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NeueChorszene 09 - Ausgabe 1/2009

Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e.V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf

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zu 5. (Der Schlaf) zieht um die dürftige<br />

Flamme den schützenden Kreis<br />

Dieses Bild stellt an unsere Vorstellungskraft<br />

die meisten Forderungen. Neben<br />

der Darstellung des mittelalterlichen<br />

Umgangs mit dem Feuer im Hause enthält<br />

es noch eine Metapher:<br />

Die dürftige Flamme ist gleichgesetzt<br />

mit dem eigenen Leben des Dichters, das<br />

durch die riesenhafte nächtliche Bedrohung<br />

aus den ewigen Fernen gefährdet<br />

ist. Eine andere Metapher kann uns zur<br />

Erklärung dienen: er fühlt, das sein Lebenslicht<br />

fast erloschen ist, ein Windstoß<br />

kann es ausblasen. Das Bild eines schützenden<br />

Kreises, der um eine dürftige<br />

Flamme gezogen wird, entlehnt Hebbel<br />

aus mittelalterlichen Wohnverhältnissen,<br />

die in bäuerlichen Gegenden bis Ende<br />

des 19. Jahrhunderts bestanden. Dort<br />

wurden in den Häusern und Höfen über<br />

Nacht kleine Feuer oder glühende Holzscheite<br />

unterhalten, um das aufwendige<br />

Entfachen eines neuen Feuers am nächsten<br />

Tage zu vermeiden. 7)<br />

7) Mit Schwefel getränkte Kiefernhölzer zum<br />

Feuer entfachen gab es in China schon spätestens<br />

um 950. Anfang des 19. Jahrhundert<br />

erschienen Tunkstreichhölzer auf dem europäischen<br />

Markt, die in Schwefelsäure getaucht<br />

werden mussten. Ein brauchbares Feuerzug<br />

gab es erstmals 1824. Streichhölzer haben<br />

gegenüber dem Feuerzeug den Vorzug, dass<br />

sie auch bei strengem Frost funktionieren. 1831<br />

wurde in England das erste moderne Streichholz<br />

erfunden, das 1833 erstmals in Deutschland industriell<br />

hergestellt wurde. Sein Problem war die<br />

leichte Selbstentzündlichkeit. Dieses Problem<br />

wurde durch ungarische und schwedische Erfindungen<br />

in den Jahren 1836 und 1844 behoben.<br />

Als der deutsche Chemiker Rudolf Christian<br />

Boettger nach 1848 den Phosphor aus dem<br />

Zündholz in eine separate Reibfläche übertrug,<br />

war das Sicherheitszündholz erfunden. Boettger<br />

verkaufte sein Patent an die schwedische<br />

Im Winter war das Vorhalten eines<br />

„dürftigen“ Feuers auch wegen der Erwärmung<br />

geboten. Diese Feuerchen<br />

oder Gluten wurden in den dörflichen<br />

Wohnhäusern in einer ausgemauerten<br />

Ecke mit Rauchabzug (oft eine Kochstelle,<br />

auch Kamin genannt) unterhalten.<br />

In den Wohnhäusern der Bauernhöfe,<br />

die meist nur aus einem zentralen<br />

Raum mit Schlafkojen für die Menschen<br />

und anschließenden Stallungen für die<br />

Tiere bestanden, war die Feuerstelle in<br />

der Mitte des Raumes angeordnet. Der<br />

Rauch zog nach oben durch die Ritzen<br />

der Dachpfannen ab 8) .<br />

Alle Feuerstellen bedurften wegen<br />

der Brandgefahr und wegen der Möglichkeit<br />

des Erlöschens durch starken<br />

Windzug eines „schützenden Kreises“.<br />

In den Wohnhäusern war dieser „Kreis“<br />

als Vorläufer des Ofens oder Herdes meist<br />

Zündholzindustrie (Schwedenhölzer). Bevor<br />

es Feuerzeuge und Streichhölzer gab, musste<br />

neues Feuer entweder von einem bestehenden<br />

Feuer (auch von Kerze oder Öllampe – kostspielig<br />

und brandgefährlich) genommen oder<br />

mit Hitzeentwicklung durch Reibung geeigneter<br />

Gegenstände bzw. mit dem Brennglas in der<br />

Sonne entfacht werden.<br />

8) Solche Feuerstellen sind oft in Freiluftmuseen<br />

zu sehen, in die alte Bauern- und Wohnhäuser<br />

original überführt worden sind. Meist<br />

stehen Öfen an der Stelle des ehemals offenen<br />

Herdfeuers, das wegen der Einführung der<br />

Kohle anstelle von Brennholz seit Ende des<br />

19. Jahrhunderts verschwunden war. Der neue<br />

Brennstoff hatte die Feuerungstechnik und auch<br />

die Aufgaben des Feuers auf dem Bauernhof<br />

verändert. So konnte der Rauch der Kohle wegen<br />

des hohen giftigen Schwefelgehaltes nicht<br />

mehr frei nach oben abgeführt und so auch nicht<br />

mehr zum Räuchern oder zum Konservieren von<br />

Saatgut genutzt werden. Alte Grundrisse geben<br />

aber ein anschauliches Bild über die offenen<br />

Feuer mit der spärlichen Flamme. Quelle: Freilichtmuseum<br />

Kommern, www. kommern.lvr.de/<br />

die_museen<br />

NC 1 / <strong>09</strong> 13

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