Die Fantasie der Lippen - Experimenta.de
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eXperimenta: Glaubst du, <strong><strong>de</strong>r</strong> Holocaust könnte sich wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holen?<br />
Maya: So etwas darf nie wie<strong><strong>de</strong>r</strong> passieren, nieman-<strong>de</strong>m, keine Gruppe von Menschen sollte<br />
für etwas, das sie ist o<strong><strong>de</strong>r</strong> für ihre Meinung jemals wie<strong><strong>de</strong>r</strong> verfolgt wer<strong>de</strong>n. Ich glaube, dass<br />
man sich an <strong>de</strong>n Holocaust erinnern muss, ihn im Bewusstsein behalten muss. Vergessen wäre<br />
das Schlimmste, was passieren könnte, <strong>de</strong>shalb sind immer neue Bücher, Filme etc. wichtig.<br />
Wenn die Leute vergessen, was geschehen ist, könnten Ausgrenzungen unterschätzt wer<strong>de</strong>n<br />
und ausarten.<br />
eXperimenta: Wie konnte es <strong>de</strong>iner Meinung nach zu diesem Genozid kommen?<br />
Maya: <strong>Die</strong> schwierige wirtschaftliche Lage damals ermöglichte es, <strong>de</strong>m Hitler-Regime an die<br />
Macht zu gelangen, die Menschen brauchten Sün<strong>de</strong>nböcke und Antisemitismus war weit<br />
verbreitet. Und Engstirnigkeit. Wir brauchen mehr Offenheit und Kommunikation in dieser Welt.<br />
eXperimenta: Du bist Jüdin. Hast du Angst, <strong><strong>de</strong>r</strong> Holocaust könnte sich wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holen?<br />
Maya: Nicht direkt, weil ich Jüdin bin, eher allgemein. In meinem ganzen Leben wur<strong>de</strong> ich<br />
persönlich erst einmal mit Antisemitismus konfrontiert, ich habe viel eher Angst vor Rassismus<br />
gegen heute mehr präsente Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten.<br />
eXperimenta: Wie stehst du zu Israel?<br />
Maya: Meine Mutter ist in Israel aufgewachsen, <strong>de</strong>shalb besuchen wir häufig unsere Verwandten<br />
dort. Ich liebe die Kultur, die wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> komplexen Migrationsgeschichte sehr vielfältig ist, vor<br />
allem mag ich das Arabische, das mir meine syrische Großmutter vermittelt. Politisch <strong>de</strong>nke ich,<br />
dass Israel viele Fehler gemacht hat und dass es noch an Dialog mangelt. Ich selbst habe auch<br />
arabische Freun<strong>de</strong> und sehe hier Potenzial für ein gutes Zusammenleben. Es braucht eine Zwei-<br />
Staaten-Lösung, die Politik muss liberaler und offen wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> Kriege machen mich nicht nur<br />
traurig, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n sie bedrohen mich auch persönlich, meine Familie, meine Freun<strong>de</strong> – auf bei<strong>de</strong>n<br />
Seiten.<br />
eXperimenta: Schreibst du an einem neuen Roman?<br />
Maya: Derzeit bin ich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangsphase von einem neuen Roman, <strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gegenwart spielt<br />
und vor allem von <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugend zwischen Österreich und Israel han<strong>de</strong>lt.<br />
eXperimenta: Wie sieht eigentlich <strong>de</strong>in Schreiballtag aus?<br />
Maya: Den gibt es eigentlich fast nie, weil ich kaum Zeit habe, richtig zu schreiben. Schreiben ist<br />
eher etwas für Zwischendurch, für die Nächte, für das Warten an <strong><strong>de</strong>r</strong> Bushaltestelle.<br />
eXperimenta: Willst du später einmal im Hauptberuf Schrifstellerin wer<strong>de</strong>n?<br />
Maya: Ich <strong>de</strong>nke ungern so weit in die Zukunft. In zwei Jahren wer<strong>de</strong> ich maturieren, ich weiß<br />
noch nicht einmal, in welchen Fächern, danach kommt ein Studium, von <strong>de</strong>m ich auch nur eine<br />
ungenaue Vorstellung habe. Schreiben wer<strong>de</strong> ich immer, das weiß ich sicher, weil ich ohne das<br />
Schreiben verrückt wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>, ich brauche es einfach. Ob es jemals reichen wird, um davon<br />
zu leben, kann ich nicht abschätzen.<br />
eXperimenta: Vielen Dank für das Gespräch<br />
Maya: Vielen Dank.<br />
Das Interview führte Rüdiger Heins.<br />
www.eXperimenta.<strong>de</strong><br />
16 Juli/August 2012