EXPEDITION GRIMM - Schulmaterialien
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Die Phase der Restauration 1813 – 1829<br />
Baustein 5:<br />
WiLhELm Grimm aN f. c. v. saviGNy 1814<br />
Wilhelm Grimm an F. C. v. Savigny, Kassel, den 1. Januar 1814:<br />
Er berichtet von der Abreise des Bruders Jacob nach Paris als<br />
Legationssekretär (ein Beamter im Auswärtigen Dienst in der Probezeit).<br />
(Er berichtet trotz der fehlenden Neigung Jacobs, dieser würde<br />
die Aufgabe erfolgreich abschließen.)<br />
„Ich denke, es ist immer etwas wert, wenn eine lebendige<br />
Stimme da ist, sie mag so geringen Rang haben, als sie will, die für<br />
das Recht alter Sitte und Verfassung spricht; es geht mit solchen<br />
Ideen, wie mit der Einführung guter alter Worte, wer sie lebendig<br />
fühlt und gebraucht, der stellt sie an den rechten Platz und kann<br />
sie ausbreiten. Fühlte man jenes Recht, so würde man nicht von<br />
der Errichtung von 4 Monarchien (wie Schlegel) oder von einem<br />
Bund der kleinen Staaten mit einem Bundesfeldherrn und dgl.<br />
sprechen; wir Deutsche sind ein Leib und alle Glieder verlangen<br />
und brauchen nur ein Haupt, jene moderne Ideen sind mir gründlich<br />
verhaßt. […]<br />
Mit unsern innern Angelegenheiten geht es dagegen nicht<br />
so gut. Der Kurfürst hatte anfangs die Idee, die 7 Jahre als eine<br />
verschlafene Zeit zu betrachten und sie nicht zu zählen; da dies<br />
natürlich beim ersten Schritt nicht auszuführen war, ließ man von<br />
der ersten Strenge etwas nach. Die Beamten wurden zum Teil an<br />
ihrer bisherigen Stelle gelassen, zum Teil gingen sie an ihren alten<br />
Posten, niemand wußte aber recht, wie er daran war. So wurde<br />
hie und da einzelnes abgeändert, etwas durchgreifendes ist aber<br />
nicht geschehen; freilich muß man bedenken, daß dies schwer war<br />
und man auch wohl die Notwendigkeit einer frischen lebendigen<br />
Handhabung nicht recht einsah. Vieles machte nach der alten Sitte<br />
große Arbeit ohne daß viel damit getan ward […]. Bösen Eindruck<br />
hat es gemacht, daß Buderus, der allgemein verachtet wird,<br />
wieder in Dienst trat, heute ist er nun zum Geheimen Rath ernannt,<br />
hier eine höhere Würde, gleich nach dem Minister. So was sollte<br />
jetzt nicht mehr möglich sein, überhaupt wünsch ich vor allem<br />
zweierlei: daß man etwas davon empfindet, das Volk bedeute in<br />
dieser Zeit etwas und sei etwas herrliches; Misstrauen kann doch<br />
jetzt niemand mehr haben und wer einen solchen Einzug erlebt<br />
hat, kann in seinem Leben nicht den entferntesten Gedanken daran<br />
aufkommen lassen, und dann, daß das Geld nicht zurückgehalten<br />
werde.“<br />
Aus: Ingeborg Schnack, Wilhelm Schoof (Hrsg.), Briefe der<br />
Brüder Grimm an Savigny (Veröffentlichungen der Historischen<br />
Kommission für Hessen und Waldeck, 23), Berlin 1953, Nr. 64,<br />
S. 162 – 163.<br />
12<br />
Baustein 6:<br />
diE GöttiNGEr siEBEN (sEK i / sEK ii)<br />
Das Königreich Hannover, zu dem die Universitätsstadt<br />
Göttingen gehört, hat nach langen Auseinandersetzungen<br />
seit 1833 ein „Staatsgrundgesetz“. Es gewährt neben persönlichen<br />
Grundrechten einer gewählten Ständeversammlung die<br />
Kontrolle der Minister und das uneingeschränkte Budgetrecht.<br />
Ernst August, König von Hannover 1837 – 1851, lehnt die Verfassung<br />
und die Mitspracherechte der Ständeversammlung als<br />
Beschneidung seiner königlichen Position ab. Er hebt im November<br />
1837 die Verfassung auf, wogegen sieben Professoren<br />
der Göttinger Universität Widerspruch einlegen. Die Universität<br />
Göttingen muss die unterzeichnenden Professoren entlassen;<br />
u. a. auch Jacob Grimm wird des Landes verwiesen. In einem<br />
Brief an seinen Schwager, Minister Hassenpflug, der in den<br />
1830er Jahren versucht, die kurhessische Verfassung von 1831<br />
auszuhöhlen, nimmt Jacob Grimm eine eindeutige Haltung zugunsten<br />
der liberal-konstitutionellen Ordnung und deren in<br />
Kurhessen umstrittenen gesetzlichen Ausbau ein.<br />
Stellungnahme Jacob Grimms gegenüber seinem Schwager<br />
Ludwig Hassenpflug, Göttingen, den 22. Februar 1837:<br />
„Was ich über die Popularität sagte gehört vor allem dahin.<br />
es gibt eine edle, die einem Minister, wenn er segensreich<br />
wirken soll, nicht fehlen darf, die aber deinen redlichen Bestrebungen<br />
bisher noch mangelt. So wenig dir die Gnade der<br />
Fürsten gleichgiltig sein kann, so wenig darfst du die Gunst<br />
des Volkes [Zusatz am Rand: vom gemeine Haufen ist die Red<br />
nicht] gering achten. Weder jene Gnade noch diese Gunst wird<br />
ein rechtschaffner Mann durch ungerechte Handlungen erwerben<br />
wollen. Viele Maßregeln unter denen ein Minister die Wahl<br />
hat, stehn [Zusatz: aber] nicht auf der Linie juristischer Begriffe,<br />
sondern sind politisch aufzufassen.<br />
Du gehst immer heimlich von der Ansicht aus, die Constitution<br />
sei ein Übel, dem man keinen Wachsthum gönnen, sondern<br />
das man womöglich wieder absterben lassen solle. Was sie er-<br />
aufGaBEN Zu BausTEIN 5<br />
1 Fasst zusammen, welche Erwartungen Wilhelm Grimm<br />
hinsichtlich der zukünftigen politischen Entwicklung in<br />
Kurhessen äußert.<br />
2 Beschreibt, welche politische Zielsetzung nach Wilhelm<br />
Grimms Meinung bei Kurfürst Wilhelm I. erkennbar wird.