Mary Kingsley: Meine Zeit in Westafrika 1895
Mary Kingsley: Meine Zeit in Westafrika 1895
Mary Kingsley: Meine Zeit in Westafrika 1895
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
zwischen zwei Männern höchstens versuchen, die Streithähne an möglichst weit<br />
vone<strong>in</strong>ander entfernten Stellen mit Arbeit zu beschäftigen und die Waffen sicher<br />
wegzuschließen.<br />
Ich hoffe, wir können die Rossbreiten schnell h<strong>in</strong>ter uns lassen, besonders, da dort<br />
Piraten ihr Unwesen zu treiben sche<strong>in</strong>en, wie uns e<strong>in</strong> entgegenkommendes<br />
Handelsschiff gestern durch Signalflaggen mitteilte.<br />
Unsere Batanga ist auf W<strong>in</strong>d angewiesen, da sie e<strong>in</strong> Segelschiff ist, die Piraten haben<br />
jedoch meist kle<strong>in</strong>erer Boote, die bei Flaute auch durch Ruderer vorwärtsgetrieben<br />
werden können. Bei e<strong>in</strong>em Überfall hätten wir schon alle<strong>in</strong> deswegen kaum e<strong>in</strong>e<br />
Chance, und außerdem haben wir ke<strong>in</strong>e richtigen Kanonen. Laut der britischen Mar<strong>in</strong>e,<br />
die uns die Batanga stellt, braucht e<strong>in</strong> Forschungsschiff ke<strong>in</strong>e gefährlichen Waffen, da<br />
es ohneh<strong>in</strong> nicht angegriffen wird. Aber ich glaube, die Mar<strong>in</strong>e wollte uns nur ke<strong>in</strong>e<br />
Kanonen zugestehen, weil ich e<strong>in</strong>e Frau b<strong>in</strong>. Ich könnte deswegen vor Wut <strong>in</strong> die Luft<br />
gehen, aber ändern kann ich sowieso nichts.<br />
Hoffentlich geht trotzdem alles gut, e<strong>in</strong> Scheitern unserer Mission können wir uns<br />
nicht leisten, denn das würde von aller Welt als Bestätigung dafür angesehen werden,<br />
dass man e<strong>in</strong>er Frau doch ke<strong>in</strong>e Verantwortung übertragen darf.<br />
Wir müssen es e<strong>in</strong>fach schaffen.<br />
17. April <strong>1895</strong><br />
Zwischenzeitlich habe ich wirklich massiv daran gezweifelt, dass wir ja so weit kommen<br />
würden. Jetzt bef<strong>in</strong>den wir uns zwar auf dem Dampfer <strong>in</strong> Richtung „Mouth of Ogowé“,<br />
aber uns blieben ke<strong>in</strong>e Erschwernis und ke<strong>in</strong> H<strong>in</strong>dernis erspart.<br />
Es f<strong>in</strong>g bereits damit an, dass wir <strong>in</strong> den Rossbreiten noch mehr <strong>Zeit</strong> als befürchtet<br />
verloren. Über sechs Wochen konnten wir aufgrund der W<strong>in</strong>dstille nichts tun, außer zu<br />
beten. Wir führten zwar e<strong>in</strong>ige wissenschaftliche Untersuchungen bezüglich der dort<br />
beheimateten Fisch- und Insektenarten durch, kamen dabei jedoch nur ger<strong>in</strong>gfügig voran,<br />
da wir unseren Standort kaum ändern konnten. Die Batanga ist e<strong>in</strong>fach zu schwer und<br />
klobig gebaut, um sie durch Ruderkraft zu bewegen.<br />
Kaum hatten wir endlich wieder wenigsten e<strong>in</strong> bisschen W<strong>in</strong>d, schon trafen wir zu allem<br />
Übel wie befürchtet auf die Piraten.<br />
Zum Glück – vermutlich rettete uns dies das Leben – sichtete e<strong>in</strong>er unserer Matrosen die<br />
drei fl<strong>in</strong>ken Kreuzer der Fe<strong>in</strong>de, bevor diese auf uns aufmerksam werden konnten, sodass<br />
wir e<strong>in</strong> gutes Stück Abstand zwischen unsere Batanga und die Freibeuter legen konnten.<br />
Die ganze <strong>Zeit</strong> stand ich an der Rel<strong>in</strong>g und musste mich zusammennehmen, um nicht vor<br />
Angst zu schreien.<br />
Aber trotz unseres anfänglichen Vorteils blieb uns nicht alles erspart. Um aus dem<br />
Blickfeld der Piraten zu entkommen, mussten wir unseren geplanten Kurs ändern und<br />
waren gezwungen, geradewegs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Sturm h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zusegeln. Es war grauenhaft. Das