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262 - Fandom Observer

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Breitsameter/FO<strong>262</strong>/ film/musa<br />

Bedenkzeit (eine durchwachte Nachtschicht)<br />

seinen Mut zusammen, um ihr zu schreiben.<br />

Unter anderem, dass die Kinder in den<br />

Staaten entweder von Repräsentanten der<br />

jeweiligen Religion, oder bei Atheisten von<br />

Prostituierten ausgebrütet werden. Aus Eiern<br />

versteht sich. Obwohl Mom den brieflichen<br />

Verkehr ihrer Tochter mit einem „alten<br />

Perversling“ zu torpedieren versucht, gelingt<br />

es der trickreichen Mary in Kontakt mit Max<br />

zu bleiben. Über die Jahre und die bizarrsten<br />

Vorkommnisse hinweg. Mary (jetzt von Toni<br />

Colette gesprochen) wird älter, verliert ihre<br />

Eltern, ihren neuen Glauben an sich selbst,<br />

ihre Abstinenz, ihren Ehemann Damien (Eric<br />

Bana) an einen neuseeländischen Schäfer<br />

und schlussendlich fast ihr Leben als sie<br />

sich erhängen will. Max legt mächtig an<br />

Leibesumfang zu, gewinnt im Lotto, an spöttischen<br />

Gehäßigkeiten aus der schlechten<br />

Welt und schlussendlich die wissenschaftlich<br />

neue Erkenntnis, dass er am Asberger-<br />

Syndrom leidet.<br />

Als Mary eines Tages mit ihrem Kind vor<br />

dem Apartment in New York steht, an das<br />

sie seit ihrem achten Lebensjahr Briefe<br />

schickt, weiß sie noch nicht, dass Max in<br />

eben der Nacht zuvor gestorben ist. Im<br />

Schlaf, mit dem letzten wachen Blick auf die<br />

an die Decke gehefteten Briefe Mary Daisy<br />

Dinkles. Einer Freundin. Seiner Freundin.<br />

Adam Elliots Film ist ein Gesamtkunstwerk<br />

voller skurriler Ideen (so ein Obdachloser mit<br />

einer Geschäftsidee des Tages), liebenswerter<br />

Nebenfiguren (ein rauchender, furzender<br />

Fisch), seltsamer Beobachtungen aus dem<br />

jeweiligen Alltag (Schweineigeln hinter dem<br />

Fahrradschuppen) und der kleinen Grausamkeiten,<br />

die Menschen einander zufügen<br />

(vom bepinkelten Schulbrot bis hin zu einem<br />

zugeschickten Schreib maschinen-M). Zwei<br />

Welten in Braun (Mary) und Grau (Max)<br />

gehalten, die zum Ende hin fast einander<br />

begegnet wären. Eine Tragikomödie voller<br />

Glanz und Betroffenheit zusammengefügt<br />

durch einen satten, ehrlichen Humor.<br />

Der Film endet mit Max` Erkenntnis, dass<br />

wir uns zwar nicht unsere Familie aussuchen<br />

können – unsere Freunde aber schon.<br />

Als übrigens der imaginäre Mr. Ravioli sein<br />

letztes Selbsthilfebuch gelesen hat, macht er<br />

sich aus dem Fenster davon. Und in Australien<br />

überwindet, nach 45 Jahren, Nachbar<br />

Ernie seine heftige Agoraphobie genau am<br />

richtigen Tag, um Mary von ihrem Freitod<br />

abzuhalten. Auch wenn ihm der goldfarbene<br />

West küsten-Knabe diesmal die kalte Schulter<br />

zeigte, für eine Lobende Erwähnung bei<br />

der Berlinale 2009, den deutschen Kinostart<br />

und einige Festivalpreise reichte es dann<br />

doch. Eine kleine, geschliffene Perle, die sich<br />

zu entdecken lohnt.<br />

Apropos! In einer kurzen Szene ist auch<br />

Harvie Krumpet im Hintergrund zu entdekken.<br />

Ein treffliches Cameo, denn dem Oscar<br />

für „seinen“ Kurzfilm ist definitiv auch ‚Mary<br />

& Max‘ zu verdanken – keine Frage nicht.<br />

FO <strong>262</strong> · 4/2011<br />

Somit lassen sich auch die Fehl entscheidungen<br />

der Academy (Jahrgang 2010)<br />

wiederum besser ertragen. Körner kann dieses<br />

kurzsichtige Huhn nach wie vor finden.<br />

Lobenswert bleibt im Zusammenhang<br />

mit der Oscar-Nacht die Arbeit, die sich der<br />

ORF hier macht. Nicht nur, dass in einer fast<br />

einstündigen Schiene die nominierten Filme<br />

bzw. einzelne Anwärter vorgestellt werden.<br />

Nein, in den zahlreichen Werbeblocks klinken<br />

sich die Moderatorin wie ihr Gast im<br />

Studio wieder ein und reflektieren über die<br />

Ergebnisse. Gelegentliches Reden um erhitzte<br />

Breispeisen nicht ausgeschlossen, hält<br />

einen dies näher bei der Stange, als die<br />

Endlosclips des hiesigen Privaten.<br />

Die DVD wartet neben dem Detail reichen<br />

Audiokommentar von Adam Elliot, dem<br />

Making-Of, alternativen bzw. zusätzlichen<br />

Szenen dankenswerterweise auch mit dem<br />

prämierten Kurzfilm ‚Harvie Krumpet‘ auf.<br />

Zuletzt: Die sentimental, hoffnungsfrohe<br />

Titelmusik ist bereits allein den Kaufpreis<br />

wert.<br />

robert musa<br />

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