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an.sage<br />
Kirche und Feminismus?!<br />
Elisabeth M. Klocker, Kulturjournalistin und vieles mehr, und Maria Moser, Sprecherin des<br />
Österreichischen Frauenforums Feministische Theologie, zum aktuellen Disput in der Kirche<br />
Elisabeth Maria Klocker<br />
Sollen sich Frauen tatsächlich Einlass in diese letzte Männerbastion<br />
erkämpfen oder ge-währt bzw. ver-währt der heilige Mann<br />
in Rom ihnen diese B/Würde? Dieser Schritt, die eigenen Energien<br />
in einen derart mustergültigen Männerverein einzubringen, will<br />
wohlüberlegt sein. Tatort Kirche: Ich stelle mich mir selber mal als eine<br />
dieser neuen Priesterinnen vor. In einem schicken, extra entworfenen<br />
Gewand als neue offizielle Dienerin Gottes (der wohl oder übel dann<br />
immer noch männlich ist) zelebriere ich die Heilige Messe. Aus Gottes<br />
Lob, stets der Liturgie, dem Kanon der Gebete und den Zeremonien folgend,<br />
spreche ich von dort oben – nicht von der Kanzel – ins Mikrofon:<br />
erhabene Floskeln und Aufrufe an die vorwiegend weibliche Gemeinde<br />
(Männer gehen lieber zum Stammtisch). Als frei herumlaufende Feministin<br />
hätte ich natürlich meine Schwierigkeiten in einem Priesterseminar.<br />
Allein die vielen <strong>An</strong>reden für diesen männlichen Gott: wie Herr,<br />
mein Gott, Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist – das wäre mir<br />
schon zu viel. Habe mich ja schon ertappt, bei diversen Liedern aus dem<br />
Gotteslob statt „Herr“ immer „Herrin“ zu singen. Nein, das würde und<br />
könnte ich nicht überstehen. Obwohl mir die Möglichkeit vor großem<br />
Publikum und gefüllten Bänken verfeinerte Reden zu schwingen, schon<br />
von Jugend an ein Bedürfnis war. Die Mutter Kirche ist mir immer noch<br />
zu wenig weiblich, die femininen Gottheiten sind nicht vertreten und<br />
dabei hätte ich doch Lust, einen schalkhaften Kreistanz oder ein Schamanenritual<br />
zu vollziehen und zu Ostern die Perchten einzuladen oder<br />
sonstige Hexenkulte auszuüben. Alles subversiver Stoff. Im Ernst: Ohne<br />
Göttinnen im Pantheon ist dieser rigide Haufen hierarchischer Machtakkumulation<br />
für mich nicht so schmackhaft. Denn weisungsgebunden<br />
agieren doch auch PriesterInnen, sie sind den Bischöfen, Kardinälen<br />
und schließlich dem Heiligen Vater in Rom unterstellt.<br />
Und dann noch: wie stiefmütterlich hat sich die Kirche benommen.<br />
Historisch gesehen ist sie mit <strong>An</strong>dersgläubigen nicht gerade zimperlich<br />
umgegangen. Sie hat sie vertrieben, missioniert, zusätzlich unsere schönen<br />
Kulte (matriarchaler Ausprägung) wahrlich verdrängt und bekämpft.<br />
Von Frauenermordung (den Terminus Hexen will ich ungern verwenden),<br />
Ausbeutung und Paktiererei mit den Nazis mal abgesehen, war sie<br />
den homosexuellen <strong>An</strong>liegen auch nicht gerade dienlich. Also sich freiwillig<br />
auszuliefern und diesen Herrgott, noch einmal, Herrgottnochmal<br />
anzubeten – auf Knien versteht sich – und den Leib Christi zu schlucken,<br />
bedenkend, was die gute alte Mutter Kirche alles angerichtet hat, das ist<br />
selbst mir zu viel. AMEN. ❚<br />
24 an.<strong>schläge</strong>april <strong>2002</strong><br />
Maria Moser<br />
Standpunkte und<br />
Kommentare müssen nicht<br />
mit der Redaktionsmeinung<br />
übereinstimmen.<br />
Es gibt keine theologischen Gründe, die gegen die Weihe von<br />
Frauen zu Priesterinnen in christlichen Kirchen sprechen. Diese<br />
Frage ist seit über 20 Jahren geklärt. Das zeigt auch die Praxis<br />
eines Großteils der christlichen Kirchen, die Frauen zu Ämtern zulassen<br />
und dies selbstverständlich theologisch begründen.<br />
Wenn mann von Seiten der römisch-katholischen Kirche den Ausschluss<br />
von Frauen von Weihe und Amt nach wie vor von Christus her<br />
zu begründen sucht, so ist das eine Verdrehung und Verzweckung der<br />
christlichen Botschaft im Sinne der Erhaltung männlicher Macht (historisch<br />
kein Novum). Die <strong>An</strong>kündigung einiger Frauen, sich demnächst zu<br />
Priesterinnen weihen zu lassen, kratzt genau an dieser Machterhaltung.<br />
Wenn Rom gesprochen hat, ist – wie diese Aktion zeigt – die <strong>An</strong>gelegenheit<br />
noch lange nicht beendet. Im Sinne des Machterhalts fielen denn<br />
auch die Reaktionen seitens kirchlicher Amtsträger aus: Sie strengten<br />
eine Debatte um die Erlaubtheit und die kirchenrechtlichen Konsequenzen<br />
der Weihepläne dieser Frauen an oder legten ihnen einen Konfessionswechsel<br />
nahe.<br />
Damit gerät die eigentliche Problematik aus dem Blick. Es geht nicht<br />
um die Weihe für Frauen an sich. Es geht um den Zugang zu allen kirchlichen<br />
Ämtern und damit zu allen Entscheidungsfunktionen für Frauen.<br />
Und es geht um eine Demokratisierung klerikal-autoritärer Strukturen<br />
der römisch-katholischen Kirche. Überhaupt ist die Amtsfrage nur ein<br />
Teilbereich feministisch-theologischer Reflexionen, in denen Fragen der<br />
symbolischen (Geschlechter)Ordnung, der Geschlechteranthropologie,<br />
der Ethik etc. thematisiert und grundlegende theologische Aussagen<br />
aus feministischer Perspektive reformuliert werden.<br />
Aber warum sich überhaupt noch um die Kirchen – besonders die<br />
römisch-katholische – bemühen, wo sie doch, wie manche meinen, das<br />
Urbild einer patriarchalen Institution sind? Die Frage der vollen Partizipation<br />
von Frauen in irgendeinem gesellschaftlichen Segment – und<br />
deren eines ist die römisch-katholische Kirche – auszulassen, hieße,<br />
Bereiche zu schaffen, in denen <strong>An</strong>drozentrismus und patriarchale<br />
Ideologie und Praxis frei schalten und walten können. Und das ist m.E.<br />
aus feministischer Perspektive nicht nur kontraproduktiv, sondern<br />
auch unhistorisch im Sinne des Bewusstseins für Frauengeschichte. Es<br />
hat in Christentum und Kirche(n) immer widerständige Frauen gegeben.<br />
Meist sind sie wenig bekannt, weil sie nicht als Siegerinnen aus<br />
der Geschichte hervorgegangen sind. <strong>An</strong> diese widerständigen Traditionen<br />
gilt es anzuknüpfen. ❚