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medtropoleAktuelles aus der Klinik für einweisende Ärzte - Asklepios

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medtropole Aktuelles<br />

Nr. 19 Oktober 2009<br />

PSYCHOTHERAPIE:<br />

Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität<br />

NEUROCHIRURGIE:<br />

Der zervikale Bandscheibenvorfall<br />

INFEKTIOLOGIE:<br />

H1N1 – Der nächste Winter kommt bestimmt<br />

<strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>einweisende</strong> <strong>Ärzte</strong>


Impressum<br />

Redaktion<br />

Jens Oliver Bonnet<br />

(verantw.)<br />

Prof. Dr. Dr. Stephan Ahrens<br />

Prof. Dr. Christian Arning<br />

PD Dr. Oliver Detsch<br />

Dr. Birger Dulz<br />

PD Dr. Siegbert Faiss<br />

Dr. Christian Frerker<br />

Dr. Annette Hager<br />

Dr. Susanne Huggett<br />

Prof. Dr. Uwe Kehler<br />

Dr. Jürgen Ma<strong>der</strong>t<br />

Dr. Ulrich Müllerleile<br />

PD Dr. Jörg Schwarz<br />

PD Dr. Gunther Harald Wiest<br />

Prof. Dr. Gerd Witte<br />

Cornelia Wolf<br />

Her<strong>aus</strong>geber<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong>en<br />

Hamburg GmbH<br />

Unternehmenskommunikation<br />

Rudi Schmidt V. i. S. d. P.<br />

Rübenkamp 226<br />

22307 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-82 66 36<br />

Fax (0 40) 18 18-82 66 39<br />

E-Mail:<br />

medtropole@asklepios.com<br />

Auflage: 15.000<br />

Erscheinungsweise:<br />

4 x jährlich<br />

ISSN 1863-8341<br />

Editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

die Lektüre medizinischer Literatur scheint mir persönlich einen immer höheren<br />

Stellenwert einzunehmen, je länger man in unserem Berufe tätig ist. Offenbar<br />

wächst mit <strong>der</strong> eigenen Erfahrung auch die Erkenntnis, zu wenig über die Fülle<br />

medizinischer Daten in <strong>der</strong> zur Verfügung stehenden Literatur zu wissen.<br />

Hierbei beziehe ich mich nicht nur auf das Studium des eigenen Fachgebietes,<br />

son<strong>der</strong>n registriere darüber hin<strong>aus</strong> zunehmend, wie interessant medizinische<br />

Beiträge <strong>aus</strong> an<strong>der</strong>en Disziplinen sind. Sich medizinisch zu belesen, sollte nicht<br />

nur eine Verpflichtung <strong>für</strong> uns Mediziner sein, son<strong>der</strong>n kann, gemessen an<br />

unserem manchmal rauen medizinischen Alltag, eine grundsätzliche Zufriedenheit durch neue<br />

Erkenntnisse in unserem Fachgebiet und die damit verbundene intellektuelle Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

schaffen. In beson<strong>der</strong>er Weise freut es mich daher, dass wir in diesem Heft viele neue chefärztliche<br />

Kollegen vorstellen können, die ihr Wissen in den <strong>Asklepios</strong>-Konzern neu einbringen.<br />

Prof. Schmoeckel, Chefarzt <strong>der</strong> Kardiochirurgie <strong>der</strong> AK St. Georg ist diesbezüglich Wegbereiter<br />

und berichtet über den Wandel <strong>der</strong> Herzchirurgie in den vergangenen Jahren. Ein ganz an<strong>der</strong>es<br />

Thema, die Transsexualität, referiert Priv.-Doz. Dr. Schwarz, <strong>der</strong> kürzlich die Position als Chefarzt<br />

<strong>der</strong> Gynäkologie <strong>der</strong> AK Nord angetreten hat. Das chirurgische Spektrum runden Dr. von Bremen-<br />

Kühne <strong>aus</strong> <strong>der</strong> AK St. Georg mit seinem Beitrag zur Dreifachbeckenosteotomie und Dr. Richter,<br />

Sektionsleiter Kin<strong>der</strong>chirurgie/Kin<strong>der</strong>urologie des Urologischen Zentrums <strong>der</strong> AK Harburg, mit<br />

<strong>der</strong> Behandlung pränatal diagnostizierter posteriorer Urethralklappen ab. Gerade das letzte<br />

Thema wird zwischen Kin<strong>der</strong>chirurgen und Kin<strong>der</strong>urologen kontrovers besprochen, sodass ich<br />

Sie zur Diskussion auffor<strong>der</strong>n möchte. Weitere Beiträge wie Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität<br />

<strong>aus</strong> <strong>der</strong> Psychiatrie <strong>der</strong> AK Nord, zervikaler Bandscheibenvorfall <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Neurochirurgie <strong>der</strong><br />

AK Altona sowie ein aktuelles Referat von Frau Dr. Huggett (Medilys) zum H1N1-Virus runden<br />

den Inhalt dieser Ausgabe ab.<br />

Schließlich lege ich Ihnen eine historische Betrachtung von Prof. Hagenmüller ans Herz, <strong>der</strong> über<br />

„17 Jahre Endo Club Nord“ referiert. Der 1991 von ihm selbst, Prof. Soehendra und Prof. Wurbs<br />

gegründete Endo Club richtet mittlerweile einen international bekannten Kongress <strong>aus</strong>, <strong>der</strong> zuletzt<br />

eine Rekordbeteiligung von 2.600 Teilnehmern verzeichnete – weltweit die bisher höchste Teilnehmerzahl<br />

bei einem Endoskopie-Meeting.<br />

Ich wünsche Ihnen abschließend bei <strong>der</strong> Lektüre <strong>der</strong> vorliegenden medtropole nicht nur die wünschenswerte<br />

Bereicherung Ihres medizinischen Wissens, son<strong>der</strong>n würde mich freuen, wenn Sie<br />

auch diese Ausgabe wie<strong>der</strong> mit einem gewissen Genuss in die Hand nehmen und studieren.<br />

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude und verbleibe<br />

Ihr<br />

Priv.-Doz. Dr. Meyer-Moldenhauer<br />

Ärztlicher Direktor <strong>der</strong> AK Harburg<br />

Chefarzt des Urologischen Zentrums


Inhalt<br />

708 | ORTHOPÄDISCHE CHIRURGIE<br />

Dreifachbeckenosteotomie –<br />

Indikation, Technik und Ergebnisse<br />

712 | PSYCHIATRIE UND PSYCHOTHERAPIE<br />

Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität<br />

716 | GYNÄKOLOGIE<br />

Transsexualität –<br />

Was ist das und wie behandelt man es?<br />

719 | NEUROCHIRURGIE<br />

Der zervikale Bandscheibenvorfall<br />

722 | INFEKTIOLOGIE<br />

H1N1 – Der nächste Winter kommt bestimmt<br />

725 | HERZCHIRURGIE<br />

Herzchirurgie heute<br />

728 | PERSONALIA<br />

733 | KINDERUROLOGIE<br />

Pränatale Diagnose von posterioren Urethralklappen:<br />

Wann und wie soll man behandeln?<br />

736 | GESCHICHTE DER MEDIZIN<br />

17 Jahre ENDO CLUB NORD<br />

S. 708<br />

S. 719<br />

S. 733


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

Dreifachbeckenosteotomie –<br />

Indikation, Technik und Ergebnisse<br />

Dr. Reinhard von Bremen-Kühne<br />

Die Einführung und flächendeckende Verbreitung des Neugeborenen-Screenings auf kongenitale Pfannendysplasie<br />

ab Ende <strong>der</strong> 1980er-Jahre führte zu einem deutlichen Rückgang unzureichend o<strong>der</strong> nicht behandelter Dysplasiepatienten.<br />

Dessen ungeachtet gibt es, teils auf anlagebedingter Basis, teils durch Zuzug <strong>aus</strong>wärtiger Patienten,<br />

teils durch nach wie vor unzureichende Frühdiagnostik weiterhin Jugendliche und Erwachsene mit dysplastischen<br />

anatomischen Verän<strong>der</strong>ungen am Azetabulum und den hier<strong>aus</strong> erwachsenden klinischen Konsequenzen im Sinne<br />

einer präarthrotischen Deformität. In <strong>der</strong> chirurgischen Behandlung <strong>der</strong> Pfannendysplasie hat die Dreifachbeckenosteotomie<br />

nach Tönnis und Kalchschmidt einen bedeutenden Stellenwert bekommen.<br />

Indikation<br />

Die kongenitale Hüftdysplasie ist morphologisch<br />

durch eine Steilstellung, Abflachung<br />

und beson<strong>der</strong>s ventral ungenügende<br />

Überdachung des Hüftkopfes durch die<br />

Pfanne gekennzeichnet und geht nicht selten<br />

mit einer Deformität des proximalen<br />

Femur im Sinne einer Coxa valga antetorta<br />

einher. Diese anatomischen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

haben erhebliche biomechanische Auswirkungen<br />

und führen einerseits zur Verkleinerung<br />

<strong>der</strong> lasttragenden Zone im Bereich<br />

des Pfannenerkers, zum an<strong>der</strong>en zu einer<br />

<strong>für</strong> den hyalinen Knorpel schlecht tolerablen<br />

Scherbelastung in kraniolateraler<br />

Richtung. [1,2,3] Die sogenannte präarthrotische<br />

Deformität bringt ein verhältnismäßig<br />

hohes Risiko einer verfrühten degenerativen<br />

Arthrose des Hüftgelenkes mit sich. [4]<br />

Zur operativen Korrektur <strong>der</strong> pathologischen<br />

Anatomie des dysplastischen Azetabulums<br />

haben sich zwei Verfahren periazetabulärer<br />

Osteotomien durchgesetzt: die<br />

1988 von Ganz et al. beschriebene periazetabuläre<br />

Osteotomie [5] und die gut ein Jahrzehnt<br />

früher (seit 1976) von Tönnis entwi-<br />

708<br />

ckelte [6] und somit seit fast drei Jahrzehnten<br />

im breiten klinischen Einsatz bewährte<br />

sogenannte Dreifachbeckenosteotomie<br />

nach Tönnis und Kalchschmidt. Die Indikation<br />

zu diesem aufwendigen Eingriff<br />

wird bei Patienten gestellt, welche die<br />

beschriebenen radiologischen Abweichungen<br />

von biomechanischen Kennwinkeln<br />

und <strong>der</strong> normalen Anatomie neben typischen<br />

und therapieresistenten klinischen<br />

Beschwerden aufweisen (Abb. 5). Dabei<br />

dient eine synoptische Einteilung nach<br />

dem Ausmaß <strong>der</strong> Abweichung (Tab. 1) als<br />

Grundlage <strong>für</strong> die rationale Differenzial -<br />

indikation zur Operation (Tab. 2).<br />

Operationstechnik<br />

Der Eingriff erfolgt in Intubationsnarkose<br />

auf einem röntgendurchlässigen Operationstisch.<br />

Zur besseren intraoperativen<br />

Narkosesteuerung sowie optimalen postoperativen<br />

Schmerzbehandlung wird ein<br />

Periduralkatheter gelegt. Der Patient liegt<br />

auf <strong>der</strong> kontralateralen Seite, wobei <strong>der</strong><br />

Thorax mit Seitenstützen sicher in 90° stabilisiert<br />

wird und das Becken um etwa 30°<br />

Abb. 1: Lagerung zu Operationsbeginn<br />

nach ventral geneigt ist. Das operations -<br />

seitige Bein wird ebenfalls chirurgisch ab -<br />

gewaschen und frei beweglich abgedeckt<br />

(Abb. 1). Nach Palpation <strong>der</strong> entscheidenden<br />

anatomischen Struktur, des Ligamentum<br />

sacrotuberale, erfolgt eine etwa zehn<br />

Zentimeter lange Inzision, die dem Faserverlauf<br />

des Musculus gluteus maximus<br />

ventral des Ligamentes folgt. Das Ligamentum<br />

sacrotuberale wird dargestellt, das<br />

Foramen obturatorium mit speziellen Hohmann-Hebeln<br />

umfahren. Die kleinen<br />

Außenrotatoren werden vom Os ilium<br />

abgeschoben und durch einen weiteren


Abweichungsgrad 1 2 3 4<br />

CE-Winkel, ACE-Winkel < 18 Jahre: > 25° 20 – 24° 5 – 19° < 5°<br />

CE-Winkel, ACE-Winkel > 18 Jahre: > 30° 20 – 29° 5 – 19° < 5°<br />

TF-Winkel:<br />

(Tragflächenwinkel nach Tschauner)<br />

0 ± 9° 10 – 15° 16 – 25° > 25°<br />

Interpretation normal mäßig erheblich extrem<br />

pathologisch pathologisch pathologisch<br />

Tab. 1: Radiologische Einteilung nach „Abweichungsgraden“ (Engelhardt, Tönnis, Tschauner)<br />

Abweichungsgrad CCD-Winkel Operatives Verfahren<br />

1<br />

Sphärisch-kongruent<br />

- Keine Operation<br />

2 - Reorientierung<br />

(mit Schmerz/Labrumläsion) („Klassische Indikation“)<br />

2 Valgus Alternativ:<br />

(mit Schmerz/Labrumläsion) (Hyper-)Varisierung<br />

3 und 4 - Reorientierung<br />

(„Klassische Indikation“)<br />

Deformiert und - Reorientierung<br />

„pathologisch-kongruent“ („Erweiterte Indikation“)<br />

Deformiert und inkongruent, - „Palliativ“:<br />

mit Subluxation und Arthrose Chiari und Valgisierung-Extension,<br />

Definitive Versorgung: HTEP<br />

Tab. 2: Synopse <strong>der</strong> operativen Differenzialindikation<br />

Hohmann-Hebel, <strong>der</strong> im Foramen infrapiriforme<br />

sitzt, beiseite gehalten. Die Sitzbeinosteotomie<br />

wird dann schräg verlaufend,<br />

vom Foramen infrapiriforme bis zum Foramen<br />

obturatorium mit Lexermeißeln vorgenommen<br />

und mit einem Fragmentspreizer<br />

mobilisiert (Abb. 2). Die Osteotomie<br />

muss so mobil sein, dass sie <strong>für</strong> den palpierenden<br />

Finger eingängig ist. Nach sorgfältiger<br />

Blutstillung erfolgt ohne Einlage einer<br />

Redondrainage <strong>der</strong> schichtweise Wundverschluss.<br />

Die weiteren Operationsschritte erfor<strong>der</strong>n<br />

die Rückenlage des Patienten, sodass er<br />

intraoperativ steril umgelagert wird. Nach<br />

Palpation <strong>der</strong> Eminentia pubica und <strong>der</strong><br />

femoralen Gefäße wird eine drei Zentimeter<br />

lange Inzision über dem Os pubis <strong>aus</strong>geführt<br />

und das Schambein subperiostal<br />

dargestellt sowie mit speziellen Hohmann-<br />

Hebeln umfahren. Die Schambeinosteotomie<br />

erfolgt mit einem Lexer-Meißel, einen<br />

Zentimeter medial <strong>der</strong> Tränenfigur mit<br />

Inklination um 30° in <strong>der</strong> Sagittal- und<br />

Frontalebene unter Bildwandlerkontrolle<br />

(Abb. 3).<br />

Die dritte Inzision folgt dem Verlauf <strong>der</strong><br />

Crista iliaca, von zwei Zentimetern dorsal<br />

<strong>der</strong> Spina iliaca anterior superior etwa sieben<br />

bis zehn Zentimeter lang. In streng<br />

subperiostaler Präparation wird zunächst<br />

die pelvitrochantere Muskulatur von <strong>der</strong><br />

Außenseite abpräpariert, anschließend <strong>der</strong><br />

Musculus iliacus von <strong>der</strong> Medialseite. Das<br />

Foramen ischiadicum majus wird mit speziellen<br />

Hohmann-Hebeln umfahren. Unter<br />

Bildwandlerkontrolle wird eine Schanzsche<br />

Schraube parallel zum Tragflächenwinkel<br />

eingebracht, weiterhin ein Kirschnerdraht<br />

zur Markierung des Umschlagspunktes <strong>der</strong><br />

gewinkelten Darmbeinosteotomie. Die<br />

Darmbeinosteotomie erfolgt mit oszillieren<strong>der</strong><br />

Säge von ventral nach dorsal, zwischen<br />

den beiden vor<strong>der</strong>en Darmbeinstacheln<br />

beginnend und an <strong>der</strong> Linea glutea<br />

inferior umschlagend. Der hintere Anteil<br />

<strong>der</strong> Darmbeinosteotomie wird mit <strong>der</strong><br />

Gigli-Säge durchgeführt (Abb. 4).<br />

Das Azetabulumfragment ist nun völlig<br />

mobil und kann über die Schanzsche<br />

Schrau be unter Bildwandlerkontrolle medialisiert,<br />

rotiert und gegebenenfalls sparsam<br />

Orthopädische Chirurgie<br />

antevertiert werden, bis physiologische<br />

Kennwinkel etabliert sind. Die Osteosynthese<br />

erfolgt mit zwei bis vier als Zugbeziehungsweise<br />

Stellschrauben eingebrachten<br />

kanülierten Spongiosaschrauben<br />

in übungsstabiler Form (Abb. 6). Nach Einlegen<br />

von Redondrainagen erfolgt <strong>der</strong><br />

schichtweise Wundverschluss, wobei die<br />

pelvitrochantere Muskulatur mit transos -<br />

sären Nähten an <strong>der</strong> Crista iliaca refixiert<br />

wird.<br />

Die Patienten werden am 2. bis 3. postoperativen<br />

Tag unter Entlastung <strong>der</strong> operierten<br />

Extremität an Unterarmgehstützen mobilisiert;<br />

die Entlassung erfolgt nach 14 Tagen.<br />

Der Belastungsaufbau beginnt nach klinischer<br />

und radiologischer Kontrolle nach<br />

sechs Wochen, Vollbelastung ist nach zwölf<br />

Wochen möglich. Die Materialentfernung<br />

erfolgt regelhaft nach frühestens zwölf<br />

Monaten.<br />

709


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

Abb. 2: Mobilisation <strong>der</strong> Sitzbeinosteotomie mit dem<br />

Fragmentspreizer<br />

Ergebnisse<br />

Erste Langzeitergebnisse berichteten Tönnis<br />

et al. 1994: In 216 Fällen mit einem<br />

durchschnittlichen Follow-up von 7,7 Jahren<br />

gelang es in jeweils knapp 80 Prozent,<br />

den CE-Winkel sowie den Tragflächenwinkel<br />

postoperativ zu normalisieren. Die<br />

Patientenzufriedenheit im Nachuntersuchungskollektiv<br />

lag bei knapp 85 Prozent. [7]<br />

Eine noch größere Patientengruppe mit gut<br />

dreijährigem Follow-up präsentierten Lenz<br />

et al. 1997: [8] Der durchschnittliche postoperative<br />

CE-Winkel lag hier bei 32°, <strong>der</strong> postoperative<br />

Tragflächenwinkel bei 3°. Die<br />

subjektive Patientenzufriedenheit wurde<br />

mit 98 Prozent angegeben.<br />

Kirschner et al. hatten 48 Patienten mit<br />

einem durchschnittlichen Follow-up von<br />

knapp drei Jahren nachuntersucht und<br />

68 Prozent gute o<strong>der</strong> sehr gute klinische<br />

Resultate gefunden. [9] Auch diese Studie<br />

zeigt eine signifikante Verbesserung des<br />

CE-Winkels von 10,6° auf 32,2° und des<br />

Tragflächenwinkels von 20,8° auf 3,8°.<br />

Relevante Komplikationen im Sinne einer<br />

knöchernen Non-union am Sitzbein beziehungsweise<br />

Darmbein traten in knapp<br />

15 Prozent <strong>der</strong> Patienten auf.<br />

710<br />

Abb. 3: Verlauf <strong>der</strong> Schambeinosteotomie unter dem<br />

Bildwandler: 1cm medial <strong>der</strong> Tränenfigur mit Inklination<br />

um 30° in <strong>der</strong> Sagittal- und Frontalebene<br />

De Kleuver et al. berichteten 1997 über 51<br />

Patienten mit zehnjährigem Follow-up. [10]<br />

Auch hier wurde <strong>der</strong> durchschnittliche<br />

postoperative CE-Winkel auf 28° und <strong>der</strong><br />

postoperative Tragflächenwinkel auf 10°<br />

annähernd an physiologische Normalwerte<br />

gebracht. Die subjektive Patientenzufriedenheit<br />

war nach diesem verhältnismäßig<br />

langen Zeitraum noch bei 60,4 Prozent <strong>der</strong><br />

Patienten hoch o<strong>der</strong> sehr hoch. Allerdings<br />

waren nur 17 Prozent vollständig be -<br />

schwerdefrei. Die gleiche Gruppe berichtete<br />

kürzlich über das 15-Jahre-Follow-up. [11]<br />

Zu diesem Zeitpunkt waren noch 88 Prozent<br />

<strong>der</strong> Patienten ohne Progression <strong>der</strong><br />

Arthrose und 64 Prozent zeigten gute bis<br />

exzellente klinische Ergebnisse. Das prä -<br />

operative Ausmaß <strong>der</strong> Arthrose sowie ein<br />

<strong>aus</strong>reichen<strong>der</strong> o<strong>der</strong> schlechter präoperativer<br />

klinischer Ausgangsbefund zeigten<br />

sich als signifikanter negativer Prognosefaktor<br />

in dieser Gruppe.<br />

Ein zehnjähriges Follow-up von 56 Patienten<br />

legte Küpper vor. [12] Radiologisch war<br />

ebenfalls eine weitgehende Normalisierung<br />

<strong>der</strong> Kennwinkel gelungen, zum Zeitpunkt<br />

<strong>der</strong> Nachuntersuchung waren 39 Prozent<br />

<strong>der</strong> Patienten vollständig schmerzfrei,<br />

51 Prozent äußerten selten auftretende<br />

Schmerzen. Von den 56 Patienten war nach<br />

zehn Jahren nur ein einziger im Sinne eines<br />

endoprothetischen Gelenkersatzes operationspflichtig<br />

geworden.<br />

Abb. 4: Darmbeinosteotomie (hinterer Anteil)<br />

mit Gigli-Säge<br />

Das Komplikationsprofil zeigt bei Tönnis<br />

et al. Pseudarthroseraten von 4,4 Prozent<br />

und eine Rate an verzögerten Knochenheilungen<br />

von 10,8 Prozent. In 2,1 Prozent<br />

waren meist transitorische Paresen des<br />

Nervus ischiadicus o<strong>der</strong> des Nervus femoralis<br />

vorhanden. [13] Tschauner et al. teilten<br />

eine Pseudarthroserate von 1,2 Prozent<br />

revisionspflichtiger Fälle bei 409 operierten<br />

Patienten mit. [14]<br />

Die eigenen Ergebnisse dieser Operation<br />

an 38 operierten Hüftgelenken mit einem<br />

Follow-up von 3,5 Jahren wurden 2006<br />

publiziert. [15] Hier ließ sich eine statistisch<br />

hochsignifikante Verbesserung des Harris<br />

Hip Score, <strong>der</strong> Kennwinkel und des Ab -<br />

weichungsgrades bei <strong>der</strong> Nachuntersuchung<br />

feststellen. Dies ging mit einer in 81,7 Prozent<br />

hohen o<strong>der</strong> sehr hohen Patientenzu -<br />

friedenheit einher. Die Konversionsrate zur<br />

Alloarthroplastik lag bei 2,6 Prozent, das<br />

Komplikationsprofil im Rahmen vergleichbarer<br />

elektiver hüftchirurgischer Eingriffe.


Abb. 5: Pat. EJ ♀ 23 Jahre, re. Hüfte:<br />

Präoperatives Röntgenbild mit AG III<br />

Fazit<br />

Die Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis<br />

und Kalchschmidt zeigt ein hohes und<br />

konstantes Potenzial im Hinblick auf Be -<br />

schwerdearmut/Beschwerdefreiheit sowie<br />

eine statistisch hochsignifikante Verbesserung<br />

<strong>der</strong> klinischen Scores und radiologischen<br />

Kennwinkel bei jugendlichen und<br />

erwachsenen Patienten mit Pfannendysplasie.<br />

Ungeachtet <strong>der</strong> relativ anspruchsvollen<br />

Operationstechnik bleibt das Komplikationsprofil<br />

im Bereich vergleichbarer<br />

elektiver hüftchirurgischer Eingriffe.<br />

Indikationsstellung, Patienten<strong>aus</strong>wahl,<br />

Operationstechnik und Nachbehandlung<br />

folgen etablierten Algorithmen. Der Eingriff<br />

verbaut keine Rückzugsmöglichkeiten<br />

im Sinne einer gegebenenfalls später erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Alloarthroplastik, son<strong>der</strong>n verbessert<br />

in vielen Fällen sogar das knöcherne<br />

Lager eines späteren Implantates. Die<br />

Dreifachbeckenosteotomie kann bei <strong>der</strong><br />

Kardinalindikation „Pfannendysplasie“ als<br />

Methode <strong>der</strong> Wahl angesehen werden.<br />

Im FB Orthopädie <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong><br />

St. Georg liegt eine spezielle Ausrichtung<br />

und Erfahrung in <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong><br />

Hüftdysplasie bei Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen vor.<br />

Abb. 6: Pat. EJ ♀ 23 Jahre, re. Hüfte: Röntgenbild nach 1,5 Jahren, AG I.<br />

HHS: 92,3/100 Subjektiv: Sehr zufrieden<br />

Literatur<br />

[1] Pauwels F. Atlas zur Biomechanik <strong>der</strong> gesunden und<br />

kranken Hüfte. Berlin-Heidelberg-New York: Springer 1993.<br />

[2] Bombelli R. Osteoarthritis of the Hip – classification and<br />

pathogenesis and the role of osteotomy as a consequent<br />

therapy. Berlin-Heidelberg-New York: Springer 1976.<br />

[3] Tschauner C. Neues optimiertes biomechanisches Konzept<br />

zur Wirkungsweise <strong>der</strong> operativen Reorientierung <strong>der</strong><br />

dysplastischen Hüftpfanne unter beson<strong>der</strong>er Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis. Med<br />

Habil, Humboldt-Universität, Berlin 1995.<br />

[4] Murphy SB, Ganz R, Müller ME. The Prognosis in<br />

Untreated Dysplasia of the Hip. A study of radiographic<br />

factors that predict the outcome. JBJS 1995; 77-A: 985-9.<br />

[5] Ganz R, Klaue K, Vinh TS, Mast JW. A new periacetabular<br />

osteotomy for the treatment of hip dysplasias. Technique<br />

and preliminary results. Clin Orthop 1988; 232: 26-36.<br />

[6] Tönnis D. A new technique of triple osteotomy for<br />

acetabular dysplasia in ol<strong>der</strong> children and adults. Abstracts<br />

14th World Congr Soc Int Chir Orthop Trauma, Kyoto 1978:<br />

192.<br />

[7] Tönnis D, Arning A, Block M, Heinecke A, Kalchschmidt<br />

K. Triple pelvic osteotomy. J Pediatr Orthop 1994; 3-B: 54-67.<br />

[8] Lenz G P, Mourani M. Operative Therapie im Kindes -<br />

alter. In: C. Tschauner[Edtr]. Die Hüfte. Enke, Stuttgart<br />

1997: 78-91.<br />

[9] Kirschner S, Raab P, Wild A, Kr<strong>aus</strong>pe R. Kurz- bis<br />

mittelfristige klinische und radiologische Ergebnisse mit<br />

<strong>der</strong> dreifachen Beckenosteotomie nach Tönnis im Jugendund<br />

Erwachsenenalter. Z Orthop 2002; 140: 523-6.<br />

[10] De Kleuver M, Kooijman MAP, Pavlov PW, Veth RPH.<br />

Triple osteotomy of the pelvis for acetabular dysplasia.<br />

Results at 8 to 15 years. JBJS 1997; 79-B: 225-9.<br />

Kontakt<br />

Orthopädische Chirurgie<br />

Dr. Reinhard B. F. H. von Bremen-Kühne<br />

FA f. Orthopädie und Unfallchirurgie<br />

Spezielle Orthopädische Chirurgie –<br />

Chirotherapie – Physikalische Therapie<br />

Ltd. Arzt FB Orthopädie<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg<br />

Lohmühlenstraße 5, 20099 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-85 37 34<br />

Fax (0 40) 18 18-85 37 70<br />

Mobil 0160-803 35 42<br />

E-Mail: r.bremen@asklepios.com<br />

[11] van Hellemondt GG, Sonneveld H, Schreu<strong>der</strong> MH,<br />

Kooijman MA, de Kleuver M. Triple osteotomy of the pelvis<br />

for acetabular dysplasia: results at a mean follow-up of 15<br />

years. JBJS 2005; 87: 911-5.<br />

[12] Küpper A. 10-Jahres-Ergebnisse <strong>der</strong> dreifachen Becken -<br />

osteotomie nach Tönnis. Orthop Praxis 2003; 39: 412-9.<br />

[13] Katthagen B, Tönnis D, Kalchschmidt K. Complications<br />

and technical failures of triple pelvic osteotomy. EPOS<br />

Annual meeting, April 2001, Montpellier.<br />

[14] Tschauner C, Sylkin A, Hofmann S, Graf R. Painful<br />

nonunion after triple pelvic osteotomy. Report of five cases.<br />

JBJS 2003; 85: 953-5.<br />

[15] v. Bremen-Kühne R, de la Vega-Salgado H, Steffen R.<br />

Die Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis und Kalchschmidt<br />

in <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> Pfannendysplasie – Mittelfristige<br />

Ergebnisse. Z. Orthop. 2006; 144: 484-91.<br />

711


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität<br />

Dr. Birger Dulz<br />

Bor<strong>der</strong>line-Störungen werden allein schon deshalb mit Sexualität in Verbindung gebracht, weil in rund 80 Prozent<br />

eine komplexe PTSD komorbid vorhanden ist [7] – oft also sexueller Missbrauch. Letztlich ist die (pathologische)<br />

Sexualität bei Bor<strong>der</strong>line-Persönlichkeitsstörungen jedoch völlig unerforscht.*<br />

Vermutlich existieren drei Gruppen, die<br />

das Sexualverhalten von Bor<strong>der</strong>line-Patienten<br />

häufig kennzeichnen:<br />

1. Sexualität wird nicht gelebt: Dabei sind<br />

dies oft Patientinnen mit den knappsten<br />

Tops und kürzesten Röcken. Ausgedrückt<br />

wird so die Sehnsucht nach (sexueller)<br />

Beziehung, die durch die Angst eben davor<br />

„in Schach“ gehalten wird (Herstellung<br />

von Anhedonie).<br />

2. Extrem-Sexualität wird gelebt, was oft<br />

riskantes Sexualverhalten einschließt:<br />

Viel Angst wird zwar immer wie<strong>der</strong> wahrgenommen,<br />

aber gewissermaßen „kontraphobisch“<br />

reduziert.<br />

3. „Normale“ Sexualität wird gelebt, mit<br />

denselben Schwierigkeiten und Akzentuierungen<br />

wie bei „Dir und mir“. Ängste werden<br />

nicht selten (auch durch an<strong>der</strong>e Symptome)<br />

kompensiert, beispielsweise durch<br />

Zwänge o<strong>der</strong> Dissoziationen.<br />

Untersuchungen hierzu sind nicht bekannt,<br />

aber eine eigene Schätzung führt auch hier<br />

zu <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Psychiatrie so oft gefundenen<br />

„Drittel-Regel“.<br />

712<br />

In allen drei Gruppen, vorwiegend aber<br />

<strong>der</strong> Gruppe 1, finden sich Patientinnen<br />

und Patienten mit einer schweren Identitätsstörung<br />

bezüglich gerade auch <strong>der</strong><br />

sexuellen Orientierung: Wenn man nicht<br />

weiß, ob man homo- o<strong>der</strong> heterosexuell,<br />

Mann o<strong>der</strong> Frau ist, liegt es nahe, dass dieses<br />

davor „schützt“, sexuelle Nähe zulassen<br />

zu müssen, denn man weiß ja nicht, als<br />

wer zu wem. So wird unter an<strong>der</strong>em und<br />

vermutlich zuvor<strong>der</strong>st ein Verlassenwerden<br />

vermieden.<br />

Störungen <strong>der</strong> Sexualität werden meist<br />

nicht systematisch behandelt. Da Sexualität<br />

nun aber zu zufriedenstellenden Liebesbeziehungen<br />

gehört, dürfte dies ein wesentlicher<br />

Faktor <strong>für</strong> eine fortbestehende Unzufriedenheit<br />

bezüglich enger Beziehungen<br />

sein, wenn sonst keine Bor<strong>der</strong>line-Symp -<br />

tome mehr nachweisbar sind.<br />

Vermutlich ist die Behandlung von „keine<br />

Sexualität“ noch schwieriger als „extreme<br />

Sexualität“ – es ist immer leichter, etwas<br />

Vorhandenes zu therapieren, als das, was<br />

nicht vorhanden ist.<br />

Angst als zentraler Affekt bei<br />

Bor<strong>der</strong>line-Störungen<br />

Angst stellt das Zentralsymptom <strong>der</strong> Bor<strong>der</strong>line-Störungen<br />

dar – als letzte Stufe <strong>der</strong><br />

Angstentwicklung, die mit <strong>der</strong> Vernichtungsangst<br />

des Säuglings [9] beginnt und<br />

seine Wie<strong>der</strong>belebung durch die Realtraumatisierung<br />

erfährt. [2] Diese archaische und<br />

traumatische sogenannte frei flottierende<br />

Angst – sie entspricht aufgrund ihrer<br />

„Wurzeln“ mehr einer Grund- denn einer<br />

konkreten Erwartungsangst – wird „automatisch“<br />

als innerseelische Abwehr gegen<br />

unbewusst erwartete Bedrohungen (im<br />

Rahmen von Beziehungen) aufgebaut. Sie<br />

äußert sich oft „getarnt“ sowohl auf <strong>der</strong><br />

deskriptiven wie <strong>der</strong> strukturellen Ebene. [4]<br />

* Erstmalig wurde jetzt eine umfassende Darstellung des Themenkomplexes publiziert:<br />

Dulz B, Benecke C, Richter-Appelt H (Hrsg.) (2009). Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität. Stuttgart: Schattauer.


Deskriptive Ebene<br />

Strukturelle Ebene<br />

Hoffmann [5] betont insbeson<strong>der</strong>e folgende<br />

Ängste bei Bor<strong>der</strong>line-Patienten:<br />

■ Angst vor Überwältigung durch konflikthafte<br />

Impulse und Vorstellungen<br />

■ Angst vor struktureller Regression<br />

■ Angst vor dem Alleinsein<br />

■ Angst vor Selbstverlust<br />

■ Ängste vor dem fantasierten Verschlungenwerden<br />

Zudem ist die Angst vor Nähe und im<br />

Zusammenhang damit vor Verlassenwerden<br />

zu beachten.<br />

Mechanismus zur Reduzierung<br />

<strong>der</strong> frei flottierenden, diffusen Angst<br />

bei Bor<strong>der</strong>line-Patienten<br />

Die zahlreichen möglichen Symptome wie<br />

Phobien, Zwänge, Drogenabusus, aber<br />

eben auch Sexualität dienen dem „konstruktiven“<br />

Umgang mit <strong>der</strong> unfassbaren<br />

frei flottierenden Angst, indem diese Angst<br />

<strong>aus</strong>gerichtet wird (z. B. Phobie, Paranoia),<br />

versucht wird zu kontrollieren (Zwänge)<br />

o<strong>der</strong> auch abgespalten und so unspürbar<br />

wird (Dissoziationen, Drogen). [3,4] Auch die<br />

Frei<br />

flottierende<br />

Angst<br />

Spaltung<br />

Projektive Identifizierung + primitive Idealisierung<br />

+ Verleugnung + Omnipotenz/Entwertung<br />

Hilfsmechanismen <strong>der</strong> Spaltung<br />

Abwehrmechanismen ermöglichen eine<br />

Angstreduzierung: durch Gestaltung von<br />

Beziehungen im Sinne einer „Sortierung“<br />

zur besseren „Verortung“ <strong>der</strong> Bezugspersonen<br />

– etwa über Idealisierung und Entwertung<br />

o<strong>der</strong> auch Spaltung in „gut“ und<br />

„böse“ – o<strong>der</strong> auch im Sinne einer Destruktion<br />

von Beziehungen zur Vermeidung<br />

<strong>der</strong> mit Beziehungen verbundenen Verlust -<br />

ängste.<br />

Letztlich geht es also um die Reduzierung<br />

<strong>der</strong> diffusen Angst durch Ausrichtung o<strong>der</strong><br />

Eliminierung von Angst im Sinne einer<br />

Pseudolösung – entsprechend <strong>der</strong> Wahlfreiheit<br />

zwischen Skylla und Charybdis.<br />

Auch die Sexualität dient dazu, Angst nicht<br />

zu spüren, zu reduzieren o<strong>der</strong> zu vermeiden<br />

(Vermeidung emotionaler Nähe durch<br />

Handlungen mit Pseudonähe). Zudem<br />

kann sie mit Ersetzen <strong>der</strong> diffusen Angst<br />

durch eine gerichtete vermin<strong>der</strong>t werden –<br />

etwa vergleichbar mit dem abrupten Be -<br />

enden einer schizophrenen Symptomatik<br />

angesichts eines Beschusses. [1]<br />

Psychiatrie und Psychotherapie<br />

Abb. 1: Angstreduzierung auf <strong>der</strong> deskriptiven<br />

(Symptome) und strukturellen (Beziehungen) Ebene.<br />

Aus: Dulz B (2009). Sexualität und frei flottierende<br />

Angst. In: Dulz B, Benecke C, Richter-Appelt H (Hrsg.).<br />

Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität.<br />

Ätiologie, Störungsbild und Therapie. Schattauer,<br />

Stuttgart – New York<br />

Frau A. und Herr B., Patienten auf <strong>der</strong> Bor<strong>der</strong> -<br />

line-Station, begannen eine Liebesbeziehung. Im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Einzeltherapien erfuhren wir, dass<br />

Sexualität einschließlich Penetration (<strong>für</strong> beide)<br />

nur möglich war, wenn er sie dabei würgte.<br />

Natürlich hätten sie hinterher immer wie<strong>der</strong><br />

sich selbst gesagt, dass Gott sei Dank nichts passiert<br />

sei, aber ohne die Eliminierung <strong>der</strong> Angst<br />

vor Nähe durch Schaffung einer gerichteten und<br />

klar „steuerbaren“ Angst könnten sie nun einmal<br />

nicht miteinan<strong>der</strong> schlafen. Einerseits be<strong>für</strong>chteten<br />

auch wir, dass diese Praktik zum Tode führen<br />

könnte o<strong>der</strong> aber jedenfalls zu ernsten Verletzungen.<br />

An<strong>der</strong>erseits hatten wir als Intervention nur<br />

die Möglichkeit, in <strong>der</strong> Therapie die Problematik<br />

(Nähe bei Sexualität, Angst davor, Vermeidung<br />

durch Gewalt) zu bearbeiten. Schließlich gelang<br />

bei beiden Patienten eine Stabilisierung in einem<br />

Ausmaß, die es ihnen ermöglichte, ohne dieses<br />

Ausmaß an Gewalt miteinan<strong>der</strong> zu verkehren.<br />

Das vielleicht Schwierigste daran war die Herstellung<br />

einer Atmosphäre in <strong>der</strong> Therapie, die<br />

die Bearbeitung des Themas ermöglichte. Moralische<br />

Vorhaltungen, Vorträge über körperliche<br />

Folgen von Würgen o<strong>der</strong> Verbotsversuche hätten<br />

das Risiko eines ernsten Zwischenfalls nur<br />

erhöht, denn es hätte dazu geführt, dass wir<br />

womöglich nie von dem Sexualverhalten erfah-<br />

713


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

ren hätten o<strong>der</strong> es nicht hätte bearbeitet werden<br />

können, weil beide Patienten sich verschlossen<br />

o<strong>der</strong> gar die Behandlung abgebrochen hätten.<br />

Beide Patienten waren zu dem geschil<strong>der</strong>ten<br />

Zeitpunkt symbiotisch verschmolzen, um nach<br />

ihrer Trennung – die noch während <strong>der</strong> stationären<br />

Therapie erfolgte – umso heftiger die jeweils<br />

an<strong>der</strong>e Person zu entwerten.<br />

Bei Frau A. und Herrn B. führte das ge -<br />

fähr liche Würgen (neben einer Asphyxie<br />

bei Frau A.) einerseits zu einer Angst vor<br />

einem Zwischenfall, an<strong>der</strong>erseits aber auch<br />

zu einer Pseudosicherheit aufgrund <strong>der</strong><br />

gemeinsam gelebten „Devianz“ bei massiver<br />

Angst vor Partnerverlust (Bindung des<br />

Partners durch unbedingtes Eingehen auf<br />

seine Bedürfnisse). Daneben spielte auch<br />

die Angstreduktion durch Agieren bei<strong>der</strong><br />

Patienten eine deutliche Rolle.<br />

„Ich (L. M.) nahm schon seit einigen Jahren<br />

Drogen, doch es wurde schlimmer. Ich hatte viele<br />

Black outs. Auch in meinem Job verhielt ich mich<br />

immer risikoreicher. Hier galt natürlich Safer<br />

Sex, aber wenn einer nicht wollte o<strong>der</strong> ich einen<br />

überrumpeln konnte, tat ich es auch. Ich wusste<br />

genau, dass sie es, wenn sie es mit mir ohne<br />

Gummi machen, dann auch woan<strong>der</strong>s tun, und<br />

wer kann schon <strong>für</strong> gesundheitliche Sicherheit<br />

garantieren? Aber das war ja gerade das Spiel<br />

mit dem Feuer. AIDS, Hepatitis, Schwangerschaft<br />

und Sonstiges … irgendwie faszinierte<br />

mich das Risiko. Heute würde ich sagen, es war<br />

verkappte Todessehnsucht, gen<strong>aus</strong>o wie die Risiken,<br />

die ich bezüglich <strong>der</strong> Örtlichkeiten einging.<br />

Ich fuhr oft mit dem Auto mit zu den Freiern<br />

nach H<strong>aus</strong>e, ich ging mit mehreren auf einmal<br />

ins Hotel o<strong>der</strong> zu ihnen, ich ließ mich zu Männerpartys<br />

mitnehmen, blieb über Nacht … Ich<br />

for<strong>der</strong>te das Schicksal her<strong>aus</strong>, sicherte mich nie<br />

ab. Oft bekam ich dann auch die Rechnung<br />

da<strong>für</strong> serviert: Ich wurde zusammengeschlagen,<br />

<strong>aus</strong>gesetzt, gruppenweise genommen. Viele Vorfälle<br />

wären wohl unter Vergewaltigung gefallen,<br />

aber ich wollte sie ja, ich suchte doch den<br />

Schmerz, die Unterdrückung und Erniedrigung.<br />

Es war wie ein Kampf o<strong>der</strong> Wettlauf gegen meinen<br />

Schatten. Ich war zwar immer stärker, o<strong>der</strong><br />

stark genug, es durchzustehen, aber Sieger war<br />

ich auch nicht …<br />

Bald war alles vermischt, mein ganzes Leben<br />

drehte sich um Sex: Sex <strong>für</strong> Geld mit Kunden,<br />

anschließend Sex auf Partys und in Clubs <strong>für</strong><br />

den Sinnestaumel, Sex, um mich gut zu fühlen,<br />

714<br />

Sex, um mich schlecht zu fühlen und zu bestrafen,<br />

Sex mit Fremden, um Frust abzubauen, Sex<br />

mit Freunden und in Beziehungen, um mich<br />

geborgen zu fühlen, Sex, um mich darzustellen,<br />

Sex, um mich zu finden, Sex, um mich zu verlieren<br />

… Alles wurde extremer, es gab bald keine<br />

Grenzen mehr. Ich gewöhnte mich an das Ungewöhnliche,<br />

also musste wie<strong>der</strong> ein höherer Reiz<br />

her. Ich wurde absolut exhibitionistisch. Parks,<br />

H<strong>aus</strong>eingänge, Bürgersteige, Toiletten, Kirchen,<br />

Kino, Mitbewohner, Nachbarn. Ich war bekannt.<br />

Nicht, weil man mich kannte, son<strong>der</strong>n weil man<br />

mich irgendwo mit irgendwem gesehen hatte.<br />

Ich ging regelmäßig in Swinger-Clubs und auf<br />

Gang-Bang-Partys, später dann auch zu solchen,<br />

wo klar war, dass HIV-Infizierte dabei sind und<br />

es <strong>aus</strong>drücklich nur ungeschützten Verkehr gab,<br />

eine weitere Steigerung.“<br />

Den eigenen Zustand konnte die Patientin erst<br />

in <strong>der</strong> Therapie erkennen, und dieser Zustand<br />

war es, den sie mit wirklich allen Mitteln zu<br />

vermeiden versucht hatte: „Ich war so bedürftig,<br />

doch das konnte und wollte ich mir nicht eingestehen,<br />

das hätte geheißen, dass ich schwach<br />

wäre. Ich konnte diese Feelings in mir nicht <strong>aus</strong>halten.“<br />

Es geht also insbeson<strong>der</strong>e um die Vermeidung<br />

von Schwäche, denn die stand in Verbindung<br />

mit einem Verlorensein, mit Angst vor<br />

Verletzung.<br />

Frau L. M. reduzierte Ängste durch massiven<br />

Drogenkonsum. Die intensiven sexuellen<br />

Reize, die „chronischen Kicks“, verhin<strong>der</strong>ten<br />

zusätzlich, dass sie sich und ihre<br />

Ängste spüren konnte. Später gab sie an,<br />

dass es auch um das Vermeiden von<br />

Schwäche gegangen sei – Schwäche war es<br />

gewesen, auf die sie es zurückgeführt<br />

hatte, als Heranwachsende sexuell missbraucht<br />

worden sein zu können.<br />

Frau C. befand sich zur Beziehungszentrierten<br />

Psychodynamischen Psychotherapie in unserer<br />

<strong>Klinik</strong>, wobei das H<strong>aus</strong> <strong>der</strong> „Bor<strong>der</strong>line-Station“<br />

damals direkt neben dem Gebäude <strong>der</strong> Forensik<br />

lag. Sie erfuhr rasch, dass <strong>der</strong> sogenannte Heidemör<strong>der</strong><br />

<strong>aus</strong>gebrochen war und begab sich in das<br />

angrenzende Wäldchen in <strong>der</strong> Erwartung und<br />

„entlastenden Hoffnung“, diesem zu begegnen,<br />

damit er mit ihr mache, was er mit den an<strong>der</strong>en<br />

Frauen gemacht hatte. Sie verspürte dabei nicht<br />

nur keine Angst, son<strong>der</strong>n Entlastung und etwas<br />

„Ähnliches wie Lust“. Der Heidemör<strong>der</strong> hatte<br />

drei Frauen vergewaltigt, gequält und zerstückelt.<br />

Das Bedürfnis nach Strafe durch den Tod<br />

bei <strong>der</strong> chronischen Empfindung, selbst<br />

unwert zu sein, ersetzte die Angst „vor<br />

dem Leben an sich“, also einer diffusen,<br />

„frei flottierenden“ Angst.<br />

Kontaktaufnahme über E-Mail ist heute<br />

üblich und kommt massenweise vor. Oft<br />

geht es primär um Sexualität und auffällig<br />

häufig um sadomasochistische Fantasien.<br />

Diese werden durch<strong>aus</strong> nicht selten auch<br />

<strong>aus</strong>gelebt, teilweise mit befriedigen<strong>der</strong><br />

Sexualität (nicht alles ist Störung, son<strong>der</strong>n<br />

manchmal Spiel), teilweise mit dramatischen<br />

Folgen, <strong>der</strong>en extremste Variante<br />

wohl die „einvernehmliche“ Tötung und<br />

Verspeisung des „Sexual“-Partners war –<br />

so <strong>der</strong> „Kannibale von Rotenburg“, <strong>der</strong><br />

angegeben hat, B. habe in das Abtrennen<br />

des äußeren Teiles seines Penis und seine<br />

darauf folgende Tötung eingewilligt. Die<br />

Vorgänge wurden teils filmisch dokumentiert.<br />

Nicht selten lassen sich Patienten retraumatisieren<br />

und führen diese Situationen<br />

auch aktiv herbei (z.B. geplantes Aufsuchen<br />

des früheren Missbrauchers): Sie suchen<br />

eine bekannte Situation, die ihnen weniger<br />

Angst bereitet als ein neuer Weg mit unbekannten<br />

Beziehungssituationen.<br />

Die Amygdala, die mit negativen Emotionen<br />

wie Furcht in Zusammenhang gebracht<br />

wird, verliert bei positiven Emotionen wie<br />

Verliebtheit an Aktivität. [8] Langfristige Be -<br />

ziehungen sind aufgrund <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Dauer<br />

verbundenen Gewöhnung weniger „beruhigend“,<br />

daher <strong>der</strong> „Anreiz“ zu neuen und<br />

damit wie<strong>der</strong> emotional hoch aufgeladenen<br />

Beziehungen. Die Amygdala wird bei sexu -<br />

eller Stimulation und Ejakulation deaktiviert,<br />

die also <strong>der</strong> Angst entgegenwirken<br />

dürften. Auch auf neurobiologischer Ebene<br />

besteht also ein Zusammenhang zwischen<br />

Angst und Sexualität.<br />

Reduktion <strong>der</strong> Angst als Therapieziel<br />

In <strong>der</strong> Therapiesitzung und auf <strong>der</strong> Therapiestation<br />

muss eine angstfreie Atmosphäre<br />

vorherrschen, auch was das Berichten<br />

„peinlicher“ Vorgänge und Fantasien<br />

betrifft. Tabuisieren und Moralisieren verhin<strong>der</strong>t<br />

die Bearbeitung sexueller Proble-


me. Gerade gute Erfahrungen mit den Therapeuten<br />

führen zu guten Möglichkeiten,<br />

im „privaten“ Rahmen Beziehungen zu<br />

erproben.<br />

Das Entscheidende an unserer Arbeit ist<br />

also, eine beson<strong>der</strong>e und spezifische<br />

Atmos phäre herzustellen und aufrechtzuerhalten,<br />

die eine verän<strong>der</strong>nde und heilende<br />

Kraft hat. Winnicott [9] ging davon<br />

<strong>aus</strong>, dass eine „Haltende Funktion“ un -<br />

abdingbar zum Entwickeln einer „reifen“<br />

Beziehungsfähigkeit ist. Dementsprechend<br />

nannte er die nötige Umgebung eine „haltende“.<br />

Auf das Entstehen einer solchen<br />

haltenden Umgebung kommt es uns be -<br />

son<strong>der</strong>s an.<br />

Letztlich werden alle Beziehungserfahrungen<br />

in den neuronalen Netzwerken abgespeichert<br />

und lassen sich we<strong>der</strong> durch<br />

Medikamente noch durch Psychotherapie<br />

eliminieren. Somit erachte ich es als zentral,<br />

in <strong>der</strong> Therapie möglichst viele „gute“<br />

(auch begrenzende) Beziehungserfahrungen<br />

zu machen, damit die „alten“ Erfahrungen<br />

durch die neuen mehr o<strong>der</strong> weniger neutralisiert<br />

werden.<br />

Für den Patienten bedeutet das vor allem:<br />

Angenommenwerden, <strong>aus</strong>reichende Angstfreiheit<br />

und Beziehungssicherheit. Für das<br />

Behandlungsteam bedeutet es vor allem,<br />

sich immer wie<strong>der</strong> auf neue Menschen und<br />

ihr schwieriges Beziehungsverhalten, das<br />

ja auch ein Beziehungsangebot beinhaltet,<br />

individuell und flexibel einzulassen.<br />

Hierzu gehört allerdings ein schwieriges<br />

therapeutisches „Kunststück“: die Unterscheidung<br />

zwischen <strong>der</strong> Angst des Patienten<br />

bezüglich Sexualität und <strong>der</strong> Angst des<br />

Therapeuten bezüglich <strong>der</strong> Sexualität des<br />

Patienten und <strong>der</strong> eigenen Person. Kernberg<br />

[6] beschreibt die projektive Identifizierung<br />

prägnant: „Das Subjekt projiziert<br />

unerträgliche intrapsychische Erlebnisse<br />

auf ein Objekt, verbleibt in Einfühlung mit<br />

dem, was es projiziert, versucht im ständigen<br />

Bemühen, das unerträgliche Erlebnis<br />

abzuwehren, das Objekt zu kontrollieren<br />

und bringt das Objekt in einer echten Interaktion<br />

unbewusst dazu, das auf ihn Projizierte<br />

tatsächlich zu erleben.“ Soll die<br />

Therapie auch bezüglich <strong>der</strong> sexuellen<br />

Störungen des Patienten gelingen, muss<br />

<strong>der</strong> Therapeut also seine Gefühle daraufhin<br />

prüfen, ob sie <strong>aus</strong> ihm selbst her<strong>aus</strong><br />

entstanden sind o<strong>der</strong> ihm per projektiver<br />

Identifizierung vom Patienten „untergeschoben“<br />

wurden. Das allerdings bezieht<br />

sich nicht nur auf Gefühle bezüglich Sexualität,<br />

son<strong>der</strong>n auf alle Gefühle – von denen<br />

uns die bezüglich Sexualität oft beson<strong>der</strong>s<br />

suspekt sind, was dann fast zwangsläufig<br />

Kontakt<br />

Dr. Birger Dulz<br />

Psychiatrie und Psychotherapie<br />

zur Nichtbearbeitung <strong>der</strong> Sexualität unserer<br />

Patienten o<strong>der</strong> zur Vermittlung eigener<br />

Moralvorstellungen führt. Das müssen<br />

jedoch nicht die unserer Patienten sein …<br />

und somit gliche <strong>der</strong> Therapeut mehr<br />

einem Mitglied <strong>der</strong> katholischen Glaubenskongregation<br />

denn einem Psychotherapeuten.<br />

Literatur<br />

[1] Bleuler M (1983). Lehrbuch <strong>der</strong> Psychiatrie. 15. Auflage.<br />

Berlin, Heidelberg, New York: Springer: 461.<br />

[2] Dulz B (1999). Wut o<strong>der</strong> Angst – welcher Affekt ist bei<br />

Bor<strong>der</strong>line-Störungen <strong>der</strong> zentrale? Persönlichkeitsstörungen<br />

3: 30-5.<br />

[3] Dulz B (2000). Der Formenkreis <strong>der</strong> Bor<strong>der</strong>line-Störungen:<br />

Versuch einer deskriptiven Systematik. In: Kernberg<br />

OF, Dulz B, Sachsse U (Hrsg.) Handbuch <strong>der</strong> Bor<strong>der</strong>line-<br />

Störungen. Stuttgart, New York: Schattauer: 57-74.<br />

[4] Dulz B, Schnei<strong>der</strong> A (1995). Bor<strong>der</strong>line-Störungen.<br />

Theorie und Therapie. Stuttgart, New York: Schattauer.<br />

[5] Hoffmann SO (1998). Die Angst <strong>der</strong> Bor<strong>der</strong>line-Patienten<br />

und seine Beziehungen. Persönlichkeitsstörungen 2: 4-9.<br />

[6] Kernberg OF (1989). Projektion und projektive Identifikation.<br />

Entwicklungspsychologische und klinische Aspekte.<br />

Forum Psychoanal 5: 267-8.<br />

[7] Sack M, Sachsse U, Dulz B (2009). Störungen <strong>der</strong> Sexualität<br />

bei Patientinnen und Patienten mit komplexer Posttraumatischer<br />

Belastungsstörung. In: Dulz B, Benecke C,<br />

Richter-Appelt H (Hrsg.) Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität.<br />

Stuttgart, New York: Schattauer: 134-7.<br />

[8] Strüber D, Roth G (2009). Liebe, Sexualität und Gehirn.<br />

In: Dulz B, Benecke C, Richter-Appelt H (Hrsg.) Bor<strong>der</strong>line-<br />

Störungen und Sexualität. Stuttgart, New York: Schattauer:<br />

31-41.<br />

[9] Winnicott DW (1974, 1993). Reifungsprozesse und<br />

för<strong>der</strong>nde Umwelt. Frankfurt/M.: Fischer: 60 f.<br />

II. Fachabteilung Psychiatrie<br />

Persönlichkeitsstörungen/Trauma<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord – Ochsenzoll<br />

Langenhorner Ch<strong>aus</strong>see 560<br />

22419 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-87 24 28<br />

Fax (0 40) 18 18-87 15 36<br />

E-Mail: b.dulz@asklepios.com<br />

715


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

Transsexualität –<br />

Was ist das und wie behandelt man es?<br />

Priv.-Doz. Dr. Jörg Schwarz<br />

Transsexualität ist eine Erkrankung, bei <strong>der</strong> sich die Betroffenen im falschen Körper wähnen und sich dem an<strong>der</strong>en<br />

Geschlecht zugehörig fühlen. Bei eindeutigem chromosomalen und gonadalen Geschlecht sind die Patienten meist<br />

bereits seit <strong>der</strong> Kindheit o<strong>der</strong> spätestens <strong>der</strong> Pubertät absolut sicher, im „falschen“ Körper geboren worden zu sein.<br />

Somit liegt bei <strong>der</strong> Transsexualität eine Störung des Geschlechtsidentitätsgefühls vor. Das Geschlechtsidentitäts -<br />

gefühl beinhaltet normalerweise Stimmigkeit <strong>der</strong> körperlichen Geschlechtsmerkmale mit dem entsprechenden<br />

Zugehörigkeitsgefühl zum weiblichen o<strong>der</strong> männlichen Geschlecht. Das heißt auch Stimmigkeit des Selbstgefühls<br />

mit <strong>der</strong> Wahrnehmung durch die Mitmenschen, dem weiblichen o<strong>der</strong> dem männlichen Geschlecht anzugehören.<br />

Transsexualität kann als leiblich-seelische Geschlechtsunterschiedlichkeit aufgefasst werden. Das Geschlechts -<br />

identitätsgefühl passt nicht zu den körperlichen Geschlechtsmerkmalen. Transsexualität gibt es bei beiden<br />

Geschlechtern, wobei immer das Zielgeschlecht angegeben wird. Das bedeutet, dass ein transsexueller Mann<br />

chromosomal weiblich und eine transsexuelle Frau chromosomal männlich ist.<br />

Prävalenz<br />

In den Nie<strong>der</strong>landen beträgt die Prävalenz<br />

<strong>der</strong> Transsexualität bei Männern 1:11.900<br />

und bei Frauen 1:30.400. Die Zahlen unterscheiden<br />

sich in verschiedenen Län<strong>der</strong>n.<br />

So ist die Prävalenz in Belgien und Neuseeland<br />

niedriger als in Singapur. [1] Die<br />

Relation von 3:1 zwischen Männern und<br />

Frauen findet sich in vielen, aber nicht<br />

allen Län<strong>der</strong>n. Bis jetzt gibt es jedoch keine<br />

<strong>aus</strong>reichende Erklärung <strong>für</strong> die unterschied -<br />

liche Prävalenz zwischen den Geschlechtern<br />

und zum Teil auch zwischen verschiedenen<br />

Län<strong>der</strong>n.<br />

Ätiologie<br />

Hinweise auf transsexuelle Menschen finden<br />

sich schon im Altertum bei Herodt und<br />

ubiquitär in vielen Kulturen und Gesellschaften,<br />

bei Indianern und Asiaten ebenso<br />

wie im Abendland. [2] Der Begriff des Transsexualismus<br />

entstand erst im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />

Auf Harry Benjamin (1953) ist die<br />

Abgrenzung zum Transvestitismus zurück-<br />

716<br />

zuführen. Er begründete mit seinem Buch<br />

„The transsexual phenomenon“ (1966) das<br />

Verständnis <strong>der</strong> Transsexualität als nosologische<br />

Entität und behandlungswürdige<br />

Krankheit. Wurde die Transsexualität lange<br />

Zeit als rein psychologisches Phänomen<br />

gesehen, so weiß man heute, dass <strong>der</strong><br />

Transsexualität organische Verän<strong>der</strong>ungen<br />

im ZNS zugrunde liegen. Untersuchungen<br />

an Gehirnen verstorbener transsexueller<br />

Frauen (Mann zu Frau) zeigten typisch<br />

weibliche Strukturen in einem bestimmten<br />

Areal im Bereich <strong>der</strong> Stria terminalis. [3]<br />

Eine weitere Studie fand bei transsexuellen<br />

Frauen Polymorphismen des Androgen -<br />

rezeptors. [4] Diese Ergebnisse führten zu<br />

dem Konzept, dass es sich bei <strong>der</strong> Trans -<br />

sexualität um eine intersexuelle Erkrankung<br />

handelt, bei <strong>der</strong> die sexuelle Differenzierung<br />

des Gehirns nicht mit dem chromosomalen<br />

und gonadalen Geschlecht übereinstimmt.<br />

Die in <strong>der</strong> Kindheit gefestigte Geschlechts -<br />

identität ist irreversibel. Eine psychotherapeutische<br />

Anpassung an das morphologische<br />

Körperbild ist bei echten Transsexuellen<br />

nicht möglich und mit unabsehbaren Folgen<br />

<strong>für</strong> die Patienten verbunden. Die Patienten<br />

leiden zum Teil erheblich unter ihrer Transsexualität.<br />

Ein häufiges Phänomen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

bei transsexuellen Männern, sind<br />

Ritzverletzungen an den Armen. Dieses<br />

Verhalten muss unbedingt von Patienten<br />

mit einer Bor<strong>der</strong>line-Störung abgegrenzt<br />

werden. Weitere Differenzialdiagnosen<br />

betreffen alle geschlechtsdysphorischen<br />

Zustände vorübergehen<strong>der</strong> Art, zum Beispiel<br />

in Adoleszentenkrisen, Fetischistischen<br />

Transvestitismus, Dissoziative Störungen<br />

(„Multiple Persönlichkeiten“),<br />

schwere Identitätsstörungen auf Bor<strong>der</strong>line-<br />

Niveau und psychotische Verkennung <strong>der</strong><br />

Geschlechtsidentität.<br />

Nach Preuss gibt es verschiedene Anpassungsstrategien:<br />

Verheimlichung (Schamund<br />

Schuldgefühle), Perfektionierung des<br />

heimlichen Cross-Dressings, sozialen Rückzug<br />

(Einzelgängertum, soziophobische<br />

Ängste), Rückzug in eine hypertrophierende<br />

Fantasiewelt, Manipulationen bis zu<br />

Selbstverletzungen an den Genitalien, Auf-


Abb. 1: Mastektomie mit freier Brustwarzentransplantation bei einem transsexuellen Patienten<br />

1. Genaue Diagnosestellung <strong>der</strong> individuellen Geschlechtsidentitätsstörung<br />

2. Diagnostik an<strong>der</strong>er psychiatrischer Begleiterkrankungen und Veranlassung einer adäquaten Behandlung<br />

3. Beratung über alle Behandlungsoptionen und ihre Konsequenzen<br />

4. Ernsthafte Bemühung um Psychotherapie – „to engage in psychotherapy“<br />

5. Überprüfung <strong>der</strong> Vor<strong>aus</strong>setzungen <strong>für</strong> die Indikation somatischer Behandlungsschritte<br />

6. Verbindliche Überweisungen an medizinische Kollegen und Operateure mit begründeter Indikation<br />

7. Dokumentation <strong>der</strong> Vorgeschichte des Patienten im Arztbrief (Indikationsschreiben)<br />

8. Mitarbeit in einem professionellen Team, das sich mit Geschlechtsidentitätsstörungen befasst<br />

9. Beratung und Aufklärung von Angehörigen, Arbeitgebern und Institutionen<br />

10. Bereitschaft <strong>für</strong> behandelte Patienten später zur Verfügung zu stehen, unter Umständen lebenslang<br />

Tab. 1: Die zehn Aufgaben des „Gen<strong>der</strong>-Spezialisten“ (nach Dr. Wilhelm F. Preuss)<br />

gabe <strong>der</strong> Körperbesetzung, körperliche<br />

Vernachlässigung, Verleugnung, Erlernen<br />

und „Spielen“ <strong>der</strong> nicht passenden Ge -<br />

schlechtsrolle, Hoffnung auf „Selbstheilung“<br />

durch entsprechende Berufswahl, Eheschließung,<br />

Familiengründung etc. sowie<br />

Überkompensationen wie Machogehabe<br />

bei männlichen Transsexuellen.<br />

Die Diagnose des Transsexualismus muss<br />

durch einen Psychiater, am besten einen so<br />

genannten „Gen<strong>der</strong>-Spezialisten“, gutachterlich<br />

gesichert werden (Tab. 1). Die Be -<br />

treuung <strong>der</strong> Patienten dauert mindestens<br />

ein Jahr. Am Ende des gutachterlichen Verfahrens<br />

wird die totale und irreversible<br />

transponierte Geschlechtsidentität als Indikation<br />

zur hormonellen und chirurgischen<br />

Angleichung bestätigt.<br />

Therapie<br />

Die Therapie bei Transsexualität besteht<br />

unabhängig vom Geschlecht in drei Maßnahmen:<br />

1. Alltagstest (Real-life-Test): Im Alltags -<br />

test lebt <strong>der</strong> Patient während <strong>der</strong> mindestens<br />

einjährigen gutachterlichen Betreuung<br />

durch einen Psychiater einen Rollenwechsel,<br />

während dessen er sich auch seiner<br />

Umwelt „outet“.<br />

2. Hormonbehandlung: Vor<strong>aus</strong>setzung <strong>für</strong><br />

den Beginn einer Hormonbehandlung ist<br />

ein psychiatrisches Gutachten, das die<br />

Transsexualität bestätigt, da durch die<br />

Hormonbehandlung bereits irreversible<br />

Verän<strong>der</strong>ungen hervorgerufen werden,<br />

zum Beispiel eine tiefere Stimme bei transsexuellen<br />

Männern nach Testosteronbehandlung.<br />

Die Hormonbehandlung transsexueller<br />

Männer besteht in <strong>der</strong> Gabe von<br />

Testosteronpräparaten, zum Beispiel<br />

250 mg Testoviron-Depot i. m. alle zwei bis<br />

drei Wochen. Eine schnellere Vermännli-<br />

Gynäkologie<br />

1. Stufe Diagnostik<br />

2. Stufe Behandlung während <strong>der</strong> Alltagserfahrung/Psychotherapie<br />

Vornamensän<strong>der</strong>ung nach § 1 TSG<br />

3. Stufe Hormonbehandlung nach<br />

Alltagserfahrung über mind. 1½ Jahre<br />

4. Stufe geschlechtsangleichende Operation<br />

5. Stufe Nachbehandlung/Weiterbetreuung<br />

Personenstandsän<strong>der</strong>ung nach § 8 TSG<br />

Tab. 2: Behandlungsstufen <strong>für</strong> transsexuelle Patienten<br />

chung wird durch höhere Dosen nicht<br />

erreicht, da die Wirkung durch die Anzahl<br />

<strong>der</strong> Androgenrezeptoren bestimmt wird.<br />

Höhere Dosen belasten lediglich die Leber.<br />

Ziel <strong>der</strong> Androgenbehandlung ist das<br />

Erreichen einer männlichen Haarverteilung,<br />

Zunahme <strong>der</strong> Muskelmasse, Stimmbruch<br />

und Amenorrhoe. Häufige unerwünschte<br />

Nebenwirkungen sind eine <strong>aus</strong>geprägte<br />

Akne und eine Steigerung <strong>der</strong> Libido. Die<br />

Verweiblichung transsexueller Frauen lässt<br />

sich durch Ethinylöstradiol-Injektionen<br />

(z. B. 20 mg Ethinylöstradiol i. m.) in zweiwöchentlichen<br />

Abständen, orale tägliche<br />

Östrogentherapie o<strong>der</strong> ein trans<strong>der</strong>males<br />

System (z. B. Estra<strong>der</strong>m ® TTS100) erreichen.<br />

Die höchste Compliance zeigt die halbjährliche<br />

Implantation eines Östrogenstylus<br />

unter die Haut (Östradiol implant ® 75 mg).<br />

Zur Reduktion <strong>der</strong> männlichen Behaarung<br />

wird Cyproteronacetat (z. B. Androcur ® )<br />

angewendet. Ziel <strong>der</strong> Therapie ist das<br />

Erreichen einer weiblichen Fettverteilung,<br />

einer weichen Haut, einer Gynäkomastie,<br />

einer Hodenathrophie und eines Potenzverlustes<br />

(Erektion/Ejakulation).<br />

717


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

Abb. 2: Brustaufbau bei einer transsexuellen Patientin mit Silikonprothesen<br />

3. Operative Therapie: Die operative Therapie<br />

sollte frühestens sechs Monate nach<br />

Beginn <strong>der</strong> Hormontherapie erfolgen.<br />

Vor<strong>aus</strong>setzungen sind zwei psychiatrische<br />

Gutachten und die Kostenübernahme<br />

durch die Krankenkasse. Aus unserer Sicht<br />

ist in dieser beson<strong>der</strong>en Situation <strong>der</strong> Operateur<br />

lediglich <strong>aus</strong>führen<strong>der</strong> Dienstleister.<br />

Die Indikation zur Operation stellt <strong>der</strong><br />

Psychiater, indem er die Transsexualität<br />

diagnostiziert. Neben <strong>der</strong> Konstruktion des<br />

Zielgeschlechtes dient die Operation auch<br />

<strong>der</strong> sicheren und irreversiblen Sterilisation,<br />

die Vor<strong>aus</strong>setzung <strong>für</strong> die Personenstands -<br />

än<strong>der</strong>ung ist. Die Operation transsexueller<br />

Männer beinhaltet die Entfernung des Uterus<br />

und/o<strong>der</strong> bei<strong>der</strong> Adnexe, des Drüsenkörpers<br />

und die Formung eines männlichen<br />

Oberkörpers. Die genitale Geschlechtsangleichung<br />

ist möglich (Tab. 2), wird aber<br />

aufgrund ihrer Komplexität und <strong>der</strong> möglichen<br />

Komplikationen nur von einem Teil<br />

<strong>der</strong> Patienten angestrebt. Die Operation<br />

transsexueller Frauen besteht <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Entfernung<br />

von Penis und Testes, <strong>der</strong> Konstruktion<br />

einer Neovagina <strong>aus</strong> Penishaut<br />

o<strong>der</strong> Darm, dem Aufbau weiblicher Brüste<br />

durch Implantation von Silikonprothesen<br />

und <strong>der</strong> Epilation.<br />

718<br />

Operative Therapie in <strong>der</strong><br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord – Heidberg<br />

Wir bieten vor allem die operative Therapie<br />

bei transsexuellen Männern an. Im<br />

<strong>aus</strong>führlichen Beratungsgespräch werden<br />

zusammen mit dem Patienten die Art und<br />

<strong>der</strong> zeitliche Ablauf <strong>der</strong> Therapie festgelegt.<br />

Die Entfernung von Uterus und<br />

Adnexe erfolgt minimal-invasiv (z. B. totale<br />

laparoskopische Hysterektomie) o<strong>der</strong> über<br />

eine Minilaparotomie oberhalb <strong>der</strong> Symphyse.<br />

Der Vorteil hierbei ist das Vermeiden<br />

jeglicher vaginaler Manipulation.<br />

Die Entfernung <strong>der</strong> Brustdrüse erfolgt bei<br />

größerer Brust im Sinne einer Mastektomie<br />

mit freier Brustwarzentransplantation<br />

(Abb. 1), wobei aufgrund <strong>der</strong> Schnitttechnik<br />

ein männlicher Oberkörper mit Darstellung<br />

des lateralen Randes des Musculus<br />

pectoralis major angestrebt wird. Bei<br />

kleiner Brust werden auch Operationstechniken<br />

mit nur kleinen Narben um die<br />

Brustwarze angewendet. Den Patienten<br />

wird eine si multane Operation von Brust<br />

und Unterleib angeboten, sodass nur ein<br />

Krankenh<strong>aus</strong>aufenthalt notwendig ist.<br />

Bei transsexuellen Frauen bieten wir den<br />

Brustaufbau durch Implantation von Silikonprothesen<br />

an. Dabei ist es vor allem<br />

wichtig, eine neue Submammärfalte zu<br />

rekonstruieren, um eine natürliche Brustform<br />

zu erzielen (Abb. 2). Alle Patienten<br />

werden in Einzelzimmern untergebracht.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> Erfahrung des pflegerischen<br />

und ärztlichen Personals mit transsexuellen<br />

Patienten ist ein sehr freundlicher und<br />

respektvoller Umgang selbstverständlich.<br />

Literatur<br />

[1] Van Kestern PJ, Gooren LJ, Megens JA. An epidemiological<br />

and demographic study of transsexuals in the Netherlands.<br />

Arch Sex Behav 1996; 25: 589.<br />

[2] Eicher W, Transsexualismus: Möglichkeiten und Grenzen<br />

<strong>der</strong> Geschlechtsumwandlung, 2. Auflage Stuttgart,<br />

New York: Fischer.<br />

[3] Zhou JN, Hofman MA, Gooren LJ, Swaab DF. A sex<br />

difference in the human brain and it’s relation to trans -<br />

sexuallity. Nature 1195; 378: 68.<br />

[4] Hare L, Bernard P, Sanchez FJ, et al. Androgen receptor<br />

repeat length polymorphism associated with male-tofemale<br />

transsexualism. Biol Psychiatry 2008: 20-4.<br />

Kontakt<br />

Priv.-Doz. Dr. Jörg Schwarz<br />

<strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Gynäkologie, Onkologie und<br />

Brustzentrum<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord – Heidberg<br />

Tangstedter Landstraße 400<br />

22417 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-87 31 26<br />

Fax (0 40) 18 18-87 31 27<br />

E-Mail: joe.schwarz@asklepios.com


Der zervikale Bandscheibenvorfall<br />

Prof. Dr. Uwe Kehler<br />

Neurochirurgie<br />

Nackenschmerzen mit Ausstrahlung in den Hinterkopf und die Schulter-Arm-Region sind ein weitverbreitetes<br />

Problem. Ursächlich sind häufig degenerative Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Halswirbelsäule. Bandscheibenvorfälle verursachen<br />

dabei meist akute Wurzelreiz- und/o<strong>der</strong> Wurzel<strong>aus</strong>fallsyndrome, während chronische Beschwerden meist durch<br />

degenerativ-knöcherne Verän<strong>der</strong>ungen hervorgerufen werden. Zwar sind zervikale Bandscheibenvorfälle seltener<br />

als lumbale, die potenzielle Bedrohung ist jedoch durch die Nähe zum Rückenmark deutlich größer.<br />

Anamneseerhebung, genaue klinisch/neurologische Untersuchung, die bildgebende Diagnostik sowie differenzialdiagnostische<br />

Abwägungen stellen die Weichen <strong>für</strong> konservative o<strong>der</strong> operative Maßnahmen. Diese sind deutlich<br />

erfolgreicher als gemeinhin angenommen.<br />

Pathogenese<br />

Degenerationen <strong>der</strong> Bandscheiben gehen<br />

mit Dehydratation und Höhenmin<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Zwischenwirbelräume einher. Dabei<br />

können <strong>der</strong> Anulus fibrosus einreißen und<br />

Teile des Nucleous pulposus <strong>aus</strong>treten.<br />

Während dorsomediale Bandscheibenvorfälle<br />

zu Rückenmarkskompression führen<br />

können (Abb. 2), verursachen dorsolaterale<br />

Vorfälle eher Nervenwurzelkompressionen<br />

(Abb. 1).<br />

Abb. 1: NMR eines lateralen Bandscheibenvorfalles mit<br />

Nervenwurzelkompression<br />

Die Höhenmin<strong>der</strong>ung des Zwischen -<br />

wirbelraumes verursacht eine zusätzliche<br />

Belastung beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Unkovertebral -<br />

gelenke. Reaktionen sind hypertrophe<br />

Unkarthrosen und Spondylosen mit sekundären<br />

Einengungen <strong>der</strong> Wurzelkanäle<br />

und/o<strong>der</strong> des Rückenmarkkanals.<br />

Betroffen ist meist die untere Halswirbelsäule,<br />

vor allem die Höhen HW5/6 und<br />

HW6/7, seltener HW4/5 und HW7/BW1.<br />

<strong>Klinik</strong><br />

Die Beschwerden gehen häufig mit<br />

Nackenschmerzen und einer radikulären<br />

Schmerz<strong>aus</strong>strahlung einher. Bei einer Irritation<br />

<strong>der</strong> Nervenwurzel C6 findet sich<br />

typischerweise eine Schmerz<strong>aus</strong>strahlung<br />

bis in den Daumen, bei C7 bis in den<br />

Mittelfinger und bei C8 bis in den Kleinfinger.<br />

Motorische Ausfälle (Paresen) <strong>der</strong><br />

Kennmuskeln und Reflex<strong>aus</strong>fälle können<br />

hinzukommen. Die Paresen sind wegen<br />

<strong>der</strong> häufig mehrsegmentalen Innervation<br />

<strong>der</strong> einzelnen Muskeln meist nicht komplett.<br />

Bei langsam entstehenden Kompressionen<br />

des Rückenmarks kommt es zu<br />

ataktischen, spastischen Gangstörungen<br />

mit Reflexsteigerungen – <strong>der</strong> zervikalen<br />

Myelopathie. Bei akuten Rückenmarkskompressionen<br />

z. B. durch einen dorsomedianen<br />

Bandscheibenvorfall (Abb. 2) droht<br />

gar eine akute Querschnittslähmung.<br />

Diagnostik<br />

Anameseerhebung und klinisch/neuro -<br />

logische Untersuchung spielen eine bedeutende<br />

Rolle in <strong>der</strong> lokalisatorischen Eingrenzung<br />

<strong>der</strong> zu erwartenden Pathologie.<br />

Die weitere Diagnostik kann dann selektiv<br />

<strong>aus</strong>gewählt werden. Abhängig von <strong>der</strong><br />

Akuität und dem Schweregrad <strong>der</strong> Symptomatik<br />

ist auch die Dringlichkeit <strong>der</strong> weiteren<br />

Diagnostik und Therapie festzulegen.<br />

Ein akuter Querschnitt macht eine sofortige<br />

weitere Abklärung (Tag und Nacht) notwendig.<br />

Die Verdachtsdiagnose eines Bandscheibenvorfalls<br />

muss mit <strong>der</strong> Bildgebung<br />

bestätigt werden. Dabei spielen Röntgennativaufnahmen<br />

heute kaum noch eine<br />

Rolle, da sie einen Bandscheibenvorfall<br />

nicht direkt nachweisen können. Untersuchung<br />

<strong>der</strong> Wahl ist die Kernspintomografie:<br />

Sie stellt das Rückenmark, die Nervenwurzeln,<br />

die Bandscheibe und den<br />

719


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

Abb. 2: Sagittale und axiale Kernspintomografie eines medialen Bandscheibenvorfalles HW3/4 (→)<br />

mit Rückenmarkskompression – klinisch: akutes Querschnittssyndrom<br />

■ Klinische Untersuchung<br />

■ (Rö-Aufnahmen <strong>der</strong> HWS in 4 Ebenen)<br />

■ Kernspintomografie und/o<strong>der</strong><br />

Computertomografie<br />

■ Evtl. EMG, NLG<br />

■ Evtl. Funktionsaufnahmen (Röntgen o<strong>der</strong> MRT)<br />

Tab. 1: Diagnostik bei Verdacht auf zervikalen Bandscheibenvorfall<br />

■ Degenerativ-knöcherne Verän<strong>der</strong>ung (Unkarthrose,<br />

Osteochondrose, Spondylarthrose)<br />

■ Tumoren (z. B. Neurinome, Meningeome,<br />

Metastasen, Pancoasttumor)<br />

■ Schultergelenksverletzungen und -degeneration<br />

■ Entzündungen (z. B. Borreliose, Myelitis, MS)<br />

■ Spondylodiscitis<br />

■ Polyneuropathie<br />

■ Armplexusläsionen<br />

■ Thoracic outlet Syndrom<br />

■ Frakturen<br />

■ Periphere Nervenkompressionssyndrome<br />

■ Neuralgische Myatrophie<br />

■ Spondylolisthese<br />

■ …<br />

Tab. 2: Differenzialdiagnosen des zervikalen<br />

Bandscheibenvorfalles<br />

■ Therapieresistente Schmerzen<br />

■ Relevante progrediente Paresen<br />

■ Progrediente zervikale Myelopathie<br />

■ Akutes Querschnittssyndrom (absoluter Notfall)<br />

Tab. 3: Operationsindikationen<br />

720<br />

eventuellen Vorfall sowie differenzialdiagnostisch<br />

zu erwägende Pathologien (Tumoren,<br />

Frakturen, Entzündungen etc.) in<br />

großer Genauigkeit dar. Stehen die rein<br />

knöchernen Verän<strong>der</strong>ungen im Vor<strong>der</strong>grund,<br />

kann die Computertomografie sehr<br />

hilfreich sein. Sie wird auch eingesetzt,<br />

wenn Kontraindikationen gegen die Kernspintomographie<br />

(z. B. Herzschritt macher,<br />

Tiefenhirnstimulation, Kl<strong>aus</strong>trophobie etc.)<br />

bestehen. Eine zu vermutende Instabilität<br />

wird durch Funktionsaufnahmen <strong>der</strong> HWS<br />

mittels Nativröntgen o<strong>der</strong> Kernspintomografie<br />

geklärt. Natürlich ist eine differen -<br />

zialdiagnostische Abwägung (Tab. 2) notwendig.<br />

Dazu werden je nach Bedarf die<br />

Kernspintomografie, Liquoruntersuchungen<br />

und die Elektrophysiologie (EMG, NLG)<br />

eingesetzt.<br />

Therapie<br />

Die Akuität und <strong>der</strong> Schweregrad <strong>der</strong><br />

Erkrankung bestimmen die einzuschlagende<br />

Therapie: Hochgradige akute Paresen<br />

machen eine rasche operative Dekompression<br />

notwendig, während bei Schmerzen<br />

und geringgradigen neurologischen Ausfällen<br />

ein konservativer Therapieversuch<br />

unternommen werden sollte. [1]<br />

Konservative Therapie<br />

Eine Ruhigstellung <strong>der</strong> Halswirbelsäule ist<br />

nur bei akuten Schmerzsyndromen und<br />

dann auch nur kurzzeitig indiziert. Analgetika<br />

müssen <strong>aus</strong>reichend dosiert werden.<br />

Physikalische Maßnahmen unterstützen<br />

die Behandlung. Chirotherapeutische<br />

Manöver dürfen erst nach erfolgter Bildgebung<br />

erfolgen. Eine kurzzeitige hochdosierte<br />

orale Cortisonbehandlung (z. B. mit<br />

Dexamethason) über zwei bis drei Tage<br />

(unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Kontraindikationen)<br />

ist häufig schmerzlin<strong>der</strong>nd. Im Einzelfall<br />

können auch Facetteninfiltrationen<br />

und periradikuläre Injektionen helfen –<br />

beson<strong>der</strong>e Vorsicht ist hier wegen <strong>der</strong> de -<br />

saströsen Nebenwirkungen bei fehlerhaften<br />

Injektionen (Querschnittslähmung)<br />

geboten. Isometrische Übungen zur Stärkung<br />

des muskulären Korsetts <strong>der</strong> Halswirbelsäule<br />

werden häufig als angenehm<br />

empfunden und sollten über den akuten<br />

Krankheitsverlauf hin<strong>aus</strong> fortgeführt werden.<br />

Bei chronifizierten Schmerzen ist eine<br />

professionelle Schmerztherapie eventuell<br />

mit psychotherapeutischen Verfahren notwendig.<br />

Operative Therapie<br />

Zunehmende funktionell relevante Defi -<br />

zite, das heißt in <strong>der</strong> Regel höhergradige<br />

Lähmungen, machen eine rasche operative<br />

Therapie notwendig, um keine dauerhaften<br />

Behin<strong>der</strong>ungen zu riskieren. Ein sich rasch<br />

entwickelndes Querschnittsyndrom ist ein<br />

absoluter Notfall. Aber auch eine <strong>aus</strong>gereizte<br />

konservative Behandlung über viele<br />

Wochen stellt selbst bei fehlenden neurologischen<br />

Ausfällen eine Operationsindikation<br />

dar. Natürlich ist die OP-Indikation<br />

immer individuell zu stellen. Dass das<br />

morphologische Korrelat die Beschwerden<br />

eindeutig erklärt, ist <strong>für</strong> die Operations -<br />

indikation eine conditio sine qua non.<br />

Prinzipiell sind zwei Operationsverfahren<br />

zu unterscheiden:<br />

■ 1: <strong>der</strong> ventrale Zugang mit Entfernung<br />

<strong>der</strong> Bandscheibe (Diskektomie), neuraler<br />

Dekompression und Fusion<br />

■ 2: <strong>der</strong> dorsale Zugang mit Eröffnung<br />

des Wurzelkanals (Foraminotomie) zur<br />

Dekompression <strong>der</strong> Nervenwurzel und<br />

eventuellen Entfernung eines lateralen<br />

Bandscheibenvorfalles.<br />

Alle Operationen an <strong>der</strong> Wirbelsäule, den<br />

Nervenwurzeln und dem Rückenmark<br />

werden mikrochirurgisch durchgeführt.<br />

Ventraler Zugang: Mit diesem Zugang<br />

(Abb. 3a) können nach Entfernung <strong>der</strong><br />

Bandscheibe sowohl dorsomediale als auch<br />

dorsolaterale Bandscheibenvorfälle,


Unkarthrosen o<strong>der</strong> mediale Spondylophyten<br />

unter mikroskopischer Sicht abgetragen<br />

werden. Anschließend führt man eine<br />

Spondylodese mit einem Titan- o<strong>der</strong> PEEK<br />

(Polyetheretherketon)-cage durch (Abb. 4).<br />

In <strong>aus</strong>gesuchten Fällen kann auch eine<br />

Bandscheibenprothese eingesetzt werden.<br />

Bei vorliegendem Wirbelgleiten wird die<br />

Fusion über eine Plattenosteosynthese gesi-<br />

chert. [3,4]<br />

Dorsaler Zugang: Bei lateralen Bandscheibenvorfällen<br />

wird <strong>der</strong> Wurzelkanal von<br />

dorsal aufgefräst und <strong>der</strong> Bandscheibenvorfall<br />

extrahiert (Abb. 3b). Vorteil des dorsalen<br />

Zuganges ist, dass die Bandscheibe<br />

nicht angegangen werden muss. Limitiert<br />

ist <strong>der</strong> dorsale Zugang jedoch auf laterale<br />

Vorfälle: Bei weiter nach medial reichenden<br />

Bandscheibenvorfällen wäre das sehr empfindliche<br />

Rückenmark gefährdet. Deshalb<br />

ist <strong>der</strong> dorsale Zugang bei medialen Vorfällen<br />

absolut kontraindiziert.<br />

Bei langstreckigen Wirbelkanalstenosen ist<br />

sowohl die ventrale Korporektomie (Entfernung<br />

<strong>der</strong> mittleren Anteile <strong>der</strong> Wirbelkörper)<br />

auch über mehrere Höhen mit<br />

anschließendem Wirbelkörperersatz und<br />

Plattenosteosynthese als auch die dorsale<br />

Laminektomie o<strong>der</strong> Laminoplastik (Aufklappen<br />

<strong>der</strong> Wirbelbögen mit Neufixierung)<br />

eine wirksame Möglichkeit zur Entlastung<br />

des Rückenmarks. [2]<br />

Die Prognose <strong>der</strong> Operationen ist bei richtiger<br />

Indikation außerordentlich gut und<br />

wird in vielen Arbeiten mit über 90 Prozent<br />

angegeben. [2,4]<br />

Komplikationen bei erfahrenen Neurochirurgen<br />

sind selten. Bei den ventralen Zu -<br />

gängen sind temporäre Schluckstörungen<br />

und Recurrensparesen mit Heiserkeit<br />

(ebenfalls meist nur temporär) zu erwähnen.<br />

Verletzungen <strong>der</strong> Nervenwurzeln und<br />

des Rückenmarks sind eine Rarität.<br />

Fazit<br />

Der zervikale Bandscheibenvorfall und die<br />

degenerative HWS-Verän<strong>der</strong>ung stellen ein<br />

häufiges, in <strong>der</strong> Regel aber gut behandelbares<br />

Problem dar. Die Kernspintomografie<br />

ist die Bildgebung <strong>der</strong> Wahl. Bei Schmerzen<br />

und geringen neurologischen Ausfällen<br />

sollte die konservative Therapie einer<br />

a<br />

Operation zunächst vor<strong>aus</strong>gestellt werden.<br />

Bei therapieresistenten radikulären Schmerzen<br />

o<strong>der</strong> manifesten neurologischen Ausfällen<br />

ist ein mikrochirurgischer Eingriff<br />

anzustreben, bei hochgradigen Paresen<br />

o<strong>der</strong> beginnen<strong>der</strong> Querschnitts lähmung<br />

auch zeitnah beziehungsweise sofort<br />

durchzuführen. Die Risiken des mikro -<br />

chirurgischen Eingriffes sind gering. Die<br />

Langzeitprognose ist nicht nur von <strong>der</strong><br />

Akuttherapie, son<strong>der</strong>n auch von <strong>der</strong> fortschreitenden<br />

Wirbelsäulendegeneration<br />

bestimmt.<br />

Literatur<br />

Bandscheibenvorfall mit Rückenmarksund<br />

Nervenwurzelkompression b<br />

Abb. 3 – a: ventraler Zugang – b: dorsaler Zugang<br />

Abb. 4: Intraoperatives Bild mit PEEK-Dübel (Höhe: 6 mm) und postoperatives Röntgenbild<br />

mit Titan-Dübel bei HW3/4<br />

[1] AWMF: Zervikale Radikulopathie. Leitlinien <strong>für</strong> Diag -<br />

nostik und Therapie in <strong>der</strong> Neurologie; 4. überarbeitete<br />

Auflage 2008, S. 654 ff, ISBN 978-3-13-132414-6; Georg<br />

Thieme Verlag Stuttgart.<br />

[2] Heary FH, Timothy CR et al.: Cervical laminoforaminotomy<br />

for the treatment of cervical degenerative radiculopathy,<br />

J Neurosurg spine. 2009; 11: 198-202.<br />

Kontakt<br />

Neurochirurgie<br />

Lateraler Bandscheibenvorfall unter <strong>der</strong> Nervenwurzel<br />

Prof. Dr. Uwe Kehler<br />

Abteilung <strong>für</strong> Neurochirurgie<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Altona<br />

Paul-Ehrlich-Straße 1<br />

22763 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-81 16 70<br />

Fax (0 40) 18 18-81 49 11<br />

E-Mail: u.kehler@asklepios.com<br />

[3] Korinth MC: Treatment of cervical degenerative disc<br />

disease – current status and trends. Zentralbl Neurochir.<br />

2008 Aug; 69(3): 113-24.<br />

[4] Matz PG, Langston TH et al.: Indication for anterior<br />

cervical decompression for the treatment of cervical degenerative<br />

radiculopathy. J Neurosurg Spine. 2009; 11: 174-82.<br />

721


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

H1N1 –<br />

Der nächste Winter kommt bestimmt<br />

Dr. Susanne Huggett<br />

Die schnelle Ausbreitung des neuen Influenzavirus H1N1 hat uns in den vergangenen Monaten die globale<br />

Bedeutung von Infektionskrankheiten deutlich vor Augen geführt. Infektions<strong>aus</strong>brüche in an<strong>der</strong>en Kontinenten<br />

können die Bevölkerung Europas innerhalb von 48 Stunden bedrohen. Durch den internationalen Flugverkehr<br />

kann ein Influenzavirus in vier Tagen einmal um die Erde gelangen (siehe Abb. rechts). In Mexiko wurden die<br />

ersten Erkrankungen an <strong>der</strong> sogenannten Schweinegrippe im April dieses Jahres bekannt. Zahlreiche Todesfälle<br />

wurden mit <strong>der</strong> Infektion in Verbindung gebracht. In den USA infizierten sich dann zwei Kin<strong>der</strong>, ohne dass sie<br />

Kontakt zu Tieren hatten – ein Beweis, dass das neue Virus von Mensch zu Mensch übertragbar ist.<br />

Das Pandemievirus Influenza A H1N1<br />

Die Warnungen <strong>der</strong> WHO vor einer Pandemie<br />

führten national und international seit<br />

Jahren zu umfangreichen Planungen. Und<br />

doch überraschte die aktuelle Entwicklung<br />

mit <strong>der</strong> Erkennung eines bisher unbekannten<br />

Influenzavirus A mit dem Subtyp<br />

H1N1, da die Experten erwarteten, dass<br />

das neue Pandemievirus ein Vogelgrippevirus<br />

vom Typ H5N1 sein würde.<br />

Im neuen Virus wurden Gensegmente <strong>aus</strong><br />

Schweinen eurasischer Herkunft, von<br />

nordamerikanischen Vögeln und des Menschen<br />

identifiziert. Durch Vermischung <strong>der</strong><br />

Gene ist eine neue Virusart, eine sogenannte<br />

Reassortante (siehe Abb. �) entstanden.<br />

722<br />

Was bedeutet eine Pandemie <strong>für</strong> Hamburg?<br />

Für Hamburg rechnen wir bei einer mittleren<br />

Erkrankungsrate von 30 Prozent innerhalb einer<br />

Pandemiewelle mit 470.000 Arztkonsultationen,<br />

10.500 hospitalisierten Patienten, von denen<br />

1.575 intensivpflichtig sind, und mit 2.100<br />

Toten. In diesem Fall werden in <strong>der</strong> ersten Woche<br />

<strong>der</strong> Pandemiewelle circa 620 Patienten stationär<br />

aufgenommen, in <strong>der</strong> Peakphase knapp 2.000<br />

pro Woche. Alle Betten <strong>der</strong> Hamburger <strong>Klinik</strong>en<br />

werden mit einbezogen.<br />

Es ist bekannt, dass im Schwein bevorzugt<br />

verschiedene Virustypen zu neuen Erregern<br />

mutieren können.<br />

Während seit Jahren die WHO-Warnstufe 3<br />

von sechs möglichen Stufen galt, erfolgte<br />

nun eine schnelle Anpassung an die Ge -<br />

fährdungseinschätzung: am 28. April 2009<br />

Warnstufe 4, bereits am 30. April 2009 Warnstufe<br />

5 und schließlich am 11. Juni 2009 das<br />

Ausrufen <strong>der</strong> Pandemie durch die WHO.<br />

Innerhalb von nur sechs Wochen hatte sich<br />

das neue Influenzavirus A H1N1 über<br />

mehrere Kontinente <strong>aus</strong>gebreitet. Möglich<br />

war dies durch die leichte Übertragbarkeit<br />

des Virus von Mensch zu Mensch. Die<br />

Transmissionsrate liegt bisher bei > 30 Prozent.<br />

Die ersten Erkrankungsfälle in Europa<br />

standen in Zusammenhang mit Reiserückkehrern<br />

<strong>aus</strong> den USA o<strong>der</strong> Mexiko. Nur in<br />

Einzelfällen gab es Übertragungen vor Ort,<br />

sogenannte autochthone Fälle. Aber bereits<br />

im Mai kam es in Europa, vor allem in Spanien<br />

und England, zu Krankheits<strong>aus</strong>brüchen.<br />

Im Juli wurden in England 100.000<br />

Neuerkrankungen pro Woche festgestellt!<br />

In Deutschland stellten wir mit Reiserückkehrern<br />

vor allem <strong>aus</strong> Spanien ab Ende Juli


Diagnostik<br />

Die sichere Diagnostik <strong>der</strong> Neuen Influenza ist nur<br />

durch molekularbiologische Verfahren (PCR) möglich.<br />

Die Aussagekraft von Schnelltests ist nicht<br />

<strong>aus</strong>reichend. Als Material eignen sich Nasen- und<br />

Rachenabstriche.<br />

einen Anstieg <strong>der</strong> Erkrankungsfälle fest.<br />

Zum Teil wurden mehr als 500 Neuinfektionen<br />

pro Tag diagnostiziert. Insgesamt<br />

erkrankten in Deutschland bisher mehr als<br />

20.000 Menschen.<br />

Wer erkrankt an H1N1?<br />

Auffällig ist, dass <strong>der</strong> Altersdurchschnitt<br />

<strong>der</strong> Influenzapatienten in Deutschland<br />

nach Informationen des Robert-Koch-Instituts<br />

bei 23 Jahren liegt und Menschen über<br />

60 Jahre kaum betroffen sind. Schwangere,<br />

Neugeborene, Kin<strong>der</strong> bis zu vier Jahren<br />

und junge Erwachsene sind neben Personen<br />

mit chronischen Erkrankungen beson<strong>der</strong>s<br />

gefährdet. Im Gegensatz dazu ist die Risikogruppe<br />

<strong>für</strong> die saisonale Influenza, vor<br />

allem die ältere Bevölkerung, bei <strong>der</strong><br />

Influenza A H1N1 bisher kaum betroffen.<br />

Die gute Nachricht über das Pandemievirus<br />

ist, dass die Erkrankungen an Influenza A<br />

H1N1 bisher eher mild verlaufen. So gab<br />

es in Deutschland bis Anfang Oktober 2009<br />

einen bestätigten Todesfall. Nur selten, zum<br />

Beispiel bei chronischen Atemwegserkrankungen,<br />

ist eine stationäre Versorgung<br />

mit intensivmedizinischer Therapie und<br />

Beatmungspflichtigkeit erfor<strong>der</strong>lich. Das<br />

bedeutet, dass die Versorgung <strong>der</strong> Patienten<br />

mit Neuer Influenza nach wie vor<br />

überwiegend ambulant erfolgen kann und<br />

sollte, damit die mögliche Ausbreitung des<br />

Virus im stationären Bereich – wo Immunsupprimierte<br />

und Schwerkranke versorgt<br />

werden – so weit wie möglich vermieden<br />

werden kann.<br />

So viel ambulant wie möglich!<br />

Die nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzte</strong> stehen vor <strong>der</strong><br />

Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ung, die ambulante Krankenversorgung<br />

sicherzustellen und Erkrankte<br />

so lange wie möglich ambulant zu behandeln.<br />

Die Einrichtung von Fieberambulanzen<br />

kann ein Instrument zur Überbrückung<br />

Infektiologie<br />

von Engpässen sein. Zur Entlastung <strong>der</strong><br />

<strong>Klinik</strong>en ist außerdem die frühzeitige<br />

Übernahme von Patienten <strong>aus</strong> <strong>der</strong> stationären<br />

in die ambulante Versorgung wichtig.<br />

Bleibt das Pandemievirus, wie es ist?<br />

Experten <strong>für</strong>chten, dass sich die Virulenz<br />

des Erregers deutlich verän<strong>der</strong>n könnte<br />

und dann ein größerer Teil <strong>der</strong> Erkrankten<br />

hospitalisiert werden muss. Außerdem<br />

beginnt jetzt auf <strong>der</strong> Nordhalbkugel die<br />

Wintersaison mit einer steigenden Zahl<br />

zirkulieren<strong>der</strong> Viren, die Atemwegserkrankungen<br />

verursachen.<br />

Die saisonal auftretenden Influenzaviren<br />

und das Pandemievirus können zu Doppelinfektionen<br />

führen, die mit größeren<br />

Komplikationen verbunden sein können.<br />

723


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

Was hilft, die Verbreitung <strong>der</strong> Viren einzudämmen?<br />

Influenzaviren sind sehr gut empfindlich auf die<br />

gängigen Desinfektionsmittel. Insofern ist es nicht<br />

nötig, <strong>für</strong> die Influenza spezielle Desinfektionsmittel<br />

einzusetzen.<br />

Die Infektiösität des Virus beginnt nicht erst mit<br />

den klinischen Symptomen Fieber, Husten, Mattigkeit,<br />

son<strong>der</strong>n bereits bis zu einem Tag zuvor! Die<br />

Ansteckung erfolgt sowohl über Tröpfchen- als<br />

auch über Kontaktinfektion durch zum Beispiel<br />

Hände o<strong>der</strong> Türklinken. In <strong>der</strong> Umwelt können die<br />

Viren bis zu zwei Tage ihre Ansteckungsfähigkeit<br />

behalten.<br />

Impfung ja o<strong>der</strong> nein?<br />

Die Impfung ist die effektivste Methode,<br />

eine Influenzaerkrankung und <strong>der</strong>en Komplikationen<br />

zu verhin<strong>der</strong>n. Umso wichtiger<br />

ist, dass möglichst viele Personen sowohl<br />

gegen die saisonale Influenza als auch<br />

gegen das Pandemievirus geimpft werden.<br />

Mitarbeiter im Gesundheitswesen tragen<br />

eine beson<strong>der</strong>e Verantwortung, weil<br />

bekannt ist, dass sie mit Impfungen gegen<br />

Influenza nicht nur sich selbst und ihre<br />

nächsten Angehörigen schützen, son<strong>der</strong>n<br />

auch die Patienten. Im Pandemieplan des<br />

Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> wird zudem nicht<br />

zuletzt <strong>aus</strong> Gründen des Arbeitsschutzes<br />

gefor<strong>der</strong>t, dass nur Influenza-geimpftes<br />

Personal Patienten mit akuter Influenza<br />

behandeln soll.<br />

Seit Jahren gibt es ein großes Defizit bezüglich<br />

<strong>der</strong> Impfung medizinischen Personals<br />

gegen Influenza. Aktuelle Untersuchungen<br />

in europäischen Län<strong>der</strong>n geben eine Impf -<br />

rate von unter 30 Prozent bei medizinischem<br />

Personal an – hier gibt es kurzfristig<br />

erheblichen Nachholbedarf. In Deutschland<br />

liegt die Rate bei 20 Prozent. Die Impfkam-<br />

724<br />

Hygienetipps<br />

■ Direkten Kontakt von Erkrankten zu an<strong>der</strong>en Patienten und so weit möglich<br />

zu Gesunden meiden (Isolierung)<br />

■ Händehygiene (vor dem Essen, nach Kontakt zu an<strong>der</strong>en)<br />

■ Ungeschütztes Niesen und Husten unterlassen (Hustenhygiene),<br />

ggf. Mund-Nasen-Schutz anlegen<br />

■ Händeschütteln vermeiden<br />

■ Schleimhautkontakt über die Hände meiden (Augen, Mund, Nase)<br />

■ Menschenansammlungen meiden<br />

■ Regelmäßiges Lüften <strong>der</strong> Räume<br />

■ Aufklärung <strong>der</strong> Patienten über Verhaltensmaßnahmen zur Reduktion des<br />

Übertragungsrisikos<br />

Schutz<strong>aus</strong>stattung<br />

■ Dicht abschließen<strong>der</strong> Mund-Nasen-Schutz<br />

■ Handschuhe, Schutzkittel bei direktem Kontakt zu Infizierten, ggf. auch Schutzbrille<br />

pagne, mit <strong>der</strong> zum Beispiel Gesundheitsämter<br />

und <strong>Ärzte</strong> in Hamburg die Bevölkerung<br />

ansprechen, soll den Anteil <strong>der</strong> Ge -<br />

impften erhöhen. Für Risikogruppen wie<br />

Schwangere, Kin<strong>der</strong>, chronisch Kranke und<br />

Ältere ist die Impfung wichtig, um Komplikationen<br />

<strong>der</strong> Influenza zu vermeiden.<br />

Die aktuelle STIKO-Empfehlung vom 8.<br />

Oktober gibt detaillierte Informationen zur<br />

Indikation und zur Zulassung <strong>der</strong> Impfstoffe<br />

<strong>für</strong> die Neue Influenza: www.rki.de.<br />

Information – Sicherheit im Alltag!<br />

Die rechtzeitige und sachliche Information<br />

über Influenza, die Schulung zu Schutzund<br />

Hygienemaßnahmen sowie das Erstellen<br />

von Ablauf- und Alarmierungsplänen<br />

haben eine zentrale Bedeutung, um im<br />

Ernstfall besser vorbereitet zu sein. Über<br />

das Robert-Koch-Institut ist je<strong>der</strong>zeit im<br />

Internet die aktuelle Entwicklung mit den<br />

notwendigen Maßnahmen abrufbar:<br />

www.rki.de.<br />

Neben Informationen auf Deutsch gibt es<br />

auch Erklärungen zur Neuen Influenza in<br />

verschiedenen Sprachen, die elektronisch<br />

unter www.hamburg.de/neue-grippe verfügbar<br />

sind.<br />

Kontakt<br />

Dr. Susanne Huggett<br />

Ärztliche Leiterin und Leitende Ärztin<br />

Hygiene<br />

MEDILYS Laborgesellschaft mbH<br />

Paul-Ehrlich-Straße 1, 22763 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-81 59 01<br />

Fax (0 40) 18 18-81 49 54<br />

E-Mail s.huggett@asklepios.com


Herzchirurgie heute<br />

Prof. Dr. Michael Schmoeckel<br />

1. Koronarchirurgie<br />

Der Vergleich <strong>der</strong> Ergebnisse nach Behandlung<br />

mit Drug Eluting Stents gegenüber<br />

<strong>der</strong> Bypassoperation in <strong>der</strong> prospektiv randomisierten<br />

Syntax-Studie [1] ergab, dass<br />

„die Koronarbypass-Operation <strong>der</strong> Standard<br />

<strong>für</strong> Patienten mit koronarer Dreigefäßerkrankung<br />

o<strong>der</strong> linker Hauptstammstenose<br />

bleibt“. Darüber hin<strong>aus</strong> zeigen<br />

große US-amerikanische Register, dass<br />

außerhalb kontrollierter klinischer Studien<br />

bei koronarer Mehrgefäßerkrankung die<br />

Koronarbypass-Operation weiterhin mit<br />

einer geringeren Mortalität assoziiert ist als<br />

die Behandlung mit Drug Eluting Stents,<br />

und ebenso mit einer geringeren Häufigkeit<br />

von Tod o<strong>der</strong> Herzinfarkt und erneuter<br />

Revaskularisierung. [2]<br />

Allerdings ist insbeson<strong>der</strong>e bei multimorbiden<br />

Patienten ein koronarchirurgischer<br />

Eingriff nicht ohne Risiken: Die mit 2,2 versus<br />

0,6 Prozent signifikant höhere Inzidenz<br />

von Schlaganfällen [1] ruft nach schonen<strong>der</strong>en<br />

Operationsverfahren. Hier hat sich die<br />

Operationstechnik am schlagenden Herzen<br />

(Off Pump Coronary Artery Bypass =<br />

OPCAB, Abb. 1) als fester Bestandteil des<br />

herzchirurgischen Spektrums etabliert,<br />

bundesweit liegt <strong>der</strong> Anteil dieser Eingriffe<br />

mittlerweile bei zehn Prozent, im eigenen<br />

Patientengut bereits bei über 30 Prozent.<br />

Frauen scheinen von diesem Verfahren<br />

beson<strong>der</strong>s zu profitieren, wie eine Auswertung<br />

<strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Jahre 2004 – 2008<br />

ergab (Abb. 2). Daher wird dieses Operationsverfahren<br />

in <strong>der</strong> Herzchirurgischen<br />

Abteilung <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg<br />

insbeson<strong>der</strong>e bei Patientinnen und Risiko-<br />

Konstellationen (schwere allgemeine Arteriosklerose,<br />

Voroperationen, Dialysepatienten)<br />

eingesetzt. Um die überlegenen<br />

Langzeitergebnisse <strong>der</strong> Bypasschirurgie<br />

tatsächlich auch zu realisieren, wird gerade<br />

bei jüngeren Patientinnen und Patienten<br />

die total arterielle Revaskularisierung<br />

unter Verwendung <strong>der</strong> beiden Brustwandarterien,<br />

[3] gegebenenfalls zusätzlich <strong>der</strong> A.<br />

radialis durchgeführt.<br />

2. Klappenchirurgie<br />

Die Behandlung <strong>der</strong> Aortenklappenstenose<br />

bei Risikopatienten erfährt <strong>der</strong>zeit eine<br />

Revolution. Durch die Entwicklung kathe -<br />

Herzchirurgie<br />

Abb. 1: Off Pump Coronary Artery Bypass (OPCAB):<br />

Koronarchirurgie am schlagenden Herzen mit Stabilisator<br />

und Saugglocke (mit freundlicher Genehmigung <strong>der</strong><br />

Fa. Medtronic)<br />

Viele technische und apparative Innovationen haben die Herzchirurgie in den letzten Jahren stark gewandelt. Die<br />

enge Kooperation mit den Nachbardisziplinen Kardiologie, Angiologie und Diabetologie, aber insbeson<strong>der</strong>e auch<br />

mit unseren operativen Partnern in <strong>der</strong> Anästhesiologie und Gefäßchirurgie ermöglicht an <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong><br />

St. Georg die optimale Betreuung <strong>der</strong> Herz- und Gefäßpatienten in einem spezialisierten Zentrum.<br />

tergestützter Verfahren, entwe<strong>der</strong> über die<br />

Leisten- o<strong>der</strong> Armarterie beziehungsweise<br />

transapikal, kann <strong>der</strong> Eingriff am schlagenden<br />

Herzen durchgeführt werden. Nach<br />

Valvuloplastie wird unter Röntgen-Durchleuchtung<br />

eine selbstexpandierende biologische<br />

Klappe freigesetzt (System CoreValve ® ).<br />

Alternativ kann eine auf einem zusammengefalteten<br />

Ballon befindliche Klappe unter<br />

schneller Ventrikelstimulation in die native<br />

Aortenklappe „gestentet“ werden (System<br />

Edwards Sapien, Abb. 3).<br />

Die bislang mit diesem Verfahren beobachtete<br />

Letalität liegt bei etwa zehn Prozent.<br />

Daher ist nach europäischen [4] und deutschen<br />

Richtlinien [5] <strong>der</strong>zeit ein Einsatz nur<br />

bei Hochrisikopatienten gerechtfertigt<br />

(Tab. 1). Allerdings unterliegt das Indikationsspektrum<br />

einem kontinuierlichen<br />

Wandlungsprozess. Mittlerweile wurde<br />

das System auch bereits bei Patienten nach<br />

biologischem Aortenklappenersatz [6] o<strong>der</strong><br />

nach Homograftimplantation und Degeneration<br />

<strong>der</strong> chirurgisch implantierten Klappe<br />

[7] eingesetzt.<br />

725


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

Abb. 2: Ergebnisse <strong>der</strong> Koronarchirurgie mit Herz-Lungen-Maschine (HLM) und „off pump“ (OPCAB):<br />

Frauen profitieren signifikant vom Vorgehen ohne Verwendung <strong>der</strong> extracorporalen Zirkulation<br />

(Herzchirurgische <strong>Klinik</strong> <strong>der</strong> LMU München)<br />

3. Rhythmuschirurgie<br />

Insbeson<strong>der</strong>e in Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />

operativen Korrektur <strong>der</strong> Mitralklappe bei<br />

Insuffizienz, aber auch bei koronarchirur -<br />

gischen o<strong>der</strong> Aortenklappeneingriffen,<br />

gewinnt die chirurgische Ablation von<br />

Vorhofflimmern an Bedeutung. [8]<br />

Hierbei erwies sich die Isolation <strong>der</strong> Lungenveneneinmündung<br />

in Kombination mit<br />

Verbindungslinien am Dach und/o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Hinterwand des linken Vorhofes als effek -<br />

tive Methode (Abb. 4). Im eigenen Patientengut<br />

liegt die Erfolgsrate <strong>der</strong> Konversion<br />

permanenten Vorhofflimmerns nach drei<br />

und 32 Monaten postoperativ bei 74 beziehungsweise<br />

78 Prozent! [9]<br />

4. Aortenchirurgie<br />

Die akute Aortendissektion vom Typ Stanford<br />

A (unter Einbeziehung des Aorten -<br />

bogens und des deszendierenden Anteils)<br />

bleibt ein chirurgischer Notfalleingriff mit<br />

hohem perioperativen Risiko. [10] Meist wird<br />

lediglich <strong>der</strong> aszendierende Teil <strong>der</strong> Aorta<br />

mit o<strong>der</strong> ohne Aortenklappe durch eine<br />

Dacron-Gefäßprothese o<strong>der</strong> ein klappen-<br />

726<br />

6<br />

5<br />

4<br />

% 3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

HLM versus OPCAB<br />

Männer: n = 2708; 78,7%, davon OPCAB: n = 854; 31,5%<br />

Frauen: n = 733; 21,3% n = 252; 34,4%<br />

30-Tages-Mortalität 1-Jahres-Mortalität<br />

Männer<br />

p=0.001<br />

n.s.<br />

Frauen<br />

p=<br />

0.<br />

02<br />

CABG<br />

OPCAB<br />

}<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

% 5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Männer<br />

p=0.0008<br />

n.s.<br />

Frauen<br />

p=<br />

0.0004<br />

CABG<br />

OPCAB<br />

tragendes Conduit (Bentall-Operation)<br />

ersetzt. Bei Ersatz des gesamten Aortenbogens<br />

mit Herz-Lungen-Maschine im hypothermen<br />

Kreislaufstillstand (18º C) ist bei<br />

einer Dauer des Kreislaufstillstandes von<br />

über 45 Minuten mit einer Mortalität von<br />

34,6 Prozent und einem Schlaganfallrisiko<br />

von 19,2 Prozent zu rechnen. [11] Daher setzte<br />

sich in jüngerer Zeit die antegrade Hirnperfusion<br />

im systemischen Kreislaufstillstand<br />

(Abb. 5) durch, die eine signifikante<br />

Reduktion <strong>der</strong> Mortalität und neurologischen<br />

Komplikationen auf jeweils sechs<br />

Prozent ermöglicht. Darüber hin<strong>aus</strong> lassen<br />

sich im Rahmen von Hybridverfahren endovaskuläre<br />

Stents mit offener chirurgischer<br />

Versorgung kombinieren. In einer Kooperation<br />

von Herzchirurgie, Gefäßchirurgie<br />

Abb. 3: Kathetergestützte Aortenklappe vom Typ Edwards Sapien ® :<br />

Die auf einen Ballon aufgezogene Herzklappe wird zusammengefaltet<br />

in die native Aortenklappe vorgeschoben und dort durch Inflation<br />

des Ballons entfaltet (mit freundlicher Genehmigung <strong>der</strong> Fa. Edwards)<br />

Empf.-Grad Evidenz<br />

■ Pat. > 75 Jahre mit LogEuroscore > 20 % / < 40 % IIa C<br />

■ Pat. mit sehr hohem OP-Risiko: IIa C<br />

Porzellanaorta, schwere Thoraxdeformität, Z. n. Radiatio,<br />

Z. n. ACVB, Leberzirrhose, COPD, pulm. Hypertonus,<br />

rez. Lungenembolien, Kachexie<br />

■ Pat. > 75 Jahre mit LogEuroscore > 40 % IIb C<br />

■ Bikuspide Aortenklappe IIb C<br />

Tab. 1: Indikationen zur kathetergestützten Aortenklappenimplantation gemäß europäischen und nationalen Richtlinien<br />

(nach Vahanian et al., Eur Heart J 2008; 29: 1463-70 und Figulla et al., Kardiologe 2009; 3: 199-206).<br />

und Angiologie wurde jüngst bei einem<br />

Patienten in St. Georg durch ein „Debranching“<br />

<strong>der</strong> supraaortalen Äste sogar <strong>der</strong><br />

aneurysmatisch erweiterte und disseziierte<br />

Aortenbogen mit einem Stent-Graft versorgt<br />

(Abb. 6).<br />

Fazit<br />

Trotz zunehmen<strong>der</strong> Überalterung und<br />

Komorbidität <strong>der</strong> Patienten wurden die<br />

operativen Ergebnisse <strong>der</strong> Herzchirurgie<br />

in den vergangenen Jahren kontinuierlich<br />

verbessert. In Zukunft wird eine enge<br />

Kooperation mit den Nachbardisziplinen<br />

noch schonen<strong>der</strong>e Therapieverfahren <strong>für</strong><br />

die Herzpatienten in die klinische Praxis<br />

einführen.


Abb. 4: Schema [9] <strong>der</strong> Ablationslinien im linken Vorhof<br />

unter Verwendung des Atricure ® -Systems:<br />

1 = Ablation <strong>der</strong> rechten Lungenvenen-Einmündung<br />

2 = Ablation <strong>der</strong> linken Lungenvenen-Einmündung<br />

3 = Ziehen <strong>der</strong> Verbindungslinie<br />

Abb. 5: Antegrade Hirnperfusion im systemischen<br />

hypothermen Kreislaufstillstand durch Anschluss <strong>der</strong><br />

Herz-Lungen-Maschine über die rechte Arteria axillaris<br />

Abb. 6: Hybridverfahren bei einem 56-jährigen Patienten mit Z. n. Ascendensersatz bei Stanford A-Dissektion<br />

vor sechs Jahren; jetzt Bogen-/Descendensaneurysma (∅ 6 cm): Debranching durch Konnektion einer Y-Prothese an<br />

die Ascendens-Gefäßprothese mit distaler Anastomose an die beiden Carotiden und Interponat zwischen linker<br />

Arteria carotis und Arteria subclavia. Anschließend Einbringen zweier Endo-Stents in den Aortenbogen und die<br />

Aorta descendens über die linke Arteria iliaca.<br />

Literatur<br />

Kontakt<br />

Prof. Dr. Michael Schmoeckel<br />

Herzchirurgische Abteilung<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg<br />

Lohmühlenstraße 5, 20099 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-85 41 50<br />

Fax (0 40) 18 18-85 41 84<br />

E-Mail: m.schmoeckel@asklepios.com<br />

Herzchirurgie<br />

[1] Serruys PW, Morice MC, Kappetein P, et al. Percutaneous<br />

coronary intervention versus coronary-artery bypass<br />

grafting for severe coronary artery disease. N Engl J Med<br />

2009; 360: 961-72.<br />

[2] Hannan EL, Wu C, Walford G, et al. Drug-eluting stents<br />

vs. coronary-artery bypass grafting in multivessel coronary<br />

disease. N Engl J Med 2008, 358: 331-41.<br />

[3] Lytle BW, Blackstone EH, Sabik JF, et al. The effect of<br />

bilateral internal thoracic artery grafting on survival during<br />

20 postoperative years. Ann Thorac Surg 2004; 78: 2005-14.<br />

[4] Vahanian A, Alfieri O, Al-Attar N, et al. Transcatheter<br />

valve implantation for patients with aortic stenosis: a position<br />

statement from the European Association of Cardio-<br />

Thoracic Surgery (EACTS) and the European Society of<br />

Cardiology (ESC), in collaboration with the European<br />

Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions<br />

(EAPCI). Eur Heart J 2008; 29: 1463-1470.<br />

[5] Figulla HR, Cremer J, Walther T, et al. Positionspapier<br />

zur kathetergeführten Aortenklappenintervention. Kardiologe<br />

2009; 3: 199-206.<br />

[6] Walther T, Kempfert J, Borger MA, et al. Human minimally<br />

invasive off-pump valve-in-a-valve implantation.<br />

Ann Thorac Surg 2008; 85: 1072-3.<br />

[7] Schmoeckel M, Boekstegers P, Nikolaou K, Reichart B.<br />

First successful transapical aortic valve implantation after<br />

aortic allograft replacement. J Thorac Cardiovasc Surg. 2009<br />

Jul 24. [Epub ahead of print].<br />

[8] Geidel S, Ostermeyer J, Lass M, et al. Three years experience<br />

with monopolar and bipolar radiofrequency ablation<br />

surgery in patients with permanent atrial fibrillation. Eur J<br />

Cardiothorac Surg 2005; 27: 243-249.<br />

[9] Geidel S, Lass M, Ostermeyer J. A 5-year clinical experience<br />

with bipolar radiofrequency ablation for permanent<br />

atrial fibrillation concomitant to coronary artery bypass<br />

grafting and aortic valve surgery. Interact Cardiovasc Thorac<br />

Surg 2008; 7: 777-780.<br />

[10] Geidel S, Lass M, Ostermeyer J. Chirurgische Aspekte<br />

akuter und chronischer Erkrankungen <strong>der</strong> Aorta ascendens<br />

und des Aortenbogens. Medtropole 2009; 16: 612-615.<br />

[11] Sundt TM, Orszulak TA, Cook DJ, Schaff HV. Improving<br />

results of open arch replacement. Ann Thorac Surg<br />

2008; 86: 787-796.<br />

727


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

KONTAKT<br />

Dr. Keihan Ahmadi-Simab<br />

Rheumatologie, klinische Immunologie,<br />

Nephrologie und Physikalische Therapie<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Altona<br />

Paul-Ehrlich-Straße 1, 22763 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-81 11 24<br />

Fax (0 40) 18 18-81 48 00<br />

E-Mail: k.ahmadi@asklepios.com<br />

Dr. Keihan Ahmadi-Simab Prof. Dr. Friedrich Kallinowski<br />

Neu in Altona:<br />

Abteilung <strong>für</strong> Rheumatologie<br />

Dr. Keihan Ahmadi-Simab baut seit dem<br />

1. No vember 2009 an <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong><br />

Altona eine neue Abteilung <strong>für</strong> Innere<br />

Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie<br />

auf. Der Facharzt <strong>für</strong> Innere Medizin<br />

und Rheumatologe leitete bisher die <strong>Klinik</strong><br />

<strong>für</strong> Innere Medizin, Rheumatologie und<br />

Klinische Immunologie des Regio <strong>Klinik</strong>ums<br />

Wedel. Ahmadi-Simab wurde 1965 in<br />

Teheran geboren, studierte an <strong>der</strong> Universität<br />

und Gesamthochschule Essen und<br />

absolvierte seine Weiterbildung zum Facharzt<br />

<strong>für</strong> Innere Medizin mit dem Schwerpunkt<br />

Gastroenterologie am Israelitischen<br />

Krankenh<strong>aus</strong> in Hamburg unter Prof.<br />

Layer. 2003 erwarb er die Zusatzbezeichnung<br />

Physikalische Therapie und Balneologie.<br />

Die Weiterbildung in <strong>der</strong> Rheumatologie/Klinischen<br />

Immunologie absolvierte<br />

Ahmadi-Simab am Universitätsklinikum<br />

Schleswig-Holstein, Campus Lübeck und<br />

an <strong>der</strong> Rheumaklinik Bad Bramstedt unter<br />

Prof. Gross. 2007 wurde er Chefarzt <strong>der</strong><br />

<strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Innere Medizin, Rheumatologie<br />

und Klinische Immunologie des Regio <strong>Klinik</strong>ums<br />

Wedel, wo er im gleichen Jahr die<br />

Weiterbildungsbefugnis <strong>für</strong> Innere Medizin,<br />

Rheumatologie, Physikalische Therapie<br />

und Balneologie <strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong>kammer<br />

Schleswig-Holstein erhielt sowie die KV-<br />

Ermächtigung <strong>für</strong> schwere Krankheitsbil<strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> Rheumatologie. Sein wissenschaftlicher<br />

Schwerpunkt liegt bei Vaskulopathien,<br />

digitalen Ulzerationen und pulmonalarterieller<br />

Hypertonie bei systemischer<br />

Sklerose, Pathogenese und Therapieetablierung<br />

<strong>der</strong> Rheumatoiden Vaskulitis, Evaluation<br />

und Etablierung <strong>der</strong> Bildgebenden<br />

Verfahren MRT und PET in <strong>der</strong> Diagnostik<br />

<strong>der</strong> Großgefäßvaskulitiden sowie Therapie -<br />

studien zur Riesenzellarteriitis. Die neue<br />

Abteilung in Altona wird konsiliarisch<br />

728<br />

allen Hamburger <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong>en zur<br />

Verfügung stehen und die rheumatologische<br />

Versorgung mitgestalten. Ziel ist, das<br />

vorhandene Angebot in Kooperation mit<br />

den ambulanten und klinischen Kolleginnen<br />

und Kollegen zu ergänzen und die<br />

rheumatologische Versorgung <strong>der</strong> Hamburger<br />

Bevölkerung <strong>aus</strong>zubauen. Gleichzeitig<br />

möchte Ahmadi-Simab durch Fortbildung,<br />

auch in Kooperation mit Selbsthilfegruppen,<br />

das Bewusstsein <strong>für</strong> die<br />

rheumatologischen Diagnosen bei H<strong>aus</strong>ärzten<br />

und Patienten schärfen.<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg: Neuer Leiter<br />

<strong>der</strong> Allgemein- und Viszeralchirurgie<br />

Am 1. Dezember übernimmt Prof. Dr. Fried -<br />

rich Kallinowski als Nachfolger von Prof.<br />

Dr. Eike Sebastian Debus die Leitung <strong>der</strong><br />

Abteilung <strong>für</strong> Allgemein- und Viszeralchirurgie<br />

in <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg.<br />

Bisher leitete er als Chefarzt die <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong><br />

Visceral- und Gefäßchirurgie des Westküstenklinikums<br />

Heide. Kallinowski wurde in<br />

Neustadt an <strong>der</strong> Weinstraße geboren, studierte<br />

Humanmedizin an <strong>der</strong> Universität<br />

Mainz und absolvierte sein Praktisches<br />

Jahr in Australien an den Universitäten<br />

Perth, Melbourne, Sydney und Adelaide.<br />

Nach seinem Staatsexamen arbeitete er<br />

fünf Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

in <strong>der</strong> Abteilung <strong>für</strong> Angewandte Phy -<br />

siologie <strong>der</strong> Universität Mainz, wo er auch<br />

mit einer Arbeit über pH-Verteilungen in<br />

malignen Tumoren summa cum laude promovierte.<br />

1988 wurde er zunächst Instruc -<br />

tor und dann Assistant Professor <strong>für</strong> Radiation<br />

Therapy (Radiation Biology) <strong>der</strong><br />

Harvard Medical School. Seine chirurgische<br />

Weiterbildung absolvierte Kallinowski<br />

in <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Allgemeinchirurgie und<br />

Poliklinik <strong>der</strong> Chirurgischen Universitätsklinik<br />

Heidelberg unter Prof. Herfarth.<br />

K O N T A K T<br />

Prof. Dr. Friedrich Kallinowski<br />

Allgemein- und Visceralchirurgie<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg<br />

Eißendorfer Pferdeweg 52, 21075 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-86 25 40<br />

Fax (0 40) 18 18-86 33 00<br />

E-Mail: f.kallinowski@asklepios.com<br />

1995 wurde er Facharzt <strong>für</strong> Chirurgie, 1997<br />

habilitierte er sich zum Privatdozenten <strong>für</strong><br />

Chirurgie und erwarb die Schwerpunktbezeichnung<br />

Gefäßchirurgie, 2000 <strong>für</strong> Viszeralchirurgie.<br />

1997 wurde er Oberarzt <strong>der</strong><br />

Chirurgischen Universitätsklinik, ein Jahr<br />

später stellvertreten<strong>der</strong> Sektionsleiter Chirurgische<br />

Onkologie und Leiter <strong>der</strong> chirurgischen<br />

Intensivstation, 2001 Chirurgischer<br />

Leiter <strong>der</strong> Interdisziplinären Beatmungsstation<br />

und 2002 Stellvertreten<strong>der</strong> Leiter<br />

<strong>der</strong> Chirurgischen Poliklinik und konsiliarischer<br />

Chirurg <strong>für</strong> die Universitätsklinik<br />

Heidelberg. Außerdem absolvierte Kallinowski<br />

ein Aufb<strong>aus</strong>tudium Gesundheitsmanagement.<br />

Ende 2002 wechselte Prof.<br />

Kallinowski als Chefarzt <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Viszeral-<br />

und Gefäßchirurgie an das Westküstenklinikum<br />

Heide, 2003 wurde er zum<br />

außerplanmäßigen Professor <strong>für</strong> Chirurgie<br />

<strong>der</strong> Universität Heidelberg berufen. Seine<br />

wissenschaftlichen Schwerpunkte sind die<br />

endokrine, laparoskopische und kolorektale<br />

Chirurgie. In <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg<br />

möchte er das gesamte Spektrum <strong>der</strong><br />

Allgemein- und Viszeralchirurgie in Exzellenz<br />

<strong>aus</strong>bauen. Als erster Schritt ist die Etablierung<br />

eines interdisziplinären onkologischen<br />

Darmzentrums geplant.


Dr. Ernst-Joachim Malzfeldt Prof. Dr. Gerd Peter Meyer<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord:<br />

Neuer Leiter <strong>der</strong> Radiologie<br />

K O N T A K T<br />

Dr. Ernst-Joachim Malzfeldt<br />

Radiologie/Neuroradiologie<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord – Heidberg<br />

Tangstedter Landstraße 400<br />

22417 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-87 33 32<br />

Fax (0 40) 18 18-87 36 88<br />

E-Mail e.malzfeldt@asklepios.com<br />

Seit 1. März 2009 leitet Dr. Ernst-Joachim<br />

Malzfeldt als Nachfolger von Dr. Wolfhard<br />

Lege die Abteilung Radiologie/Neuro -<br />

radiologie in <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord.<br />

Malzfeldt wurde in Hildesheim geboren,<br />

studierte zunächst Geophysik in Berlin,<br />

dann Humanmedizin in Hamburg. Er ist<br />

verheiratet und hat drei Kin<strong>der</strong>. Seine<br />

Weiterbildung zum Facharzt <strong>für</strong> Radiologie<br />

absolvierte er im AKH Celle unter<br />

Dr. Kamin und im Albertinenkrankenh<strong>aus</strong><br />

Hamburg unter Dr. Siemers. Seit 1992<br />

arbeitete Malzfeldt in <strong>der</strong> Abteilung <strong>für</strong><br />

Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin<br />

<strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Altona unter<br />

Prof. Wegener und Prof. Fischbach, zuletzt<br />

als leiten<strong>der</strong> Oberarzt. Hier lagen seine<br />

Schwerpunkte in <strong>der</strong> onkologischen Diagnostik<br />

und <strong>der</strong> interventionellen Radiologie.<br />

Neben angiographischen Methoden<br />

führte er insbeson<strong>der</strong>e CT-gesteuerte Prozeduren<br />

ein: Lokale Schmerztherapien,<br />

Sympathikusblockaden, Abszessdrainagen,<br />

Vertebroplastien und Osteoplastien sowie<br />

Radiofrequenzablationen von Weichteilund<br />

Knochentumoren. In <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong><br />

<strong>Klinik</strong> Nord möchte Malzfeldt die Radio -<br />

logie als Kommunikationszentrum und<br />

Serviceabteilung <strong>für</strong> die klinischen Fächer<br />

weiterentwickeln, die die Arbeitsabläufe<br />

im Krankenh<strong>aus</strong> beför<strong>der</strong>t. Dazu gehören<br />

zum Beispiel die Pflege <strong>der</strong> Visiten und die<br />

Einführung eines neuen Radiologie-Informations-Systems<br />

(RIS). Er möchte gute<br />

Beziehungen zur ambulanten Medizin<br />

pflegen und Kooperationen eingehen, wo<br />

sie sinnvoll sind. Zum an<strong>der</strong>en möchte<br />

Malzfeldt die Radiologie <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong><br />

<strong>Klinik</strong> Nord in Kooperation mit den jeweiligen<br />

Fachabteilungen weiter als interventionelles<br />

und klinisch tätiges Fach etablieren,<br />

die zum Beispiel Abszessdrainagen,<br />

Myomembolisationen, Ballondilatationen,<br />

Neurolysen, periradikuläre Therapien und<br />

vieles mehr anbietet. Die Abteilung ist<br />

berechtigt, Schmerztherapien auch ambulant<br />

durchzuführen. In Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> Gefäßchirurgie/Angiologie werden<br />

anspruchsvolle vaskuläre Eingriffe eingeführt,<br />

mit <strong>der</strong> Onkologie Radiofrequenzablationen<br />

und Chemoembolisationen von<br />

Tumoren sowie mit den orthopädischen<br />

Fächern CT-gesteuerte Eingriffe an <strong>der</strong><br />

Wirbelsäule und dem peripheren Skelett.<br />

Die Sektion Neuroradiologie soll entsprechend<br />

ihrer zentralen Bedeutung im Kopfzentrum<br />

<strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord weiterentwickelt<br />

werden.<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Altona:<br />

Neuer Chefarzt <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Kardiologie,<br />

Angiologie und Pneumologie/<br />

Internistische Intensivmedizin<br />

Prof. Dr. Gerd Peter Meyer leitet seit August<br />

die III. Medizinische Abteilung <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong><br />

<strong>Klinik</strong> Altona. Meyer wurde in Rotenburg/Wümme<br />

geboren, studierte an <strong>der</strong><br />

Medizinischen Hochschule Hannover<br />

(MHH), an <strong>der</strong> er sich frühzeitig <strong>für</strong> eine<br />

kardiologische Laufbahn entschied und<br />

zum „Einfluss von Adenosin 5'- Triphosphat<br />

auf den Tonus epikardialer Koronararterien<br />

des Menschen“ promovierte. Seine Weiterbildung<br />

zum Internisten und Kardiologen<br />

absolvierte er in <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> von Prof. Lichtlen<br />

und Prof. Drexler an <strong>der</strong> MHH sowie<br />

im Oststadtkrankenh<strong>aus</strong> Hannover. Dem<br />

initialen Schwerpunkt in <strong>der</strong> kardiologischen<br />

Bildgebung an <strong>der</strong> MHH folgte ein<br />

Fellowship am Royal Brompton Hospital<br />

in London bei Prof. Pennell. Meyer gründete<br />

und leitete seitdem die kardiologische<br />

MRT-Arbeitsgruppe, verfügt über die Zu -<br />

satzbezeichnung „Magnetresonanztomographie“.<br />

2001 wurde er zum Oberarzt<br />

Personalia<br />

KONTAKT<br />

Prof. Dr. Gerd Peter Meyer<br />

III. Med. <strong>Klinik</strong> – Kardiologie, Angiologie<br />

und Pneumologie, Internistische Intensivmedizin<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Altona<br />

Paul-Ehrlich-Straße 1, 22763 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-81 12 20/21<br />

Fax (0 40) 18 18-81 49 05<br />

E-Mail: gp.meyer@asklepios.com<br />

ernannt, war leiten<strong>der</strong> internistischer<br />

Oberarzt <strong>der</strong> Zentralen Notaufnahme und<br />

Aufnahmestation sowie Oberarzt <strong>der</strong> kardiologischen<br />

Intensivstation (Zusatzbezeichnung<br />

Internistische Intensivmedizin).<br />

Prof. Meyer zeichnete frühzeitig im Herzkatheterlabor<br />

<strong>der</strong> MHH verantwortlich <strong>für</strong><br />

komplexe Eingriffe bei angeborenen Herzfehlern<br />

sowie akutem Koronarsyndrom<br />

und etablierte in Zusammenarbeit mit <strong>der</strong><br />

<strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Herz-Thorax-Gefäßchirurgie den<br />

interventionellen Aortenklappenersatz an<br />

<strong>der</strong> MHH als Therapieoption <strong>für</strong> ältere<br />

Patienten mit schwerer Aortenklappen -<br />

stenose. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte<br />

sind die kardiale Magnetresonanztomographie,<br />

interventionelle Verfahren<br />

sowie regenerative Therapien nach Myokardinfarkt.<br />

Die Habilitation hatte das<br />

Thema „Intrakoronare Knochenmarkzelltherapie<br />

bei Patienten nach akutem Myokardinfarkt“.<br />

Es folgte die Ernennung zum<br />

apl. Professor an <strong>der</strong> MHH.<br />

Die III. Medizinische Abteilung <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong><br />

<strong>Klinik</strong> Altona wurde im Oktober um<br />

die „Angiologie“ erweitert und ist damit<br />

zusammen mit <strong>der</strong> Gefäßchirurgie (Prof.<br />

Kortmann) und <strong>der</strong> Radiologie (Prof. Fischbach)<br />

fester Bestandteil des zertifizierten<br />

Gefäßzentrums. Ein weiteres Ziel ist, die<br />

Pneumologie in Altona zu stärken, um dem<br />

regional großen Bedarf in <strong>der</strong> Versorgung<br />

dieser Patienten gerecht zu werden. Die<br />

Ausrichtung <strong>der</strong> Kardiologie ist vor allem<br />

an <strong>der</strong> Optimierung <strong>der</strong> Versorgung von<br />

Akut-Patienten im Herzkatheterlabor, auf<br />

<strong>der</strong> Intensivstation und in Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> Zentralen Notaufnahme (Dr.<br />

Hogan) orientiert. Ein weiterer Schwerpunkt<br />

<strong>der</strong> Abteilung ist die elektrophysiologische<br />

Versorgung mit beson<strong>der</strong>er Expertise<br />

in <strong>der</strong> Gerätetherapie.<br />

729


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

KONTAKT<br />

Prof. Dr. Karl-Jürgen Oldhafer<br />

I. Chirurgische Abteilung<br />

Allgemein- und Viszeralchirurgie/<br />

Darmzentrum<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Barmbek<br />

Rübenkamp 220, 22291 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-82 28 11<br />

Fax (0 40) 18 18-82 28 19<br />

E-Mail k.oldhafer@asklepios.com<br />

Prof. Dr. Karl-Jürgen Oldhafer Dr. Tobias Pottek<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Barmbek: Neuer Leiter<br />

<strong>der</strong> Allgemein- und Viszeralchirurgie<br />

Ab dem 1. Januar 2010 übernimmt Prof. Dr.<br />

Karl-Jürgen Oldhafer als Nachfolger von<br />

Prof. Dr. Eberhard Gross die Leitung <strong>der</strong><br />

Abteilung <strong>für</strong> Allgemein- und Viszeralchirurgie<br />

in <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Barmbek.<br />

Bisher leitete er als Direktor die <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong><br />

Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie<br />

des Allgemeinen Krankenh<strong>aus</strong>es Celle,<br />

Lehrkrankenh<strong>aus</strong> <strong>der</strong> Medizinischen<br />

Hochschule Hannover. Oldhafer wurde<br />

1960 in Wolfenbüttel geboren, studierte<br />

Humanmedizin an <strong>der</strong> Georg-August-Universität<br />

Göttingen sowie <strong>der</strong> University of<br />

Illinois, Chicago. Anschließend arbeitete er<br />

als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in <strong>der</strong><br />

Experimentellen Pathologie und in <strong>der</strong><br />

Transplantationsimmunologie <strong>der</strong> MHH,<br />

1986 begann er seine Facharzt<strong>aus</strong>bildung<br />

im Department <strong>für</strong> Chirurgie unter Prof.<br />

Pichlmayr. Im Rahmen <strong>der</strong> Ausbildung<br />

rotierte er in die <strong>Klinik</strong>en <strong>für</strong> Unfallchirurgie<br />

(Prof. Tscherne) und Herz-, Thoraxund<br />

Gefäßchirurgie (Prof. Borst). 1992<br />

erwarb Oldhafer die Gebietsbezeichnung<br />

Arzt <strong>für</strong> Chirurgie. 1993 erlangte er die<br />

Venia Legendi an <strong>der</strong> MHH <strong>für</strong> das Fach<br />

Chirurgie mit dem Thema „Ischämie- und<br />

Reperfusionsschaden nach orthotoper<br />

Lebertransplantation“. Als Oberarzt leitete<br />

Oldhafer zunächst das Transplantationsprogramm<br />

<strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Abdominal- und<br />

Transplantationschirurgie und war später<br />

schwerpunktmäßig in <strong>der</strong> onkologischen<br />

Chirurgie eingesetzt. Während seiner<br />

Tätigkeit an <strong>der</strong> MHH erkannte er das<br />

Potenzial <strong>der</strong> computerunterstützten OP-<br />

Planung und arbeitete seitdem kontinuierlich<br />

auf diesem Gebiet. Diese Arbeit wurde<br />

mehrfach von <strong>der</strong> Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />

unterstützt. 1998 erhielt er<br />

die Schwerpunktbezeichnung Viszeralchirurgie<br />

und wurde zum außerplanmäßigen<br />

730<br />

Professor ernannt. Im gleichen Jahr wechselte<br />

er als Leiter <strong>der</strong> Sektion Onkologische<br />

Chirurgie an die <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Allgemein- und<br />

Transplantationschirurgie <strong>der</strong> Universität<br />

Essen. Schwerpunkte seiner klinischen<br />

und wissenschaftlichen Tätigkeiten waren<br />

neben <strong>der</strong> computerunterstützten Operationsplanung<br />

die Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />

multimodalen Therapiekonzepte in<br />

Zusammenarbeit mit dem Westdeutschen<br />

Tumorzentrum bei Tumoren des gesamten<br />

Bauchraumes und die Anwendung <strong>der</strong><br />

intraoperativen Strahlentherapie. Seit 2002<br />

leitet Prof. Oldhafer als Direktor die <strong>Klinik</strong><br />

<strong>für</strong> Allgemein-, Viszeral- und Thorax -<br />

chirurgie des AKH Celle. Das Krankenh<strong>aus</strong><br />

versorgt ein Einzugsgebiet von circa<br />

250.000 Einwohnern. Das Spektrum <strong>der</strong><br />

<strong>Klinik</strong> umfasst die gesamte Allgemeinchirurgie<br />

und mo<strong>der</strong>ne Viszeralchirurgie einschließlich<br />

<strong>der</strong> laparoskopischen Operationstechniken.<br />

In <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong><br />

Barmbek möchte er mit <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Gastroenterologie<br />

ein mo<strong>der</strong>nes Zentrum <strong>für</strong><br />

Viszeralmedizin aufbauen und seinen persönlichen<br />

Schwerpunkt auf dem Gebiet<br />

<strong>der</strong> onkologischen Chirurgie in Zusam -<br />

menarbeit mit den an<strong>der</strong>en in <strong>der</strong> Krebstherapie<br />

aktiven <strong>Klinik</strong>en einbringen. Die<br />

enge und unkomplizierte Zusammenarbeit<br />

mit den nie<strong>der</strong>gelassenen Kollegen liegt<br />

ihm sehr am Herzen und stellt <strong>für</strong> ihn ein<br />

wichtiges Glied in <strong>der</strong> Behandlungskette<br />

<strong>für</strong> die Patienten in <strong>der</strong> Region dar.<br />

<strong>Asklepios</strong> Westklinikum Hamburg:<br />

Neue <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Urologie<br />

Seit September leitet Dr. Tobias Pottek die<br />

neugegründete <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Urologie am<br />

<strong>Asklepios</strong> Westklinikum Hamburg in Rissen.<br />

Pottek wurde in Kettwig an <strong>der</strong> Ruhr<br />

geboren, wuchs in Hagen/Westfalen auf<br />

und studierte Medizin an den Universitäten<br />

in Bochum und Essen. Seine chirurgische<br />

und urologische Weiterbildung absolvierte<br />

er an den Bundeswehrkrankenhäusern<br />

Detmold, Hamburg und Berlin sowie am<br />

AK Harburg. 1998 – 2003 war er Oberarzt,<br />

bis 2007 stellvertreten<strong>der</strong> leiten<strong>der</strong> Arzt<br />

<strong>der</strong> Abteilung Urologie am Bundeswehrkrankenh<strong>aus</strong><br />

Hamburg. Er nahm an diversen<br />

Auslandseinsätzen <strong>der</strong> Bundeswehr<br />

teil, in leiten<strong>der</strong> Stellung ein halbes Jahr in<br />

Sarajevo <strong>für</strong> die SFOR und in Prizren/<br />

Kosovo <strong>für</strong> die KFOR. Seit 2007 war Pottek<br />

Chefarzt des Urologischen Zentrums am<br />

Regio <strong>Klinik</strong>um Wedel. Von dort bringt er<br />

den Leitenden Oberarzt und Stellvertreter<br />

Dr. Ralph Ovenbeck, Oberarzt Torsten<br />

Böhmer sowie die Assistenzärzte Dr. Silke<br />

Eckmann, Bayegra Sadri, Jonas Wilisch<br />

und Dr. Sarah Furchert mit. Auch Tobias<br />

Klein, Leiter <strong>der</strong> urologischen und onkologischen<br />

Pflege, sowie weiteres Pflegepersonal<br />

<strong>aus</strong> den Bereichen Urologische Pflege,<br />

OP und Anästhesie sind Pottek gefolgt.<br />

Der Aufbau <strong>der</strong> neuen <strong>Klinik</strong> erfolgt somit<br />

in gewohnter Zusammenarbeit eines <strong>aus</strong>gesuchten<br />

und perfekt zusammengewachsenen<br />

Teams. Pottek ist Mitglied <strong>der</strong> maßgeblichen<br />

internationalen und nationalen<br />

Fachgesellschaften wie <strong>der</strong> American Urological<br />

Association, <strong>der</strong> European Association<br />

of Urology, <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

<strong>für</strong> Urologie, dem Bund Deutscher<br />

Urologen und <strong>der</strong> Vereinigung Norddeutscher<br />

Urologen sowie einiger Expertenver -<br />

einigungen wie <strong>der</strong> European Germ Cell<br />

Cancer Consensus Group und <strong>der</strong> Europe-


KONTAKT<br />

Dr. Tobias Pottek<br />

Urologie<br />

<strong>Asklepios</strong> Westklinikum Hamburg<br />

Suurheid 20, 22559 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 81 91-24 22<br />

Fax (0 40) 81 91-24 24<br />

E-Mail: t.pottek@asklepios.com<br />

an Society of Genito-Urinary Reconstruc tive<br />

Surgeons. Seine Publikationen beschäftigen<br />

sich vor allem mit Themen <strong>der</strong> urologischen<br />

Onkologie und rekonstruktiven Chirurgie.<br />

Schwerpunkte <strong>der</strong> neuen Abteilung werden<br />

die operative und medikamentöse Therapie<br />

<strong>der</strong> Tumore des Urogenitaltraktes und re -<br />

konstruktive Operationen sein. Im Vor<strong>der</strong>grund<br />

stehen mo<strong>der</strong>ne Methoden zur<br />

Behandlung des Prostatakarzinoms, des<br />

Blasenkarzinoms und <strong>der</strong> Hodentumore.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> rekonstruktiven Operationen<br />

haben Harnröhren chirurgie bei Männern<br />

und Inkontinenzchirurgie bei Männern<br />

und Frauen einen beson<strong>der</strong>en Stellenwert.<br />

Alle Verfahren <strong>der</strong> urologischen Kernkompetenz<br />

werden durchgeführt. Für die<br />

Behandlung <strong>der</strong> benignen Prostatahyperplasie<br />

und <strong>der</strong> Steinleiden stehen mo<strong>der</strong>nste<br />

Geräte und Verfahren zur Verfügung –<br />

von <strong>der</strong> Lasertherapie bis zur ESWL (Extrakorporale<br />

Stoßwellenlithotripsie). Großen<br />

Wert legt Pottek auf die Kooperation mit<br />

den nie<strong>der</strong>gelassenen Kollegen im regionalen<br />

Umfeld. Die bislang als Belegärzte in<br />

Rissen tätigen Urologen Drs. Bruns und<br />

Heitz werden als Kooperationsärzte in die<br />

neue <strong>Klinik</strong> integriert und wirken am Aufbau<br />

sehr aktiv mit. Ein wesentliches Ziel<br />

<strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> ist die intensive, abgestimmte<br />

Verzahnung zwischen ambulanter und stationärer<br />

Versorgung.<br />

Prof. Dr. Michael Schmoeckel<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg:<br />

Neuer Leiter <strong>der</strong> Herzchirurgie<br />

Prof. Dr. Michael Schmoeckel leitet seit Juli<br />

2009 als Nachfolger von Prof. Dr. Jörg<br />

Ostermeyer die Abteilung <strong>für</strong> Herzchirurgie<br />

des Hanseatischen Herzzentrums in<br />

<strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg. Bisher war<br />

Schmoeckel Leiten<strong>der</strong> Oberarzt <strong>der</strong> Herzchirurgischen<br />

<strong>Klinik</strong> und Poliklinik <strong>der</strong><br />

Ludwig-Maximilians-Universität München<br />

im <strong>Klinik</strong>um Großha<strong>der</strong>n. Er wurde in<br />

Stuttgart geboren, studierte an <strong>der</strong> Eberhard-Karls-Universität<br />

Tübingen, <strong>der</strong> Ludwig-Maximilians-Universität<br />

München<br />

und <strong>der</strong> University of Cape Town, Süd -<br />

afrika. Seine Weiterbildung absolvierte<br />

Schmoeckel in <strong>der</strong> Herzchirurgischen <strong>Klinik</strong><br />

des <strong>Klinik</strong>ums Großha<strong>der</strong>n unter Prof.<br />

Reichart, wo er nach einem Habilitationsstipendium<br />

<strong>der</strong> Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />

in Cambridge unter Prof. White,<br />

Prof. Wallwork und Prof. Sir Roy Calne<br />

auch Oberassistent und schließlich Oberarzt<br />

wurde. Nach <strong>der</strong> Habilitation <strong>für</strong> das<br />

Gebiet Herzchirurgie absolvierte Schmoeckel<br />

zusätzlich ein Fernstudium „Management<br />

von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen“<br />

<strong>der</strong> Universitäten Kaiserslautern<br />

und Witten/Herdecke. Seit 2001 leitete er<br />

die Herzschrittmacher und ICD-Abteilung<br />

<strong>der</strong> Herzchirurgischen <strong>Klinik</strong> <strong>der</strong> LMU<br />

und seit 2004 das Projekt „Multitransgenic<br />

animals and in-vivo gene transfer in experimental<br />

xenotransplantation models“ <strong>der</strong><br />

DFG Transregio-Forschergruppe 535<br />

„Xenotransplantation“. 2005 – 2007 leitete<br />

er zusätzlich die Herztransplantationsambulanz<br />

<strong>der</strong> Herzchirurgischen <strong>Klinik</strong> <strong>der</strong><br />

LMU. 1996 erhielt er den Forschungspreis<br />

<strong>der</strong> Deutschen Herzstiftung, 1999 den<br />

Ernst-Derra-Preis <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

<strong>für</strong> Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie.<br />

2007 wurde Schmoeckel zum außerplanmäßigen<br />

Professor <strong>der</strong> LMU München<br />

KONTAKT<br />

Prof. Dr. Michael Schmoeckel<br />

Abteilung <strong>für</strong> Herzchirurgie<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg<br />

Lohmühlenstraße 5, 20099 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-85 41 50<br />

Fax (0 40) 18 18-85 41 84<br />

E-Mail: m.schmoeckel@asklepios.com<br />

Personalia<br />

und Leitenden Oberarzt <strong>der</strong> Herzchirurgischen<br />

<strong>Klinik</strong> ernannt. Seine wissenschaftlichen<br />

Schwerpunkte liegen in <strong>der</strong> Herztransplantation,<br />

<strong>der</strong> Koronarchirurgie<br />

(OPCAB), <strong>der</strong> Aorten- und Mitralklappenrekonstruktion,<br />

<strong>der</strong> Gentherapie durch<br />

vektorvermittelten Gentransfer sowie <strong>der</strong><br />

kardialen Resynchronisations-Therapie<br />

(CRT). In <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg<br />

möchte Schmoeckel im Bereich <strong>der</strong> Koro -<br />

narchirurgie die total arterielle Revaskularisierung<br />

und die „Off-Pump“-Chirurgie<br />

<strong>aus</strong>bauen. Im Bereich <strong>der</strong> Klappenchirurgie<br />

sollen zunehmend minimal invasive<br />

Verfahren zum Einsatz kommen, wobei<br />

<strong>der</strong> Mitralklappenrekonstruktion und <strong>der</strong><br />

intraoperativen Ablation des Vorhofflimmerns<br />

weiter große Bedeutung zukommt.<br />

Ein zusätzlicher Schwerpunkt liegt in <strong>der</strong><br />

Rekonstruktion von Aortenklappen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

bei angeboren bikuspiden Klappen<br />

und bei Dilatation <strong>der</strong> Aortenwurzel<br />

(David-Operation). Die Chirurgie des Aortenbogens<br />

soll künftig durch antegrade<br />

selektive Hirnperfusion im Kreislaufstillstand<br />

noch komplikationsärmer gemacht<br />

werden. Nicht zuletzt wird nach Inbetriebnahme<br />

<strong>der</strong> beiden Hybrid-OPs im Rahmen<br />

des neuen Herz-, Gefäß- und Diabeteszentrums<br />

in St. Georg die interdisziplinäre<br />

Zusammenarbeit bei <strong>der</strong> Implantation<br />

kathetergestützter Herzklappen und Aortenstents<br />

(„Debranching“) eine her<strong>aus</strong> -<br />

ragende Rolle spielen.<br />

731


Prof. Dr. Michael Semik<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg:<br />

Neuer Leiter <strong>der</strong> Thoraxchirurgie<br />

Am 15. Oktober übernahm Prof. Dr.<br />

Michael Semik als Nachfolger von Dr.<br />

Christian Kugler die Leitung <strong>der</strong> Abteilung<br />

<strong>für</strong> Thoraxchirurgie <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong><br />

Harburg. Zuvor leitete er als Chefarzt die<br />

Abteilung <strong>für</strong> Thoraxchirurgie in <strong>der</strong> Lungenklinik<br />

Hemer, Zentrum <strong>für</strong> Thoraxchirurgie<br />

und Pneumologie. Prof. Semik wurde<br />

in Kiel geboren, studierte Humanmedizin<br />

an <strong>der</strong> Christian-Albrechts-Universität Kiel<br />

und begann seine Weiterbildung an <strong>der</strong><br />

Chirurgischen <strong>Klinik</strong> im <strong>Klinik</strong>um Charlottenburg<br />

<strong>der</strong> Freien Universität (FU) Berlin<br />

unter Prof. Bücherl. Später wechselte er an<br />

die Orthopädische <strong>Klinik</strong> im Oskar-Helene-<br />

Heim <strong>der</strong> FU Berlin unter Prof. Friedebold,<br />

an die Abteilung <strong>für</strong> Kardiovaskuläre Chi -<br />

rurgie <strong>der</strong> Christian-Albrechts-Universität<br />

Kiel unter Prof. Bernhard und an die dortige<br />

Abteilung Allgemeinchirurgie unter<br />

Prof. Hamelmann sowie schließlich in die<br />

Abteilung Thoraxchirurgie <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> Schillerhöhe,<br />

Zentrum <strong>für</strong> Pneumologie und<br />

Thoraxchirurgie, Gerlingen/Stuttgart. Auslandsaufenthalte<br />

im Harefield Hospital,<br />

London, unter Prof. Yacoub dienten <strong>der</strong><br />

Weiterbildung in <strong>der</strong> Herz- und Lungentransplantation.<br />

1989 erhielt Prof. Semik<br />

die Facharztanerkennung „Chirurgie“ <strong>der</strong><br />

<strong>Ärzte</strong>kammer Schleswig-Holstein, 1991 die<br />

Teilgebietsanerkennung „Thorax- und Kardiovaskularchirurgie“<br />

<strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong>kammer<br />

Baden-Württemberg. 1994 wechselte er als<br />

Oberarzt an die <strong>Klinik</strong> und Poliklinik <strong>für</strong><br />

Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie <strong>der</strong><br />

Westfälischen Wilhelms-Universität Müns -<br />

ter, wo er den Aufbau <strong>der</strong> speziellen<br />

Thoraxchirurgie und seit 1999 auch das<br />

Lungentransplantationsprogramm verantwortete.<br />

2001 erhielt Semik die europäische<br />

Facharztanerkennung <strong>für</strong> Thoraxchirurgie<br />

FETCS, 2005 wurde er zum Universitäts-<br />

732<br />

K O N T A K T<br />

Prof. Dr. Michael Semik<br />

Thoraxchirurgie<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg<br />

Eißendorfer Pferdeweg 52, 21075 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-86 21 47<br />

Fax (0 40) 18 18-86 21 48<br />

E-Mail: m.semik@asklepios.com<br />

professor W2 <strong>für</strong> Thoraxchirurgie <strong>der</strong><br />

Westfälischen Wilhelms-Universität Müns -<br />

ter berufen, nach dem Ausscheiden <strong>aus</strong> <strong>der</strong><br />

Universität 11/2008 zum außerplanmäßigen<br />

Professor. Seit 2008 leitete Prof. Semik<br />

die Abteilung Thoraxchirurgie <strong>der</strong> Lungenklinik<br />

Hemer, <strong>der</strong>en Zertifizierung zum<br />

Lungenkrebszentrum <strong>der</strong> Deutschen Krebsgesellschaft<br />

er koordinierte. Seine wissenschaftlichen<br />

Schwerpunkte liegen in <strong>der</strong><br />

operativen Therapie des fortgeschrittenen<br />

Bronchialkarzinoms und an<strong>der</strong>er Malignome<br />

des Thorax, häufig im Rahmen multimodaler<br />

Therapiekonzepte, <strong>der</strong> Lungenmetastasenchirurgie,<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>thoraxchirurgie,<br />

<strong>der</strong> Thoraxchirurgie finaler Lungenerkrankungen<br />

(z. B. Lungenemphysem) und <strong>der</strong><br />

videoassistierten Thorakoskopie. In <strong>der</strong><br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg möchte er die<br />

Thoraxchirurgie wie<strong>der</strong> auf hohem Niveau<br />

stabilisieren, zahlenmäßig und inhaltlich<br />

stärken (z. B. Kin<strong>der</strong>thoraxchirurgie, Metastasenchirurgie)<br />

und mit <strong>der</strong> Pneumologie<br />

neue multimodale Therapiekonzepte initiieren.<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> ist die Zertifizierung<br />

<strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> zum „Lungenkrebszentrum“<br />

<strong>der</strong> Deutschen Krebsgesellschaft und zum<br />

„Kompetenzzentrum Thoraxchirurgie“ <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Thoraxchirurgie<br />

geplant.


Pränatale Diagnose von posterioren<br />

Urethralklappen:<br />

Wann und wie soll man behandeln?<br />

Dr. Bernd Richter, Nikolai Filippow, Priv.-Doz. Dr. Martin Krapp<br />

Ätiologie<br />

Histologische Kriterien sprechen da<strong>für</strong>,<br />

dass es sich bei den posterioren Urethralklappen<br />

um Anteile fehlerhaft integrierter<br />

Müllerscher Strukturen handelt. [5] Sie kommen<br />

bei 1:5.000 männlichen Neugeborenen<br />

vor. [6]<br />

<strong>Klinik</strong><br />

Urethralklappen führen zu primären und<br />

sekundären Folgeerkrankungen: Primär ist<br />

die Entwicklung einer ein- o<strong>der</strong> beidseitigen,<br />

teilweisen o<strong>der</strong> vollständigen dysplastischen<br />

Nierendegeneration. Nach <strong>der</strong><br />

Geburt leidet etwa jedes dritte betroffene<br />

Kind unter Niereninsuffizienz, ein Drittel<br />

zeigt eine gute Rekonvaleszenz bei geringen<br />

Einschränkungen <strong>der</strong> Nierenfunktion,<br />

die aber bei Eintritt in die Pubertät doch<br />

noch in eine progrediente dialysepflichtige<br />

Insuffizienz münden können. Ein Drittel<br />

<strong>der</strong> betroffenen Kin<strong>der</strong> ist nierengesund. [1]<br />

Als sekundäre pathologische Verläufe zeigen<br />

Knaben mit Urethralklappen häufig<br />

einen sekundären vesikoureteralen Reflux.<br />

Harnwegsinfekte spielen bei <strong>der</strong> Entwicklung<br />

einer möglichen Refluxnephropathie<br />

die entscheidende Rolle. Durch in den<br />

ersten drei Lebensjahren entstehende Nar-<br />

ben kommt es zu vermin<strong>der</strong>tem Nierenwachstum<br />

bis hin zur Entwicklung von<br />

Schrumpfnieren und damit einhergehenden<br />

Funktionseinschränkungen. [7] In<br />

Deutschland wird die antibiotische Infektprophylaxe<br />

trotz fehlen<strong>der</strong> Evidenz <strong>aus</strong><br />

Sicherheitsgründen weiter durchgeführt. [8]<br />

Dabei sollten Cephalosporine, entgegen<br />

weitläufiger Praxis, wegen <strong>der</strong> <strong>für</strong> sie typischen<br />

Enterokokkenlücke vermieden werden.<br />

Einen zweiten pathogenetischen Faktor <strong>der</strong><br />

Refluxnephropathie stellt die gestörte Blasenentleerung<br />

mit niedriger Compliance<br />

und erhöhtem intravesikalen Druck dar.<br />

Ein geringer Teil <strong>der</strong> betroffenen Knaben<br />

leidet im Verlauf des Säuglings- und Kleinkindalters<br />

unter myogenen Blasenfunktionsstörungen<br />

mit großen Blasen und<br />

Rest harnmengen deutlich über 50 ml.<br />

Diese Kin<strong>der</strong> müssen durch saubere intermittierende<br />

Katheterisierung am Tag und<br />

möglichst auch in <strong>der</strong> Nacht versorgt werden.<br />

Als weitere Pathologie nach Urethralklappen<br />

ist die Entwicklung einer klein -<br />

kapazitären Hochdruckblase möglich. [4]<br />

Dieser Entwicklung wird vor allem durch<br />

eine verspätete Therapie und zu lange<br />

suprapubische Harnableitung Vorschub<br />

geleistet.<br />

Falldarstellung<br />

Kin<strong>der</strong>urologie<br />

Pränatal festgestellte beidseitige Harntransportstörungen bei Knaben weisen auf posteriore Urethralklappen hin.<br />

Als Schweregradkriterien gelten frühzeitiges Auftreten in <strong>der</strong> Schwangerschaft, rasche Progredienz und Oligohydramnie.<br />

[1] Die Frage <strong>der</strong> vorzeitigen Geburtseinleitung ist wegen <strong>der</strong> Unbeeinflussbarkeit bereits eingetretener<br />

dysplastischer Nierenverän<strong>der</strong>ung umstritten. [2,3] Dagegen lassen sich sekundäre Schädigungen des Harntrakts<br />

durch vorzeitige Geburtseinleitung bei bestehen<strong>der</strong> Lungenreife verringern. Ein wichtiges Ziel ist die normale<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Blasenfunktion, die durch frühzeitige Intervention mit Einleitung <strong>der</strong> Geburt in <strong>der</strong> 38. Schwangerschaftswoche,<br />

suprapubischer Harnableitung am ersten Lebenstag und Ablation <strong>der</strong> Urethralklappen in <strong>der</strong><br />

sechsten Lebenswoche am besten zu erreichen ist. [4]<br />

In <strong>der</strong> vollendeten 16. Schwangerschaftswoche<br />

einer 30-jährigen G1P0 wird sonografisch<br />

beim Feten eine zystische Verän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> linken Niere festgestellt. Die<br />

weitere Fehlbildungsdiagnostik ist unauffällig.<br />

In <strong>der</strong> 35 + 3 Schwangerschaftswoche<br />

erfolgt bei Zunahme des Befundes die Vorstellung<br />

in <strong>der</strong> Pränatalmedizin. Sonografisch<br />

lassen sich Megaureteren beidseits<br />

und milde Hydronephrosen beidseits nachweisen.<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> besteht <strong>der</strong> Verdacht<br />

auf eine Zystozele. Die Fruchtwassermenge<br />

ist normal.<br />

Bei einer Verlaufskontrolle in <strong>der</strong> 36.<br />

Schwangerschaftswoche wird unter konsiliarischer<br />

Hinzuziehung des Kin<strong>der</strong>urologen<br />

bei männlichem Geschlecht des Feten<br />

eine progrediente beidseitige Harnstauung<br />

mit großer Blase und deutlich reduzierter<br />

Parenchymdicke <strong>der</strong> linken Niere sowie<br />

eine kompensatorisch vergrößerte rechte<br />

Niere beschrieben (Abb. 1).<br />

Der Kin<strong>der</strong>urologe stellt die Verdachts -<br />

diagnose posteriorer Urethralklappen und<br />

stimmt das weitere Vorgehen mit Eltern<br />

und Geburtshelfern ab. Die Geburt wird in<br />

<strong>der</strong> 38. Schwangerschaftswoche eingeleitet.<br />

733


Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />

Abb. 1: 36. Schwangerschaftswoche Abb. 2: Urethralklappennachweis im MCU<br />

Am ersten postnatalen Tag wird eine<br />

suprapubische Harnableitung angelegt<br />

und eine antibiotische Harnweginfektprophylaxe<br />

mit Trimethoprim 2 mg/ kg KG<br />

begonnen.<br />

Im Alter von vier Wochen bestätigt eine<br />

Miktionscysturethrografie (MCU) das Vorliegen<br />

von Urethralklappen (Abb. 2). Im<br />

Alter von sechs Wochen zeigt eine MAG 3<br />

Nierensequenzszintigrafie eine Restfunktion<br />

<strong>der</strong> linken Niere von acht Prozent.<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> zeigt sich ein beidseitiger<br />

vesikorenaler Reflux, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> MCU<br />

nicht zur Darstellung gekommen war. Die<br />

Möglichkeit falsch negativer Refluxbefunde<br />

im Miktionscysturethrogramm ist in <strong>der</strong><br />

Literatur hinlänglich bekannt. [10]<br />

Mit acht Wochen (korrigiertes Alter sechs<br />

Wochen) wird die zysturethroskopische<br />

Klappenresektion durchgeführt (Abb. 3),<br />

ein transurethraler 6 Ch-Bläschen-Katheter<br />

<strong>für</strong> drei Tage eingelegt und <strong>der</strong> Säugling<br />

schließlich am dritten postoperativen Tag<br />

nach Ziehen des suprapubischen Katheters<br />

mit restharn- und beschwerdefreier Miktion<br />

nach H<strong>aus</strong>e entlassen.<br />

Bei einer ultrasonografischen Verlaufs -<br />

kontrolle nach einer Woche werden die<br />

restharnfreie Blasenentleerung, die persistierende<br />

Blasenwandverdickung (> 5 mm)<br />

und die Megaureterenpersistenz beidseits<br />

überprüft. Bei regredienter Harntransportstörung<br />

ist im weiteren Verlauf keine zu -<br />

sätzliche Untersuchung vorgesehen, im<br />

Fall von Persistenz o<strong>der</strong> Progredienz würde<br />

734<br />

eine Folgezystoskopie mit <strong>der</strong> Bereitschaft<br />

zur Urethralklappenrest-Nachresektion<br />

geplant. Die Inkaufnahme einer Nach -<br />

resektion von Klappenresten ist sicherer<br />

als eine initial zu radikale Resektion.<br />

Diagnostik<br />

Bei den Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen<br />

in <strong>der</strong> 10., 20. und 30. Woche fallen<br />

Harntransportstörungen des Feten bei<br />

einer von 100 Schwangeren auf. In 48 Prozent<br />

handelt es sich um spontan reversible<br />

Erscheinungen. [9] Bei progredienten beidseitigen<br />

Befunden, männlichem Fetus und<br />

Oligohydramnion ist von gefährlichen posterioren<br />

Urethralklappen <strong>aus</strong>zugehen. In<br />

diesen Fällen sollte ein Kin<strong>der</strong>urologe hinzugezogen<br />

werden, um im Wege <strong>der</strong> Risikoaufklärung<br />

und Erläuterung des Vorgehens<br />

nach <strong>der</strong> Geburt mit den zukünftigen<br />

Eltern des Kindes Kontakt aufzunehmen<br />

und so eine zeitgerechte postpartale Therapie<br />

zu ermöglichen.<br />

Die serologische Untersuchung von Nierenretentionswerten<br />

und Elektrolyten am<br />

2. – 3. Lebenstag ist <strong>aus</strong>reichend, da das<br />

Neugeborene anfangs noch von <strong>der</strong> plazentaren<br />

mütterlichen Clearance profitiert.<br />

Eine Miktionszysturethrografie wird bei<br />

zwischenzeitlichen Ultraschallkontrollen<br />

im korrigierten Alter von einem Monat<br />

durchgeführt. Bei Bestätigung des Verdachtsbefundes<br />

kann dann die zysturethroskopische<br />

Klappenresektion in Narkose<br />

geplant werden.<br />

Therapie<br />

In den ersten drei Lebenstagen ist <strong>der</strong> Flüssigkeitsumsatz<br />

physiologisch reduziert,<br />

sodass die suprapubische Harnableitung<br />

mit Ch 5 Zystofixkatheter in dieser Zeit<br />

vielerorts mit aufgeschobener Dringlichkeit<br />

durchgeführt wird. Nach unserer Einschätzung<br />

sollte die suprapubische Harnableitung<br />

bei Nichtvorliegen perinatologischer<br />

Probleme am ersten Lebenstag erfolgen.<br />

Da es sich um eine einfache, in Lokalanästhesie<br />

und geringer Sedierung unter Ultraschallkontrolle<br />

durchzuführende Maßnahme<br />

handelt, ist eine Verlegung des Kindes<br />

in eine Spezialklinik und die damit verbundene<br />

Trennung von Mutter und Kind<br />

nicht nötig. Vorsicht: Der Einsatz von Morphinanaloga<br />

sollte beim Neugeborenen<br />

wegen <strong>der</strong> zu erwartenden vermin<strong>der</strong>ten<br />

Clearance, erhöhten Ansprechbarkeit und<br />

Unreife des Atemzentrums vermieden<br />

werden. Eine Atemstörung mit einer mehrstündigen<br />

Latenz ist möglich. Bestätigt sich<br />

<strong>der</strong> Verdachtsbefund posteriorer Urethralklappen<br />

durch eine Miktionscysturethrografie<br />

über den liegenden 5 Ch suprapubischen<br />

Katheter im (korrigierten) Alter von<br />

vier Wochen, kann die Ablation <strong>der</strong> posterioren<br />

Urethralklappen elektiv geplant und<br />

im Alter von sechs Wochen durchgeführt<br />

werden.<br />

Die Therapie <strong>der</strong> posterioren Urethralklappen<br />

erfor<strong>der</strong>t eine kin<strong>der</strong>urologische Ausrüstung,<br />

die bis zum gewünschten Therapieerfolg<br />

gestaffelt zum Einsatz kommt:<br />

Begonnen wird mit einem 7,5 Ch-Diagnos-


Abb. 3: Endoskopische Darstellung<br />

tik-Zystoskop mit 0-Grad-Optik und 3 Ch<br />

Arbeitskanal. Als Spülflüssigkeit dient Sorbitlösung,<br />

um im Zuge <strong>der</strong> Therapie falls<br />

erfor<strong>der</strong>lich auch die monoplare Resektion<br />

einsetzen zu können. Blasenwand, Ureterostien,<br />

proximale Urethra und die Klappen<br />

selbst werden unter Anspülen inspiziert.<br />

Die Klappen werden in Bezug auf<br />

ihre Restöffnung beschrieben und <strong>für</strong> die<br />

Laser-Ablationstherapie eingestellt. Mit<br />

einer RevoLix-Dioden-Laserfaser (Flexifib,<br />

Außendurchmesser 0,5 mm) werden unter<br />

Sicht im Weichteil-Modus mit etwa sechs<br />

Watt nacheinan<strong>der</strong> beide Klappenrän<strong>der</strong><br />

abladiert. Der Vorteil dieses Diodenlasers<br />

liegt in <strong>der</strong> geringen Laserstrahl-Eindringtiefe,<br />

die durch Arbeiten unter Sicht optimal<br />

kontrolliert werden kann. Der Nachteil<br />

besteht in <strong>der</strong> nach vorn gerichteten<br />

Arbeitsrichtung mit schlechter Steuerbarkeit<br />

<strong>der</strong> schneidenden Faserspitze, die den<br />

Resektionserfolg begrenzt. Die Laserablationstherapie<br />

kann aber im Rahmen <strong>der</strong><br />

Diagnostik mit dem kleinsten, verfügbaren<br />

Zystoskop immer zum Einsatz gebracht<br />

werden. Das ist <strong>der</strong> entscheidende Vorteil<br />

bei <strong>der</strong> frühen Indikation <strong>der</strong> Ablationstherapie<br />

im Alter von sechs Wochen. Zudem<br />

wächst <strong>der</strong> therapeutische Einfluss mit<br />

dem Ausmaß <strong>der</strong> Urethralklappen. Das<br />

heißt: Je größer die Klappe anatomisch<br />

gestaltet ist, umso eher ist die Laserablation<br />

wirksam.<br />

Nach Ausschöpfung <strong>der</strong> Therapiemöglichkeit<br />

mit dem Diodenlaser kommt das 9,8<br />

Ch-Resektoskop zum Einsatz, zunächst mit<br />

dem nicht wie<strong>der</strong> verwendbaren Haken-<br />

messer, das retrograd in die Klappenreste<br />

eingehakt und dann zum Schneiden durchgezogen<br />

wird.<br />

In aller Regel wird spätestens bei diesem<br />

Therapieschritt die gewünschte Entschärfung<br />

(engl. Fulguration) <strong>der</strong> Urethralklappen<br />

erreicht. Eine anatomisch vollständige<br />

Resektion ist <strong>für</strong> das Erreichen eines funktionellen<br />

Normalzustandes völlig unnötig<br />

und zu gefährlich, denn sie führt zu Blutungen<br />

als Zeichen <strong>der</strong> Harnröhrenverletzung<br />

und sekundären Harnröhrenstrikturen.<br />

Ein erhöhtes Verletzungsrisiko ist vor<br />

allem mit <strong>der</strong> Verwendung des monopolaren<br />

Resektoskops verbunden, das wir<br />

daher nur selten und äußerst gezielt zum<br />

Einsatz bringen. In aller Regel ist <strong>der</strong> Einsatz<br />

<strong>der</strong> monopolaren Resektion ohne<br />

Nachteil vermeidbar.<br />

Fazit<br />

Pränatal diagnostizierte obstruktive Uropathien<br />

sind zu einem gewissen Teil postnatal<br />

interventionsbedürftig. Die antenatalen<br />

Untersuchungen ermöglichen im Verlauf<br />

<strong>der</strong> Schwangerschaft eine weitere Selektion.<br />

Postnatal interventionsbedürftige<br />

Fälle sollten bereits pränatal kin<strong>der</strong>urologisch<br />

beraten werden, um den werdenden<br />

Eltern die Angst vor <strong>der</strong> Erkrankung des<br />

Kindes zu nehmen und zu verhin<strong>der</strong>n,<br />

dass durch verspätete Diagnostik und Therapie<br />

den Kin<strong>der</strong>n zusätzlich Schaden<br />

zugefügt wird.<br />

Literatur<br />

Kin<strong>der</strong>urologie<br />

[1] Lopez Pereira P, Espinosa L, Martinez Urrutina MJ.<br />

Posterior urethral valves: prognostic factors. BJU Int. 2003;<br />

91: 687-90.<br />

[2] Schwarz RD, Stephens FD, Cussen LJ. The pathogenesis<br />

of renal dysplasia I. Quantification of hypoplasia and<br />

dysplasia. Invest. Urol. 1981; 19: 994-6.<br />

[3] Cuckow PM, Dinneen MD, Risdon RA, Ransley PG,<br />

Duffy PG. Long-term renal function in the posterior urethral<br />

valves, unilateral reflux and renal dysplasia syndrome.<br />

J Urol. 1997; 158(3): 1004-7.<br />

[4] Mitchell ME, Close CE. Early primary valve ablation for<br />

posterior urethral valves. Semin Pediatr Surg. 1996 Feb;<br />

5(1): 66-71.<br />

[5] Krishnan A, de Souza A, Konijeti R. The anatomy and<br />

embryology of posterior urethral valves. J. Urol. 2006; 175:<br />

1214-20.<br />

[6] Levin TL, Han B, Little PB. Congenital anomalies of the<br />

male urethra. Pediatr. Radiol. 2007. 37(9): 851-62.<br />

[7] Sjöström S, Jodal U, Sixt R, Bachelard M, Sillén U. Longitudinal<br />

development of renal damage and renal function<br />

in infants with high grade vesicoureteral reflux. J Urol.<br />

2009; 81(5): 2277-83.<br />

[8] Beetz R. May we go on with antibacterial prophylaxis<br />

for urinary tract infections? Pediatr Nephrol. 2006; 21(1):<br />

5-13.<br />

[9] Livera LN, Brookfield DSK, Egginton JA, Hawnaur JM.<br />

Antenatal sonography to detect fetal renal abnormalities:<br />

a prospective screening programme. Brit med J. 1989; 298:<br />

1421-3.<br />

[10] Merrick MV, Notghi A, Chalmers N, Wilkinson AG,<br />

and Uttley WS. Vesico-ureteric reflux and other risk factors<br />

for renal damage: identification of high- and low-risk<br />

children. Arch Dis Child. 1995; 72(5): 388-92.<br />

Kontakt<br />

Dr. Bernd Richter<br />

Leiten<strong>der</strong> Arzt<br />

<strong>der</strong> Sektion <strong>für</strong> Kin<strong>der</strong>chirurgie<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg<br />

Eißendorfer Pferdeweg 52<br />

21075 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-86 50 98<br />

Fax (0 40) 18 18-86 34 25<br />

E-Mail: b.richter@asklepios.com<br />

735


ISSN 1863-8341<br />

Geschichte <strong>der</strong> Medizin<br />

17 Jahre<br />

ENDO CLUB NORD<br />

Julia Rasche<br />

Bald pilgern sie wie<strong>der</strong> in Scharen zum<br />

Congress Centrum Hamburg:<br />

Gastroentero logen <strong>aus</strong> aller Welt wollen an<br />

<strong>der</strong> größten Live-Endoskopie-Veranstaltung<br />

<strong>der</strong> Welt teilnehmen, die <strong>der</strong> ENDO CLUB<br />

NORD (ECN) alljährlich <strong>aus</strong>richtet. Als die<br />

Grün<strong>der</strong>väter, die Professoren Friedrich<br />

Hagenmüller, Nib Soehendra und Dietmar<br />

Wurbs 1991 beschlossen, einen gemeinsamen<br />

Kongress auf die Beine zu stellen, fanden<br />

sie einen prägnanten Namen: ENDO<br />

CLUB NORD. Und zu diesem Club wollte<br />

je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Endoskopie-Szene Rang<br />

und Namen hat, bald dazugehören. Das<br />

Einzigartige: Hier wurden Kräfte von drei<br />

renommierten Hamburger <strong>Klinik</strong>en gebündelt.<br />

Zusammenarbeit statt Konkurrenz<br />

war <strong>der</strong> Schlüssel zum Erfolg.<br />

So fing alles an …<br />

Bereits zum ersten Kongress 1991 kamen<br />

rund 1.500 Teilnehmer. Endoskopische<br />

Interventionen an 30 Patienten wurden live<br />

demonstriert und zur Diskussion gstellt.<br />

Damals standen noch Kurbeltelefone auf<br />

dem Vorstandstisch, es wurde mithilfe von<br />

Diapositiven referiert und auf <strong>der</strong> Bühne<br />

gab es Röhrenprojektoren. Heute hat längst<br />

Powerpoint Einzug gehalten und die Lichtleistung<br />

hat sich verdreifacht. Von Anfang<br />

an ist die Firma LUX AV <strong>für</strong> den technischen<br />

Ablauf verantwortlich, denn eine<br />

hervorragende Licht- und Tonqualität sind<br />

das A und O des Kongresses. Einen bahnbrechenden<br />

Fortschritt verzeichnete <strong>der</strong><br />

ECN 2007: Erstmals wurden alle Live-<br />

Demonstrationen in HDTV übertragen.<br />

Für den ECN stellt Olympus, Partner und<br />

Hauptsponsor des Kongresses, die neueste<br />

Technologie zur Verfügung. Der weltweite<br />

digitale TV-Standard liefert <strong>für</strong> die Medizin<br />

eine optische Auflösung, die zu einem<br />

deutlichen Gewinn <strong>für</strong> die Patienten führt.<br />

www.medtropole.de<br />

Mo<strong>der</strong>nste Übertragungstechnik sorgt <strong>für</strong> beste Eindrücke <strong>aus</strong> den Endoskopielaboratorien<br />

Highlights<br />

Mit den Jahren entwickelte sich <strong>der</strong> ENDO<br />

CLUB NORD zu einem international anerkannten<br />

Kongress. 1994 und 2000 übertrug<br />

die Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Endoskopie<br />

und bildgebende Verfahren dem ENDO<br />

CLUB NORD die Ausrichtung ihres Jahreskongresses<br />

– eine ehrenvolle Aufgabe <strong>für</strong><br />

die Hamburger Endoskopie-Experten. Der<br />

Erfolg blieb nicht <strong>aus</strong>: die Rekordbeteiligung<br />

von 2.600 Teilnehmern hatte es bei einem<br />

Endo skopiekongress noch nie gegeben.<br />

Seine Einzigartigkeit unterstreicht <strong>der</strong><br />

ENDO CLUB NORD auch mit Übertragungen<br />

in die ganze Welt: Mediziner in Griechenland,<br />

Portugal, Irland und Australien<br />

konnten den Kongress live via Satellitenübertragung<br />

in ihren Heimatlän<strong>der</strong>n verfolgen.<br />

Der ENDO CLUB NORD heute<br />

Nach dem plötzlichen Tod von Professor<br />

Wurbs 1999 blieb das Team <strong>der</strong> heutigen<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Barmbek beim ENDO<br />

CLUB NORD immer an Bord. 2005 trat Privatdozent<br />

Dr. Siegbert Faiss die Nachfolge<br />

von Dietmar Wurbs an, 2007 übernahm er<br />

erstmals die Präsidentschaft des ENDO<br />

CLUB NORD. Nach 35 Jahren verabschiedete<br />

sich im vergangenen Jahr Professor<br />

Nib Soehendra vom Universitätsklinikum<br />

Hamburg-Eppendorf. Sein Nachfolger als<br />

Direktor <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Interdisziplinäre<br />

Endoskopie des UKE wurde Professor<br />

Thomas Rösch <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Berliner Charité.<br />

Soehendra übernahm 2008 zum letzten<br />

Mal die Präsidentschaft des ENDO CLUB<br />

NORD und übergab den Staffelstab an<br />

seinen Nachfolger.<br />

In diesem Jahr findet <strong>der</strong> 17. ENDO CLUB NORD<br />

vom 6. – 7. November im CCH statt. Das Programm<br />

verspricht einen sehr lehrreichen Überblick über<br />

die aktuellen Entwicklungen, die jedes endoskopierende<br />

Team kennen sollte. www.endoclubnord.de

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