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ob's hilft? - Evangelische Kirchengemeinde Winnenden

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haargenau. Nichts ließ er aus. Jeden Schlag beschrieb er, sogar die Milch im als<br />

Waffe umfunktionierten Kaffee wird pedantisch erwähnt. Ich bin mir meiner Rolle<br />

als Friedenstifter natürlich voll bewußt. Milde lächelnd, aber gleichzeitig mißbilligend<br />

den Kopf schüttelnd betone ich: „mein lieber Mann, soo kanns ja aber<br />

auch nicht weitergehen, das weißt du, hm? Diesen immer wieder aufbrechenden,<br />

explosiven Zorn, den mußt du in den Griff bekommen! Meinst du nicht, daß irgendwelche<br />

Tabletten vom Psycho-Doktor dir helfen könnten?“<br />

Nein, Tabletten wolle er nicht, die machten so dick, „aber was meinst du … ob<br />

beten vielleicht <strong>hilft</strong>?“ fragt mich der Schläger. Ja ja, das helfe bestimmt antworte<br />

ich, natürlich. „Aber du mußt schauen, daß das so nicht weitergeht. Du kannst<br />

nicht lebenslang auf Leute einhauen, nur weil du den Eindruck hast, sie reden<br />

schlecht über dich. Ich kann mir gut vorstellen, daß eine Therapie hier hilfreich<br />

wäre. Was denkst du?“ Das könne er sich gut vorstellen, gebärdet mein gehörloser<br />

Besucher. Denn, wenn er sich vorstelle, wie Gott vom Himmel auf ihn herabsieht,<br />

„der ist bestimmt traurig über mein grobes Verhalten oder?“ Jaa, so könne<br />

man das schon sehen, entgegne ich. Und ich schlage ihm vor, ob er einmal monatlich<br />

zu einem Gespräch zu mir kommen wolle. Anstatt zuzuschlagen. Ja, das<br />

könne vielleicht hilfreich sein, überlegt er. Und was ich denn davon halten würde,<br />

wenn er sich ein T-Shirt kaufen würde, mit einem frommen Motiv drauf. Ob<br />

das auch helfen könne? …<br />

Wir unterhalten uns noch eine ganze Weile und als er sich erhebt, um zu gehen,<br />

segne ich ihn noch. Und da spüre ich, wie es ihn –fast körperlich- aufrichtet. Und<br />

wie es nun aus ihm heraus strahlt! Das Gesicht, die Augen! Auf das hat er gewartet.<br />

Deswegen war er gekommen. Aber ich hab’s nicht gemerkt – ich, der „professionelle<br />

Christ“. Drei „fomme Anläufe“ mußte er, der Behinderte, nehmen und<br />

doch wurde er von mir abgespeist mit pseudo-therapeutischen Ratschlägen, obwohl<br />

ich gar kein Therapeut bin. Ein paar Tage später stieß ich auf den Monatsspruch<br />

des vergangenen Monats April: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort<br />

zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt!“ (1.Petr.3,15) Auch<br />

wenn der April zu Ende ist: Ich will’s mir auch im Mai zu Herzen nehmen! Ich<br />

wills sprudeln lassen. Ich will neu bereit sein, munter von der Hoffnung zu erzählen!<br />

Sie erfüllt mich doch oder nicht? Da brauche ich nichts verschweigen. Mir<br />

ist mein Glaube doch wichtig, oder etwa nicht? Er will ganz offensichtlich öfter<br />

gehört werden als ich vermute! Der behinderte Haudrauf hat mir’ne Lerneinheit<br />

verpaßt. Erfreulich sensibel und doch hartnäckig: Bleib bei dem, was dich erfüllt<br />

und sei bereit, jedem jederzeit Rede und Antwort zu stehen. Denn dieser wunderbaren<br />

Hoffnung darf man getrost etwas zutrauen!<br />

Ja, in der Paulinenpflege ist’s nicht so, daß immer nur die Betreuer den Betreuten<br />

etwas beibringen können. Das gilt auch erfreulich oft umgekehrt. Und manchmal<br />

gilt es sogar über die Grenzen der Paulinenpflege hinaus … Ihr Ulrich Bühner<br />

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