit Fußnoten<br />
versehenen Verträgen punktuell die Handlungsfähigkeit<br />
der EU, aber die altbekannten strukturellen<br />
Schwächen bestünden weiter: Die Uni<strong>on</strong><br />
bleibe ein Projekt der nati<strong>on</strong>alen Exekutiven, es<br />
Über die neuen Herausforderungen in der<br />
internati<strong>on</strong>alen Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
berichtete der Stellvertreter des<br />
Generalinspekteurs der Bundeswehr, Generalleutnant<br />
Johann-Georg Dora, im Rahmen<br />
einer Podiumsdiskussi<strong>on</strong> zur Transformati<strong>on</strong><br />
und den Einsätzen der Bundeswehr.<br />
Organisiert wurde die Veranstaltung vom studentischen<br />
<strong>Viadrina</strong>-Arbeitskreis Sicherheitspolitik<br />
(ViAS) in Zusammenarbeit mit der juristischen<br />
Fakultät.<br />
In einem Grußwort hieß Uni-Präsidentin<br />
Gesine Schwan den Gast herzlich willkommen<br />
und lobte die Initiative und das Engagement<br />
der Organisatoren und Gastgeber.<br />
General Dora beschrieb in seiner ausführlichen<br />
Rede die neuen Aufgaben, denen sich<br />
die Bundeswehr heute und in Zukunft stellen<br />
muss. Diese ergäben sich aus der gewachsenen<br />
Verantwortung der Bundesrepublik auf<br />
internati<strong>on</strong>alem Parkett und der zunehmenden<br />
weltweiten Interdependenz. Die Bundeswehr<br />
solle durch die Transformati<strong>on</strong> in die<br />
Lage versetzt werden, multilateral aber auch<br />
im Alleingang eine globale strategische Mobilität<br />
und Einsatzfähigkeit zu gewährleisten.<br />
Dazu seien Veränderungen sowohl in ihrer<br />
Ausrüstung, als auch in ihrer Struktur nötig.<br />
FOTOS: HEIDE FEST<br />
Michaele Schreyer (r.) im Gespräch mit Juniorprofessor Timm Beichelt (l.) und Prof. Jürgen Neyer<br />
(Mitte) vom Studiengang Master of <strong>European</strong> Studies.<br />
fehle weiterhin an accountability und resp<strong>on</strong>siveness,<br />
also Verantwortlichkeit und Empfänglichkeit<br />
gegenüber den Bürgern und ihren Präferenzen.<br />
Auch wenn der Reformvertrag wichtige<br />
funkti<strong>on</strong>ale Elemente des Verfassungsentwurfs<br />
aufgreife, fehle doch der große Wurf, um<br />
Europa in Richtung eines wirklichen politischen<br />
Gemeinwesens, einer Solidargemeinschaft zu<br />
Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Fokus<br />
Der Paradigmenwechsel soll sich auch im<br />
Denken der Streitkräfteangehörigen und der<br />
Gesellschaft vollziehen. Generalleutnant Dora<br />
Generalleutnant Dora beim Eintrag ins Gästebuch<br />
der <strong>Viadrina</strong>.<br />
bringen – als Tiger gesprungen, als Bettvorleger<br />
gelandet, wie Prof. Neyer befand. In der anschließenden<br />
Diskussi<strong>on</strong> kam unter den Zuhörern<br />
dann auch eine gewisse Skepsis zum Ausdruck,<br />
ob die Uni<strong>on</strong> mit dem Reformvertrag<br />
den Herausforderungen v<strong>on</strong> Globalisierung,<br />
EU-Verdrossenheit und künftigen Erweiterungen<br />
gewachsen sei. GREGOR DÖMLING<br />
unterstrich die Bedeutung des deutschen Beitrages<br />
zu den Stabilisierungsoperati<strong>on</strong>en im<br />
Kosovo und Afghanistan. Die Streitkräfte sollen<br />
ein Umfeld für die Wiederherstellung der<br />
öffentlichen Ordnung schaffen. Die Risiken<br />
und Gefahren, welche damit verbunden sind,<br />
machte er an Beispielen deutlich. So steht zu<br />
befürchten, dass der Rückhalt der deutschen<br />
Bevölkerung gegenüber dem ISAF-Einsatz der<br />
Bundeswehr weiter schwindet, wenn die<br />
Opferzahlen v<strong>on</strong> Bundeswehrsoldaten ansteigen<br />
sollten. Zum Ende seines Vortrages zeichnete<br />
er ein Bild v<strong>on</strong> der Bundeswehr der<br />
Zukunft. Eingebunden in das NATO-Bündnis<br />
und die EU soll sie durch eine modulare Struktur<br />
flexibel auf unterschiedliche Anforderungen<br />
der potenziellen Einsatz-Szenarios vorbereitet<br />
sein. Die vielfältigen Modernisierungsmaßnahmen<br />
sollten sukzessive zur Wirkung<br />
gelangen und so der Finanzlage Rechnung<br />
tragen. Am wichtigsten seien aber die ständige<br />
kritische Überprüfung des Erreichten und<br />
der Blick über den Tellerrand.<br />
Abschließend stellte sich General Dora den<br />
Fragen der Diskutanten, wobei bes<strong>on</strong>ders der<br />
Einsatz in Afghanistan interessierte.<br />
EVA POLANSKI