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www.kus-muenster.de Aus aller Welt 23<br />
„No Nazis“ steht auf einem Graffiti in der Nähe der früheren Wohnung der rechtsextremistischen Terrorzelle des „Nation<strong>als</strong>ozialistischen Untergr<strong>und</strong>s“ (NSU) in<br />
Zwickau. Die Innen- <strong>und</strong> Justizminister von B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Ländern sind am Freitag zu einer Sonderkonferenz in Berlin zusammengekommen. Dabei ging es um die Gefahren<br />
des Rechtsterrorismus <strong>und</strong> das weitere Vorgehen der Sicherheitsbehörden im Fall der Zwickauer Terrorgruppe. Zu dem Treffen waren auch der Generalb<strong>und</strong>esanwaltsowie<br />
dieSpitzenvon B<strong>und</strong>eskriminalamt<strong>und</strong> des B<strong>und</strong>esamtesfür Verfassungsschutzgeladen. Foto dapd<br />
Der Terror von rechts<br />
Nach den Morden der Zwickauer Terrorzelle ist der Verfassungsschutz weiter im Brennpunkt der Kritik<br />
BERLIN. Im Fall der Zwickauer<br />
Terrorzelle sind die Ermittler<br />
einem Zeitungsbericht zufolge<br />
auf weiteres möglicherweise<br />
brisantes Material gestoßen.<br />
Schriftliche <strong>und</strong> elektronische<br />
Daten, die in Zwickau sichergestellt<br />
wurden, sollen Tausende<br />
Namen <strong>und</strong> Adressen<br />
enthalten, darunter die weiterer<br />
Politiker <strong>und</strong> Abgeordneter<br />
sowie ausländischer Einrichtungen<br />
in Deutschland.<br />
Die Sicherheitsbehörden<br />
sprachen gegenüber der Zeitung<br />
allerdings nicht von Todeslisten,<br />
sondern von einer<br />
Daten-Sammlung, die für die<br />
Rechtsextremisten offenbar<br />
relevant war. Derzeit werden<br />
die Daten demnach zur Auswertung<br />
an die Sicherheitsbehörden<br />
der B<strong>und</strong>esländer verteilt.<br />
Das hessische Landesamt<br />
für Verfassungsschutz dementierte<br />
unterdessen Spekulationen<br />
um einen ehemaligen<br />
Mitarbeiter im Zusammenhang<br />
mit der rechtsextremistischen<br />
Mordserie. „Es ist<br />
unzutreffend, dass der ehemalige<br />
Mitarbeiter Quellen,<br />
sogenannte V-Männer, im Bereich<br />
des Thüringer Heimatschutzes<br />
führte“, hieß es in einer<br />
in Wiesbaden veröffent-<br />
lichten Mitteilung der Behörde.<br />
Das Onlineportal bild.de<br />
hatte zuvor unter Berufung<br />
auf parlamentarische Kreise<br />
berichtet, der ehemalige Verfassungsschützer<br />
habe jahrelang<br />
einen V-Mann bei der<br />
rechtsextremen Gruppierung<br />
geführt.<br />
Unterdessen werden<br />
Deutschlands Verfassungsschützer<br />
wegen der jahrelang<br />
unentdeckten Neonazi-Gruppe<br />
mit harschen Vorwürfen<br />
konfrontiert. Oppositionspolitiker<br />
beschuldigen sie, zu<br />
lasch gegen Rechtsextremismus<br />
vorzugehen. Auch aus<br />
den Reihen der Koalition<br />
kommt die Forderung, die<br />
Rolle des Verfassungsschutzes<br />
in dem Fall umfassend<br />
aufzuklären.<br />
Die Deutsche Polizeigewerkschaft<br />
(DPolG) wiederum<br />
macht die Politik für Versäumnisse<br />
bei der Bekämpfung<br />
des rechten Terrors verantwortlich.<br />
DPolG-Chef Rainer<br />
Wendt sagte der Nachrichtenagentur<br />
dapd, die Politik<br />
trage „mit ihren gesetzlichen<br />
Vorgaben <strong>und</strong> mit dem,<br />
was sie uns an personellen<br />
Ressourcen zur Verfügung<br />
stellt“ die Verantwortung,<br />
auch für Defizite bei den Sicherheitsbehörden.<br />
Die Ermittlungsbehörden<br />
arbeiten mit zahlreichen Mitarbeitern<br />
an einer Aufklärung<br />
der Taten, die der Zwickauer<br />
Terrorgruppe „Nation<strong>als</strong>ozialistischer<br />
Untergr<strong>und</strong>“ (NSU)<br />
zugeschrieben werden.<br />
190 BKA-Spezialisten<br />
Allein beim B<strong>und</strong>eskriminalamt<br />
(BKA) sind r<strong>und</strong> 190<br />
Spezialisten mit dem Fall befasst,<br />
wie eine Sprecherin der<br />
Nachrichtenagentur dapd bestätigte.<br />
Die NSU soll seit<br />
2000 mindestens zehn Morde,<br />
einen Nagelbombenanschlag<br />
<strong>und</strong> Banküberfälle begangen<br />
haben.<br />
Ein Sprecher der B<strong>und</strong>esanwaltschaft<br />
in Karlsruhe wies<br />
Spekulationen zurück, dass<br />
am Tod der in Eisenach aufgef<strong>und</strong>enen<br />
mutmaßlichen<br />
NSU-Mitglieder Uwe M<strong>und</strong>los<br />
<strong>und</strong> Uwe Böhnhardt Dritte<br />
beteiligt waren. Der Sprecher<br />
sagte der Nachrichtenagentur<br />
dapd zudem, dass sich das<br />
dritte mutmaßliche NSU-Mit-<br />
...............................................................................................................<br />
Was sind V-Leute?<br />
Um Informationen aus extremistischen oder schwerkriminellen<br />
Kreisen zu gewinnen, setzen die Sicherheitsbehörden Vertrauensleute,<br />
abgekürzt V-Leute, ein. Dabei handelt es sich nicht um Angestellte<br />
der Behörden, etwa des Verfassungsschutzes. Vielmehr werden<br />
Männer <strong>und</strong> Frauen, die sich in den entsprechenden Kreisen<br />
bewegen <strong>und</strong> gut auskennen, gezielt angeworben. „Für ihre Informationen<br />
werden sie in der Regel entlohnt“, heißt es in einer Begriffserklärung<br />
des Verfassungsschutzes. Ihre Identität wird geheim<br />
gehalten. Vertrauensleute können sowohl von den Nachrichtendiensten<br />
<strong>als</strong> auch von der Polizei eingesetzt werden. Sie berichten<br />
unter anderem über extremistische Organisationen oder Milieus,<br />
die organisierte Kriminalität sowie den Drogen- <strong>und</strong> Waffenhandel.<br />
Der Einsatz von Vertrauensleuten ist laut gemeinsamer Vorschriften<br />
der Justiz- <strong>und</strong> Innenminister von B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Ländern nur dann zulässig,<br />
wenn „die Aufklärung sonst aussichtslos oder wesentlich erschwert<br />
wäre“. Minderjährige dürfen nicht <strong>als</strong> V-Leute beschäftigt<br />
werden. Im Gegensatz zu einem Informanten, der sein Wissen nur<br />
gelegentlich oder einmalig <strong>und</strong> unaufgefordert an die Behörden<br />
weitergibt, arbeitet eine V-Person langfristig mit ihnen zusammen.<br />
glied, die inhaftierte Beate<br />
Zschäpe, „bislang zum Tatvorwurf<br />
nicht geäußert hat“.<br />
Möglicherweise wird es für<br />
die Opfer der NSU eine zentrale<br />
Trauerfeier geben.<br />
Die Koalitionsfraktionen im<br />
B<strong>und</strong>estag suchen derweil bei<br />
der Bekämpfung des Rechtsterrorismus<br />
den Schulterschluss<br />
mit der Opposition.<br />
Unions-Fraktionschef Volker<br />
Kauder (CDU) <strong>und</strong> sein FDP-<br />
Kollege Rainer Brüderle haben<br />
für Dienstagvormittag die<br />
anderen Partei- <strong>und</strong> Fraktionsvorsitzenden<br />
zu einem<br />
Gespräch eingeladen, wurde<br />
am Freitag aus Unions-Kreisen<br />
bestätigt.<br />
Ziel sei eine gemeinsame<br />
Erklärung, in der die Trauer<br />
über die Opfer des Terrors bek<strong>und</strong>et<br />
<strong>und</strong> zugleich die Entschlossenheit<br />
des Rechtsstaates<br />
bekräftigt wird, alles zu<br />
tun, um die braunen Umtriebe<br />
zu bekämpfen.<br />
Politik tagt<br />
Besprochen werden soll zudem<br />
das weitere parlamentarische<br />
Verfahren bei dem<br />
Thema. Am Montag bereits<br />
tagt der Innenausschuss. Für<br />
Dienstag um 10 Uhr ist eine<br />
Debatte im B<strong>und</strong>estagsplenumimGespräch.<br />
� dapd