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Gemeindebrief Frühjahr 2012 - Evangelische Kirchengemeinde ...

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vorschnell abgewehrt. Wir tÄuschen uns selbst und anderen ein<br />

Leben vor, das keine Tiefen, keine Grenzen kennt. Krisen sind<br />

unangenehm. Wir wollen sie tunlichst vermeiden. Aber sie gehÜren<br />

zu unserem Leben dazu wie die Luft zum Atmen. Und doch gehen<br />

wir darÅber hinweg. Wer zugibt, dass er Probleme hat, gilt als<br />

SchwÄchling. SchwÄche zeigen ist heute uncool. Unsere<br />

Alltagswelt ist wie in zwei Lager geteilt. Auf der einen Seite das<br />

Lager der Starken, Erfolgreichen, Privilegierten. Auf der anderen<br />

Seite das Lager der Schwachen, der Minderbemittelten, der<br />

Versager und Nieten. Wer will schon dazu gehÜren?!<br />

Vielleicht liegt der Unterschied zur Zeit Martin Luthers gerade<br />

darin? Damals gab es diese Lager nicht, zumindest nicht so<br />

offensichtlich. Die Starken, Erfolgreichen, die fanden sich<br />

hÜchstens bei den FÅrsten und hohen Herren. Aber auch die<br />

wussten um ihre Grenzen. Waren sie doch genauso Krankheit und<br />

Tod ausgesetzt. Kinder starben meist schon kurz nach der Geburt,<br />

Ehefrauen im Kindsbett, MÄnner im Krieg, alle hatten zu leiden<br />

unter Hunger und Seuchen. Martin Luther wusste ganz genau, wie<br />

nÜtig er den Glauben brauchte. Darin erfuhr er Halt und<br />

Geborgenheit mitten in den BedrÄngnissen des Alltags. Auch er<br />

musste einige seiner Kinder zu Grabe tragen und litt seit seiner<br />

Klosterzeit unter schwÄchlicher Gesundheit.<br />

Meinen wir das heute nicht mehr zu brauchen, nur weil die Medizin<br />

so viele Fortschritte gemacht hat? Oder weil wir regelmÄÑig zu<br />

essen und zu trinken haben, unsere HÄuser und Wohnungen mit<br />

Strom und Wasser versorgt sind und die winterliche Heizung ein<br />

angenehmes Raumklima ermÜglicht? TatsÄchlich machen wir<br />

dadurch weniger Grenzerfahrungen. Nur sind die Situationen<br />

deshalb nicht weniger geworden, in denen wir auf Trost und<br />

Geborgenheit angewiesen sind, auf Halt und Ermutigung,<br />

Entlastung und Hoffnung. Es sind nur andere. Aber es kommt mir<br />

so vor, als begnÅgten wir uns mit menschlichem Ersatz, als<br />

meinten wir, mehr gÄbe es nicht, mehr sei nicht zu holen, also<br />

brauchen wir es auch nicht.<br />

Wenn Martin Luther auch so gedacht hÄtte, dann wÄren wir heute<br />

nicht nur nicht evangelisch. Dann wÄre er selbst in seinen<br />

Depressionen vergangen, hÄtte aus seinen ángsten nicht<br />

herausgefunden. Den Mut, vor Kaiser und Reich hinzustehen und<br />

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