262 - Fandom Observer
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Breitsameter/FO<strong>262</strong>/ film/musa<br />
Mary & Max<br />
Australien 2009; Regie, Drehbuch & Szenario: Adam Elliot; Musik: Dale Cornelius,<br />
Penguin Cafe Orchestra u.a.; Kamera: Gerald Thompson; Sprecher in der Originalfassung:<br />
Bethany Whitmore, Philip Seymour Hoffman, Toni Colette, Barry Humphries, Renée Geyer,<br />
Eric Bana u.a.; 92 Minuten<br />
„Einsamkeit wird von den Menschen so oft<br />
verflucht wie sie herbei ersehnt wird. Sie ist<br />
ein grundsätzlicher Umstand, der wie so<br />
vieles von seinen Faktoren bestimmt wird.<br />
Davon wie sie jeder von uns sieht oder<br />
definiert. Ein Schwert des Damokles, oder<br />
die Oase in der heißesten Wüste. Im Allgemeinen<br />
wird der Einsame aber von der<br />
Gesellschaft wenn nicht belächelt, so doch<br />
zumindest bemitleidet. Belächelt, weil den<br />
Betroffenen das Stigma eines Versagens<br />
anhängt. Bemitleidet, weil der Status Quo<br />
nicht als normal, oder im medizinischen<br />
Sinne als ungesund angesehen wird. Die<br />
allgemeine Maxime gilt, daß der Mensch ein<br />
durch und durch soziales Wesen ist – die<br />
Einsamkeit demnach ein unnatürlicher<br />
Zu stand bleibt. So gilt der Eremit zwischen<br />
allen Zeilen vor allem als verschroben, wenn<br />
nicht sogar als menschenfeindlich. Zeitgleich<br />
werden Eremiten – oder zumindest deren<br />
ab ge schiedene Lebensweise – von vielen<br />
Religionen als heilig in einem Sinne angesehen.<br />
Meditation in der Verlassenheit gilt für<br />
Religionsgründer jedweder Couleur als definitiver<br />
(weil unbeweisbarer!) Nachweis für<br />
eine direkte Offenbarung von Gott (oder<br />
wem auch immer). Zeugen können nichts<br />
Gegenteiliges behaupten und der Auserwählte<br />
sichert sein weiteres Vorgehen<br />
da durch ab. Eine Strategie mit mäßigem<br />
Erfolg, denn es gibt immer eine Fraktion, die<br />
sich irgendwann heiliger als der Oberheilige<br />
wähnt und die Seperation betreiben wird.<br />
Ein amüsantes Spiel, würde sie nicht nur<br />
immer wieder einen hohen Blutzoll abfordern.<br />
Einsamkeit ist demnach nicht nur<br />
zweischneidig (wie im Sinne des Schwertes),<br />
sondern fächert sich in die Dimensionen<br />
eines komplexen Lebens auf...“<br />
(aus „Pour Langue“ von Myrelle Minotier)<br />
Der Mensch offenbart viele Möglichkeiten<br />
sein Leben zu leben. Jeder sucht darin die<br />
Nische, die ihm am nächsten wie behaglichsten<br />
erscheint. Der gesellige Typus steht<br />
dem Eigenbrötler gegenüber. Das Gros der<br />
amerikanischen High School-Filme nährt<br />
sich seit Jahrzehnten vom Aufeinandertreffen<br />
beider Gegensätze. Natürlich wertet ein<br />
jeder Betrachter für sich das Gesehene und<br />
fühlt sich dem einen oder anderen Typus<br />
verbunden. Eine „Wahrheit“ gibt es auch<br />
hierbei nicht, denn Einsamkeit wie Geselligkeit<br />
haben ihre Zeit, ihre Berech tigung.<br />
Niemandem über den Weg laufen zu wollen,<br />
muss nicht zwangsläufig ausschließen,<br />
FO <strong>262</strong> · 4/2011<br />
daß die Gesellschaft anderer gut für einen<br />
ist. Vermutlich liegt in der Dosierung die<br />
richtige Linie in seiner eigenen Welt nicht<br />
den Halt zu verlieren – wahnsinnig zu werden.<br />
Einen richtigen Weg den auch Mary<br />
Daisy Dinkle aus Mount Waverley, Australien,<br />
zu beschreiten sucht.<br />
Mary (Bethany Whitmore) hadert – wenn<br />
auch nur ein klein wenig (und dies lediglich<br />
an den Samstagnachmittagen) – mit ihrem<br />
Schicksal. Kurze Beine, ein riesiger Kopf,<br />
dicke Brille und ein Muttermal auf der Stirn<br />
in der Farbe von Kacke. Ein kurzer Blick auf<br />
die Nachbarshunde, die just „Huckepack“<br />
von Robert Musa<br />
spielen. Schon ist die Abwechslung wieder<br />
vorbei. Mary bleibt nicht viel mehr übrig als<br />
sich mit den Gedanken in ihrem Kopf zu<br />
beschäftigen. Spielgefährten, die ihr als einzige<br />
bleiben. Geschwister hat sie keine.<br />
Marys Mutter – Lorraine Dinkle (Renée<br />
Geyer) – sieht eine gewichtige, gesellschaftliche<br />
Aufgabe darin die Genussqualität von<br />
Sherry zu überprüfen. Ein Engagement dem<br />
sie viel Zeit zu opfern bereit ist, auch wenn<br />
dabei der Sonntagskuchen zum Backen im<br />
Geschirrspüler landet. Mary fragt sich nur<br />
manchmal – wenn Mom zu erschöpft vom<br />
Prüfen ist – warum sie jede Flasche bis zum<br />
letzten Tropfen probieren muss. Eines der<br />
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