Download des Sport in Baden Nr. 05/03 - Badischer Sportbund Nord ...
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SPORTKREISE<br />
18<br />
BUCHEN<br />
4. Buchener <strong>Sport</strong>forum:<br />
„Die Zukunft <strong>des</strong> Ehrenamtes“<br />
„Willst Du ruhig leben, lass ke<strong>in</strong> Ehrenamt<br />
Dir geben – denn der Lohn dafür ist Undank!“<br />
zitierte Regionaldirekter Wanik Altmeister Wilhelm<br />
Busch bei der Eröffnung <strong>des</strong> 4. Buchener<br />
<strong>Sport</strong>forums zum Thema „Die Zukunft <strong>des</strong><br />
Ehrenamtes“.<br />
Zu dieser vom <strong>Sport</strong>kreis Buchen <strong>in</strong> Kooperation<br />
mit der Sparkasse Neckartal-<br />
Odenwald organisierten Veranstaltung<br />
konnte er zahlreiche <strong>Sport</strong>funktionäre und<br />
Vertreter aus Politik und Wirtschaft begrüßen.<br />
„Das Ehrenamt ist wichtig wie eh und<br />
je, wird für unseren Sozialstaat gar immer<br />
wichtiger. Es bedarf aber der Entwicklung<br />
e<strong>in</strong>er sich an den gesellschaftlichen Veränderungen<br />
orientierenden Ehrenamtskultur,<br />
der Modernisierung der Ehrenamtsstruktur<br />
sowie der Motivierung der Jugend für<br />
bürgerschaftliches Engagement!“ – so das<br />
Fazit aus der sehr <strong>in</strong>formativen Veranstaltung.<br />
Teilnehmer der Podiumsdiskussion<br />
waren: He<strong>in</strong>z Janalik, Diplom-Pädagoge<br />
und Dozent für <strong>Sport</strong>pädagogik/-wissenschaft<br />
an der PH Heidelberg sowie Präsident<br />
<strong>des</strong> BSB, Joachim Mell<strong>in</strong>ger, 2. Vorsitzender<br />
der Badischen <strong>Sport</strong>jugend und<br />
ehemaliger Kreisjugendleiter, Dr. Hans-Ingo<br />
von Pollern vom M<strong>in</strong>isterium für Jugend,<br />
Kultus und <strong>Sport</strong>, Silke Wunderlich, Oberturnwart<strong>in</strong><br />
<strong>des</strong> Ma<strong>in</strong>-Neckar-Turngaus sowie<br />
als Moderator Buchens <strong>Sport</strong>kreisvorsitzender<br />
Peter Nirmaier.<br />
<strong>Sport</strong> als e<strong>in</strong> Spiegel der Gesellschaft<br />
Trefflich und treffend die Grußworte von<br />
Buchens Bürgermeister Dr. Achim Brötel,<br />
der die Knackpunkte <strong>des</strong> Themenbereiches<br />
<strong>Sport</strong> und Ehrenamt herausstellte. <strong>Sport</strong><br />
ist e<strong>in</strong> Spiegel unserer Gesellschaft, führte<br />
er aus, und es sei bedenklich, dass es da<br />
Fehlentwicklungen gebe. Gerade auch im<br />
<strong>Sport</strong>, der bee<strong>in</strong>flusst durch Medienpräsenz,<br />
Sche<strong>in</strong>welt und Kommerzialisierung oft<br />
e<strong>in</strong> Zerrbild abgebe und nicht selten missbraucht<br />
werde. Bedrückend sei diese bedenkliche<br />
Entwicklung vor allem für die<br />
kle<strong>in</strong>en Vere<strong>in</strong>e, die für Breitensport und<br />
Jugend Herausragen<strong>des</strong> ehrenamtlich leisten.<br />
Das Ehrenamt stehe zweifellos vor großen<br />
Problemen, betonte Moderator Peter<br />
Nirmaier e<strong>in</strong>gangs der Podiumsdiskussion,<br />
daher wolle man e<strong>in</strong>en Blick <strong>in</strong> <strong>des</strong>sen Zukunft<br />
versuchen. E<strong>in</strong>e ganz zentrale Frage<br />
sei z.B. „Warum kam es dazu, dass es für<br />
viele Vere<strong>in</strong>e heute so schwer ist, e<strong>in</strong>en Vorsitzenden<br />
zu f<strong>in</strong>den?“.<br />
Die vielseitigen H<strong>in</strong>tergründe für diese<br />
bedenkliche Entwicklung gelte es zu ergründen,<br />
führte He<strong>in</strong>z Janalik aus. Beispielswei-<br />
SPORT <strong>in</strong> <strong>Baden</strong><br />
se habe der E<strong>in</strong>zelne Freiheiten wie noch<br />
nie und möchte diese ungebunden und<br />
<strong>in</strong>dividuell nutzen. Systeme wie Politik –<br />
Medien – <strong>Sport</strong> prallen aufe<strong>in</strong>ander und<br />
müssen sich ause<strong>in</strong>andersetzen. Die Berufswelt<br />
hat sich dramatisch verändert, was<br />
manches leichter aber vieles auch schwieriger<br />
macht.<br />
„Polites“ und „Idiotes“<br />
Das Wahlehrenamt werde oft ‚schlecht<br />
geredet’, zu Unrecht kritisiert und belächelt,<br />
aber man müsse auch erkennen, dass die<br />
Hierarchie nicht mehr wie bisher trägt, erwiderte<br />
Hans-Ingo von Pollern. Das Ehrenamt<br />
müsse sich am Strukturwandel orientieren,<br />
müsse objektbezogen gestaltet werden,<br />
mehr Transparenz sei gefragt und mehr<br />
Teamwork notwendig. Bereits der Philosoph<br />
Plato habe für das Ehrenamt geworben<br />
mit dem H<strong>in</strong>weis „Wer sich nicht am<br />
öffentlichen Leben beteiligt, ist ke<strong>in</strong> stiller,<br />
sondern e<strong>in</strong> schlechter Bürger“. Interessanterweise<br />
unterschieden die Griechen da<br />
schon deutlich: ‚Polites’ nannten sie die<br />
Aktiven wie beispielsweise die Ehrenamtlichen,<br />
‚Idiotes’ dagegen die Ignoranten und<br />
Abseitsstehenden. Abschließend betonte<br />
von Pollern, dass Freiwilligkeit, zeitliche<br />
Befristung und Motivation zur Eigenverantwortung<br />
wesentliche Voraussetzungen<br />
für die Akzeptanz <strong>des</strong> Ehrenamtes durch<br />
die Jugend seien.<br />
Die Probleme <strong>des</strong> Ehrenamtes seien weitaus<br />
stärker auf der Führungsebene zu registrieren<br />
als <strong>in</strong> der alltäglichen Vere<strong>in</strong>s- und<br />
vor allem Jugendarbeit, betonte Silke Wunderlich.<br />
Zw<strong>in</strong>gend notwendig aber sei es<br />
für den <strong>Sport</strong>, sich der Wünsche der Menschen<br />
und vor allem sich andeutenden Veränderungen<br />
nicht zu verschließen, eben<br />
immer für Neues offen zu se<strong>in</strong>.<br />
Nach Ansicht von Joachim Mell<strong>in</strong>ger sei<br />
es für Vere<strong>in</strong>e kaum e<strong>in</strong> Problem, Mitarbeiter<br />
für die Basis zu f<strong>in</strong>den. Ganz anders sei<br />
dies beim Vorsitzenden und man müsse<br />
schon fragen warum. Die Anforderungen<br />
an dieses Amt seien zu hoch, die von der<br />
Politik aufgerichteten Hürden tun e<strong>in</strong> übriges.<br />
E<strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>svorsitzender sollte e<strong>in</strong> wahrer<br />
Multiexperte se<strong>in</strong>, von Führungskraft<br />
über Arbeitstier bis zum Steuerfachmann –<br />
e<strong>in</strong> unerfüllbares Leistungsprofil.<br />
Die sich anschließende Podiumsdiskussion<br />
war sehr aufschlussreich, zeigte deutlich<br />
<strong>in</strong> welchem gesellschaftspolitischen<br />
Spannungsfeld das Ehrenamt agieren muss.<br />
Da ist der verdiente Vorsitzende, der e<strong>in</strong>en<br />
„großen Schatten wirft, an se<strong>in</strong>em Sessel<br />
klebt“ und die Jugend kaum hochkommen<br />
lässt, oder das kaum zu beherrschende Gesetzes-,<br />
Verwaltungsvorschriften- und Steuerdickicht,<br />
aber auch die Tatsache, dass<br />
neue Trends kommerzialisiert werden bevor<br />
der <strong>Sport</strong> regieren kann. Viele beklagen<br />
den E<strong>in</strong>fluss von Medien und Wirtschaft<br />
auf den <strong>Sport</strong>, verkennen aber, dass der<br />
<strong>Sport</strong> dies oft auch provoziert.<br />
Viele notwendige Konsequenzen wurden<br />
herausgearbeitet. So war man sich e<strong>in</strong>ig,<br />
dass die Bedeutung <strong>des</strong> Ehrenamtes <strong>in</strong> allen<br />
Erziehungsstufen relevant se<strong>in</strong> müsste.<br />
Solidarität aller <strong>Sport</strong>arten- und -organisationen<br />
ist gefragt. Es darf ke<strong>in</strong>e Tabus geben,<br />
geme<strong>in</strong>sam müssen die Ursachen der Probleme<br />
erforscht und neue Strategien entwickelt<br />
werden. Der ganze Querschnitt der<br />
Bevölkerung sollte <strong>in</strong>tegriert se<strong>in</strong>, ke<strong>in</strong>e<br />
Generation sollte fehlen, aber auch ke<strong>in</strong>e<br />
dom<strong>in</strong>ieren – der Jugend nützt die Kompetenz<br />
<strong>des</strong> Alters, das Alter braucht die Leistungsbereitschaft<br />
und die Visionen der Jugend.<br />
Lösungsansätze s<strong>in</strong>d erkennbar. Wenn<br />
Kooperationsbereitschaft dazukommt und<br />
das Verständnis zwischen Jung und Alt sowie<br />
die E<strong>in</strong>sicht, dass man nur geme<strong>in</strong>sam<br />
die Ziele erreicht, sollte der notwendige Entwicklungsprozess<br />
vorankommen.<br />
Theorie und Praxis<br />
Nach der packenden Podiumsrunde eröffnete<br />
Peter Nirmaier e<strong>in</strong>e Diskussionsrunde<br />
für die Vere<strong>in</strong>svertreter. Dabei zeigte<br />
sich, wo auf der unteren <strong>Sport</strong>ebene derzeit<br />
der „Schuh drückt“, aber auch die Divergenz<br />
zwischen Praktikern und Theoretikern.<br />
Ganz im Vordergrund stand dabei<br />
die Steuerproblematik, die viel Kraft und<br />
Energie b<strong>in</strong>det. Da g<strong>in</strong>g es aber auch um<br />
Themen wie Umgang mit Macht und Autorität,<br />
stärkere Integration von Frauen und<br />
Jugend, Vere<strong>in</strong>sbeiträge, die Praxis bei Spendenbesche<strong>in</strong>igungen<br />
u.v.m. Zum Ausdruck<br />
gebracht wurden aber <strong>in</strong>teressanterweise<br />
auch Aspekte wie Spaß und Erfolgserlebnisse<br />
durch das Ehrenamt sowie die Achtung<br />
der Leistungen im Ehrenamt auch <strong>in</strong> anderen<br />
Bereichen wie Sozialwesen, Kirche, Feuerwehr<br />
etc.<br />
Danach zog Direktor Wanik e<strong>in</strong>e positive<br />
Bilanz der Veranstaltung. Mit h<strong>in</strong>ters<strong>in</strong>nigen<br />
Worten charakterisierte er die Teilnehmer<br />
der Podiumsrunde, zog zum Schmunzeln<br />
anregende Erkenntnisse aus deren<br />
Beiträgen und gab der Hoffnung Ausdruck,<br />
dass alle etwas für ihre künftige Arbeit mitnehmen<br />
können.<br />
Walter Jaufmann<br />
Danke<br />
den Ehrenamtlichen<br />
im <strong>Sport</strong>.<br />
www.ehrenamt-im-sport.de<br />
KARLSRUHE // MAI 20<strong>03</strong> // JAHRGANG 57 // NR. 5