medtropoleAktuelles aus der Klinik für einweisende Ärzte - Asklepios
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medtropole Aktuelles<br />
Nr. 19 Oktober 2009<br />
PSYCHOTHERAPIE:<br />
Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität<br />
NEUROCHIRURGIE:<br />
Der zervikale Bandscheibenvorfall<br />
INFEKTIOLOGIE:<br />
H1N1 – Der nächste Winter kommt bestimmt<br />
<strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>einweisende</strong> <strong>Ärzte</strong>
Impressum<br />
Redaktion<br />
Jens Oliver Bonnet<br />
(verantw.)<br />
Prof. Dr. Dr. Stephan Ahrens<br />
Prof. Dr. Christian Arning<br />
PD Dr. Oliver Detsch<br />
Dr. Birger Dulz<br />
PD Dr. Siegbert Faiss<br />
Dr. Christian Frerker<br />
Dr. Annette Hager<br />
Dr. Susanne Huggett<br />
Prof. Dr. Uwe Kehler<br />
Dr. Jürgen Ma<strong>der</strong>t<br />
Dr. Ulrich Müllerleile<br />
PD Dr. Jörg Schwarz<br />
PD Dr. Gunther Harald Wiest<br />
Prof. Dr. Gerd Witte<br />
Cornelia Wolf<br />
Her<strong>aus</strong>geber<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong>en<br />
Hamburg GmbH<br />
Unternehmenskommunikation<br />
Rudi Schmidt V. i. S. d. P.<br />
Rübenkamp 226<br />
22307 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-82 66 36<br />
Fax (0 40) 18 18-82 66 39<br />
E-Mail:<br />
medtropole@asklepios.com<br />
Auflage: 15.000<br />
Erscheinungsweise:<br />
4 x jährlich<br />
ISSN 1863-8341<br />
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
die Lektüre medizinischer Literatur scheint mir persönlich einen immer höheren<br />
Stellenwert einzunehmen, je länger man in unserem Berufe tätig ist. Offenbar<br />
wächst mit <strong>der</strong> eigenen Erfahrung auch die Erkenntnis, zu wenig über die Fülle<br />
medizinischer Daten in <strong>der</strong> zur Verfügung stehenden Literatur zu wissen.<br />
Hierbei beziehe ich mich nicht nur auf das Studium des eigenen Fachgebietes,<br />
son<strong>der</strong>n registriere darüber hin<strong>aus</strong> zunehmend, wie interessant medizinische<br />
Beiträge <strong>aus</strong> an<strong>der</strong>en Disziplinen sind. Sich medizinisch zu belesen, sollte nicht<br />
nur eine Verpflichtung <strong>für</strong> uns Mediziner sein, son<strong>der</strong>n kann, gemessen an<br />
unserem manchmal rauen medizinischen Alltag, eine grundsätzliche Zufriedenheit durch neue<br />
Erkenntnisse in unserem Fachgebiet und die damit verbundene intellektuelle Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
schaffen. In beson<strong>der</strong>er Weise freut es mich daher, dass wir in diesem Heft viele neue chefärztliche<br />
Kollegen vorstellen können, die ihr Wissen in den <strong>Asklepios</strong>-Konzern neu einbringen.<br />
Prof. Schmoeckel, Chefarzt <strong>der</strong> Kardiochirurgie <strong>der</strong> AK St. Georg ist diesbezüglich Wegbereiter<br />
und berichtet über den Wandel <strong>der</strong> Herzchirurgie in den vergangenen Jahren. Ein ganz an<strong>der</strong>es<br />
Thema, die Transsexualität, referiert Priv.-Doz. Dr. Schwarz, <strong>der</strong> kürzlich die Position als Chefarzt<br />
<strong>der</strong> Gynäkologie <strong>der</strong> AK Nord angetreten hat. Das chirurgische Spektrum runden Dr. von Bremen-<br />
Kühne <strong>aus</strong> <strong>der</strong> AK St. Georg mit seinem Beitrag zur Dreifachbeckenosteotomie und Dr. Richter,<br />
Sektionsleiter Kin<strong>der</strong>chirurgie/Kin<strong>der</strong>urologie des Urologischen Zentrums <strong>der</strong> AK Harburg, mit<br />
<strong>der</strong> Behandlung pränatal diagnostizierter posteriorer Urethralklappen ab. Gerade das letzte<br />
Thema wird zwischen Kin<strong>der</strong>chirurgen und Kin<strong>der</strong>urologen kontrovers besprochen, sodass ich<br />
Sie zur Diskussion auffor<strong>der</strong>n möchte. Weitere Beiträge wie Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität<br />
<strong>aus</strong> <strong>der</strong> Psychiatrie <strong>der</strong> AK Nord, zervikaler Bandscheibenvorfall <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Neurochirurgie <strong>der</strong><br />
AK Altona sowie ein aktuelles Referat von Frau Dr. Huggett (Medilys) zum H1N1-Virus runden<br />
den Inhalt dieser Ausgabe ab.<br />
Schließlich lege ich Ihnen eine historische Betrachtung von Prof. Hagenmüller ans Herz, <strong>der</strong> über<br />
„17 Jahre Endo Club Nord“ referiert. Der 1991 von ihm selbst, Prof. Soehendra und Prof. Wurbs<br />
gegründete Endo Club richtet mittlerweile einen international bekannten Kongress <strong>aus</strong>, <strong>der</strong> zuletzt<br />
eine Rekordbeteiligung von 2.600 Teilnehmern verzeichnete – weltweit die bisher höchste Teilnehmerzahl<br />
bei einem Endoskopie-Meeting.<br />
Ich wünsche Ihnen abschließend bei <strong>der</strong> Lektüre <strong>der</strong> vorliegenden medtropole nicht nur die wünschenswerte<br />
Bereicherung Ihres medizinischen Wissens, son<strong>der</strong>n würde mich freuen, wenn Sie<br />
auch diese Ausgabe wie<strong>der</strong> mit einem gewissen Genuss in die Hand nehmen und studieren.<br />
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude und verbleibe<br />
Ihr<br />
Priv.-Doz. Dr. Meyer-Moldenhauer<br />
Ärztlicher Direktor <strong>der</strong> AK Harburg<br />
Chefarzt des Urologischen Zentrums
Inhalt<br />
708 | ORTHOPÄDISCHE CHIRURGIE<br />
Dreifachbeckenosteotomie –<br />
Indikation, Technik und Ergebnisse<br />
712 | PSYCHIATRIE UND PSYCHOTHERAPIE<br />
Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität<br />
716 | GYNÄKOLOGIE<br />
Transsexualität –<br />
Was ist das und wie behandelt man es?<br />
719 | NEUROCHIRURGIE<br />
Der zervikale Bandscheibenvorfall<br />
722 | INFEKTIOLOGIE<br />
H1N1 – Der nächste Winter kommt bestimmt<br />
725 | HERZCHIRURGIE<br />
Herzchirurgie heute<br />
728 | PERSONALIA<br />
733 | KINDERUROLOGIE<br />
Pränatale Diagnose von posterioren Urethralklappen:<br />
Wann und wie soll man behandeln?<br />
736 | GESCHICHTE DER MEDIZIN<br />
17 Jahre ENDO CLUB NORD<br />
S. 708<br />
S. 719<br />
S. 733
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
Dreifachbeckenosteotomie –<br />
Indikation, Technik und Ergebnisse<br />
Dr. Reinhard von Bremen-Kühne<br />
Die Einführung und flächendeckende Verbreitung des Neugeborenen-Screenings auf kongenitale Pfannendysplasie<br />
ab Ende <strong>der</strong> 1980er-Jahre führte zu einem deutlichen Rückgang unzureichend o<strong>der</strong> nicht behandelter Dysplasiepatienten.<br />
Dessen ungeachtet gibt es, teils auf anlagebedingter Basis, teils durch Zuzug <strong>aus</strong>wärtiger Patienten,<br />
teils durch nach wie vor unzureichende Frühdiagnostik weiterhin Jugendliche und Erwachsene mit dysplastischen<br />
anatomischen Verän<strong>der</strong>ungen am Azetabulum und den hier<strong>aus</strong> erwachsenden klinischen Konsequenzen im Sinne<br />
einer präarthrotischen Deformität. In <strong>der</strong> chirurgischen Behandlung <strong>der</strong> Pfannendysplasie hat die Dreifachbeckenosteotomie<br />
nach Tönnis und Kalchschmidt einen bedeutenden Stellenwert bekommen.<br />
Indikation<br />
Die kongenitale Hüftdysplasie ist morphologisch<br />
durch eine Steilstellung, Abflachung<br />
und beson<strong>der</strong>s ventral ungenügende<br />
Überdachung des Hüftkopfes durch die<br />
Pfanne gekennzeichnet und geht nicht selten<br />
mit einer Deformität des proximalen<br />
Femur im Sinne einer Coxa valga antetorta<br />
einher. Diese anatomischen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
haben erhebliche biomechanische Auswirkungen<br />
und führen einerseits zur Verkleinerung<br />
<strong>der</strong> lasttragenden Zone im Bereich<br />
des Pfannenerkers, zum an<strong>der</strong>en zu einer<br />
<strong>für</strong> den hyalinen Knorpel schlecht tolerablen<br />
Scherbelastung in kraniolateraler<br />
Richtung. [1,2,3] Die sogenannte präarthrotische<br />
Deformität bringt ein verhältnismäßig<br />
hohes Risiko einer verfrühten degenerativen<br />
Arthrose des Hüftgelenkes mit sich. [4]<br />
Zur operativen Korrektur <strong>der</strong> pathologischen<br />
Anatomie des dysplastischen Azetabulums<br />
haben sich zwei Verfahren periazetabulärer<br />
Osteotomien durchgesetzt: die<br />
1988 von Ganz et al. beschriebene periazetabuläre<br />
Osteotomie [5] und die gut ein Jahrzehnt<br />
früher (seit 1976) von Tönnis entwi-<br />
708<br />
ckelte [6] und somit seit fast drei Jahrzehnten<br />
im breiten klinischen Einsatz bewährte<br />
sogenannte Dreifachbeckenosteotomie<br />
nach Tönnis und Kalchschmidt. Die Indikation<br />
zu diesem aufwendigen Eingriff<br />
wird bei Patienten gestellt, welche die<br />
beschriebenen radiologischen Abweichungen<br />
von biomechanischen Kennwinkeln<br />
und <strong>der</strong> normalen Anatomie neben typischen<br />
und therapieresistenten klinischen<br />
Beschwerden aufweisen (Abb. 5). Dabei<br />
dient eine synoptische Einteilung nach<br />
dem Ausmaß <strong>der</strong> Abweichung (Tab. 1) als<br />
Grundlage <strong>für</strong> die rationale Differenzial -<br />
indikation zur Operation (Tab. 2).<br />
Operationstechnik<br />
Der Eingriff erfolgt in Intubationsnarkose<br />
auf einem röntgendurchlässigen Operationstisch.<br />
Zur besseren intraoperativen<br />
Narkosesteuerung sowie optimalen postoperativen<br />
Schmerzbehandlung wird ein<br />
Periduralkatheter gelegt. Der Patient liegt<br />
auf <strong>der</strong> kontralateralen Seite, wobei <strong>der</strong><br />
Thorax mit Seitenstützen sicher in 90° stabilisiert<br />
wird und das Becken um etwa 30°<br />
Abb. 1: Lagerung zu Operationsbeginn<br />
nach ventral geneigt ist. Das operations -<br />
seitige Bein wird ebenfalls chirurgisch ab -<br />
gewaschen und frei beweglich abgedeckt<br />
(Abb. 1). Nach Palpation <strong>der</strong> entscheidenden<br />
anatomischen Struktur, des Ligamentum<br />
sacrotuberale, erfolgt eine etwa zehn<br />
Zentimeter lange Inzision, die dem Faserverlauf<br />
des Musculus gluteus maximus<br />
ventral des Ligamentes folgt. Das Ligamentum<br />
sacrotuberale wird dargestellt, das<br />
Foramen obturatorium mit speziellen Hohmann-Hebeln<br />
umfahren. Die kleinen<br />
Außenrotatoren werden vom Os ilium<br />
abgeschoben und durch einen weiteren
Abweichungsgrad 1 2 3 4<br />
CE-Winkel, ACE-Winkel < 18 Jahre: > 25° 20 – 24° 5 – 19° < 5°<br />
CE-Winkel, ACE-Winkel > 18 Jahre: > 30° 20 – 29° 5 – 19° < 5°<br />
TF-Winkel:<br />
(Tragflächenwinkel nach Tschauner)<br />
0 ± 9° 10 – 15° 16 – 25° > 25°<br />
Interpretation normal mäßig erheblich extrem<br />
pathologisch pathologisch pathologisch<br />
Tab. 1: Radiologische Einteilung nach „Abweichungsgraden“ (Engelhardt, Tönnis, Tschauner)<br />
Abweichungsgrad CCD-Winkel Operatives Verfahren<br />
1<br />
Sphärisch-kongruent<br />
- Keine Operation<br />
2 - Reorientierung<br />
(mit Schmerz/Labrumläsion) („Klassische Indikation“)<br />
2 Valgus Alternativ:<br />
(mit Schmerz/Labrumläsion) (Hyper-)Varisierung<br />
3 und 4 - Reorientierung<br />
(„Klassische Indikation“)<br />
Deformiert und - Reorientierung<br />
„pathologisch-kongruent“ („Erweiterte Indikation“)<br />
Deformiert und inkongruent, - „Palliativ“:<br />
mit Subluxation und Arthrose Chiari und Valgisierung-Extension,<br />
Definitive Versorgung: HTEP<br />
Tab. 2: Synopse <strong>der</strong> operativen Differenzialindikation<br />
Hohmann-Hebel, <strong>der</strong> im Foramen infrapiriforme<br />
sitzt, beiseite gehalten. Die Sitzbeinosteotomie<br />
wird dann schräg verlaufend,<br />
vom Foramen infrapiriforme bis zum Foramen<br />
obturatorium mit Lexermeißeln vorgenommen<br />
und mit einem Fragmentspreizer<br />
mobilisiert (Abb. 2). Die Osteotomie<br />
muss so mobil sein, dass sie <strong>für</strong> den palpierenden<br />
Finger eingängig ist. Nach sorgfältiger<br />
Blutstillung erfolgt ohne Einlage einer<br />
Redondrainage <strong>der</strong> schichtweise Wundverschluss.<br />
Die weiteren Operationsschritte erfor<strong>der</strong>n<br />
die Rückenlage des Patienten, sodass er<br />
intraoperativ steril umgelagert wird. Nach<br />
Palpation <strong>der</strong> Eminentia pubica und <strong>der</strong><br />
femoralen Gefäße wird eine drei Zentimeter<br />
lange Inzision über dem Os pubis <strong>aus</strong>geführt<br />
und das Schambein subperiostal<br />
dargestellt sowie mit speziellen Hohmann-<br />
Hebeln umfahren. Die Schambeinosteotomie<br />
erfolgt mit einem Lexer-Meißel, einen<br />
Zentimeter medial <strong>der</strong> Tränenfigur mit<br />
Inklination um 30° in <strong>der</strong> Sagittal- und<br />
Frontalebene unter Bildwandlerkontrolle<br />
(Abb. 3).<br />
Die dritte Inzision folgt dem Verlauf <strong>der</strong><br />
Crista iliaca, von zwei Zentimetern dorsal<br />
<strong>der</strong> Spina iliaca anterior superior etwa sieben<br />
bis zehn Zentimeter lang. In streng<br />
subperiostaler Präparation wird zunächst<br />
die pelvitrochantere Muskulatur von <strong>der</strong><br />
Außenseite abpräpariert, anschließend <strong>der</strong><br />
Musculus iliacus von <strong>der</strong> Medialseite. Das<br />
Foramen ischiadicum majus wird mit speziellen<br />
Hohmann-Hebeln umfahren. Unter<br />
Bildwandlerkontrolle wird eine Schanzsche<br />
Schraube parallel zum Tragflächenwinkel<br />
eingebracht, weiterhin ein Kirschnerdraht<br />
zur Markierung des Umschlagspunktes <strong>der</strong><br />
gewinkelten Darmbeinosteotomie. Die<br />
Darmbeinosteotomie erfolgt mit oszillieren<strong>der</strong><br />
Säge von ventral nach dorsal, zwischen<br />
den beiden vor<strong>der</strong>en Darmbeinstacheln<br />
beginnend und an <strong>der</strong> Linea glutea<br />
inferior umschlagend. Der hintere Anteil<br />
<strong>der</strong> Darmbeinosteotomie wird mit <strong>der</strong><br />
Gigli-Säge durchgeführt (Abb. 4).<br />
Das Azetabulumfragment ist nun völlig<br />
mobil und kann über die Schanzsche<br />
Schrau be unter Bildwandlerkontrolle medialisiert,<br />
rotiert und gegebenenfalls sparsam<br />
Orthopädische Chirurgie<br />
antevertiert werden, bis physiologische<br />
Kennwinkel etabliert sind. Die Osteosynthese<br />
erfolgt mit zwei bis vier als Zugbeziehungsweise<br />
Stellschrauben eingebrachten<br />
kanülierten Spongiosaschrauben<br />
in übungsstabiler Form (Abb. 6). Nach Einlegen<br />
von Redondrainagen erfolgt <strong>der</strong><br />
schichtweise Wundverschluss, wobei die<br />
pelvitrochantere Muskulatur mit transos -<br />
sären Nähten an <strong>der</strong> Crista iliaca refixiert<br />
wird.<br />
Die Patienten werden am 2. bis 3. postoperativen<br />
Tag unter Entlastung <strong>der</strong> operierten<br />
Extremität an Unterarmgehstützen mobilisiert;<br />
die Entlassung erfolgt nach 14 Tagen.<br />
Der Belastungsaufbau beginnt nach klinischer<br />
und radiologischer Kontrolle nach<br />
sechs Wochen, Vollbelastung ist nach zwölf<br />
Wochen möglich. Die Materialentfernung<br />
erfolgt regelhaft nach frühestens zwölf<br />
Monaten.<br />
709
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
Abb. 2: Mobilisation <strong>der</strong> Sitzbeinosteotomie mit dem<br />
Fragmentspreizer<br />
Ergebnisse<br />
Erste Langzeitergebnisse berichteten Tönnis<br />
et al. 1994: In 216 Fällen mit einem<br />
durchschnittlichen Follow-up von 7,7 Jahren<br />
gelang es in jeweils knapp 80 Prozent,<br />
den CE-Winkel sowie den Tragflächenwinkel<br />
postoperativ zu normalisieren. Die<br />
Patientenzufriedenheit im Nachuntersuchungskollektiv<br />
lag bei knapp 85 Prozent. [7]<br />
Eine noch größere Patientengruppe mit gut<br />
dreijährigem Follow-up präsentierten Lenz<br />
et al. 1997: [8] Der durchschnittliche postoperative<br />
CE-Winkel lag hier bei 32°, <strong>der</strong> postoperative<br />
Tragflächenwinkel bei 3°. Die<br />
subjektive Patientenzufriedenheit wurde<br />
mit 98 Prozent angegeben.<br />
Kirschner et al. hatten 48 Patienten mit<br />
einem durchschnittlichen Follow-up von<br />
knapp drei Jahren nachuntersucht und<br />
68 Prozent gute o<strong>der</strong> sehr gute klinische<br />
Resultate gefunden. [9] Auch diese Studie<br />
zeigt eine signifikante Verbesserung des<br />
CE-Winkels von 10,6° auf 32,2° und des<br />
Tragflächenwinkels von 20,8° auf 3,8°.<br />
Relevante Komplikationen im Sinne einer<br />
knöchernen Non-union am Sitzbein beziehungsweise<br />
Darmbein traten in knapp<br />
15 Prozent <strong>der</strong> Patienten auf.<br />
710<br />
Abb. 3: Verlauf <strong>der</strong> Schambeinosteotomie unter dem<br />
Bildwandler: 1cm medial <strong>der</strong> Tränenfigur mit Inklination<br />
um 30° in <strong>der</strong> Sagittal- und Frontalebene<br />
De Kleuver et al. berichteten 1997 über 51<br />
Patienten mit zehnjährigem Follow-up. [10]<br />
Auch hier wurde <strong>der</strong> durchschnittliche<br />
postoperative CE-Winkel auf 28° und <strong>der</strong><br />
postoperative Tragflächenwinkel auf 10°<br />
annähernd an physiologische Normalwerte<br />
gebracht. Die subjektive Patientenzufriedenheit<br />
war nach diesem verhältnismäßig<br />
langen Zeitraum noch bei 60,4 Prozent <strong>der</strong><br />
Patienten hoch o<strong>der</strong> sehr hoch. Allerdings<br />
waren nur 17 Prozent vollständig be -<br />
schwerdefrei. Die gleiche Gruppe berichtete<br />
kürzlich über das 15-Jahre-Follow-up. [11]<br />
Zu diesem Zeitpunkt waren noch 88 Prozent<br />
<strong>der</strong> Patienten ohne Progression <strong>der</strong><br />
Arthrose und 64 Prozent zeigten gute bis<br />
exzellente klinische Ergebnisse. Das prä -<br />
operative Ausmaß <strong>der</strong> Arthrose sowie ein<br />
<strong>aus</strong>reichen<strong>der</strong> o<strong>der</strong> schlechter präoperativer<br />
klinischer Ausgangsbefund zeigten<br />
sich als signifikanter negativer Prognosefaktor<br />
in dieser Gruppe.<br />
Ein zehnjähriges Follow-up von 56 Patienten<br />
legte Küpper vor. [12] Radiologisch war<br />
ebenfalls eine weitgehende Normalisierung<br />
<strong>der</strong> Kennwinkel gelungen, zum Zeitpunkt<br />
<strong>der</strong> Nachuntersuchung waren 39 Prozent<br />
<strong>der</strong> Patienten vollständig schmerzfrei,<br />
51 Prozent äußerten selten auftretende<br />
Schmerzen. Von den 56 Patienten war nach<br />
zehn Jahren nur ein einziger im Sinne eines<br />
endoprothetischen Gelenkersatzes operationspflichtig<br />
geworden.<br />
Abb. 4: Darmbeinosteotomie (hinterer Anteil)<br />
mit Gigli-Säge<br />
Das Komplikationsprofil zeigt bei Tönnis<br />
et al. Pseudarthroseraten von 4,4 Prozent<br />
und eine Rate an verzögerten Knochenheilungen<br />
von 10,8 Prozent. In 2,1 Prozent<br />
waren meist transitorische Paresen des<br />
Nervus ischiadicus o<strong>der</strong> des Nervus femoralis<br />
vorhanden. [13] Tschauner et al. teilten<br />
eine Pseudarthroserate von 1,2 Prozent<br />
revisionspflichtiger Fälle bei 409 operierten<br />
Patienten mit. [14]<br />
Die eigenen Ergebnisse dieser Operation<br />
an 38 operierten Hüftgelenken mit einem<br />
Follow-up von 3,5 Jahren wurden 2006<br />
publiziert. [15] Hier ließ sich eine statistisch<br />
hochsignifikante Verbesserung des Harris<br />
Hip Score, <strong>der</strong> Kennwinkel und des Ab -<br />
weichungsgrades bei <strong>der</strong> Nachuntersuchung<br />
feststellen. Dies ging mit einer in 81,7 Prozent<br />
hohen o<strong>der</strong> sehr hohen Patientenzu -<br />
friedenheit einher. Die Konversionsrate zur<br />
Alloarthroplastik lag bei 2,6 Prozent, das<br />
Komplikationsprofil im Rahmen vergleichbarer<br />
elektiver hüftchirurgischer Eingriffe.
Abb. 5: Pat. EJ ♀ 23 Jahre, re. Hüfte:<br />
Präoperatives Röntgenbild mit AG III<br />
Fazit<br />
Die Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis<br />
und Kalchschmidt zeigt ein hohes und<br />
konstantes Potenzial im Hinblick auf Be -<br />
schwerdearmut/Beschwerdefreiheit sowie<br />
eine statistisch hochsignifikante Verbesserung<br />
<strong>der</strong> klinischen Scores und radiologischen<br />
Kennwinkel bei jugendlichen und<br />
erwachsenen Patienten mit Pfannendysplasie.<br />
Ungeachtet <strong>der</strong> relativ anspruchsvollen<br />
Operationstechnik bleibt das Komplikationsprofil<br />
im Bereich vergleichbarer<br />
elektiver hüftchirurgischer Eingriffe.<br />
Indikationsstellung, Patienten<strong>aus</strong>wahl,<br />
Operationstechnik und Nachbehandlung<br />
folgen etablierten Algorithmen. Der Eingriff<br />
verbaut keine Rückzugsmöglichkeiten<br />
im Sinne einer gegebenenfalls später erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Alloarthroplastik, son<strong>der</strong>n verbessert<br />
in vielen Fällen sogar das knöcherne<br />
Lager eines späteren Implantates. Die<br />
Dreifachbeckenosteotomie kann bei <strong>der</strong><br />
Kardinalindikation „Pfannendysplasie“ als<br />
Methode <strong>der</strong> Wahl angesehen werden.<br />
Im FB Orthopädie <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong><br />
St. Georg liegt eine spezielle Ausrichtung<br />
und Erfahrung in <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong><br />
Hüftdysplasie bei Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen vor.<br />
Abb. 6: Pat. EJ ♀ 23 Jahre, re. Hüfte: Röntgenbild nach 1,5 Jahren, AG I.<br />
HHS: 92,3/100 Subjektiv: Sehr zufrieden<br />
Literatur<br />
[1] Pauwels F. Atlas zur Biomechanik <strong>der</strong> gesunden und<br />
kranken Hüfte. Berlin-Heidelberg-New York: Springer 1993.<br />
[2] Bombelli R. Osteoarthritis of the Hip – classification and<br />
pathogenesis and the role of osteotomy as a consequent<br />
therapy. Berlin-Heidelberg-New York: Springer 1976.<br />
[3] Tschauner C. Neues optimiertes biomechanisches Konzept<br />
zur Wirkungsweise <strong>der</strong> operativen Reorientierung <strong>der</strong><br />
dysplastischen Hüftpfanne unter beson<strong>der</strong>er Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis. Med<br />
Habil, Humboldt-Universität, Berlin 1995.<br />
[4] Murphy SB, Ganz R, Müller ME. The Prognosis in<br />
Untreated Dysplasia of the Hip. A study of radiographic<br />
factors that predict the outcome. JBJS 1995; 77-A: 985-9.<br />
[5] Ganz R, Klaue K, Vinh TS, Mast JW. A new periacetabular<br />
osteotomy for the treatment of hip dysplasias. Technique<br />
and preliminary results. Clin Orthop 1988; 232: 26-36.<br />
[6] Tönnis D. A new technique of triple osteotomy for<br />
acetabular dysplasia in ol<strong>der</strong> children and adults. Abstracts<br />
14th World Congr Soc Int Chir Orthop Trauma, Kyoto 1978:<br />
192.<br />
[7] Tönnis D, Arning A, Block M, Heinecke A, Kalchschmidt<br />
K. Triple pelvic osteotomy. J Pediatr Orthop 1994; 3-B: 54-67.<br />
[8] Lenz G P, Mourani M. Operative Therapie im Kindes -<br />
alter. In: C. Tschauner[Edtr]. Die Hüfte. Enke, Stuttgart<br />
1997: 78-91.<br />
[9] Kirschner S, Raab P, Wild A, Kr<strong>aus</strong>pe R. Kurz- bis<br />
mittelfristige klinische und radiologische Ergebnisse mit<br />
<strong>der</strong> dreifachen Beckenosteotomie nach Tönnis im Jugendund<br />
Erwachsenenalter. Z Orthop 2002; 140: 523-6.<br />
[10] De Kleuver M, Kooijman MAP, Pavlov PW, Veth RPH.<br />
Triple osteotomy of the pelvis for acetabular dysplasia.<br />
Results at 8 to 15 years. JBJS 1997; 79-B: 225-9.<br />
Kontakt<br />
Orthopädische Chirurgie<br />
Dr. Reinhard B. F. H. von Bremen-Kühne<br />
FA f. Orthopädie und Unfallchirurgie<br />
Spezielle Orthopädische Chirurgie –<br />
Chirotherapie – Physikalische Therapie<br />
Ltd. Arzt FB Orthopädie<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg<br />
Lohmühlenstraße 5, 20099 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-85 37 34<br />
Fax (0 40) 18 18-85 37 70<br />
Mobil 0160-803 35 42<br />
E-Mail: r.bremen@asklepios.com<br />
[11] van Hellemondt GG, Sonneveld H, Schreu<strong>der</strong> MH,<br />
Kooijman MA, de Kleuver M. Triple osteotomy of the pelvis<br />
for acetabular dysplasia: results at a mean follow-up of 15<br />
years. JBJS 2005; 87: 911-5.<br />
[12] Küpper A. 10-Jahres-Ergebnisse <strong>der</strong> dreifachen Becken -<br />
osteotomie nach Tönnis. Orthop Praxis 2003; 39: 412-9.<br />
[13] Katthagen B, Tönnis D, Kalchschmidt K. Complications<br />
and technical failures of triple pelvic osteotomy. EPOS<br />
Annual meeting, April 2001, Montpellier.<br />
[14] Tschauner C, Sylkin A, Hofmann S, Graf R. Painful<br />
nonunion after triple pelvic osteotomy. Report of five cases.<br />
JBJS 2003; 85: 953-5.<br />
[15] v. Bremen-Kühne R, de la Vega-Salgado H, Steffen R.<br />
Die Dreifachbeckenosteotomie nach Tönnis und Kalchschmidt<br />
in <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> Pfannendysplasie – Mittelfristige<br />
Ergebnisse. Z. Orthop. 2006; 144: 484-91.<br />
711
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität<br />
Dr. Birger Dulz<br />
Bor<strong>der</strong>line-Störungen werden allein schon deshalb mit Sexualität in Verbindung gebracht, weil in rund 80 Prozent<br />
eine komplexe PTSD komorbid vorhanden ist [7] – oft also sexueller Missbrauch. Letztlich ist die (pathologische)<br />
Sexualität bei Bor<strong>der</strong>line-Persönlichkeitsstörungen jedoch völlig unerforscht.*<br />
Vermutlich existieren drei Gruppen, die<br />
das Sexualverhalten von Bor<strong>der</strong>line-Patienten<br />
häufig kennzeichnen:<br />
1. Sexualität wird nicht gelebt: Dabei sind<br />
dies oft Patientinnen mit den knappsten<br />
Tops und kürzesten Röcken. Ausgedrückt<br />
wird so die Sehnsucht nach (sexueller)<br />
Beziehung, die durch die Angst eben davor<br />
„in Schach“ gehalten wird (Herstellung<br />
von Anhedonie).<br />
2. Extrem-Sexualität wird gelebt, was oft<br />
riskantes Sexualverhalten einschließt:<br />
Viel Angst wird zwar immer wie<strong>der</strong> wahrgenommen,<br />
aber gewissermaßen „kontraphobisch“<br />
reduziert.<br />
3. „Normale“ Sexualität wird gelebt, mit<br />
denselben Schwierigkeiten und Akzentuierungen<br />
wie bei „Dir und mir“. Ängste werden<br />
nicht selten (auch durch an<strong>der</strong>e Symptome)<br />
kompensiert, beispielsweise durch<br />
Zwänge o<strong>der</strong> Dissoziationen.<br />
Untersuchungen hierzu sind nicht bekannt,<br />
aber eine eigene Schätzung führt auch hier<br />
zu <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Psychiatrie so oft gefundenen<br />
„Drittel-Regel“.<br />
712<br />
In allen drei Gruppen, vorwiegend aber<br />
<strong>der</strong> Gruppe 1, finden sich Patientinnen<br />
und Patienten mit einer schweren Identitätsstörung<br />
bezüglich gerade auch <strong>der</strong><br />
sexuellen Orientierung: Wenn man nicht<br />
weiß, ob man homo- o<strong>der</strong> heterosexuell,<br />
Mann o<strong>der</strong> Frau ist, liegt es nahe, dass dieses<br />
davor „schützt“, sexuelle Nähe zulassen<br />
zu müssen, denn man weiß ja nicht, als<br />
wer zu wem. So wird unter an<strong>der</strong>em und<br />
vermutlich zuvor<strong>der</strong>st ein Verlassenwerden<br />
vermieden.<br />
Störungen <strong>der</strong> Sexualität werden meist<br />
nicht systematisch behandelt. Da Sexualität<br />
nun aber zu zufriedenstellenden Liebesbeziehungen<br />
gehört, dürfte dies ein wesentlicher<br />
Faktor <strong>für</strong> eine fortbestehende Unzufriedenheit<br />
bezüglich enger Beziehungen<br />
sein, wenn sonst keine Bor<strong>der</strong>line-Symp -<br />
tome mehr nachweisbar sind.<br />
Vermutlich ist die Behandlung von „keine<br />
Sexualität“ noch schwieriger als „extreme<br />
Sexualität“ – es ist immer leichter, etwas<br />
Vorhandenes zu therapieren, als das, was<br />
nicht vorhanden ist.<br />
Angst als zentraler Affekt bei<br />
Bor<strong>der</strong>line-Störungen<br />
Angst stellt das Zentralsymptom <strong>der</strong> Bor<strong>der</strong>line-Störungen<br />
dar – als letzte Stufe <strong>der</strong><br />
Angstentwicklung, die mit <strong>der</strong> Vernichtungsangst<br />
des Säuglings [9] beginnt und<br />
seine Wie<strong>der</strong>belebung durch die Realtraumatisierung<br />
erfährt. [2] Diese archaische und<br />
traumatische sogenannte frei flottierende<br />
Angst – sie entspricht aufgrund ihrer<br />
„Wurzeln“ mehr einer Grund- denn einer<br />
konkreten Erwartungsangst – wird „automatisch“<br />
als innerseelische Abwehr gegen<br />
unbewusst erwartete Bedrohungen (im<br />
Rahmen von Beziehungen) aufgebaut. Sie<br />
äußert sich oft „getarnt“ sowohl auf <strong>der</strong><br />
deskriptiven wie <strong>der</strong> strukturellen Ebene. [4]<br />
* Erstmalig wurde jetzt eine umfassende Darstellung des Themenkomplexes publiziert:<br />
Dulz B, Benecke C, Richter-Appelt H (Hrsg.) (2009). Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität. Stuttgart: Schattauer.
Deskriptive Ebene<br />
Strukturelle Ebene<br />
Hoffmann [5] betont insbeson<strong>der</strong>e folgende<br />
Ängste bei Bor<strong>der</strong>line-Patienten:<br />
■ Angst vor Überwältigung durch konflikthafte<br />
Impulse und Vorstellungen<br />
■ Angst vor struktureller Regression<br />
■ Angst vor dem Alleinsein<br />
■ Angst vor Selbstverlust<br />
■ Ängste vor dem fantasierten Verschlungenwerden<br />
Zudem ist die Angst vor Nähe und im<br />
Zusammenhang damit vor Verlassenwerden<br />
zu beachten.<br />
Mechanismus zur Reduzierung<br />
<strong>der</strong> frei flottierenden, diffusen Angst<br />
bei Bor<strong>der</strong>line-Patienten<br />
Die zahlreichen möglichen Symptome wie<br />
Phobien, Zwänge, Drogenabusus, aber<br />
eben auch Sexualität dienen dem „konstruktiven“<br />
Umgang mit <strong>der</strong> unfassbaren<br />
frei flottierenden Angst, indem diese Angst<br />
<strong>aus</strong>gerichtet wird (z. B. Phobie, Paranoia),<br />
versucht wird zu kontrollieren (Zwänge)<br />
o<strong>der</strong> auch abgespalten und so unspürbar<br />
wird (Dissoziationen, Drogen). [3,4] Auch die<br />
Frei<br />
flottierende<br />
Angst<br />
Spaltung<br />
Projektive Identifizierung + primitive Idealisierung<br />
+ Verleugnung + Omnipotenz/Entwertung<br />
Hilfsmechanismen <strong>der</strong> Spaltung<br />
Abwehrmechanismen ermöglichen eine<br />
Angstreduzierung: durch Gestaltung von<br />
Beziehungen im Sinne einer „Sortierung“<br />
zur besseren „Verortung“ <strong>der</strong> Bezugspersonen<br />
– etwa über Idealisierung und Entwertung<br />
o<strong>der</strong> auch Spaltung in „gut“ und<br />
„böse“ – o<strong>der</strong> auch im Sinne einer Destruktion<br />
von Beziehungen zur Vermeidung<br />
<strong>der</strong> mit Beziehungen verbundenen Verlust -<br />
ängste.<br />
Letztlich geht es also um die Reduzierung<br />
<strong>der</strong> diffusen Angst durch Ausrichtung o<strong>der</strong><br />
Eliminierung von Angst im Sinne einer<br />
Pseudolösung – entsprechend <strong>der</strong> Wahlfreiheit<br />
zwischen Skylla und Charybdis.<br />
Auch die Sexualität dient dazu, Angst nicht<br />
zu spüren, zu reduzieren o<strong>der</strong> zu vermeiden<br />
(Vermeidung emotionaler Nähe durch<br />
Handlungen mit Pseudonähe). Zudem<br />
kann sie mit Ersetzen <strong>der</strong> diffusen Angst<br />
durch eine gerichtete vermin<strong>der</strong>t werden –<br />
etwa vergleichbar mit dem abrupten Be -<br />
enden einer schizophrenen Symptomatik<br />
angesichts eines Beschusses. [1]<br />
Psychiatrie und Psychotherapie<br />
Abb. 1: Angstreduzierung auf <strong>der</strong> deskriptiven<br />
(Symptome) und strukturellen (Beziehungen) Ebene.<br />
Aus: Dulz B (2009). Sexualität und frei flottierende<br />
Angst. In: Dulz B, Benecke C, Richter-Appelt H (Hrsg.).<br />
Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität.<br />
Ätiologie, Störungsbild und Therapie. Schattauer,<br />
Stuttgart – New York<br />
Frau A. und Herr B., Patienten auf <strong>der</strong> Bor<strong>der</strong> -<br />
line-Station, begannen eine Liebesbeziehung. Im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Einzeltherapien erfuhren wir, dass<br />
Sexualität einschließlich Penetration (<strong>für</strong> beide)<br />
nur möglich war, wenn er sie dabei würgte.<br />
Natürlich hätten sie hinterher immer wie<strong>der</strong><br />
sich selbst gesagt, dass Gott sei Dank nichts passiert<br />
sei, aber ohne die Eliminierung <strong>der</strong> Angst<br />
vor Nähe durch Schaffung einer gerichteten und<br />
klar „steuerbaren“ Angst könnten sie nun einmal<br />
nicht miteinan<strong>der</strong> schlafen. Einerseits be<strong>für</strong>chteten<br />
auch wir, dass diese Praktik zum Tode führen<br />
könnte o<strong>der</strong> aber jedenfalls zu ernsten Verletzungen.<br />
An<strong>der</strong>erseits hatten wir als Intervention nur<br />
die Möglichkeit, in <strong>der</strong> Therapie die Problematik<br />
(Nähe bei Sexualität, Angst davor, Vermeidung<br />
durch Gewalt) zu bearbeiten. Schließlich gelang<br />
bei beiden Patienten eine Stabilisierung in einem<br />
Ausmaß, die es ihnen ermöglichte, ohne dieses<br />
Ausmaß an Gewalt miteinan<strong>der</strong> zu verkehren.<br />
Das vielleicht Schwierigste daran war die Herstellung<br />
einer Atmosphäre in <strong>der</strong> Therapie, die<br />
die Bearbeitung des Themas ermöglichte. Moralische<br />
Vorhaltungen, Vorträge über körperliche<br />
Folgen von Würgen o<strong>der</strong> Verbotsversuche hätten<br />
das Risiko eines ernsten Zwischenfalls nur<br />
erhöht, denn es hätte dazu geführt, dass wir<br />
womöglich nie von dem Sexualverhalten erfah-<br />
713
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
ren hätten o<strong>der</strong> es nicht hätte bearbeitet werden<br />
können, weil beide Patienten sich verschlossen<br />
o<strong>der</strong> gar die Behandlung abgebrochen hätten.<br />
Beide Patienten waren zu dem geschil<strong>der</strong>ten<br />
Zeitpunkt symbiotisch verschmolzen, um nach<br />
ihrer Trennung – die noch während <strong>der</strong> stationären<br />
Therapie erfolgte – umso heftiger die jeweils<br />
an<strong>der</strong>e Person zu entwerten.<br />
Bei Frau A. und Herrn B. führte das ge -<br />
fähr liche Würgen (neben einer Asphyxie<br />
bei Frau A.) einerseits zu einer Angst vor<br />
einem Zwischenfall, an<strong>der</strong>erseits aber auch<br />
zu einer Pseudosicherheit aufgrund <strong>der</strong><br />
gemeinsam gelebten „Devianz“ bei massiver<br />
Angst vor Partnerverlust (Bindung des<br />
Partners durch unbedingtes Eingehen auf<br />
seine Bedürfnisse). Daneben spielte auch<br />
die Angstreduktion durch Agieren bei<strong>der</strong><br />
Patienten eine deutliche Rolle.<br />
„Ich (L. M.) nahm schon seit einigen Jahren<br />
Drogen, doch es wurde schlimmer. Ich hatte viele<br />
Black outs. Auch in meinem Job verhielt ich mich<br />
immer risikoreicher. Hier galt natürlich Safer<br />
Sex, aber wenn einer nicht wollte o<strong>der</strong> ich einen<br />
überrumpeln konnte, tat ich es auch. Ich wusste<br />
genau, dass sie es, wenn sie es mit mir ohne<br />
Gummi machen, dann auch woan<strong>der</strong>s tun, und<br />
wer kann schon <strong>für</strong> gesundheitliche Sicherheit<br />
garantieren? Aber das war ja gerade das Spiel<br />
mit dem Feuer. AIDS, Hepatitis, Schwangerschaft<br />
und Sonstiges … irgendwie faszinierte<br />
mich das Risiko. Heute würde ich sagen, es war<br />
verkappte Todessehnsucht, gen<strong>aus</strong>o wie die Risiken,<br />
die ich bezüglich <strong>der</strong> Örtlichkeiten einging.<br />
Ich fuhr oft mit dem Auto mit zu den Freiern<br />
nach H<strong>aus</strong>e, ich ging mit mehreren auf einmal<br />
ins Hotel o<strong>der</strong> zu ihnen, ich ließ mich zu Männerpartys<br />
mitnehmen, blieb über Nacht … Ich<br />
for<strong>der</strong>te das Schicksal her<strong>aus</strong>, sicherte mich nie<br />
ab. Oft bekam ich dann auch die Rechnung<br />
da<strong>für</strong> serviert: Ich wurde zusammengeschlagen,<br />
<strong>aus</strong>gesetzt, gruppenweise genommen. Viele Vorfälle<br />
wären wohl unter Vergewaltigung gefallen,<br />
aber ich wollte sie ja, ich suchte doch den<br />
Schmerz, die Unterdrückung und Erniedrigung.<br />
Es war wie ein Kampf o<strong>der</strong> Wettlauf gegen meinen<br />
Schatten. Ich war zwar immer stärker, o<strong>der</strong><br />
stark genug, es durchzustehen, aber Sieger war<br />
ich auch nicht …<br />
Bald war alles vermischt, mein ganzes Leben<br />
drehte sich um Sex: Sex <strong>für</strong> Geld mit Kunden,<br />
anschließend Sex auf Partys und in Clubs <strong>für</strong><br />
den Sinnestaumel, Sex, um mich gut zu fühlen,<br />
714<br />
Sex, um mich schlecht zu fühlen und zu bestrafen,<br />
Sex mit Fremden, um Frust abzubauen, Sex<br />
mit Freunden und in Beziehungen, um mich<br />
geborgen zu fühlen, Sex, um mich darzustellen,<br />
Sex, um mich zu finden, Sex, um mich zu verlieren<br />
… Alles wurde extremer, es gab bald keine<br />
Grenzen mehr. Ich gewöhnte mich an das Ungewöhnliche,<br />
also musste wie<strong>der</strong> ein höherer Reiz<br />
her. Ich wurde absolut exhibitionistisch. Parks,<br />
H<strong>aus</strong>eingänge, Bürgersteige, Toiletten, Kirchen,<br />
Kino, Mitbewohner, Nachbarn. Ich war bekannt.<br />
Nicht, weil man mich kannte, son<strong>der</strong>n weil man<br />
mich irgendwo mit irgendwem gesehen hatte.<br />
Ich ging regelmäßig in Swinger-Clubs und auf<br />
Gang-Bang-Partys, später dann auch zu solchen,<br />
wo klar war, dass HIV-Infizierte dabei sind und<br />
es <strong>aus</strong>drücklich nur ungeschützten Verkehr gab,<br />
eine weitere Steigerung.“<br />
Den eigenen Zustand konnte die Patientin erst<br />
in <strong>der</strong> Therapie erkennen, und dieser Zustand<br />
war es, den sie mit wirklich allen Mitteln zu<br />
vermeiden versucht hatte: „Ich war so bedürftig,<br />
doch das konnte und wollte ich mir nicht eingestehen,<br />
das hätte geheißen, dass ich schwach<br />
wäre. Ich konnte diese Feelings in mir nicht <strong>aus</strong>halten.“<br />
Es geht also insbeson<strong>der</strong>e um die Vermeidung<br />
von Schwäche, denn die stand in Verbindung<br />
mit einem Verlorensein, mit Angst vor<br />
Verletzung.<br />
Frau L. M. reduzierte Ängste durch massiven<br />
Drogenkonsum. Die intensiven sexuellen<br />
Reize, die „chronischen Kicks“, verhin<strong>der</strong>ten<br />
zusätzlich, dass sie sich und ihre<br />
Ängste spüren konnte. Später gab sie an,<br />
dass es auch um das Vermeiden von<br />
Schwäche gegangen sei – Schwäche war es<br />
gewesen, auf die sie es zurückgeführt<br />
hatte, als Heranwachsende sexuell missbraucht<br />
worden sein zu können.<br />
Frau C. befand sich zur Beziehungszentrierten<br />
Psychodynamischen Psychotherapie in unserer<br />
<strong>Klinik</strong>, wobei das H<strong>aus</strong> <strong>der</strong> „Bor<strong>der</strong>line-Station“<br />
damals direkt neben dem Gebäude <strong>der</strong> Forensik<br />
lag. Sie erfuhr rasch, dass <strong>der</strong> sogenannte Heidemör<strong>der</strong><br />
<strong>aus</strong>gebrochen war und begab sich in das<br />
angrenzende Wäldchen in <strong>der</strong> Erwartung und<br />
„entlastenden Hoffnung“, diesem zu begegnen,<br />
damit er mit ihr mache, was er mit den an<strong>der</strong>en<br />
Frauen gemacht hatte. Sie verspürte dabei nicht<br />
nur keine Angst, son<strong>der</strong>n Entlastung und etwas<br />
„Ähnliches wie Lust“. Der Heidemör<strong>der</strong> hatte<br />
drei Frauen vergewaltigt, gequält und zerstückelt.<br />
Das Bedürfnis nach Strafe durch den Tod<br />
bei <strong>der</strong> chronischen Empfindung, selbst<br />
unwert zu sein, ersetzte die Angst „vor<br />
dem Leben an sich“, also einer diffusen,<br />
„frei flottierenden“ Angst.<br />
Kontaktaufnahme über E-Mail ist heute<br />
üblich und kommt massenweise vor. Oft<br />
geht es primär um Sexualität und auffällig<br />
häufig um sadomasochistische Fantasien.<br />
Diese werden durch<strong>aus</strong> nicht selten auch<br />
<strong>aus</strong>gelebt, teilweise mit befriedigen<strong>der</strong><br />
Sexualität (nicht alles ist Störung, son<strong>der</strong>n<br />
manchmal Spiel), teilweise mit dramatischen<br />
Folgen, <strong>der</strong>en extremste Variante<br />
wohl die „einvernehmliche“ Tötung und<br />
Verspeisung des „Sexual“-Partners war –<br />
so <strong>der</strong> „Kannibale von Rotenburg“, <strong>der</strong><br />
angegeben hat, B. habe in das Abtrennen<br />
des äußeren Teiles seines Penis und seine<br />
darauf folgende Tötung eingewilligt. Die<br />
Vorgänge wurden teils filmisch dokumentiert.<br />
Nicht selten lassen sich Patienten retraumatisieren<br />
und führen diese Situationen<br />
auch aktiv herbei (z.B. geplantes Aufsuchen<br />
des früheren Missbrauchers): Sie suchen<br />
eine bekannte Situation, die ihnen weniger<br />
Angst bereitet als ein neuer Weg mit unbekannten<br />
Beziehungssituationen.<br />
Die Amygdala, die mit negativen Emotionen<br />
wie Furcht in Zusammenhang gebracht<br />
wird, verliert bei positiven Emotionen wie<br />
Verliebtheit an Aktivität. [8] Langfristige Be -<br />
ziehungen sind aufgrund <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Dauer<br />
verbundenen Gewöhnung weniger „beruhigend“,<br />
daher <strong>der</strong> „Anreiz“ zu neuen und<br />
damit wie<strong>der</strong> emotional hoch aufgeladenen<br />
Beziehungen. Die Amygdala wird bei sexu -<br />
eller Stimulation und Ejakulation deaktiviert,<br />
die also <strong>der</strong> Angst entgegenwirken<br />
dürften. Auch auf neurobiologischer Ebene<br />
besteht also ein Zusammenhang zwischen<br />
Angst und Sexualität.<br />
Reduktion <strong>der</strong> Angst als Therapieziel<br />
In <strong>der</strong> Therapiesitzung und auf <strong>der</strong> Therapiestation<br />
muss eine angstfreie Atmosphäre<br />
vorherrschen, auch was das Berichten<br />
„peinlicher“ Vorgänge und Fantasien<br />
betrifft. Tabuisieren und Moralisieren verhin<strong>der</strong>t<br />
die Bearbeitung sexueller Proble-
me. Gerade gute Erfahrungen mit den Therapeuten<br />
führen zu guten Möglichkeiten,<br />
im „privaten“ Rahmen Beziehungen zu<br />
erproben.<br />
Das Entscheidende an unserer Arbeit ist<br />
also, eine beson<strong>der</strong>e und spezifische<br />
Atmos phäre herzustellen und aufrechtzuerhalten,<br />
die eine verän<strong>der</strong>nde und heilende<br />
Kraft hat. Winnicott [9] ging davon<br />
<strong>aus</strong>, dass eine „Haltende Funktion“ un -<br />
abdingbar zum Entwickeln einer „reifen“<br />
Beziehungsfähigkeit ist. Dementsprechend<br />
nannte er die nötige Umgebung eine „haltende“.<br />
Auf das Entstehen einer solchen<br />
haltenden Umgebung kommt es uns be -<br />
son<strong>der</strong>s an.<br />
Letztlich werden alle Beziehungserfahrungen<br />
in den neuronalen Netzwerken abgespeichert<br />
und lassen sich we<strong>der</strong> durch<br />
Medikamente noch durch Psychotherapie<br />
eliminieren. Somit erachte ich es als zentral,<br />
in <strong>der</strong> Therapie möglichst viele „gute“<br />
(auch begrenzende) Beziehungserfahrungen<br />
zu machen, damit die „alten“ Erfahrungen<br />
durch die neuen mehr o<strong>der</strong> weniger neutralisiert<br />
werden.<br />
Für den Patienten bedeutet das vor allem:<br />
Angenommenwerden, <strong>aus</strong>reichende Angstfreiheit<br />
und Beziehungssicherheit. Für das<br />
Behandlungsteam bedeutet es vor allem,<br />
sich immer wie<strong>der</strong> auf neue Menschen und<br />
ihr schwieriges Beziehungsverhalten, das<br />
ja auch ein Beziehungsangebot beinhaltet,<br />
individuell und flexibel einzulassen.<br />
Hierzu gehört allerdings ein schwieriges<br />
therapeutisches „Kunststück“: die Unterscheidung<br />
zwischen <strong>der</strong> Angst des Patienten<br />
bezüglich Sexualität und <strong>der</strong> Angst des<br />
Therapeuten bezüglich <strong>der</strong> Sexualität des<br />
Patienten und <strong>der</strong> eigenen Person. Kernberg<br />
[6] beschreibt die projektive Identifizierung<br />
prägnant: „Das Subjekt projiziert<br />
unerträgliche intrapsychische Erlebnisse<br />
auf ein Objekt, verbleibt in Einfühlung mit<br />
dem, was es projiziert, versucht im ständigen<br />
Bemühen, das unerträgliche Erlebnis<br />
abzuwehren, das Objekt zu kontrollieren<br />
und bringt das Objekt in einer echten Interaktion<br />
unbewusst dazu, das auf ihn Projizierte<br />
tatsächlich zu erleben.“ Soll die<br />
Therapie auch bezüglich <strong>der</strong> sexuellen<br />
Störungen des Patienten gelingen, muss<br />
<strong>der</strong> Therapeut also seine Gefühle daraufhin<br />
prüfen, ob sie <strong>aus</strong> ihm selbst her<strong>aus</strong><br />
entstanden sind o<strong>der</strong> ihm per projektiver<br />
Identifizierung vom Patienten „untergeschoben“<br />
wurden. Das allerdings bezieht<br />
sich nicht nur auf Gefühle bezüglich Sexualität,<br />
son<strong>der</strong>n auf alle Gefühle – von denen<br />
uns die bezüglich Sexualität oft beson<strong>der</strong>s<br />
suspekt sind, was dann fast zwangsläufig<br />
Kontakt<br />
Dr. Birger Dulz<br />
Psychiatrie und Psychotherapie<br />
zur Nichtbearbeitung <strong>der</strong> Sexualität unserer<br />
Patienten o<strong>der</strong> zur Vermittlung eigener<br />
Moralvorstellungen führt. Das müssen<br />
jedoch nicht die unserer Patienten sein …<br />
und somit gliche <strong>der</strong> Therapeut mehr<br />
einem Mitglied <strong>der</strong> katholischen Glaubenskongregation<br />
denn einem Psychotherapeuten.<br />
Literatur<br />
[1] Bleuler M (1983). Lehrbuch <strong>der</strong> Psychiatrie. 15. Auflage.<br />
Berlin, Heidelberg, New York: Springer: 461.<br />
[2] Dulz B (1999). Wut o<strong>der</strong> Angst – welcher Affekt ist bei<br />
Bor<strong>der</strong>line-Störungen <strong>der</strong> zentrale? Persönlichkeitsstörungen<br />
3: 30-5.<br />
[3] Dulz B (2000). Der Formenkreis <strong>der</strong> Bor<strong>der</strong>line-Störungen:<br />
Versuch einer deskriptiven Systematik. In: Kernberg<br />
OF, Dulz B, Sachsse U (Hrsg.) Handbuch <strong>der</strong> Bor<strong>der</strong>line-<br />
Störungen. Stuttgart, New York: Schattauer: 57-74.<br />
[4] Dulz B, Schnei<strong>der</strong> A (1995). Bor<strong>der</strong>line-Störungen.<br />
Theorie und Therapie. Stuttgart, New York: Schattauer.<br />
[5] Hoffmann SO (1998). Die Angst <strong>der</strong> Bor<strong>der</strong>line-Patienten<br />
und seine Beziehungen. Persönlichkeitsstörungen 2: 4-9.<br />
[6] Kernberg OF (1989). Projektion und projektive Identifikation.<br />
Entwicklungspsychologische und klinische Aspekte.<br />
Forum Psychoanal 5: 267-8.<br />
[7] Sack M, Sachsse U, Dulz B (2009). Störungen <strong>der</strong> Sexualität<br />
bei Patientinnen und Patienten mit komplexer Posttraumatischer<br />
Belastungsstörung. In: Dulz B, Benecke C,<br />
Richter-Appelt H (Hrsg.) Bor<strong>der</strong>line-Störungen und Sexualität.<br />
Stuttgart, New York: Schattauer: 134-7.<br />
[8] Strüber D, Roth G (2009). Liebe, Sexualität und Gehirn.<br />
In: Dulz B, Benecke C, Richter-Appelt H (Hrsg.) Bor<strong>der</strong>line-<br />
Störungen und Sexualität. Stuttgart, New York: Schattauer:<br />
31-41.<br />
[9] Winnicott DW (1974, 1993). Reifungsprozesse und<br />
för<strong>der</strong>nde Umwelt. Frankfurt/M.: Fischer: 60 f.<br />
II. Fachabteilung Psychiatrie<br />
Persönlichkeitsstörungen/Trauma<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord – Ochsenzoll<br />
Langenhorner Ch<strong>aus</strong>see 560<br />
22419 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-87 24 28<br />
Fax (0 40) 18 18-87 15 36<br />
E-Mail: b.dulz@asklepios.com<br />
715
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
Transsexualität –<br />
Was ist das und wie behandelt man es?<br />
Priv.-Doz. Dr. Jörg Schwarz<br />
Transsexualität ist eine Erkrankung, bei <strong>der</strong> sich die Betroffenen im falschen Körper wähnen und sich dem an<strong>der</strong>en<br />
Geschlecht zugehörig fühlen. Bei eindeutigem chromosomalen und gonadalen Geschlecht sind die Patienten meist<br />
bereits seit <strong>der</strong> Kindheit o<strong>der</strong> spätestens <strong>der</strong> Pubertät absolut sicher, im „falschen“ Körper geboren worden zu sein.<br />
Somit liegt bei <strong>der</strong> Transsexualität eine Störung des Geschlechtsidentitätsgefühls vor. Das Geschlechtsidentitäts -<br />
gefühl beinhaltet normalerweise Stimmigkeit <strong>der</strong> körperlichen Geschlechtsmerkmale mit dem entsprechenden<br />
Zugehörigkeitsgefühl zum weiblichen o<strong>der</strong> männlichen Geschlecht. Das heißt auch Stimmigkeit des Selbstgefühls<br />
mit <strong>der</strong> Wahrnehmung durch die Mitmenschen, dem weiblichen o<strong>der</strong> dem männlichen Geschlecht anzugehören.<br />
Transsexualität kann als leiblich-seelische Geschlechtsunterschiedlichkeit aufgefasst werden. Das Geschlechts -<br />
identitätsgefühl passt nicht zu den körperlichen Geschlechtsmerkmalen. Transsexualität gibt es bei beiden<br />
Geschlechtern, wobei immer das Zielgeschlecht angegeben wird. Das bedeutet, dass ein transsexueller Mann<br />
chromosomal weiblich und eine transsexuelle Frau chromosomal männlich ist.<br />
Prävalenz<br />
In den Nie<strong>der</strong>landen beträgt die Prävalenz<br />
<strong>der</strong> Transsexualität bei Männern 1:11.900<br />
und bei Frauen 1:30.400. Die Zahlen unterscheiden<br />
sich in verschiedenen Län<strong>der</strong>n.<br />
So ist die Prävalenz in Belgien und Neuseeland<br />
niedriger als in Singapur. [1] Die<br />
Relation von 3:1 zwischen Männern und<br />
Frauen findet sich in vielen, aber nicht<br />
allen Län<strong>der</strong>n. Bis jetzt gibt es jedoch keine<br />
<strong>aus</strong>reichende Erklärung <strong>für</strong> die unterschied -<br />
liche Prävalenz zwischen den Geschlechtern<br />
und zum Teil auch zwischen verschiedenen<br />
Län<strong>der</strong>n.<br />
Ätiologie<br />
Hinweise auf transsexuelle Menschen finden<br />
sich schon im Altertum bei Herodt und<br />
ubiquitär in vielen Kulturen und Gesellschaften,<br />
bei Indianern und Asiaten ebenso<br />
wie im Abendland. [2] Der Begriff des Transsexualismus<br />
entstand erst im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />
Auf Harry Benjamin (1953) ist die<br />
Abgrenzung zum Transvestitismus zurück-<br />
716<br />
zuführen. Er begründete mit seinem Buch<br />
„The transsexual phenomenon“ (1966) das<br />
Verständnis <strong>der</strong> Transsexualität als nosologische<br />
Entität und behandlungswürdige<br />
Krankheit. Wurde die Transsexualität lange<br />
Zeit als rein psychologisches Phänomen<br />
gesehen, so weiß man heute, dass <strong>der</strong><br />
Transsexualität organische Verän<strong>der</strong>ungen<br />
im ZNS zugrunde liegen. Untersuchungen<br />
an Gehirnen verstorbener transsexueller<br />
Frauen (Mann zu Frau) zeigten typisch<br />
weibliche Strukturen in einem bestimmten<br />
Areal im Bereich <strong>der</strong> Stria terminalis. [3]<br />
Eine weitere Studie fand bei transsexuellen<br />
Frauen Polymorphismen des Androgen -<br />
rezeptors. [4] Diese Ergebnisse führten zu<br />
dem Konzept, dass es sich bei <strong>der</strong> Trans -<br />
sexualität um eine intersexuelle Erkrankung<br />
handelt, bei <strong>der</strong> die sexuelle Differenzierung<br />
des Gehirns nicht mit dem chromosomalen<br />
und gonadalen Geschlecht übereinstimmt.<br />
Die in <strong>der</strong> Kindheit gefestigte Geschlechts -<br />
identität ist irreversibel. Eine psychotherapeutische<br />
Anpassung an das morphologische<br />
Körperbild ist bei echten Transsexuellen<br />
nicht möglich und mit unabsehbaren Folgen<br />
<strong>für</strong> die Patienten verbunden. Die Patienten<br />
leiden zum Teil erheblich unter ihrer Transsexualität.<br />
Ein häufiges Phänomen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
bei transsexuellen Männern, sind<br />
Ritzverletzungen an den Armen. Dieses<br />
Verhalten muss unbedingt von Patienten<br />
mit einer Bor<strong>der</strong>line-Störung abgegrenzt<br />
werden. Weitere Differenzialdiagnosen<br />
betreffen alle geschlechtsdysphorischen<br />
Zustände vorübergehen<strong>der</strong> Art, zum Beispiel<br />
in Adoleszentenkrisen, Fetischistischen<br />
Transvestitismus, Dissoziative Störungen<br />
(„Multiple Persönlichkeiten“),<br />
schwere Identitätsstörungen auf Bor<strong>der</strong>line-<br />
Niveau und psychotische Verkennung <strong>der</strong><br />
Geschlechtsidentität.<br />
Nach Preuss gibt es verschiedene Anpassungsstrategien:<br />
Verheimlichung (Schamund<br />
Schuldgefühle), Perfektionierung des<br />
heimlichen Cross-Dressings, sozialen Rückzug<br />
(Einzelgängertum, soziophobische<br />
Ängste), Rückzug in eine hypertrophierende<br />
Fantasiewelt, Manipulationen bis zu<br />
Selbstverletzungen an den Genitalien, Auf-
Abb. 1: Mastektomie mit freier Brustwarzentransplantation bei einem transsexuellen Patienten<br />
1. Genaue Diagnosestellung <strong>der</strong> individuellen Geschlechtsidentitätsstörung<br />
2. Diagnostik an<strong>der</strong>er psychiatrischer Begleiterkrankungen und Veranlassung einer adäquaten Behandlung<br />
3. Beratung über alle Behandlungsoptionen und ihre Konsequenzen<br />
4. Ernsthafte Bemühung um Psychotherapie – „to engage in psychotherapy“<br />
5. Überprüfung <strong>der</strong> Vor<strong>aus</strong>setzungen <strong>für</strong> die Indikation somatischer Behandlungsschritte<br />
6. Verbindliche Überweisungen an medizinische Kollegen und Operateure mit begründeter Indikation<br />
7. Dokumentation <strong>der</strong> Vorgeschichte des Patienten im Arztbrief (Indikationsschreiben)<br />
8. Mitarbeit in einem professionellen Team, das sich mit Geschlechtsidentitätsstörungen befasst<br />
9. Beratung und Aufklärung von Angehörigen, Arbeitgebern und Institutionen<br />
10. Bereitschaft <strong>für</strong> behandelte Patienten später zur Verfügung zu stehen, unter Umständen lebenslang<br />
Tab. 1: Die zehn Aufgaben des „Gen<strong>der</strong>-Spezialisten“ (nach Dr. Wilhelm F. Preuss)<br />
gabe <strong>der</strong> Körperbesetzung, körperliche<br />
Vernachlässigung, Verleugnung, Erlernen<br />
und „Spielen“ <strong>der</strong> nicht passenden Ge -<br />
schlechtsrolle, Hoffnung auf „Selbstheilung“<br />
durch entsprechende Berufswahl, Eheschließung,<br />
Familiengründung etc. sowie<br />
Überkompensationen wie Machogehabe<br />
bei männlichen Transsexuellen.<br />
Die Diagnose des Transsexualismus muss<br />
durch einen Psychiater, am besten einen so<br />
genannten „Gen<strong>der</strong>-Spezialisten“, gutachterlich<br />
gesichert werden (Tab. 1). Die Be -<br />
treuung <strong>der</strong> Patienten dauert mindestens<br />
ein Jahr. Am Ende des gutachterlichen Verfahrens<br />
wird die totale und irreversible<br />
transponierte Geschlechtsidentität als Indikation<br />
zur hormonellen und chirurgischen<br />
Angleichung bestätigt.<br />
Therapie<br />
Die Therapie bei Transsexualität besteht<br />
unabhängig vom Geschlecht in drei Maßnahmen:<br />
1. Alltagstest (Real-life-Test): Im Alltags -<br />
test lebt <strong>der</strong> Patient während <strong>der</strong> mindestens<br />
einjährigen gutachterlichen Betreuung<br />
durch einen Psychiater einen Rollenwechsel,<br />
während dessen er sich auch seiner<br />
Umwelt „outet“.<br />
2. Hormonbehandlung: Vor<strong>aus</strong>setzung <strong>für</strong><br />
den Beginn einer Hormonbehandlung ist<br />
ein psychiatrisches Gutachten, das die<br />
Transsexualität bestätigt, da durch die<br />
Hormonbehandlung bereits irreversible<br />
Verän<strong>der</strong>ungen hervorgerufen werden,<br />
zum Beispiel eine tiefere Stimme bei transsexuellen<br />
Männern nach Testosteronbehandlung.<br />
Die Hormonbehandlung transsexueller<br />
Männer besteht in <strong>der</strong> Gabe von<br />
Testosteronpräparaten, zum Beispiel<br />
250 mg Testoviron-Depot i. m. alle zwei bis<br />
drei Wochen. Eine schnellere Vermännli-<br />
Gynäkologie<br />
1. Stufe Diagnostik<br />
2. Stufe Behandlung während <strong>der</strong> Alltagserfahrung/Psychotherapie<br />
Vornamensän<strong>der</strong>ung nach § 1 TSG<br />
3. Stufe Hormonbehandlung nach<br />
Alltagserfahrung über mind. 1½ Jahre<br />
4. Stufe geschlechtsangleichende Operation<br />
5. Stufe Nachbehandlung/Weiterbetreuung<br />
Personenstandsän<strong>der</strong>ung nach § 8 TSG<br />
Tab. 2: Behandlungsstufen <strong>für</strong> transsexuelle Patienten<br />
chung wird durch höhere Dosen nicht<br />
erreicht, da die Wirkung durch die Anzahl<br />
<strong>der</strong> Androgenrezeptoren bestimmt wird.<br />
Höhere Dosen belasten lediglich die Leber.<br />
Ziel <strong>der</strong> Androgenbehandlung ist das<br />
Erreichen einer männlichen Haarverteilung,<br />
Zunahme <strong>der</strong> Muskelmasse, Stimmbruch<br />
und Amenorrhoe. Häufige unerwünschte<br />
Nebenwirkungen sind eine <strong>aus</strong>geprägte<br />
Akne und eine Steigerung <strong>der</strong> Libido. Die<br />
Verweiblichung transsexueller Frauen lässt<br />
sich durch Ethinylöstradiol-Injektionen<br />
(z. B. 20 mg Ethinylöstradiol i. m.) in zweiwöchentlichen<br />
Abständen, orale tägliche<br />
Östrogentherapie o<strong>der</strong> ein trans<strong>der</strong>males<br />
System (z. B. Estra<strong>der</strong>m ® TTS100) erreichen.<br />
Die höchste Compliance zeigt die halbjährliche<br />
Implantation eines Östrogenstylus<br />
unter die Haut (Östradiol implant ® 75 mg).<br />
Zur Reduktion <strong>der</strong> männlichen Behaarung<br />
wird Cyproteronacetat (z. B. Androcur ® )<br />
angewendet. Ziel <strong>der</strong> Therapie ist das<br />
Erreichen einer weiblichen Fettverteilung,<br />
einer weichen Haut, einer Gynäkomastie,<br />
einer Hodenathrophie und eines Potenzverlustes<br />
(Erektion/Ejakulation).<br />
717
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
Abb. 2: Brustaufbau bei einer transsexuellen Patientin mit Silikonprothesen<br />
3. Operative Therapie: Die operative Therapie<br />
sollte frühestens sechs Monate nach<br />
Beginn <strong>der</strong> Hormontherapie erfolgen.<br />
Vor<strong>aus</strong>setzungen sind zwei psychiatrische<br />
Gutachten und die Kostenübernahme<br />
durch die Krankenkasse. Aus unserer Sicht<br />
ist in dieser beson<strong>der</strong>en Situation <strong>der</strong> Operateur<br />
lediglich <strong>aus</strong>führen<strong>der</strong> Dienstleister.<br />
Die Indikation zur Operation stellt <strong>der</strong><br />
Psychiater, indem er die Transsexualität<br />
diagnostiziert. Neben <strong>der</strong> Konstruktion des<br />
Zielgeschlechtes dient die Operation auch<br />
<strong>der</strong> sicheren und irreversiblen Sterilisation,<br />
die Vor<strong>aus</strong>setzung <strong>für</strong> die Personenstands -<br />
än<strong>der</strong>ung ist. Die Operation transsexueller<br />
Männer beinhaltet die Entfernung des Uterus<br />
und/o<strong>der</strong> bei<strong>der</strong> Adnexe, des Drüsenkörpers<br />
und die Formung eines männlichen<br />
Oberkörpers. Die genitale Geschlechtsangleichung<br />
ist möglich (Tab. 2), wird aber<br />
aufgrund ihrer Komplexität und <strong>der</strong> möglichen<br />
Komplikationen nur von einem Teil<br />
<strong>der</strong> Patienten angestrebt. Die Operation<br />
transsexueller Frauen besteht <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Entfernung<br />
von Penis und Testes, <strong>der</strong> Konstruktion<br />
einer Neovagina <strong>aus</strong> Penishaut<br />
o<strong>der</strong> Darm, dem Aufbau weiblicher Brüste<br />
durch Implantation von Silikonprothesen<br />
und <strong>der</strong> Epilation.<br />
718<br />
Operative Therapie in <strong>der</strong><br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord – Heidberg<br />
Wir bieten vor allem die operative Therapie<br />
bei transsexuellen Männern an. Im<br />
<strong>aus</strong>führlichen Beratungsgespräch werden<br />
zusammen mit dem Patienten die Art und<br />
<strong>der</strong> zeitliche Ablauf <strong>der</strong> Therapie festgelegt.<br />
Die Entfernung von Uterus und<br />
Adnexe erfolgt minimal-invasiv (z. B. totale<br />
laparoskopische Hysterektomie) o<strong>der</strong> über<br />
eine Minilaparotomie oberhalb <strong>der</strong> Symphyse.<br />
Der Vorteil hierbei ist das Vermeiden<br />
jeglicher vaginaler Manipulation.<br />
Die Entfernung <strong>der</strong> Brustdrüse erfolgt bei<br />
größerer Brust im Sinne einer Mastektomie<br />
mit freier Brustwarzentransplantation<br />
(Abb. 1), wobei aufgrund <strong>der</strong> Schnitttechnik<br />
ein männlicher Oberkörper mit Darstellung<br />
des lateralen Randes des Musculus<br />
pectoralis major angestrebt wird. Bei<br />
kleiner Brust werden auch Operationstechniken<br />
mit nur kleinen Narben um die<br />
Brustwarze angewendet. Den Patienten<br />
wird eine si multane Operation von Brust<br />
und Unterleib angeboten, sodass nur ein<br />
Krankenh<strong>aus</strong>aufenthalt notwendig ist.<br />
Bei transsexuellen Frauen bieten wir den<br />
Brustaufbau durch Implantation von Silikonprothesen<br />
an. Dabei ist es vor allem<br />
wichtig, eine neue Submammärfalte zu<br />
rekonstruieren, um eine natürliche Brustform<br />
zu erzielen (Abb. 2). Alle Patienten<br />
werden in Einzelzimmern untergebracht.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Erfahrung des pflegerischen<br />
und ärztlichen Personals mit transsexuellen<br />
Patienten ist ein sehr freundlicher und<br />
respektvoller Umgang selbstverständlich.<br />
Literatur<br />
[1] Van Kestern PJ, Gooren LJ, Megens JA. An epidemiological<br />
and demographic study of transsexuals in the Netherlands.<br />
Arch Sex Behav 1996; 25: 589.<br />
[2] Eicher W, Transsexualismus: Möglichkeiten und Grenzen<br />
<strong>der</strong> Geschlechtsumwandlung, 2. Auflage Stuttgart,<br />
New York: Fischer.<br />
[3] Zhou JN, Hofman MA, Gooren LJ, Swaab DF. A sex<br />
difference in the human brain and it’s relation to trans -<br />
sexuallity. Nature 1195; 378: 68.<br />
[4] Hare L, Bernard P, Sanchez FJ, et al. Androgen receptor<br />
repeat length polymorphism associated with male-tofemale<br />
transsexualism. Biol Psychiatry 2008: 20-4.<br />
Kontakt<br />
Priv.-Doz. Dr. Jörg Schwarz<br />
<strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Gynäkologie, Onkologie und<br />
Brustzentrum<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord – Heidberg<br />
Tangstedter Landstraße 400<br />
22417 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-87 31 26<br />
Fax (0 40) 18 18-87 31 27<br />
E-Mail: joe.schwarz@asklepios.com
Der zervikale Bandscheibenvorfall<br />
Prof. Dr. Uwe Kehler<br />
Neurochirurgie<br />
Nackenschmerzen mit Ausstrahlung in den Hinterkopf und die Schulter-Arm-Region sind ein weitverbreitetes<br />
Problem. Ursächlich sind häufig degenerative Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Halswirbelsäule. Bandscheibenvorfälle verursachen<br />
dabei meist akute Wurzelreiz- und/o<strong>der</strong> Wurzel<strong>aus</strong>fallsyndrome, während chronische Beschwerden meist durch<br />
degenerativ-knöcherne Verän<strong>der</strong>ungen hervorgerufen werden. Zwar sind zervikale Bandscheibenvorfälle seltener<br />
als lumbale, die potenzielle Bedrohung ist jedoch durch die Nähe zum Rückenmark deutlich größer.<br />
Anamneseerhebung, genaue klinisch/neurologische Untersuchung, die bildgebende Diagnostik sowie differenzialdiagnostische<br />
Abwägungen stellen die Weichen <strong>für</strong> konservative o<strong>der</strong> operative Maßnahmen. Diese sind deutlich<br />
erfolgreicher als gemeinhin angenommen.<br />
Pathogenese<br />
Degenerationen <strong>der</strong> Bandscheiben gehen<br />
mit Dehydratation und Höhenmin<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Zwischenwirbelräume einher. Dabei<br />
können <strong>der</strong> Anulus fibrosus einreißen und<br />
Teile des Nucleous pulposus <strong>aus</strong>treten.<br />
Während dorsomediale Bandscheibenvorfälle<br />
zu Rückenmarkskompression führen<br />
können (Abb. 2), verursachen dorsolaterale<br />
Vorfälle eher Nervenwurzelkompressionen<br />
(Abb. 1).<br />
Abb. 1: NMR eines lateralen Bandscheibenvorfalles mit<br />
Nervenwurzelkompression<br />
Die Höhenmin<strong>der</strong>ung des Zwischen -<br />
wirbelraumes verursacht eine zusätzliche<br />
Belastung beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Unkovertebral -<br />
gelenke. Reaktionen sind hypertrophe<br />
Unkarthrosen und Spondylosen mit sekundären<br />
Einengungen <strong>der</strong> Wurzelkanäle<br />
und/o<strong>der</strong> des Rückenmarkkanals.<br />
Betroffen ist meist die untere Halswirbelsäule,<br />
vor allem die Höhen HW5/6 und<br />
HW6/7, seltener HW4/5 und HW7/BW1.<br />
<strong>Klinik</strong><br />
Die Beschwerden gehen häufig mit<br />
Nackenschmerzen und einer radikulären<br />
Schmerz<strong>aus</strong>strahlung einher. Bei einer Irritation<br />
<strong>der</strong> Nervenwurzel C6 findet sich<br />
typischerweise eine Schmerz<strong>aus</strong>strahlung<br />
bis in den Daumen, bei C7 bis in den<br />
Mittelfinger und bei C8 bis in den Kleinfinger.<br />
Motorische Ausfälle (Paresen) <strong>der</strong><br />
Kennmuskeln und Reflex<strong>aus</strong>fälle können<br />
hinzukommen. Die Paresen sind wegen<br />
<strong>der</strong> häufig mehrsegmentalen Innervation<br />
<strong>der</strong> einzelnen Muskeln meist nicht komplett.<br />
Bei langsam entstehenden Kompressionen<br />
des Rückenmarks kommt es zu<br />
ataktischen, spastischen Gangstörungen<br />
mit Reflexsteigerungen – <strong>der</strong> zervikalen<br />
Myelopathie. Bei akuten Rückenmarkskompressionen<br />
z. B. durch einen dorsomedianen<br />
Bandscheibenvorfall (Abb. 2) droht<br />
gar eine akute Querschnittslähmung.<br />
Diagnostik<br />
Anameseerhebung und klinisch/neuro -<br />
logische Untersuchung spielen eine bedeutende<br />
Rolle in <strong>der</strong> lokalisatorischen Eingrenzung<br />
<strong>der</strong> zu erwartenden Pathologie.<br />
Die weitere Diagnostik kann dann selektiv<br />
<strong>aus</strong>gewählt werden. Abhängig von <strong>der</strong><br />
Akuität und dem Schweregrad <strong>der</strong> Symptomatik<br />
ist auch die Dringlichkeit <strong>der</strong> weiteren<br />
Diagnostik und Therapie festzulegen.<br />
Ein akuter Querschnitt macht eine sofortige<br />
weitere Abklärung (Tag und Nacht) notwendig.<br />
Die Verdachtsdiagnose eines Bandscheibenvorfalls<br />
muss mit <strong>der</strong> Bildgebung<br />
bestätigt werden. Dabei spielen Röntgennativaufnahmen<br />
heute kaum noch eine<br />
Rolle, da sie einen Bandscheibenvorfall<br />
nicht direkt nachweisen können. Untersuchung<br />
<strong>der</strong> Wahl ist die Kernspintomografie:<br />
Sie stellt das Rückenmark, die Nervenwurzeln,<br />
die Bandscheibe und den<br />
719
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
Abb. 2: Sagittale und axiale Kernspintomografie eines medialen Bandscheibenvorfalles HW3/4 (→)<br />
mit Rückenmarkskompression – klinisch: akutes Querschnittssyndrom<br />
■ Klinische Untersuchung<br />
■ (Rö-Aufnahmen <strong>der</strong> HWS in 4 Ebenen)<br />
■ Kernspintomografie und/o<strong>der</strong><br />
Computertomografie<br />
■ Evtl. EMG, NLG<br />
■ Evtl. Funktionsaufnahmen (Röntgen o<strong>der</strong> MRT)<br />
Tab. 1: Diagnostik bei Verdacht auf zervikalen Bandscheibenvorfall<br />
■ Degenerativ-knöcherne Verän<strong>der</strong>ung (Unkarthrose,<br />
Osteochondrose, Spondylarthrose)<br />
■ Tumoren (z. B. Neurinome, Meningeome,<br />
Metastasen, Pancoasttumor)<br />
■ Schultergelenksverletzungen und -degeneration<br />
■ Entzündungen (z. B. Borreliose, Myelitis, MS)<br />
■ Spondylodiscitis<br />
■ Polyneuropathie<br />
■ Armplexusläsionen<br />
■ Thoracic outlet Syndrom<br />
■ Frakturen<br />
■ Periphere Nervenkompressionssyndrome<br />
■ Neuralgische Myatrophie<br />
■ Spondylolisthese<br />
■ …<br />
Tab. 2: Differenzialdiagnosen des zervikalen<br />
Bandscheibenvorfalles<br />
■ Therapieresistente Schmerzen<br />
■ Relevante progrediente Paresen<br />
■ Progrediente zervikale Myelopathie<br />
■ Akutes Querschnittssyndrom (absoluter Notfall)<br />
Tab. 3: Operationsindikationen<br />
720<br />
eventuellen Vorfall sowie differenzialdiagnostisch<br />
zu erwägende Pathologien (Tumoren,<br />
Frakturen, Entzündungen etc.) in<br />
großer Genauigkeit dar. Stehen die rein<br />
knöchernen Verän<strong>der</strong>ungen im Vor<strong>der</strong>grund,<br />
kann die Computertomografie sehr<br />
hilfreich sein. Sie wird auch eingesetzt,<br />
wenn Kontraindikationen gegen die Kernspintomographie<br />
(z. B. Herzschritt macher,<br />
Tiefenhirnstimulation, Kl<strong>aus</strong>trophobie etc.)<br />
bestehen. Eine zu vermutende Instabilität<br />
wird durch Funktionsaufnahmen <strong>der</strong> HWS<br />
mittels Nativröntgen o<strong>der</strong> Kernspintomografie<br />
geklärt. Natürlich ist eine differen -<br />
zialdiagnostische Abwägung (Tab. 2) notwendig.<br />
Dazu werden je nach Bedarf die<br />
Kernspintomografie, Liquoruntersuchungen<br />
und die Elektrophysiologie (EMG, NLG)<br />
eingesetzt.<br />
Therapie<br />
Die Akuität und <strong>der</strong> Schweregrad <strong>der</strong><br />
Erkrankung bestimmen die einzuschlagende<br />
Therapie: Hochgradige akute Paresen<br />
machen eine rasche operative Dekompression<br />
notwendig, während bei Schmerzen<br />
und geringgradigen neurologischen Ausfällen<br />
ein konservativer Therapieversuch<br />
unternommen werden sollte. [1]<br />
Konservative Therapie<br />
Eine Ruhigstellung <strong>der</strong> Halswirbelsäule ist<br />
nur bei akuten Schmerzsyndromen und<br />
dann auch nur kurzzeitig indiziert. Analgetika<br />
müssen <strong>aus</strong>reichend dosiert werden.<br />
Physikalische Maßnahmen unterstützen<br />
die Behandlung. Chirotherapeutische<br />
Manöver dürfen erst nach erfolgter Bildgebung<br />
erfolgen. Eine kurzzeitige hochdosierte<br />
orale Cortisonbehandlung (z. B. mit<br />
Dexamethason) über zwei bis drei Tage<br />
(unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Kontraindikationen)<br />
ist häufig schmerzlin<strong>der</strong>nd. Im Einzelfall<br />
können auch Facetteninfiltrationen<br />
und periradikuläre Injektionen helfen –<br />
beson<strong>der</strong>e Vorsicht ist hier wegen <strong>der</strong> de -<br />
saströsen Nebenwirkungen bei fehlerhaften<br />
Injektionen (Querschnittslähmung)<br />
geboten. Isometrische Übungen zur Stärkung<br />
des muskulären Korsetts <strong>der</strong> Halswirbelsäule<br />
werden häufig als angenehm<br />
empfunden und sollten über den akuten<br />
Krankheitsverlauf hin<strong>aus</strong> fortgeführt werden.<br />
Bei chronifizierten Schmerzen ist eine<br />
professionelle Schmerztherapie eventuell<br />
mit psychotherapeutischen Verfahren notwendig.<br />
Operative Therapie<br />
Zunehmende funktionell relevante Defi -<br />
zite, das heißt in <strong>der</strong> Regel höhergradige<br />
Lähmungen, machen eine rasche operative<br />
Therapie notwendig, um keine dauerhaften<br />
Behin<strong>der</strong>ungen zu riskieren. Ein sich rasch<br />
entwickelndes Querschnittsyndrom ist ein<br />
absoluter Notfall. Aber auch eine <strong>aus</strong>gereizte<br />
konservative Behandlung über viele<br />
Wochen stellt selbst bei fehlenden neurologischen<br />
Ausfällen eine Operationsindikation<br />
dar. Natürlich ist die OP-Indikation<br />
immer individuell zu stellen. Dass das<br />
morphologische Korrelat die Beschwerden<br />
eindeutig erklärt, ist <strong>für</strong> die Operations -<br />
indikation eine conditio sine qua non.<br />
Prinzipiell sind zwei Operationsverfahren<br />
zu unterscheiden:<br />
■ 1: <strong>der</strong> ventrale Zugang mit Entfernung<br />
<strong>der</strong> Bandscheibe (Diskektomie), neuraler<br />
Dekompression und Fusion<br />
■ 2: <strong>der</strong> dorsale Zugang mit Eröffnung<br />
des Wurzelkanals (Foraminotomie) zur<br />
Dekompression <strong>der</strong> Nervenwurzel und<br />
eventuellen Entfernung eines lateralen<br />
Bandscheibenvorfalles.<br />
Alle Operationen an <strong>der</strong> Wirbelsäule, den<br />
Nervenwurzeln und dem Rückenmark<br />
werden mikrochirurgisch durchgeführt.<br />
Ventraler Zugang: Mit diesem Zugang<br />
(Abb. 3a) können nach Entfernung <strong>der</strong><br />
Bandscheibe sowohl dorsomediale als auch<br />
dorsolaterale Bandscheibenvorfälle,
Unkarthrosen o<strong>der</strong> mediale Spondylophyten<br />
unter mikroskopischer Sicht abgetragen<br />
werden. Anschließend führt man eine<br />
Spondylodese mit einem Titan- o<strong>der</strong> PEEK<br />
(Polyetheretherketon)-cage durch (Abb. 4).<br />
In <strong>aus</strong>gesuchten Fällen kann auch eine<br />
Bandscheibenprothese eingesetzt werden.<br />
Bei vorliegendem Wirbelgleiten wird die<br />
Fusion über eine Plattenosteosynthese gesi-<br />
chert. [3,4]<br />
Dorsaler Zugang: Bei lateralen Bandscheibenvorfällen<br />
wird <strong>der</strong> Wurzelkanal von<br />
dorsal aufgefräst und <strong>der</strong> Bandscheibenvorfall<br />
extrahiert (Abb. 3b). Vorteil des dorsalen<br />
Zuganges ist, dass die Bandscheibe<br />
nicht angegangen werden muss. Limitiert<br />
ist <strong>der</strong> dorsale Zugang jedoch auf laterale<br />
Vorfälle: Bei weiter nach medial reichenden<br />
Bandscheibenvorfällen wäre das sehr empfindliche<br />
Rückenmark gefährdet. Deshalb<br />
ist <strong>der</strong> dorsale Zugang bei medialen Vorfällen<br />
absolut kontraindiziert.<br />
Bei langstreckigen Wirbelkanalstenosen ist<br />
sowohl die ventrale Korporektomie (Entfernung<br />
<strong>der</strong> mittleren Anteile <strong>der</strong> Wirbelkörper)<br />
auch über mehrere Höhen mit<br />
anschließendem Wirbelkörperersatz und<br />
Plattenosteosynthese als auch die dorsale<br />
Laminektomie o<strong>der</strong> Laminoplastik (Aufklappen<br />
<strong>der</strong> Wirbelbögen mit Neufixierung)<br />
eine wirksame Möglichkeit zur Entlastung<br />
des Rückenmarks. [2]<br />
Die Prognose <strong>der</strong> Operationen ist bei richtiger<br />
Indikation außerordentlich gut und<br />
wird in vielen Arbeiten mit über 90 Prozent<br />
angegeben. [2,4]<br />
Komplikationen bei erfahrenen Neurochirurgen<br />
sind selten. Bei den ventralen Zu -<br />
gängen sind temporäre Schluckstörungen<br />
und Recurrensparesen mit Heiserkeit<br />
(ebenfalls meist nur temporär) zu erwähnen.<br />
Verletzungen <strong>der</strong> Nervenwurzeln und<br />
des Rückenmarks sind eine Rarität.<br />
Fazit<br />
Der zervikale Bandscheibenvorfall und die<br />
degenerative HWS-Verän<strong>der</strong>ung stellen ein<br />
häufiges, in <strong>der</strong> Regel aber gut behandelbares<br />
Problem dar. Die Kernspintomografie<br />
ist die Bildgebung <strong>der</strong> Wahl. Bei Schmerzen<br />
und geringen neurologischen Ausfällen<br />
sollte die konservative Therapie einer<br />
a<br />
Operation zunächst vor<strong>aus</strong>gestellt werden.<br />
Bei therapieresistenten radikulären Schmerzen<br />
o<strong>der</strong> manifesten neurologischen Ausfällen<br />
ist ein mikrochirurgischer Eingriff<br />
anzustreben, bei hochgradigen Paresen<br />
o<strong>der</strong> beginnen<strong>der</strong> Querschnitts lähmung<br />
auch zeitnah beziehungsweise sofort<br />
durchzuführen. Die Risiken des mikro -<br />
chirurgischen Eingriffes sind gering. Die<br />
Langzeitprognose ist nicht nur von <strong>der</strong><br />
Akuttherapie, son<strong>der</strong>n auch von <strong>der</strong> fortschreitenden<br />
Wirbelsäulendegeneration<br />
bestimmt.<br />
Literatur<br />
Bandscheibenvorfall mit Rückenmarksund<br />
Nervenwurzelkompression b<br />
Abb. 3 – a: ventraler Zugang – b: dorsaler Zugang<br />
Abb. 4: Intraoperatives Bild mit PEEK-Dübel (Höhe: 6 mm) und postoperatives Röntgenbild<br />
mit Titan-Dübel bei HW3/4<br />
[1] AWMF: Zervikale Radikulopathie. Leitlinien <strong>für</strong> Diag -<br />
nostik und Therapie in <strong>der</strong> Neurologie; 4. überarbeitete<br />
Auflage 2008, S. 654 ff, ISBN 978-3-13-132414-6; Georg<br />
Thieme Verlag Stuttgart.<br />
[2] Heary FH, Timothy CR et al.: Cervical laminoforaminotomy<br />
for the treatment of cervical degenerative radiculopathy,<br />
J Neurosurg spine. 2009; 11: 198-202.<br />
Kontakt<br />
Neurochirurgie<br />
Lateraler Bandscheibenvorfall unter <strong>der</strong> Nervenwurzel<br />
Prof. Dr. Uwe Kehler<br />
Abteilung <strong>für</strong> Neurochirurgie<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Altona<br />
Paul-Ehrlich-Straße 1<br />
22763 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-81 16 70<br />
Fax (0 40) 18 18-81 49 11<br />
E-Mail: u.kehler@asklepios.com<br />
[3] Korinth MC: Treatment of cervical degenerative disc<br />
disease – current status and trends. Zentralbl Neurochir.<br />
2008 Aug; 69(3): 113-24.<br />
[4] Matz PG, Langston TH et al.: Indication for anterior<br />
cervical decompression for the treatment of cervical degenerative<br />
radiculopathy. J Neurosurg Spine. 2009; 11: 174-82.<br />
721
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
H1N1 –<br />
Der nächste Winter kommt bestimmt<br />
Dr. Susanne Huggett<br />
Die schnelle Ausbreitung des neuen Influenzavirus H1N1 hat uns in den vergangenen Monaten die globale<br />
Bedeutung von Infektionskrankheiten deutlich vor Augen geführt. Infektions<strong>aus</strong>brüche in an<strong>der</strong>en Kontinenten<br />
können die Bevölkerung Europas innerhalb von 48 Stunden bedrohen. Durch den internationalen Flugverkehr<br />
kann ein Influenzavirus in vier Tagen einmal um die Erde gelangen (siehe Abb. rechts). In Mexiko wurden die<br />
ersten Erkrankungen an <strong>der</strong> sogenannten Schweinegrippe im April dieses Jahres bekannt. Zahlreiche Todesfälle<br />
wurden mit <strong>der</strong> Infektion in Verbindung gebracht. In den USA infizierten sich dann zwei Kin<strong>der</strong>, ohne dass sie<br />
Kontakt zu Tieren hatten – ein Beweis, dass das neue Virus von Mensch zu Mensch übertragbar ist.<br />
Das Pandemievirus Influenza A H1N1<br />
Die Warnungen <strong>der</strong> WHO vor einer Pandemie<br />
führten national und international seit<br />
Jahren zu umfangreichen Planungen. Und<br />
doch überraschte die aktuelle Entwicklung<br />
mit <strong>der</strong> Erkennung eines bisher unbekannten<br />
Influenzavirus A mit dem Subtyp<br />
H1N1, da die Experten erwarteten, dass<br />
das neue Pandemievirus ein Vogelgrippevirus<br />
vom Typ H5N1 sein würde.<br />
Im neuen Virus wurden Gensegmente <strong>aus</strong><br />
Schweinen eurasischer Herkunft, von<br />
nordamerikanischen Vögeln und des Menschen<br />
identifiziert. Durch Vermischung <strong>der</strong><br />
Gene ist eine neue Virusart, eine sogenannte<br />
Reassortante (siehe Abb. �) entstanden.<br />
722<br />
Was bedeutet eine Pandemie <strong>für</strong> Hamburg?<br />
Für Hamburg rechnen wir bei einer mittleren<br />
Erkrankungsrate von 30 Prozent innerhalb einer<br />
Pandemiewelle mit 470.000 Arztkonsultationen,<br />
10.500 hospitalisierten Patienten, von denen<br />
1.575 intensivpflichtig sind, und mit 2.100<br />
Toten. In diesem Fall werden in <strong>der</strong> ersten Woche<br />
<strong>der</strong> Pandemiewelle circa 620 Patienten stationär<br />
aufgenommen, in <strong>der</strong> Peakphase knapp 2.000<br />
pro Woche. Alle Betten <strong>der</strong> Hamburger <strong>Klinik</strong>en<br />
werden mit einbezogen.<br />
Es ist bekannt, dass im Schwein bevorzugt<br />
verschiedene Virustypen zu neuen Erregern<br />
mutieren können.<br />
Während seit Jahren die WHO-Warnstufe 3<br />
von sechs möglichen Stufen galt, erfolgte<br />
nun eine schnelle Anpassung an die Ge -<br />
fährdungseinschätzung: am 28. April 2009<br />
Warnstufe 4, bereits am 30. April 2009 Warnstufe<br />
5 und schließlich am 11. Juni 2009 das<br />
Ausrufen <strong>der</strong> Pandemie durch die WHO.<br />
Innerhalb von nur sechs Wochen hatte sich<br />
das neue Influenzavirus A H1N1 über<br />
mehrere Kontinente <strong>aus</strong>gebreitet. Möglich<br />
war dies durch die leichte Übertragbarkeit<br />
des Virus von Mensch zu Mensch. Die<br />
Transmissionsrate liegt bisher bei > 30 Prozent.<br />
Die ersten Erkrankungsfälle in Europa<br />
standen in Zusammenhang mit Reiserückkehrern<br />
<strong>aus</strong> den USA o<strong>der</strong> Mexiko. Nur in<br />
Einzelfällen gab es Übertragungen vor Ort,<br />
sogenannte autochthone Fälle. Aber bereits<br />
im Mai kam es in Europa, vor allem in Spanien<br />
und England, zu Krankheits<strong>aus</strong>brüchen.<br />
Im Juli wurden in England 100.000<br />
Neuerkrankungen pro Woche festgestellt!<br />
In Deutschland stellten wir mit Reiserückkehrern<br />
vor allem <strong>aus</strong> Spanien ab Ende Juli
Diagnostik<br />
Die sichere Diagnostik <strong>der</strong> Neuen Influenza ist nur<br />
durch molekularbiologische Verfahren (PCR) möglich.<br />
Die Aussagekraft von Schnelltests ist nicht<br />
<strong>aus</strong>reichend. Als Material eignen sich Nasen- und<br />
Rachenabstriche.<br />
einen Anstieg <strong>der</strong> Erkrankungsfälle fest.<br />
Zum Teil wurden mehr als 500 Neuinfektionen<br />
pro Tag diagnostiziert. Insgesamt<br />
erkrankten in Deutschland bisher mehr als<br />
20.000 Menschen.<br />
Wer erkrankt an H1N1?<br />
Auffällig ist, dass <strong>der</strong> Altersdurchschnitt<br />
<strong>der</strong> Influenzapatienten in Deutschland<br />
nach Informationen des Robert-Koch-Instituts<br />
bei 23 Jahren liegt und Menschen über<br />
60 Jahre kaum betroffen sind. Schwangere,<br />
Neugeborene, Kin<strong>der</strong> bis zu vier Jahren<br />
und junge Erwachsene sind neben Personen<br />
mit chronischen Erkrankungen beson<strong>der</strong>s<br />
gefährdet. Im Gegensatz dazu ist die Risikogruppe<br />
<strong>für</strong> die saisonale Influenza, vor<br />
allem die ältere Bevölkerung, bei <strong>der</strong><br />
Influenza A H1N1 bisher kaum betroffen.<br />
Die gute Nachricht über das Pandemievirus<br />
ist, dass die Erkrankungen an Influenza A<br />
H1N1 bisher eher mild verlaufen. So gab<br />
es in Deutschland bis Anfang Oktober 2009<br />
einen bestätigten Todesfall. Nur selten, zum<br />
Beispiel bei chronischen Atemwegserkrankungen,<br />
ist eine stationäre Versorgung<br />
mit intensivmedizinischer Therapie und<br />
Beatmungspflichtigkeit erfor<strong>der</strong>lich. Das<br />
bedeutet, dass die Versorgung <strong>der</strong> Patienten<br />
mit Neuer Influenza nach wie vor<br />
überwiegend ambulant erfolgen kann und<br />
sollte, damit die mögliche Ausbreitung des<br />
Virus im stationären Bereich – wo Immunsupprimierte<br />
und Schwerkranke versorgt<br />
werden – so weit wie möglich vermieden<br />
werden kann.<br />
So viel ambulant wie möglich!<br />
Die nie<strong>der</strong>gelassenen <strong>Ärzte</strong> stehen vor <strong>der</strong><br />
Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ung, die ambulante Krankenversorgung<br />
sicherzustellen und Erkrankte<br />
so lange wie möglich ambulant zu behandeln.<br />
Die Einrichtung von Fieberambulanzen<br />
kann ein Instrument zur Überbrückung<br />
Infektiologie<br />
von Engpässen sein. Zur Entlastung <strong>der</strong><br />
<strong>Klinik</strong>en ist außerdem die frühzeitige<br />
Übernahme von Patienten <strong>aus</strong> <strong>der</strong> stationären<br />
in die ambulante Versorgung wichtig.<br />
Bleibt das Pandemievirus, wie es ist?<br />
Experten <strong>für</strong>chten, dass sich die Virulenz<br />
des Erregers deutlich verän<strong>der</strong>n könnte<br />
und dann ein größerer Teil <strong>der</strong> Erkrankten<br />
hospitalisiert werden muss. Außerdem<br />
beginnt jetzt auf <strong>der</strong> Nordhalbkugel die<br />
Wintersaison mit einer steigenden Zahl<br />
zirkulieren<strong>der</strong> Viren, die Atemwegserkrankungen<br />
verursachen.<br />
Die saisonal auftretenden Influenzaviren<br />
und das Pandemievirus können zu Doppelinfektionen<br />
führen, die mit größeren<br />
Komplikationen verbunden sein können.<br />
723
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
Was hilft, die Verbreitung <strong>der</strong> Viren einzudämmen?<br />
Influenzaviren sind sehr gut empfindlich auf die<br />
gängigen Desinfektionsmittel. Insofern ist es nicht<br />
nötig, <strong>für</strong> die Influenza spezielle Desinfektionsmittel<br />
einzusetzen.<br />
Die Infektiösität des Virus beginnt nicht erst mit<br />
den klinischen Symptomen Fieber, Husten, Mattigkeit,<br />
son<strong>der</strong>n bereits bis zu einem Tag zuvor! Die<br />
Ansteckung erfolgt sowohl über Tröpfchen- als<br />
auch über Kontaktinfektion durch zum Beispiel<br />
Hände o<strong>der</strong> Türklinken. In <strong>der</strong> Umwelt können die<br />
Viren bis zu zwei Tage ihre Ansteckungsfähigkeit<br />
behalten.<br />
Impfung ja o<strong>der</strong> nein?<br />
Die Impfung ist die effektivste Methode,<br />
eine Influenzaerkrankung und <strong>der</strong>en Komplikationen<br />
zu verhin<strong>der</strong>n. Umso wichtiger<br />
ist, dass möglichst viele Personen sowohl<br />
gegen die saisonale Influenza als auch<br />
gegen das Pandemievirus geimpft werden.<br />
Mitarbeiter im Gesundheitswesen tragen<br />
eine beson<strong>der</strong>e Verantwortung, weil<br />
bekannt ist, dass sie mit Impfungen gegen<br />
Influenza nicht nur sich selbst und ihre<br />
nächsten Angehörigen schützen, son<strong>der</strong>n<br />
auch die Patienten. Im Pandemieplan des<br />
Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> wird zudem nicht<br />
zuletzt <strong>aus</strong> Gründen des Arbeitsschutzes<br />
gefor<strong>der</strong>t, dass nur Influenza-geimpftes<br />
Personal Patienten mit akuter Influenza<br />
behandeln soll.<br />
Seit Jahren gibt es ein großes Defizit bezüglich<br />
<strong>der</strong> Impfung medizinischen Personals<br />
gegen Influenza. Aktuelle Untersuchungen<br />
in europäischen Län<strong>der</strong>n geben eine Impf -<br />
rate von unter 30 Prozent bei medizinischem<br />
Personal an – hier gibt es kurzfristig<br />
erheblichen Nachholbedarf. In Deutschland<br />
liegt die Rate bei 20 Prozent. Die Impfkam-<br />
724<br />
Hygienetipps<br />
■ Direkten Kontakt von Erkrankten zu an<strong>der</strong>en Patienten und so weit möglich<br />
zu Gesunden meiden (Isolierung)<br />
■ Händehygiene (vor dem Essen, nach Kontakt zu an<strong>der</strong>en)<br />
■ Ungeschütztes Niesen und Husten unterlassen (Hustenhygiene),<br />
ggf. Mund-Nasen-Schutz anlegen<br />
■ Händeschütteln vermeiden<br />
■ Schleimhautkontakt über die Hände meiden (Augen, Mund, Nase)<br />
■ Menschenansammlungen meiden<br />
■ Regelmäßiges Lüften <strong>der</strong> Räume<br />
■ Aufklärung <strong>der</strong> Patienten über Verhaltensmaßnahmen zur Reduktion des<br />
Übertragungsrisikos<br />
Schutz<strong>aus</strong>stattung<br />
■ Dicht abschließen<strong>der</strong> Mund-Nasen-Schutz<br />
■ Handschuhe, Schutzkittel bei direktem Kontakt zu Infizierten, ggf. auch Schutzbrille<br />
pagne, mit <strong>der</strong> zum Beispiel Gesundheitsämter<br />
und <strong>Ärzte</strong> in Hamburg die Bevölkerung<br />
ansprechen, soll den Anteil <strong>der</strong> Ge -<br />
impften erhöhen. Für Risikogruppen wie<br />
Schwangere, Kin<strong>der</strong>, chronisch Kranke und<br />
Ältere ist die Impfung wichtig, um Komplikationen<br />
<strong>der</strong> Influenza zu vermeiden.<br />
Die aktuelle STIKO-Empfehlung vom 8.<br />
Oktober gibt detaillierte Informationen zur<br />
Indikation und zur Zulassung <strong>der</strong> Impfstoffe<br />
<strong>für</strong> die Neue Influenza: www.rki.de.<br />
Information – Sicherheit im Alltag!<br />
Die rechtzeitige und sachliche Information<br />
über Influenza, die Schulung zu Schutzund<br />
Hygienemaßnahmen sowie das Erstellen<br />
von Ablauf- und Alarmierungsplänen<br />
haben eine zentrale Bedeutung, um im<br />
Ernstfall besser vorbereitet zu sein. Über<br />
das Robert-Koch-Institut ist je<strong>der</strong>zeit im<br />
Internet die aktuelle Entwicklung mit den<br />
notwendigen Maßnahmen abrufbar:<br />
www.rki.de.<br />
Neben Informationen auf Deutsch gibt es<br />
auch Erklärungen zur Neuen Influenza in<br />
verschiedenen Sprachen, die elektronisch<br />
unter www.hamburg.de/neue-grippe verfügbar<br />
sind.<br />
Kontakt<br />
Dr. Susanne Huggett<br />
Ärztliche Leiterin und Leitende Ärztin<br />
Hygiene<br />
MEDILYS Laborgesellschaft mbH<br />
Paul-Ehrlich-Straße 1, 22763 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-81 59 01<br />
Fax (0 40) 18 18-81 49 54<br />
E-Mail s.huggett@asklepios.com
Herzchirurgie heute<br />
Prof. Dr. Michael Schmoeckel<br />
1. Koronarchirurgie<br />
Der Vergleich <strong>der</strong> Ergebnisse nach Behandlung<br />
mit Drug Eluting Stents gegenüber<br />
<strong>der</strong> Bypassoperation in <strong>der</strong> prospektiv randomisierten<br />
Syntax-Studie [1] ergab, dass<br />
„die Koronarbypass-Operation <strong>der</strong> Standard<br />
<strong>für</strong> Patienten mit koronarer Dreigefäßerkrankung<br />
o<strong>der</strong> linker Hauptstammstenose<br />
bleibt“. Darüber hin<strong>aus</strong> zeigen<br />
große US-amerikanische Register, dass<br />
außerhalb kontrollierter klinischer Studien<br />
bei koronarer Mehrgefäßerkrankung die<br />
Koronarbypass-Operation weiterhin mit<br />
einer geringeren Mortalität assoziiert ist als<br />
die Behandlung mit Drug Eluting Stents,<br />
und ebenso mit einer geringeren Häufigkeit<br />
von Tod o<strong>der</strong> Herzinfarkt und erneuter<br />
Revaskularisierung. [2]<br />
Allerdings ist insbeson<strong>der</strong>e bei multimorbiden<br />
Patienten ein koronarchirurgischer<br />
Eingriff nicht ohne Risiken: Die mit 2,2 versus<br />
0,6 Prozent signifikant höhere Inzidenz<br />
von Schlaganfällen [1] ruft nach schonen<strong>der</strong>en<br />
Operationsverfahren. Hier hat sich die<br />
Operationstechnik am schlagenden Herzen<br />
(Off Pump Coronary Artery Bypass =<br />
OPCAB, Abb. 1) als fester Bestandteil des<br />
herzchirurgischen Spektrums etabliert,<br />
bundesweit liegt <strong>der</strong> Anteil dieser Eingriffe<br />
mittlerweile bei zehn Prozent, im eigenen<br />
Patientengut bereits bei über 30 Prozent.<br />
Frauen scheinen von diesem Verfahren<br />
beson<strong>der</strong>s zu profitieren, wie eine Auswertung<br />
<strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Jahre 2004 – 2008<br />
ergab (Abb. 2). Daher wird dieses Operationsverfahren<br />
in <strong>der</strong> Herzchirurgischen<br />
Abteilung <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg<br />
insbeson<strong>der</strong>e bei Patientinnen und Risiko-<br />
Konstellationen (schwere allgemeine Arteriosklerose,<br />
Voroperationen, Dialysepatienten)<br />
eingesetzt. Um die überlegenen<br />
Langzeitergebnisse <strong>der</strong> Bypasschirurgie<br />
tatsächlich auch zu realisieren, wird gerade<br />
bei jüngeren Patientinnen und Patienten<br />
die total arterielle Revaskularisierung<br />
unter Verwendung <strong>der</strong> beiden Brustwandarterien,<br />
[3] gegebenenfalls zusätzlich <strong>der</strong> A.<br />
radialis durchgeführt.<br />
2. Klappenchirurgie<br />
Die Behandlung <strong>der</strong> Aortenklappenstenose<br />
bei Risikopatienten erfährt <strong>der</strong>zeit eine<br />
Revolution. Durch die Entwicklung kathe -<br />
Herzchirurgie<br />
Abb. 1: Off Pump Coronary Artery Bypass (OPCAB):<br />
Koronarchirurgie am schlagenden Herzen mit Stabilisator<br />
und Saugglocke (mit freundlicher Genehmigung <strong>der</strong><br />
Fa. Medtronic)<br />
Viele technische und apparative Innovationen haben die Herzchirurgie in den letzten Jahren stark gewandelt. Die<br />
enge Kooperation mit den Nachbardisziplinen Kardiologie, Angiologie und Diabetologie, aber insbeson<strong>der</strong>e auch<br />
mit unseren operativen Partnern in <strong>der</strong> Anästhesiologie und Gefäßchirurgie ermöglicht an <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong><br />
St. Georg die optimale Betreuung <strong>der</strong> Herz- und Gefäßpatienten in einem spezialisierten Zentrum.<br />
tergestützter Verfahren, entwe<strong>der</strong> über die<br />
Leisten- o<strong>der</strong> Armarterie beziehungsweise<br />
transapikal, kann <strong>der</strong> Eingriff am schlagenden<br />
Herzen durchgeführt werden. Nach<br />
Valvuloplastie wird unter Röntgen-Durchleuchtung<br />
eine selbstexpandierende biologische<br />
Klappe freigesetzt (System CoreValve ® ).<br />
Alternativ kann eine auf einem zusammengefalteten<br />
Ballon befindliche Klappe unter<br />
schneller Ventrikelstimulation in die native<br />
Aortenklappe „gestentet“ werden (System<br />
Edwards Sapien, Abb. 3).<br />
Die bislang mit diesem Verfahren beobachtete<br />
Letalität liegt bei etwa zehn Prozent.<br />
Daher ist nach europäischen [4] und deutschen<br />
Richtlinien [5] <strong>der</strong>zeit ein Einsatz nur<br />
bei Hochrisikopatienten gerechtfertigt<br />
(Tab. 1). Allerdings unterliegt das Indikationsspektrum<br />
einem kontinuierlichen<br />
Wandlungsprozess. Mittlerweile wurde<br />
das System auch bereits bei Patienten nach<br />
biologischem Aortenklappenersatz [6] o<strong>der</strong><br />
nach Homograftimplantation und Degeneration<br />
<strong>der</strong> chirurgisch implantierten Klappe<br />
[7] eingesetzt.<br />
725
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
Abb. 2: Ergebnisse <strong>der</strong> Koronarchirurgie mit Herz-Lungen-Maschine (HLM) und „off pump“ (OPCAB):<br />
Frauen profitieren signifikant vom Vorgehen ohne Verwendung <strong>der</strong> extracorporalen Zirkulation<br />
(Herzchirurgische <strong>Klinik</strong> <strong>der</strong> LMU München)<br />
3. Rhythmuschirurgie<br />
Insbeson<strong>der</strong>e in Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />
operativen Korrektur <strong>der</strong> Mitralklappe bei<br />
Insuffizienz, aber auch bei koronarchirur -<br />
gischen o<strong>der</strong> Aortenklappeneingriffen,<br />
gewinnt die chirurgische Ablation von<br />
Vorhofflimmern an Bedeutung. [8]<br />
Hierbei erwies sich die Isolation <strong>der</strong> Lungenveneneinmündung<br />
in Kombination mit<br />
Verbindungslinien am Dach und/o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Hinterwand des linken Vorhofes als effek -<br />
tive Methode (Abb. 4). Im eigenen Patientengut<br />
liegt die Erfolgsrate <strong>der</strong> Konversion<br />
permanenten Vorhofflimmerns nach drei<br />
und 32 Monaten postoperativ bei 74 beziehungsweise<br />
78 Prozent! [9]<br />
4. Aortenchirurgie<br />
Die akute Aortendissektion vom Typ Stanford<br />
A (unter Einbeziehung des Aorten -<br />
bogens und des deszendierenden Anteils)<br />
bleibt ein chirurgischer Notfalleingriff mit<br />
hohem perioperativen Risiko. [10] Meist wird<br />
lediglich <strong>der</strong> aszendierende Teil <strong>der</strong> Aorta<br />
mit o<strong>der</strong> ohne Aortenklappe durch eine<br />
Dacron-Gefäßprothese o<strong>der</strong> ein klappen-<br />
726<br />
6<br />
5<br />
4<br />
% 3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
HLM versus OPCAB<br />
Männer: n = 2708; 78,7%, davon OPCAB: n = 854; 31,5%<br />
Frauen: n = 733; 21,3% n = 252; 34,4%<br />
30-Tages-Mortalität 1-Jahres-Mortalität<br />
Männer<br />
p=0.001<br />
n.s.<br />
Frauen<br />
p=<br />
0.<br />
02<br />
CABG<br />
OPCAB<br />
}<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
% 5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Männer<br />
p=0.0008<br />
n.s.<br />
Frauen<br />
p=<br />
0.0004<br />
CABG<br />
OPCAB<br />
tragendes Conduit (Bentall-Operation)<br />
ersetzt. Bei Ersatz des gesamten Aortenbogens<br />
mit Herz-Lungen-Maschine im hypothermen<br />
Kreislaufstillstand (18º C) ist bei<br />
einer Dauer des Kreislaufstillstandes von<br />
über 45 Minuten mit einer Mortalität von<br />
34,6 Prozent und einem Schlaganfallrisiko<br />
von 19,2 Prozent zu rechnen. [11] Daher setzte<br />
sich in jüngerer Zeit die antegrade Hirnperfusion<br />
im systemischen Kreislaufstillstand<br />
(Abb. 5) durch, die eine signifikante<br />
Reduktion <strong>der</strong> Mortalität und neurologischen<br />
Komplikationen auf jeweils sechs<br />
Prozent ermöglicht. Darüber hin<strong>aus</strong> lassen<br />
sich im Rahmen von Hybridverfahren endovaskuläre<br />
Stents mit offener chirurgischer<br />
Versorgung kombinieren. In einer Kooperation<br />
von Herzchirurgie, Gefäßchirurgie<br />
Abb. 3: Kathetergestützte Aortenklappe vom Typ Edwards Sapien ® :<br />
Die auf einen Ballon aufgezogene Herzklappe wird zusammengefaltet<br />
in die native Aortenklappe vorgeschoben und dort durch Inflation<br />
des Ballons entfaltet (mit freundlicher Genehmigung <strong>der</strong> Fa. Edwards)<br />
Empf.-Grad Evidenz<br />
■ Pat. > 75 Jahre mit LogEuroscore > 20 % / < 40 % IIa C<br />
■ Pat. mit sehr hohem OP-Risiko: IIa C<br />
Porzellanaorta, schwere Thoraxdeformität, Z. n. Radiatio,<br />
Z. n. ACVB, Leberzirrhose, COPD, pulm. Hypertonus,<br />
rez. Lungenembolien, Kachexie<br />
■ Pat. > 75 Jahre mit LogEuroscore > 40 % IIb C<br />
■ Bikuspide Aortenklappe IIb C<br />
Tab. 1: Indikationen zur kathetergestützten Aortenklappenimplantation gemäß europäischen und nationalen Richtlinien<br />
(nach Vahanian et al., Eur Heart J 2008; 29: 1463-70 und Figulla et al., Kardiologe 2009; 3: 199-206).<br />
und Angiologie wurde jüngst bei einem<br />
Patienten in St. Georg durch ein „Debranching“<br />
<strong>der</strong> supraaortalen Äste sogar <strong>der</strong><br />
aneurysmatisch erweiterte und disseziierte<br />
Aortenbogen mit einem Stent-Graft versorgt<br />
(Abb. 6).<br />
Fazit<br />
Trotz zunehmen<strong>der</strong> Überalterung und<br />
Komorbidität <strong>der</strong> Patienten wurden die<br />
operativen Ergebnisse <strong>der</strong> Herzchirurgie<br />
in den vergangenen Jahren kontinuierlich<br />
verbessert. In Zukunft wird eine enge<br />
Kooperation mit den Nachbardisziplinen<br />
noch schonen<strong>der</strong>e Therapieverfahren <strong>für</strong><br />
die Herzpatienten in die klinische Praxis<br />
einführen.
Abb. 4: Schema [9] <strong>der</strong> Ablationslinien im linken Vorhof<br />
unter Verwendung des Atricure ® -Systems:<br />
1 = Ablation <strong>der</strong> rechten Lungenvenen-Einmündung<br />
2 = Ablation <strong>der</strong> linken Lungenvenen-Einmündung<br />
3 = Ziehen <strong>der</strong> Verbindungslinie<br />
Abb. 5: Antegrade Hirnperfusion im systemischen<br />
hypothermen Kreislaufstillstand durch Anschluss <strong>der</strong><br />
Herz-Lungen-Maschine über die rechte Arteria axillaris<br />
Abb. 6: Hybridverfahren bei einem 56-jährigen Patienten mit Z. n. Ascendensersatz bei Stanford A-Dissektion<br />
vor sechs Jahren; jetzt Bogen-/Descendensaneurysma (∅ 6 cm): Debranching durch Konnektion einer Y-Prothese an<br />
die Ascendens-Gefäßprothese mit distaler Anastomose an die beiden Carotiden und Interponat zwischen linker<br />
Arteria carotis und Arteria subclavia. Anschließend Einbringen zweier Endo-Stents in den Aortenbogen und die<br />
Aorta descendens über die linke Arteria iliaca.<br />
Literatur<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Michael Schmoeckel<br />
Herzchirurgische Abteilung<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg<br />
Lohmühlenstraße 5, 20099 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-85 41 50<br />
Fax (0 40) 18 18-85 41 84<br />
E-Mail: m.schmoeckel@asklepios.com<br />
Herzchirurgie<br />
[1] Serruys PW, Morice MC, Kappetein P, et al. Percutaneous<br />
coronary intervention versus coronary-artery bypass<br />
grafting for severe coronary artery disease. N Engl J Med<br />
2009; 360: 961-72.<br />
[2] Hannan EL, Wu C, Walford G, et al. Drug-eluting stents<br />
vs. coronary-artery bypass grafting in multivessel coronary<br />
disease. N Engl J Med 2008, 358: 331-41.<br />
[3] Lytle BW, Blackstone EH, Sabik JF, et al. The effect of<br />
bilateral internal thoracic artery grafting on survival during<br />
20 postoperative years. Ann Thorac Surg 2004; 78: 2005-14.<br />
[4] Vahanian A, Alfieri O, Al-Attar N, et al. Transcatheter<br />
valve implantation for patients with aortic stenosis: a position<br />
statement from the European Association of Cardio-<br />
Thoracic Surgery (EACTS) and the European Society of<br />
Cardiology (ESC), in collaboration with the European<br />
Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions<br />
(EAPCI). Eur Heart J 2008; 29: 1463-1470.<br />
[5] Figulla HR, Cremer J, Walther T, et al. Positionspapier<br />
zur kathetergeführten Aortenklappenintervention. Kardiologe<br />
2009; 3: 199-206.<br />
[6] Walther T, Kempfert J, Borger MA, et al. Human minimally<br />
invasive off-pump valve-in-a-valve implantation.<br />
Ann Thorac Surg 2008; 85: 1072-3.<br />
[7] Schmoeckel M, Boekstegers P, Nikolaou K, Reichart B.<br />
First successful transapical aortic valve implantation after<br />
aortic allograft replacement. J Thorac Cardiovasc Surg. 2009<br />
Jul 24. [Epub ahead of print].<br />
[8] Geidel S, Ostermeyer J, Lass M, et al. Three years experience<br />
with monopolar and bipolar radiofrequency ablation<br />
surgery in patients with permanent atrial fibrillation. Eur J<br />
Cardiothorac Surg 2005; 27: 243-249.<br />
[9] Geidel S, Lass M, Ostermeyer J. A 5-year clinical experience<br />
with bipolar radiofrequency ablation for permanent<br />
atrial fibrillation concomitant to coronary artery bypass<br />
grafting and aortic valve surgery. Interact Cardiovasc Thorac<br />
Surg 2008; 7: 777-780.<br />
[10] Geidel S, Lass M, Ostermeyer J. Chirurgische Aspekte<br />
akuter und chronischer Erkrankungen <strong>der</strong> Aorta ascendens<br />
und des Aortenbogens. Medtropole 2009; 16: 612-615.<br />
[11] Sundt TM, Orszulak TA, Cook DJ, Schaff HV. Improving<br />
results of open arch replacement. Ann Thorac Surg<br />
2008; 86: 787-796.<br />
727
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
KONTAKT<br />
Dr. Keihan Ahmadi-Simab<br />
Rheumatologie, klinische Immunologie,<br />
Nephrologie und Physikalische Therapie<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Altona<br />
Paul-Ehrlich-Straße 1, 22763 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-81 11 24<br />
Fax (0 40) 18 18-81 48 00<br />
E-Mail: k.ahmadi@asklepios.com<br />
Dr. Keihan Ahmadi-Simab Prof. Dr. Friedrich Kallinowski<br />
Neu in Altona:<br />
Abteilung <strong>für</strong> Rheumatologie<br />
Dr. Keihan Ahmadi-Simab baut seit dem<br />
1. No vember 2009 an <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong><br />
Altona eine neue Abteilung <strong>für</strong> Innere<br />
Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie<br />
auf. Der Facharzt <strong>für</strong> Innere Medizin<br />
und Rheumatologe leitete bisher die <strong>Klinik</strong><br />
<strong>für</strong> Innere Medizin, Rheumatologie und<br />
Klinische Immunologie des Regio <strong>Klinik</strong>ums<br />
Wedel. Ahmadi-Simab wurde 1965 in<br />
Teheran geboren, studierte an <strong>der</strong> Universität<br />
und Gesamthochschule Essen und<br />
absolvierte seine Weiterbildung zum Facharzt<br />
<strong>für</strong> Innere Medizin mit dem Schwerpunkt<br />
Gastroenterologie am Israelitischen<br />
Krankenh<strong>aus</strong> in Hamburg unter Prof.<br />
Layer. 2003 erwarb er die Zusatzbezeichnung<br />
Physikalische Therapie und Balneologie.<br />
Die Weiterbildung in <strong>der</strong> Rheumatologie/Klinischen<br />
Immunologie absolvierte<br />
Ahmadi-Simab am Universitätsklinikum<br />
Schleswig-Holstein, Campus Lübeck und<br />
an <strong>der</strong> Rheumaklinik Bad Bramstedt unter<br />
Prof. Gross. 2007 wurde er Chefarzt <strong>der</strong><br />
<strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Innere Medizin, Rheumatologie<br />
und Klinische Immunologie des Regio <strong>Klinik</strong>ums<br />
Wedel, wo er im gleichen Jahr die<br />
Weiterbildungsbefugnis <strong>für</strong> Innere Medizin,<br />
Rheumatologie, Physikalische Therapie<br />
und Balneologie <strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong>kammer<br />
Schleswig-Holstein erhielt sowie die KV-<br />
Ermächtigung <strong>für</strong> schwere Krankheitsbil<strong>der</strong><br />
in <strong>der</strong> Rheumatologie. Sein wissenschaftlicher<br />
Schwerpunkt liegt bei Vaskulopathien,<br />
digitalen Ulzerationen und pulmonalarterieller<br />
Hypertonie bei systemischer<br />
Sklerose, Pathogenese und Therapieetablierung<br />
<strong>der</strong> Rheumatoiden Vaskulitis, Evaluation<br />
und Etablierung <strong>der</strong> Bildgebenden<br />
Verfahren MRT und PET in <strong>der</strong> Diagnostik<br />
<strong>der</strong> Großgefäßvaskulitiden sowie Therapie -<br />
studien zur Riesenzellarteriitis. Die neue<br />
Abteilung in Altona wird konsiliarisch<br />
728<br />
allen Hamburger <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong>en zur<br />
Verfügung stehen und die rheumatologische<br />
Versorgung mitgestalten. Ziel ist, das<br />
vorhandene Angebot in Kooperation mit<br />
den ambulanten und klinischen Kolleginnen<br />
und Kollegen zu ergänzen und die<br />
rheumatologische Versorgung <strong>der</strong> Hamburger<br />
Bevölkerung <strong>aus</strong>zubauen. Gleichzeitig<br />
möchte Ahmadi-Simab durch Fortbildung,<br />
auch in Kooperation mit Selbsthilfegruppen,<br />
das Bewusstsein <strong>für</strong> die<br />
rheumatologischen Diagnosen bei H<strong>aus</strong>ärzten<br />
und Patienten schärfen.<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg: Neuer Leiter<br />
<strong>der</strong> Allgemein- und Viszeralchirurgie<br />
Am 1. Dezember übernimmt Prof. Dr. Fried -<br />
rich Kallinowski als Nachfolger von Prof.<br />
Dr. Eike Sebastian Debus die Leitung <strong>der</strong><br />
Abteilung <strong>für</strong> Allgemein- und Viszeralchirurgie<br />
in <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg.<br />
Bisher leitete er als Chefarzt die <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong><br />
Visceral- und Gefäßchirurgie des Westküstenklinikums<br />
Heide. Kallinowski wurde in<br />
Neustadt an <strong>der</strong> Weinstraße geboren, studierte<br />
Humanmedizin an <strong>der</strong> Universität<br />
Mainz und absolvierte sein Praktisches<br />
Jahr in Australien an den Universitäten<br />
Perth, Melbourne, Sydney und Adelaide.<br />
Nach seinem Staatsexamen arbeitete er<br />
fünf Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
in <strong>der</strong> Abteilung <strong>für</strong> Angewandte Phy -<br />
siologie <strong>der</strong> Universität Mainz, wo er auch<br />
mit einer Arbeit über pH-Verteilungen in<br />
malignen Tumoren summa cum laude promovierte.<br />
1988 wurde er zunächst Instruc -<br />
tor und dann Assistant Professor <strong>für</strong> Radiation<br />
Therapy (Radiation Biology) <strong>der</strong><br />
Harvard Medical School. Seine chirurgische<br />
Weiterbildung absolvierte Kallinowski<br />
in <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Allgemeinchirurgie und<br />
Poliklinik <strong>der</strong> Chirurgischen Universitätsklinik<br />
Heidelberg unter Prof. Herfarth.<br />
K O N T A K T<br />
Prof. Dr. Friedrich Kallinowski<br />
Allgemein- und Visceralchirurgie<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg<br />
Eißendorfer Pferdeweg 52, 21075 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-86 25 40<br />
Fax (0 40) 18 18-86 33 00<br />
E-Mail: f.kallinowski@asklepios.com<br />
1995 wurde er Facharzt <strong>für</strong> Chirurgie, 1997<br />
habilitierte er sich zum Privatdozenten <strong>für</strong><br />
Chirurgie und erwarb die Schwerpunktbezeichnung<br />
Gefäßchirurgie, 2000 <strong>für</strong> Viszeralchirurgie.<br />
1997 wurde er Oberarzt <strong>der</strong><br />
Chirurgischen Universitätsklinik, ein Jahr<br />
später stellvertreten<strong>der</strong> Sektionsleiter Chirurgische<br />
Onkologie und Leiter <strong>der</strong> chirurgischen<br />
Intensivstation, 2001 Chirurgischer<br />
Leiter <strong>der</strong> Interdisziplinären Beatmungsstation<br />
und 2002 Stellvertreten<strong>der</strong> Leiter<br />
<strong>der</strong> Chirurgischen Poliklinik und konsiliarischer<br />
Chirurg <strong>für</strong> die Universitätsklinik<br />
Heidelberg. Außerdem absolvierte Kallinowski<br />
ein Aufb<strong>aus</strong>tudium Gesundheitsmanagement.<br />
Ende 2002 wechselte Prof.<br />
Kallinowski als Chefarzt <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Viszeral-<br />
und Gefäßchirurgie an das Westküstenklinikum<br />
Heide, 2003 wurde er zum<br />
außerplanmäßigen Professor <strong>für</strong> Chirurgie<br />
<strong>der</strong> Universität Heidelberg berufen. Seine<br />
wissenschaftlichen Schwerpunkte sind die<br />
endokrine, laparoskopische und kolorektale<br />
Chirurgie. In <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg<br />
möchte er das gesamte Spektrum <strong>der</strong><br />
Allgemein- und Viszeralchirurgie in Exzellenz<br />
<strong>aus</strong>bauen. Als erster Schritt ist die Etablierung<br />
eines interdisziplinären onkologischen<br />
Darmzentrums geplant.
Dr. Ernst-Joachim Malzfeldt Prof. Dr. Gerd Peter Meyer<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord:<br />
Neuer Leiter <strong>der</strong> Radiologie<br />
K O N T A K T<br />
Dr. Ernst-Joachim Malzfeldt<br />
Radiologie/Neuroradiologie<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord – Heidberg<br />
Tangstedter Landstraße 400<br />
22417 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-87 33 32<br />
Fax (0 40) 18 18-87 36 88<br />
E-Mail e.malzfeldt@asklepios.com<br />
Seit 1. März 2009 leitet Dr. Ernst-Joachim<br />
Malzfeldt als Nachfolger von Dr. Wolfhard<br />
Lege die Abteilung Radiologie/Neuro -<br />
radiologie in <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord.<br />
Malzfeldt wurde in Hildesheim geboren,<br />
studierte zunächst Geophysik in Berlin,<br />
dann Humanmedizin in Hamburg. Er ist<br />
verheiratet und hat drei Kin<strong>der</strong>. Seine<br />
Weiterbildung zum Facharzt <strong>für</strong> Radiologie<br />
absolvierte er im AKH Celle unter<br />
Dr. Kamin und im Albertinenkrankenh<strong>aus</strong><br />
Hamburg unter Dr. Siemers. Seit 1992<br />
arbeitete Malzfeldt in <strong>der</strong> Abteilung <strong>für</strong><br />
Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin<br />
<strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Altona unter<br />
Prof. Wegener und Prof. Fischbach, zuletzt<br />
als leiten<strong>der</strong> Oberarzt. Hier lagen seine<br />
Schwerpunkte in <strong>der</strong> onkologischen Diagnostik<br />
und <strong>der</strong> interventionellen Radiologie.<br />
Neben angiographischen Methoden<br />
führte er insbeson<strong>der</strong>e CT-gesteuerte Prozeduren<br />
ein: Lokale Schmerztherapien,<br />
Sympathikusblockaden, Abszessdrainagen,<br />
Vertebroplastien und Osteoplastien sowie<br />
Radiofrequenzablationen von Weichteilund<br />
Knochentumoren. In <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong><br />
<strong>Klinik</strong> Nord möchte Malzfeldt die Radio -<br />
logie als Kommunikationszentrum und<br />
Serviceabteilung <strong>für</strong> die klinischen Fächer<br />
weiterentwickeln, die die Arbeitsabläufe<br />
im Krankenh<strong>aus</strong> beför<strong>der</strong>t. Dazu gehören<br />
zum Beispiel die Pflege <strong>der</strong> Visiten und die<br />
Einführung eines neuen Radiologie-Informations-Systems<br />
(RIS). Er möchte gute<br />
Beziehungen zur ambulanten Medizin<br />
pflegen und Kooperationen eingehen, wo<br />
sie sinnvoll sind. Zum an<strong>der</strong>en möchte<br />
Malzfeldt die Radiologie <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong><br />
<strong>Klinik</strong> Nord in Kooperation mit den jeweiligen<br />
Fachabteilungen weiter als interventionelles<br />
und klinisch tätiges Fach etablieren,<br />
die zum Beispiel Abszessdrainagen,<br />
Myomembolisationen, Ballondilatationen,<br />
Neurolysen, periradikuläre Therapien und<br />
vieles mehr anbietet. Die Abteilung ist<br />
berechtigt, Schmerztherapien auch ambulant<br />
durchzuführen. In Zusammenarbeit<br />
mit <strong>der</strong> Gefäßchirurgie/Angiologie werden<br />
anspruchsvolle vaskuläre Eingriffe eingeführt,<br />
mit <strong>der</strong> Onkologie Radiofrequenzablationen<br />
und Chemoembolisationen von<br />
Tumoren sowie mit den orthopädischen<br />
Fächern CT-gesteuerte Eingriffe an <strong>der</strong><br />
Wirbelsäule und dem peripheren Skelett.<br />
Die Sektion Neuroradiologie soll entsprechend<br />
ihrer zentralen Bedeutung im Kopfzentrum<br />
<strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Nord weiterentwickelt<br />
werden.<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Altona:<br />
Neuer Chefarzt <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Kardiologie,<br />
Angiologie und Pneumologie/<br />
Internistische Intensivmedizin<br />
Prof. Dr. Gerd Peter Meyer leitet seit August<br />
die III. Medizinische Abteilung <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong><br />
<strong>Klinik</strong> Altona. Meyer wurde in Rotenburg/Wümme<br />
geboren, studierte an <strong>der</strong><br />
Medizinischen Hochschule Hannover<br />
(MHH), an <strong>der</strong> er sich frühzeitig <strong>für</strong> eine<br />
kardiologische Laufbahn entschied und<br />
zum „Einfluss von Adenosin 5'- Triphosphat<br />
auf den Tonus epikardialer Koronararterien<br />
des Menschen“ promovierte. Seine Weiterbildung<br />
zum Internisten und Kardiologen<br />
absolvierte er in <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> von Prof. Lichtlen<br />
und Prof. Drexler an <strong>der</strong> MHH sowie<br />
im Oststadtkrankenh<strong>aus</strong> Hannover. Dem<br />
initialen Schwerpunkt in <strong>der</strong> kardiologischen<br />
Bildgebung an <strong>der</strong> MHH folgte ein<br />
Fellowship am Royal Brompton Hospital<br />
in London bei Prof. Pennell. Meyer gründete<br />
und leitete seitdem die kardiologische<br />
MRT-Arbeitsgruppe, verfügt über die Zu -<br />
satzbezeichnung „Magnetresonanztomographie“.<br />
2001 wurde er zum Oberarzt<br />
Personalia<br />
KONTAKT<br />
Prof. Dr. Gerd Peter Meyer<br />
III. Med. <strong>Klinik</strong> – Kardiologie, Angiologie<br />
und Pneumologie, Internistische Intensivmedizin<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Altona<br />
Paul-Ehrlich-Straße 1, 22763 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-81 12 20/21<br />
Fax (0 40) 18 18-81 49 05<br />
E-Mail: gp.meyer@asklepios.com<br />
ernannt, war leiten<strong>der</strong> internistischer<br />
Oberarzt <strong>der</strong> Zentralen Notaufnahme und<br />
Aufnahmestation sowie Oberarzt <strong>der</strong> kardiologischen<br />
Intensivstation (Zusatzbezeichnung<br />
Internistische Intensivmedizin).<br />
Prof. Meyer zeichnete frühzeitig im Herzkatheterlabor<br />
<strong>der</strong> MHH verantwortlich <strong>für</strong><br />
komplexe Eingriffe bei angeborenen Herzfehlern<br />
sowie akutem Koronarsyndrom<br />
und etablierte in Zusammenarbeit mit <strong>der</strong><br />
<strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Herz-Thorax-Gefäßchirurgie den<br />
interventionellen Aortenklappenersatz an<br />
<strong>der</strong> MHH als Therapieoption <strong>für</strong> ältere<br />
Patienten mit schwerer Aortenklappen -<br />
stenose. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte<br />
sind die kardiale Magnetresonanztomographie,<br />
interventionelle Verfahren<br />
sowie regenerative Therapien nach Myokardinfarkt.<br />
Die Habilitation hatte das<br />
Thema „Intrakoronare Knochenmarkzelltherapie<br />
bei Patienten nach akutem Myokardinfarkt“.<br />
Es folgte die Ernennung zum<br />
apl. Professor an <strong>der</strong> MHH.<br />
Die III. Medizinische Abteilung <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong><br />
<strong>Klinik</strong> Altona wurde im Oktober um<br />
die „Angiologie“ erweitert und ist damit<br />
zusammen mit <strong>der</strong> Gefäßchirurgie (Prof.<br />
Kortmann) und <strong>der</strong> Radiologie (Prof. Fischbach)<br />
fester Bestandteil des zertifizierten<br />
Gefäßzentrums. Ein weiteres Ziel ist, die<br />
Pneumologie in Altona zu stärken, um dem<br />
regional großen Bedarf in <strong>der</strong> Versorgung<br />
dieser Patienten gerecht zu werden. Die<br />
Ausrichtung <strong>der</strong> Kardiologie ist vor allem<br />
an <strong>der</strong> Optimierung <strong>der</strong> Versorgung von<br />
Akut-Patienten im Herzkatheterlabor, auf<br />
<strong>der</strong> Intensivstation und in Zusammenarbeit<br />
mit <strong>der</strong> Zentralen Notaufnahme (Dr.<br />
Hogan) orientiert. Ein weiterer Schwerpunkt<br />
<strong>der</strong> Abteilung ist die elektrophysiologische<br />
Versorgung mit beson<strong>der</strong>er Expertise<br />
in <strong>der</strong> Gerätetherapie.<br />
729
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
KONTAKT<br />
Prof. Dr. Karl-Jürgen Oldhafer<br />
I. Chirurgische Abteilung<br />
Allgemein- und Viszeralchirurgie/<br />
Darmzentrum<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Barmbek<br />
Rübenkamp 220, 22291 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-82 28 11<br />
Fax (0 40) 18 18-82 28 19<br />
E-Mail k.oldhafer@asklepios.com<br />
Prof. Dr. Karl-Jürgen Oldhafer Dr. Tobias Pottek<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Barmbek: Neuer Leiter<br />
<strong>der</strong> Allgemein- und Viszeralchirurgie<br />
Ab dem 1. Januar 2010 übernimmt Prof. Dr.<br />
Karl-Jürgen Oldhafer als Nachfolger von<br />
Prof. Dr. Eberhard Gross die Leitung <strong>der</strong><br />
Abteilung <strong>für</strong> Allgemein- und Viszeralchirurgie<br />
in <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Barmbek.<br />
Bisher leitete er als Direktor die <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong><br />
Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie<br />
des Allgemeinen Krankenh<strong>aus</strong>es Celle,<br />
Lehrkrankenh<strong>aus</strong> <strong>der</strong> Medizinischen<br />
Hochschule Hannover. Oldhafer wurde<br />
1960 in Wolfenbüttel geboren, studierte<br />
Humanmedizin an <strong>der</strong> Georg-August-Universität<br />
Göttingen sowie <strong>der</strong> University of<br />
Illinois, Chicago. Anschließend arbeitete er<br />
als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in <strong>der</strong><br />
Experimentellen Pathologie und in <strong>der</strong><br />
Transplantationsimmunologie <strong>der</strong> MHH,<br />
1986 begann er seine Facharzt<strong>aus</strong>bildung<br />
im Department <strong>für</strong> Chirurgie unter Prof.<br />
Pichlmayr. Im Rahmen <strong>der</strong> Ausbildung<br />
rotierte er in die <strong>Klinik</strong>en <strong>für</strong> Unfallchirurgie<br />
(Prof. Tscherne) und Herz-, Thoraxund<br />
Gefäßchirurgie (Prof. Borst). 1992<br />
erwarb Oldhafer die Gebietsbezeichnung<br />
Arzt <strong>für</strong> Chirurgie. 1993 erlangte er die<br />
Venia Legendi an <strong>der</strong> MHH <strong>für</strong> das Fach<br />
Chirurgie mit dem Thema „Ischämie- und<br />
Reperfusionsschaden nach orthotoper<br />
Lebertransplantation“. Als Oberarzt leitete<br />
Oldhafer zunächst das Transplantationsprogramm<br />
<strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Abdominal- und<br />
Transplantationschirurgie und war später<br />
schwerpunktmäßig in <strong>der</strong> onkologischen<br />
Chirurgie eingesetzt. Während seiner<br />
Tätigkeit an <strong>der</strong> MHH erkannte er das<br />
Potenzial <strong>der</strong> computerunterstützten OP-<br />
Planung und arbeitete seitdem kontinuierlich<br />
auf diesem Gebiet. Diese Arbeit wurde<br />
mehrfach von <strong>der</strong> Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
unterstützt. 1998 erhielt er<br />
die Schwerpunktbezeichnung Viszeralchirurgie<br />
und wurde zum außerplanmäßigen<br />
730<br />
Professor ernannt. Im gleichen Jahr wechselte<br />
er als Leiter <strong>der</strong> Sektion Onkologische<br />
Chirurgie an die <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Allgemein- und<br />
Transplantationschirurgie <strong>der</strong> Universität<br />
Essen. Schwerpunkte seiner klinischen<br />
und wissenschaftlichen Tätigkeiten waren<br />
neben <strong>der</strong> computerunterstützten Operationsplanung<br />
die Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />
multimodalen Therapiekonzepte in<br />
Zusammenarbeit mit dem Westdeutschen<br />
Tumorzentrum bei Tumoren des gesamten<br />
Bauchraumes und die Anwendung <strong>der</strong><br />
intraoperativen Strahlentherapie. Seit 2002<br />
leitet Prof. Oldhafer als Direktor die <strong>Klinik</strong><br />
<strong>für</strong> Allgemein-, Viszeral- und Thorax -<br />
chirurgie des AKH Celle. Das Krankenh<strong>aus</strong><br />
versorgt ein Einzugsgebiet von circa<br />
250.000 Einwohnern. Das Spektrum <strong>der</strong><br />
<strong>Klinik</strong> umfasst die gesamte Allgemeinchirurgie<br />
und mo<strong>der</strong>ne Viszeralchirurgie einschließlich<br />
<strong>der</strong> laparoskopischen Operationstechniken.<br />
In <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong><br />
Barmbek möchte er mit <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Gastroenterologie<br />
ein mo<strong>der</strong>nes Zentrum <strong>für</strong><br />
Viszeralmedizin aufbauen und seinen persönlichen<br />
Schwerpunkt auf dem Gebiet<br />
<strong>der</strong> onkologischen Chirurgie in Zusam -<br />
menarbeit mit den an<strong>der</strong>en in <strong>der</strong> Krebstherapie<br />
aktiven <strong>Klinik</strong>en einbringen. Die<br />
enge und unkomplizierte Zusammenarbeit<br />
mit den nie<strong>der</strong>gelassenen Kollegen liegt<br />
ihm sehr am Herzen und stellt <strong>für</strong> ihn ein<br />
wichtiges Glied in <strong>der</strong> Behandlungskette<br />
<strong>für</strong> die Patienten in <strong>der</strong> Region dar.<br />
<strong>Asklepios</strong> Westklinikum Hamburg:<br />
Neue <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Urologie<br />
Seit September leitet Dr. Tobias Pottek die<br />
neugegründete <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Urologie am<br />
<strong>Asklepios</strong> Westklinikum Hamburg in Rissen.<br />
Pottek wurde in Kettwig an <strong>der</strong> Ruhr<br />
geboren, wuchs in Hagen/Westfalen auf<br />
und studierte Medizin an den Universitäten<br />
in Bochum und Essen. Seine chirurgische<br />
und urologische Weiterbildung absolvierte<br />
er an den Bundeswehrkrankenhäusern<br />
Detmold, Hamburg und Berlin sowie am<br />
AK Harburg. 1998 – 2003 war er Oberarzt,<br />
bis 2007 stellvertreten<strong>der</strong> leiten<strong>der</strong> Arzt<br />
<strong>der</strong> Abteilung Urologie am Bundeswehrkrankenh<strong>aus</strong><br />
Hamburg. Er nahm an diversen<br />
Auslandseinsätzen <strong>der</strong> Bundeswehr<br />
teil, in leiten<strong>der</strong> Stellung ein halbes Jahr in<br />
Sarajevo <strong>für</strong> die SFOR und in Prizren/<br />
Kosovo <strong>für</strong> die KFOR. Seit 2007 war Pottek<br />
Chefarzt des Urologischen Zentrums am<br />
Regio <strong>Klinik</strong>um Wedel. Von dort bringt er<br />
den Leitenden Oberarzt und Stellvertreter<br />
Dr. Ralph Ovenbeck, Oberarzt Torsten<br />
Böhmer sowie die Assistenzärzte Dr. Silke<br />
Eckmann, Bayegra Sadri, Jonas Wilisch<br />
und Dr. Sarah Furchert mit. Auch Tobias<br />
Klein, Leiter <strong>der</strong> urologischen und onkologischen<br />
Pflege, sowie weiteres Pflegepersonal<br />
<strong>aus</strong> den Bereichen Urologische Pflege,<br />
OP und Anästhesie sind Pottek gefolgt.<br />
Der Aufbau <strong>der</strong> neuen <strong>Klinik</strong> erfolgt somit<br />
in gewohnter Zusammenarbeit eines <strong>aus</strong>gesuchten<br />
und perfekt zusammengewachsenen<br />
Teams. Pottek ist Mitglied <strong>der</strong> maßgeblichen<br />
internationalen und nationalen<br />
Fachgesellschaften wie <strong>der</strong> American Urological<br />
Association, <strong>der</strong> European Association<br />
of Urology, <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />
<strong>für</strong> Urologie, dem Bund Deutscher<br />
Urologen und <strong>der</strong> Vereinigung Norddeutscher<br />
Urologen sowie einiger Expertenver -<br />
einigungen wie <strong>der</strong> European Germ Cell<br />
Cancer Consensus Group und <strong>der</strong> Europe-
KONTAKT<br />
Dr. Tobias Pottek<br />
Urologie<br />
<strong>Asklepios</strong> Westklinikum Hamburg<br />
Suurheid 20, 22559 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 81 91-24 22<br />
Fax (0 40) 81 91-24 24<br />
E-Mail: t.pottek@asklepios.com<br />
an Society of Genito-Urinary Reconstruc tive<br />
Surgeons. Seine Publikationen beschäftigen<br />
sich vor allem mit Themen <strong>der</strong> urologischen<br />
Onkologie und rekonstruktiven Chirurgie.<br />
Schwerpunkte <strong>der</strong> neuen Abteilung werden<br />
die operative und medikamentöse Therapie<br />
<strong>der</strong> Tumore des Urogenitaltraktes und re -<br />
konstruktive Operationen sein. Im Vor<strong>der</strong>grund<br />
stehen mo<strong>der</strong>ne Methoden zur<br />
Behandlung des Prostatakarzinoms, des<br />
Blasenkarzinoms und <strong>der</strong> Hodentumore.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> rekonstruktiven Operationen<br />
haben Harnröhren chirurgie bei Männern<br />
und Inkontinenzchirurgie bei Männern<br />
und Frauen einen beson<strong>der</strong>en Stellenwert.<br />
Alle Verfahren <strong>der</strong> urologischen Kernkompetenz<br />
werden durchgeführt. Für die<br />
Behandlung <strong>der</strong> benignen Prostatahyperplasie<br />
und <strong>der</strong> Steinleiden stehen mo<strong>der</strong>nste<br />
Geräte und Verfahren zur Verfügung –<br />
von <strong>der</strong> Lasertherapie bis zur ESWL (Extrakorporale<br />
Stoßwellenlithotripsie). Großen<br />
Wert legt Pottek auf die Kooperation mit<br />
den nie<strong>der</strong>gelassenen Kollegen im regionalen<br />
Umfeld. Die bislang als Belegärzte in<br />
Rissen tätigen Urologen Drs. Bruns und<br />
Heitz werden als Kooperationsärzte in die<br />
neue <strong>Klinik</strong> integriert und wirken am Aufbau<br />
sehr aktiv mit. Ein wesentliches Ziel<br />
<strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> ist die intensive, abgestimmte<br />
Verzahnung zwischen ambulanter und stationärer<br />
Versorgung.<br />
Prof. Dr. Michael Schmoeckel<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg:<br />
Neuer Leiter <strong>der</strong> Herzchirurgie<br />
Prof. Dr. Michael Schmoeckel leitet seit Juli<br />
2009 als Nachfolger von Prof. Dr. Jörg<br />
Ostermeyer die Abteilung <strong>für</strong> Herzchirurgie<br />
des Hanseatischen Herzzentrums in<br />
<strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg. Bisher war<br />
Schmoeckel Leiten<strong>der</strong> Oberarzt <strong>der</strong> Herzchirurgischen<br />
<strong>Klinik</strong> und Poliklinik <strong>der</strong><br />
Ludwig-Maximilians-Universität München<br />
im <strong>Klinik</strong>um Großha<strong>der</strong>n. Er wurde in<br />
Stuttgart geboren, studierte an <strong>der</strong> Eberhard-Karls-Universität<br />
Tübingen, <strong>der</strong> Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München<br />
und <strong>der</strong> University of Cape Town, Süd -<br />
afrika. Seine Weiterbildung absolvierte<br />
Schmoeckel in <strong>der</strong> Herzchirurgischen <strong>Klinik</strong><br />
des <strong>Klinik</strong>ums Großha<strong>der</strong>n unter Prof.<br />
Reichart, wo er nach einem Habilitationsstipendium<br />
<strong>der</strong> Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
in Cambridge unter Prof. White,<br />
Prof. Wallwork und Prof. Sir Roy Calne<br />
auch Oberassistent und schließlich Oberarzt<br />
wurde. Nach <strong>der</strong> Habilitation <strong>für</strong> das<br />
Gebiet Herzchirurgie absolvierte Schmoeckel<br />
zusätzlich ein Fernstudium „Management<br />
von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen“<br />
<strong>der</strong> Universitäten Kaiserslautern<br />
und Witten/Herdecke. Seit 2001 leitete er<br />
die Herzschrittmacher und ICD-Abteilung<br />
<strong>der</strong> Herzchirurgischen <strong>Klinik</strong> <strong>der</strong> LMU<br />
und seit 2004 das Projekt „Multitransgenic<br />
animals and in-vivo gene transfer in experimental<br />
xenotransplantation models“ <strong>der</strong><br />
DFG Transregio-Forschergruppe 535<br />
„Xenotransplantation“. 2005 – 2007 leitete<br />
er zusätzlich die Herztransplantationsambulanz<br />
<strong>der</strong> Herzchirurgischen <strong>Klinik</strong> <strong>der</strong><br />
LMU. 1996 erhielt er den Forschungspreis<br />
<strong>der</strong> Deutschen Herzstiftung, 1999 den<br />
Ernst-Derra-Preis <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />
<strong>für</strong> Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie.<br />
2007 wurde Schmoeckel zum außerplanmäßigen<br />
Professor <strong>der</strong> LMU München<br />
KONTAKT<br />
Prof. Dr. Michael Schmoeckel<br />
Abteilung <strong>für</strong> Herzchirurgie<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg<br />
Lohmühlenstraße 5, 20099 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-85 41 50<br />
Fax (0 40) 18 18-85 41 84<br />
E-Mail: m.schmoeckel@asklepios.com<br />
Personalia<br />
und Leitenden Oberarzt <strong>der</strong> Herzchirurgischen<br />
<strong>Klinik</strong> ernannt. Seine wissenschaftlichen<br />
Schwerpunkte liegen in <strong>der</strong> Herztransplantation,<br />
<strong>der</strong> Koronarchirurgie<br />
(OPCAB), <strong>der</strong> Aorten- und Mitralklappenrekonstruktion,<br />
<strong>der</strong> Gentherapie durch<br />
vektorvermittelten Gentransfer sowie <strong>der</strong><br />
kardialen Resynchronisations-Therapie<br />
(CRT). In <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> St. Georg<br />
möchte Schmoeckel im Bereich <strong>der</strong> Koro -<br />
narchirurgie die total arterielle Revaskularisierung<br />
und die „Off-Pump“-Chirurgie<br />
<strong>aus</strong>bauen. Im Bereich <strong>der</strong> Klappenchirurgie<br />
sollen zunehmend minimal invasive<br />
Verfahren zum Einsatz kommen, wobei<br />
<strong>der</strong> Mitralklappenrekonstruktion und <strong>der</strong><br />
intraoperativen Ablation des Vorhofflimmerns<br />
weiter große Bedeutung zukommt.<br />
Ein zusätzlicher Schwerpunkt liegt in <strong>der</strong><br />
Rekonstruktion von Aortenklappen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
bei angeboren bikuspiden Klappen<br />
und bei Dilatation <strong>der</strong> Aortenwurzel<br />
(David-Operation). Die Chirurgie des Aortenbogens<br />
soll künftig durch antegrade<br />
selektive Hirnperfusion im Kreislaufstillstand<br />
noch komplikationsärmer gemacht<br />
werden. Nicht zuletzt wird nach Inbetriebnahme<br />
<strong>der</strong> beiden Hybrid-OPs im Rahmen<br />
des neuen Herz-, Gefäß- und Diabeteszentrums<br />
in St. Georg die interdisziplinäre<br />
Zusammenarbeit bei <strong>der</strong> Implantation<br />
kathetergestützter Herzklappen und Aortenstents<br />
(„Debranching“) eine her<strong>aus</strong> -<br />
ragende Rolle spielen.<br />
731
Prof. Dr. Michael Semik<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg:<br />
Neuer Leiter <strong>der</strong> Thoraxchirurgie<br />
Am 15. Oktober übernahm Prof. Dr.<br />
Michael Semik als Nachfolger von Dr.<br />
Christian Kugler die Leitung <strong>der</strong> Abteilung<br />
<strong>für</strong> Thoraxchirurgie <strong>der</strong> <strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong><br />
Harburg. Zuvor leitete er als Chefarzt die<br />
Abteilung <strong>für</strong> Thoraxchirurgie in <strong>der</strong> Lungenklinik<br />
Hemer, Zentrum <strong>für</strong> Thoraxchirurgie<br />
und Pneumologie. Prof. Semik wurde<br />
in Kiel geboren, studierte Humanmedizin<br />
an <strong>der</strong> Christian-Albrechts-Universität Kiel<br />
und begann seine Weiterbildung an <strong>der</strong><br />
Chirurgischen <strong>Klinik</strong> im <strong>Klinik</strong>um Charlottenburg<br />
<strong>der</strong> Freien Universität (FU) Berlin<br />
unter Prof. Bücherl. Später wechselte er an<br />
die Orthopädische <strong>Klinik</strong> im Oskar-Helene-<br />
Heim <strong>der</strong> FU Berlin unter Prof. Friedebold,<br />
an die Abteilung <strong>für</strong> Kardiovaskuläre Chi -<br />
rurgie <strong>der</strong> Christian-Albrechts-Universität<br />
Kiel unter Prof. Bernhard und an die dortige<br />
Abteilung Allgemeinchirurgie unter<br />
Prof. Hamelmann sowie schließlich in die<br />
Abteilung Thoraxchirurgie <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> Schillerhöhe,<br />
Zentrum <strong>für</strong> Pneumologie und<br />
Thoraxchirurgie, Gerlingen/Stuttgart. Auslandsaufenthalte<br />
im Harefield Hospital,<br />
London, unter Prof. Yacoub dienten <strong>der</strong><br />
Weiterbildung in <strong>der</strong> Herz- und Lungentransplantation.<br />
1989 erhielt Prof. Semik<br />
die Facharztanerkennung „Chirurgie“ <strong>der</strong><br />
<strong>Ärzte</strong>kammer Schleswig-Holstein, 1991 die<br />
Teilgebietsanerkennung „Thorax- und Kardiovaskularchirurgie“<br />
<strong>der</strong> <strong>Ärzte</strong>kammer<br />
Baden-Württemberg. 1994 wechselte er als<br />
Oberarzt an die <strong>Klinik</strong> und Poliklinik <strong>für</strong><br />
Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie <strong>der</strong><br />
Westfälischen Wilhelms-Universität Müns -<br />
ter, wo er den Aufbau <strong>der</strong> speziellen<br />
Thoraxchirurgie und seit 1999 auch das<br />
Lungentransplantationsprogramm verantwortete.<br />
2001 erhielt Semik die europäische<br />
Facharztanerkennung <strong>für</strong> Thoraxchirurgie<br />
FETCS, 2005 wurde er zum Universitäts-<br />
732<br />
K O N T A K T<br />
Prof. Dr. Michael Semik<br />
Thoraxchirurgie<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg<br />
Eißendorfer Pferdeweg 52, 21075 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-86 21 47<br />
Fax (0 40) 18 18-86 21 48<br />
E-Mail: m.semik@asklepios.com<br />
professor W2 <strong>für</strong> Thoraxchirurgie <strong>der</strong><br />
Westfälischen Wilhelms-Universität Müns -<br />
ter berufen, nach dem Ausscheiden <strong>aus</strong> <strong>der</strong><br />
Universität 11/2008 zum außerplanmäßigen<br />
Professor. Seit 2008 leitete Prof. Semik<br />
die Abteilung Thoraxchirurgie <strong>der</strong> Lungenklinik<br />
Hemer, <strong>der</strong>en Zertifizierung zum<br />
Lungenkrebszentrum <strong>der</strong> Deutschen Krebsgesellschaft<br />
er koordinierte. Seine wissenschaftlichen<br />
Schwerpunkte liegen in <strong>der</strong><br />
operativen Therapie des fortgeschrittenen<br />
Bronchialkarzinoms und an<strong>der</strong>er Malignome<br />
des Thorax, häufig im Rahmen multimodaler<br />
Therapiekonzepte, <strong>der</strong> Lungenmetastasenchirurgie,<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>thoraxchirurgie,<br />
<strong>der</strong> Thoraxchirurgie finaler Lungenerkrankungen<br />
(z. B. Lungenemphysem) und <strong>der</strong><br />
videoassistierten Thorakoskopie. In <strong>der</strong><br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg möchte er die<br />
Thoraxchirurgie wie<strong>der</strong> auf hohem Niveau<br />
stabilisieren, zahlenmäßig und inhaltlich<br />
stärken (z. B. Kin<strong>der</strong>thoraxchirurgie, Metastasenchirurgie)<br />
und mit <strong>der</strong> Pneumologie<br />
neue multimodale Therapiekonzepte initiieren.<br />
Darüber hin<strong>aus</strong> ist die Zertifizierung<br />
<strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> zum „Lungenkrebszentrum“<br />
<strong>der</strong> Deutschen Krebsgesellschaft und zum<br />
„Kompetenzzentrum Thoraxchirurgie“ <strong>der</strong><br />
Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Thoraxchirurgie<br />
geplant.
Pränatale Diagnose von posterioren<br />
Urethralklappen:<br />
Wann und wie soll man behandeln?<br />
Dr. Bernd Richter, Nikolai Filippow, Priv.-Doz. Dr. Martin Krapp<br />
Ätiologie<br />
Histologische Kriterien sprechen da<strong>für</strong>,<br />
dass es sich bei den posterioren Urethralklappen<br />
um Anteile fehlerhaft integrierter<br />
Müllerscher Strukturen handelt. [5] Sie kommen<br />
bei 1:5.000 männlichen Neugeborenen<br />
vor. [6]<br />
<strong>Klinik</strong><br />
Urethralklappen führen zu primären und<br />
sekundären Folgeerkrankungen: Primär ist<br />
die Entwicklung einer ein- o<strong>der</strong> beidseitigen,<br />
teilweisen o<strong>der</strong> vollständigen dysplastischen<br />
Nierendegeneration. Nach <strong>der</strong><br />
Geburt leidet etwa jedes dritte betroffene<br />
Kind unter Niereninsuffizienz, ein Drittel<br />
zeigt eine gute Rekonvaleszenz bei geringen<br />
Einschränkungen <strong>der</strong> Nierenfunktion,<br />
die aber bei Eintritt in die Pubertät doch<br />
noch in eine progrediente dialysepflichtige<br />
Insuffizienz münden können. Ein Drittel<br />
<strong>der</strong> betroffenen Kin<strong>der</strong> ist nierengesund. [1]<br />
Als sekundäre pathologische Verläufe zeigen<br />
Knaben mit Urethralklappen häufig<br />
einen sekundären vesikoureteralen Reflux.<br />
Harnwegsinfekte spielen bei <strong>der</strong> Entwicklung<br />
einer möglichen Refluxnephropathie<br />
die entscheidende Rolle. Durch in den<br />
ersten drei Lebensjahren entstehende Nar-<br />
ben kommt es zu vermin<strong>der</strong>tem Nierenwachstum<br />
bis hin zur Entwicklung von<br />
Schrumpfnieren und damit einhergehenden<br />
Funktionseinschränkungen. [7] In<br />
Deutschland wird die antibiotische Infektprophylaxe<br />
trotz fehlen<strong>der</strong> Evidenz <strong>aus</strong><br />
Sicherheitsgründen weiter durchgeführt. [8]<br />
Dabei sollten Cephalosporine, entgegen<br />
weitläufiger Praxis, wegen <strong>der</strong> <strong>für</strong> sie typischen<br />
Enterokokkenlücke vermieden werden.<br />
Einen zweiten pathogenetischen Faktor <strong>der</strong><br />
Refluxnephropathie stellt die gestörte Blasenentleerung<br />
mit niedriger Compliance<br />
und erhöhtem intravesikalen Druck dar.<br />
Ein geringer Teil <strong>der</strong> betroffenen Knaben<br />
leidet im Verlauf des Säuglings- und Kleinkindalters<br />
unter myogenen Blasenfunktionsstörungen<br />
mit großen Blasen und<br />
Rest harnmengen deutlich über 50 ml.<br />
Diese Kin<strong>der</strong> müssen durch saubere intermittierende<br />
Katheterisierung am Tag und<br />
möglichst auch in <strong>der</strong> Nacht versorgt werden.<br />
Als weitere Pathologie nach Urethralklappen<br />
ist die Entwicklung einer klein -<br />
kapazitären Hochdruckblase möglich. [4]<br />
Dieser Entwicklung wird vor allem durch<br />
eine verspätete Therapie und zu lange<br />
suprapubische Harnableitung Vorschub<br />
geleistet.<br />
Falldarstellung<br />
Kin<strong>der</strong>urologie<br />
Pränatal festgestellte beidseitige Harntransportstörungen bei Knaben weisen auf posteriore Urethralklappen hin.<br />
Als Schweregradkriterien gelten frühzeitiges Auftreten in <strong>der</strong> Schwangerschaft, rasche Progredienz und Oligohydramnie.<br />
[1] Die Frage <strong>der</strong> vorzeitigen Geburtseinleitung ist wegen <strong>der</strong> Unbeeinflussbarkeit bereits eingetretener<br />
dysplastischer Nierenverän<strong>der</strong>ung umstritten. [2,3] Dagegen lassen sich sekundäre Schädigungen des Harntrakts<br />
durch vorzeitige Geburtseinleitung bei bestehen<strong>der</strong> Lungenreife verringern. Ein wichtiges Ziel ist die normale<br />
Entwicklung <strong>der</strong> Blasenfunktion, die durch frühzeitige Intervention mit Einleitung <strong>der</strong> Geburt in <strong>der</strong> 38. Schwangerschaftswoche,<br />
suprapubischer Harnableitung am ersten Lebenstag und Ablation <strong>der</strong> Urethralklappen in <strong>der</strong><br />
sechsten Lebenswoche am besten zu erreichen ist. [4]<br />
In <strong>der</strong> vollendeten 16. Schwangerschaftswoche<br />
einer 30-jährigen G1P0 wird sonografisch<br />
beim Feten eine zystische Verän<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> linken Niere festgestellt. Die<br />
weitere Fehlbildungsdiagnostik ist unauffällig.<br />
In <strong>der</strong> 35 + 3 Schwangerschaftswoche<br />
erfolgt bei Zunahme des Befundes die Vorstellung<br />
in <strong>der</strong> Pränatalmedizin. Sonografisch<br />
lassen sich Megaureteren beidseits<br />
und milde Hydronephrosen beidseits nachweisen.<br />
Darüber hin<strong>aus</strong> besteht <strong>der</strong> Verdacht<br />
auf eine Zystozele. Die Fruchtwassermenge<br />
ist normal.<br />
Bei einer Verlaufskontrolle in <strong>der</strong> 36.<br />
Schwangerschaftswoche wird unter konsiliarischer<br />
Hinzuziehung des Kin<strong>der</strong>urologen<br />
bei männlichem Geschlecht des Feten<br />
eine progrediente beidseitige Harnstauung<br />
mit großer Blase und deutlich reduzierter<br />
Parenchymdicke <strong>der</strong> linken Niere sowie<br />
eine kompensatorisch vergrößerte rechte<br />
Niere beschrieben (Abb. 1).<br />
Der Kin<strong>der</strong>urologe stellt die Verdachts -<br />
diagnose posteriorer Urethralklappen und<br />
stimmt das weitere Vorgehen mit Eltern<br />
und Geburtshelfern ab. Die Geburt wird in<br />
<strong>der</strong> 38. Schwangerschaftswoche eingeleitet.<br />
733
Medtropole | Ausgabe 19 | Oktober 2009<br />
Abb. 1: 36. Schwangerschaftswoche Abb. 2: Urethralklappennachweis im MCU<br />
Am ersten postnatalen Tag wird eine<br />
suprapubische Harnableitung angelegt<br />
und eine antibiotische Harnweginfektprophylaxe<br />
mit Trimethoprim 2 mg/ kg KG<br />
begonnen.<br />
Im Alter von vier Wochen bestätigt eine<br />
Miktionscysturethrografie (MCU) das Vorliegen<br />
von Urethralklappen (Abb. 2). Im<br />
Alter von sechs Wochen zeigt eine MAG 3<br />
Nierensequenzszintigrafie eine Restfunktion<br />
<strong>der</strong> linken Niere von acht Prozent.<br />
Darüber hin<strong>aus</strong> zeigt sich ein beidseitiger<br />
vesikorenaler Reflux, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> MCU<br />
nicht zur Darstellung gekommen war. Die<br />
Möglichkeit falsch negativer Refluxbefunde<br />
im Miktionscysturethrogramm ist in <strong>der</strong><br />
Literatur hinlänglich bekannt. [10]<br />
Mit acht Wochen (korrigiertes Alter sechs<br />
Wochen) wird die zysturethroskopische<br />
Klappenresektion durchgeführt (Abb. 3),<br />
ein transurethraler 6 Ch-Bläschen-Katheter<br />
<strong>für</strong> drei Tage eingelegt und <strong>der</strong> Säugling<br />
schließlich am dritten postoperativen Tag<br />
nach Ziehen des suprapubischen Katheters<br />
mit restharn- und beschwerdefreier Miktion<br />
nach H<strong>aus</strong>e entlassen.<br />
Bei einer ultrasonografischen Verlaufs -<br />
kontrolle nach einer Woche werden die<br />
restharnfreie Blasenentleerung, die persistierende<br />
Blasenwandverdickung (> 5 mm)<br />
und die Megaureterenpersistenz beidseits<br />
überprüft. Bei regredienter Harntransportstörung<br />
ist im weiteren Verlauf keine zu -<br />
sätzliche Untersuchung vorgesehen, im<br />
Fall von Persistenz o<strong>der</strong> Progredienz würde<br />
734<br />
eine Folgezystoskopie mit <strong>der</strong> Bereitschaft<br />
zur Urethralklappenrest-Nachresektion<br />
geplant. Die Inkaufnahme einer Nach -<br />
resektion von Klappenresten ist sicherer<br />
als eine initial zu radikale Resektion.<br />
Diagnostik<br />
Bei den Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen<br />
in <strong>der</strong> 10., 20. und 30. Woche fallen<br />
Harntransportstörungen des Feten bei<br />
einer von 100 Schwangeren auf. In 48 Prozent<br />
handelt es sich um spontan reversible<br />
Erscheinungen. [9] Bei progredienten beidseitigen<br />
Befunden, männlichem Fetus und<br />
Oligohydramnion ist von gefährlichen posterioren<br />
Urethralklappen <strong>aus</strong>zugehen. In<br />
diesen Fällen sollte ein Kin<strong>der</strong>urologe hinzugezogen<br />
werden, um im Wege <strong>der</strong> Risikoaufklärung<br />
und Erläuterung des Vorgehens<br />
nach <strong>der</strong> Geburt mit den zukünftigen<br />
Eltern des Kindes Kontakt aufzunehmen<br />
und so eine zeitgerechte postpartale Therapie<br />
zu ermöglichen.<br />
Die serologische Untersuchung von Nierenretentionswerten<br />
und Elektrolyten am<br />
2. – 3. Lebenstag ist <strong>aus</strong>reichend, da das<br />
Neugeborene anfangs noch von <strong>der</strong> plazentaren<br />
mütterlichen Clearance profitiert.<br />
Eine Miktionszysturethrografie wird bei<br />
zwischenzeitlichen Ultraschallkontrollen<br />
im korrigierten Alter von einem Monat<br />
durchgeführt. Bei Bestätigung des Verdachtsbefundes<br />
kann dann die zysturethroskopische<br />
Klappenresektion in Narkose<br />
geplant werden.<br />
Therapie<br />
In den ersten drei Lebenstagen ist <strong>der</strong> Flüssigkeitsumsatz<br />
physiologisch reduziert,<br />
sodass die suprapubische Harnableitung<br />
mit Ch 5 Zystofixkatheter in dieser Zeit<br />
vielerorts mit aufgeschobener Dringlichkeit<br />
durchgeführt wird. Nach unserer Einschätzung<br />
sollte die suprapubische Harnableitung<br />
bei Nichtvorliegen perinatologischer<br />
Probleme am ersten Lebenstag erfolgen.<br />
Da es sich um eine einfache, in Lokalanästhesie<br />
und geringer Sedierung unter Ultraschallkontrolle<br />
durchzuführende Maßnahme<br />
handelt, ist eine Verlegung des Kindes<br />
in eine Spezialklinik und die damit verbundene<br />
Trennung von Mutter und Kind<br />
nicht nötig. Vorsicht: Der Einsatz von Morphinanaloga<br />
sollte beim Neugeborenen<br />
wegen <strong>der</strong> zu erwartenden vermin<strong>der</strong>ten<br />
Clearance, erhöhten Ansprechbarkeit und<br />
Unreife des Atemzentrums vermieden<br />
werden. Eine Atemstörung mit einer mehrstündigen<br />
Latenz ist möglich. Bestätigt sich<br />
<strong>der</strong> Verdachtsbefund posteriorer Urethralklappen<br />
durch eine Miktionscysturethrografie<br />
über den liegenden 5 Ch suprapubischen<br />
Katheter im (korrigierten) Alter von<br />
vier Wochen, kann die Ablation <strong>der</strong> posterioren<br />
Urethralklappen elektiv geplant und<br />
im Alter von sechs Wochen durchgeführt<br />
werden.<br />
Die Therapie <strong>der</strong> posterioren Urethralklappen<br />
erfor<strong>der</strong>t eine kin<strong>der</strong>urologische Ausrüstung,<br />
die bis zum gewünschten Therapieerfolg<br />
gestaffelt zum Einsatz kommt:<br />
Begonnen wird mit einem 7,5 Ch-Diagnos-
Abb. 3: Endoskopische Darstellung<br />
tik-Zystoskop mit 0-Grad-Optik und 3 Ch<br />
Arbeitskanal. Als Spülflüssigkeit dient Sorbitlösung,<br />
um im Zuge <strong>der</strong> Therapie falls<br />
erfor<strong>der</strong>lich auch die monoplare Resektion<br />
einsetzen zu können. Blasenwand, Ureterostien,<br />
proximale Urethra und die Klappen<br />
selbst werden unter Anspülen inspiziert.<br />
Die Klappen werden in Bezug auf<br />
ihre Restöffnung beschrieben und <strong>für</strong> die<br />
Laser-Ablationstherapie eingestellt. Mit<br />
einer RevoLix-Dioden-Laserfaser (Flexifib,<br />
Außendurchmesser 0,5 mm) werden unter<br />
Sicht im Weichteil-Modus mit etwa sechs<br />
Watt nacheinan<strong>der</strong> beide Klappenrän<strong>der</strong><br />
abladiert. Der Vorteil dieses Diodenlasers<br />
liegt in <strong>der</strong> geringen Laserstrahl-Eindringtiefe,<br />
die durch Arbeiten unter Sicht optimal<br />
kontrolliert werden kann. Der Nachteil<br />
besteht in <strong>der</strong> nach vorn gerichteten<br />
Arbeitsrichtung mit schlechter Steuerbarkeit<br />
<strong>der</strong> schneidenden Faserspitze, die den<br />
Resektionserfolg begrenzt. Die Laserablationstherapie<br />
kann aber im Rahmen <strong>der</strong><br />
Diagnostik mit dem kleinsten, verfügbaren<br />
Zystoskop immer zum Einsatz gebracht<br />
werden. Das ist <strong>der</strong> entscheidende Vorteil<br />
bei <strong>der</strong> frühen Indikation <strong>der</strong> Ablationstherapie<br />
im Alter von sechs Wochen. Zudem<br />
wächst <strong>der</strong> therapeutische Einfluss mit<br />
dem Ausmaß <strong>der</strong> Urethralklappen. Das<br />
heißt: Je größer die Klappe anatomisch<br />
gestaltet ist, umso eher ist die Laserablation<br />
wirksam.<br />
Nach Ausschöpfung <strong>der</strong> Therapiemöglichkeit<br />
mit dem Diodenlaser kommt das 9,8<br />
Ch-Resektoskop zum Einsatz, zunächst mit<br />
dem nicht wie<strong>der</strong> verwendbaren Haken-<br />
messer, das retrograd in die Klappenreste<br />
eingehakt und dann zum Schneiden durchgezogen<br />
wird.<br />
In aller Regel wird spätestens bei diesem<br />
Therapieschritt die gewünschte Entschärfung<br />
(engl. Fulguration) <strong>der</strong> Urethralklappen<br />
erreicht. Eine anatomisch vollständige<br />
Resektion ist <strong>für</strong> das Erreichen eines funktionellen<br />
Normalzustandes völlig unnötig<br />
und zu gefährlich, denn sie führt zu Blutungen<br />
als Zeichen <strong>der</strong> Harnröhrenverletzung<br />
und sekundären Harnröhrenstrikturen.<br />
Ein erhöhtes Verletzungsrisiko ist vor<br />
allem mit <strong>der</strong> Verwendung des monopolaren<br />
Resektoskops verbunden, das wir<br />
daher nur selten und äußerst gezielt zum<br />
Einsatz bringen. In aller Regel ist <strong>der</strong> Einsatz<br />
<strong>der</strong> monopolaren Resektion ohne<br />
Nachteil vermeidbar.<br />
Fazit<br />
Pränatal diagnostizierte obstruktive Uropathien<br />
sind zu einem gewissen Teil postnatal<br />
interventionsbedürftig. Die antenatalen<br />
Untersuchungen ermöglichen im Verlauf<br />
<strong>der</strong> Schwangerschaft eine weitere Selektion.<br />
Postnatal interventionsbedürftige<br />
Fälle sollten bereits pränatal kin<strong>der</strong>urologisch<br />
beraten werden, um den werdenden<br />
Eltern die Angst vor <strong>der</strong> Erkrankung des<br />
Kindes zu nehmen und zu verhin<strong>der</strong>n,<br />
dass durch verspätete Diagnostik und Therapie<br />
den Kin<strong>der</strong>n zusätzlich Schaden<br />
zugefügt wird.<br />
Literatur<br />
Kin<strong>der</strong>urologie<br />
[1] Lopez Pereira P, Espinosa L, Martinez Urrutina MJ.<br />
Posterior urethral valves: prognostic factors. BJU Int. 2003;<br />
91: 687-90.<br />
[2] Schwarz RD, Stephens FD, Cussen LJ. The pathogenesis<br />
of renal dysplasia I. Quantification of hypoplasia and<br />
dysplasia. Invest. Urol. 1981; 19: 994-6.<br />
[3] Cuckow PM, Dinneen MD, Risdon RA, Ransley PG,<br />
Duffy PG. Long-term renal function in the posterior urethral<br />
valves, unilateral reflux and renal dysplasia syndrome.<br />
J Urol. 1997; 158(3): 1004-7.<br />
[4] Mitchell ME, Close CE. Early primary valve ablation for<br />
posterior urethral valves. Semin Pediatr Surg. 1996 Feb;<br />
5(1): 66-71.<br />
[5] Krishnan A, de Souza A, Konijeti R. The anatomy and<br />
embryology of posterior urethral valves. J. Urol. 2006; 175:<br />
1214-20.<br />
[6] Levin TL, Han B, Little PB. Congenital anomalies of the<br />
male urethra. Pediatr. Radiol. 2007. 37(9): 851-62.<br />
[7] Sjöström S, Jodal U, Sixt R, Bachelard M, Sillén U. Longitudinal<br />
development of renal damage and renal function<br />
in infants with high grade vesicoureteral reflux. J Urol.<br />
2009; 81(5): 2277-83.<br />
[8] Beetz R. May we go on with antibacterial prophylaxis<br />
for urinary tract infections? Pediatr Nephrol. 2006; 21(1):<br />
5-13.<br />
[9] Livera LN, Brookfield DSK, Egginton JA, Hawnaur JM.<br />
Antenatal sonography to detect fetal renal abnormalities:<br />
a prospective screening programme. Brit med J. 1989; 298:<br />
1421-3.<br />
[10] Merrick MV, Notghi A, Chalmers N, Wilkinson AG,<br />
and Uttley WS. Vesico-ureteric reflux and other risk factors<br />
for renal damage: identification of high- and low-risk<br />
children. Arch Dis Child. 1995; 72(5): 388-92.<br />
Kontakt<br />
Dr. Bernd Richter<br />
Leiten<strong>der</strong> Arzt<br />
<strong>der</strong> Sektion <strong>für</strong> Kin<strong>der</strong>chirurgie<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg<br />
Eißendorfer Pferdeweg 52<br />
21075 Hamburg<br />
Tel. (0 40) 18 18-86 50 98<br />
Fax (0 40) 18 18-86 34 25<br />
E-Mail: b.richter@asklepios.com<br />
735
ISSN 1863-8341<br />
Geschichte <strong>der</strong> Medizin<br />
17 Jahre<br />
ENDO CLUB NORD<br />
Julia Rasche<br />
Bald pilgern sie wie<strong>der</strong> in Scharen zum<br />
Congress Centrum Hamburg:<br />
Gastroentero logen <strong>aus</strong> aller Welt wollen an<br />
<strong>der</strong> größten Live-Endoskopie-Veranstaltung<br />
<strong>der</strong> Welt teilnehmen, die <strong>der</strong> ENDO CLUB<br />
NORD (ECN) alljährlich <strong>aus</strong>richtet. Als die<br />
Grün<strong>der</strong>väter, die Professoren Friedrich<br />
Hagenmüller, Nib Soehendra und Dietmar<br />
Wurbs 1991 beschlossen, einen gemeinsamen<br />
Kongress auf die Beine zu stellen, fanden<br />
sie einen prägnanten Namen: ENDO<br />
CLUB NORD. Und zu diesem Club wollte<br />
je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Endoskopie-Szene Rang<br />
und Namen hat, bald dazugehören. Das<br />
Einzigartige: Hier wurden Kräfte von drei<br />
renommierten Hamburger <strong>Klinik</strong>en gebündelt.<br />
Zusammenarbeit statt Konkurrenz<br />
war <strong>der</strong> Schlüssel zum Erfolg.<br />
So fing alles an …<br />
Bereits zum ersten Kongress 1991 kamen<br />
rund 1.500 Teilnehmer. Endoskopische<br />
Interventionen an 30 Patienten wurden live<br />
demonstriert und zur Diskussion gstellt.<br />
Damals standen noch Kurbeltelefone auf<br />
dem Vorstandstisch, es wurde mithilfe von<br />
Diapositiven referiert und auf <strong>der</strong> Bühne<br />
gab es Röhrenprojektoren. Heute hat längst<br />
Powerpoint Einzug gehalten und die Lichtleistung<br />
hat sich verdreifacht. Von Anfang<br />
an ist die Firma LUX AV <strong>für</strong> den technischen<br />
Ablauf verantwortlich, denn eine<br />
hervorragende Licht- und Tonqualität sind<br />
das A und O des Kongresses. Einen bahnbrechenden<br />
Fortschritt verzeichnete <strong>der</strong><br />
ECN 2007: Erstmals wurden alle Live-<br />
Demonstrationen in HDTV übertragen.<br />
Für den ECN stellt Olympus, Partner und<br />
Hauptsponsor des Kongresses, die neueste<br />
Technologie zur Verfügung. Der weltweite<br />
digitale TV-Standard liefert <strong>für</strong> die Medizin<br />
eine optische Auflösung, die zu einem<br />
deutlichen Gewinn <strong>für</strong> die Patienten führt.<br />
www.medtropole.de<br />
Mo<strong>der</strong>nste Übertragungstechnik sorgt <strong>für</strong> beste Eindrücke <strong>aus</strong> den Endoskopielaboratorien<br />
Highlights<br />
Mit den Jahren entwickelte sich <strong>der</strong> ENDO<br />
CLUB NORD zu einem international anerkannten<br />
Kongress. 1994 und 2000 übertrug<br />
die Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Endoskopie<br />
und bildgebende Verfahren dem ENDO<br />
CLUB NORD die Ausrichtung ihres Jahreskongresses<br />
– eine ehrenvolle Aufgabe <strong>für</strong><br />
die Hamburger Endoskopie-Experten. Der<br />
Erfolg blieb nicht <strong>aus</strong>: die Rekordbeteiligung<br />
von 2.600 Teilnehmern hatte es bei einem<br />
Endo skopiekongress noch nie gegeben.<br />
Seine Einzigartigkeit unterstreicht <strong>der</strong><br />
ENDO CLUB NORD auch mit Übertragungen<br />
in die ganze Welt: Mediziner in Griechenland,<br />
Portugal, Irland und Australien<br />
konnten den Kongress live via Satellitenübertragung<br />
in ihren Heimatlän<strong>der</strong>n verfolgen.<br />
Der ENDO CLUB NORD heute<br />
Nach dem plötzlichen Tod von Professor<br />
Wurbs 1999 blieb das Team <strong>der</strong> heutigen<br />
<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Barmbek beim ENDO<br />
CLUB NORD immer an Bord. 2005 trat Privatdozent<br />
Dr. Siegbert Faiss die Nachfolge<br />
von Dietmar Wurbs an, 2007 übernahm er<br />
erstmals die Präsidentschaft des ENDO<br />
CLUB NORD. Nach 35 Jahren verabschiedete<br />
sich im vergangenen Jahr Professor<br />
Nib Soehendra vom Universitätsklinikum<br />
Hamburg-Eppendorf. Sein Nachfolger als<br />
Direktor <strong>der</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Interdisziplinäre<br />
Endoskopie des UKE wurde Professor<br />
Thomas Rösch <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Berliner Charité.<br />
Soehendra übernahm 2008 zum letzten<br />
Mal die Präsidentschaft des ENDO CLUB<br />
NORD und übergab den Staffelstab an<br />
seinen Nachfolger.<br />
In diesem Jahr findet <strong>der</strong> 17. ENDO CLUB NORD<br />
vom 6. – 7. November im CCH statt. Das Programm<br />
verspricht einen sehr lehrreichen Überblick über<br />
die aktuellen Entwicklungen, die jedes endoskopierende<br />
Team kennen sollte. www.endoclubnord.de