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NeueChorszene 09 - Ausgabe 1/2009

Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e.V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf

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Brief Friedrich Hebbels an Robert Schumann zur Vertonung seines Gedichtes<br />

„Nachtlied“, die am 10. März 1851 in Düsseldorf erstmals aufgeführt wurde:<br />

„Wien, d. 10. May 1853<br />

Verehrtester Herr,<br />

Sie haben nicht aufgehört, mir von Zeit zu Zeit die schönsten Proben Ihrer fortgesetzten<br />

Theilnahme zu geben und Ihre Güte durch die Komposition meines Nachtliedes<br />

und deren Widmung auf eine mich wahrhaft beschämende Weise gekrönt. Längst<br />

hätte ich Ihnen dafür wenigstens meinen Dank gesagt, wenn unser junger Freund<br />

Debrois mir nicht Hoffnung gemacht hätte, daß ich vielleicht einen Abdruck erhalten<br />

würde; jetzt, da er Ihnen gerade schreibt, muß ich aber durchaus mein Gewissen erleichtern.<br />

Ihre Werke, soweit sie mir zugänglich waren, sind schon seit Jahren eine Quelle hohen<br />

Genusses für mich gewesen, denn Sie erweitern den Kreis der Musik, ohne ihn<br />

zu zersprengen, und zwar, wie ich es in meiner Kunst ebenfalls versuche, auf dem<br />

Wege größerer Vertiefung in die gegebenen Elemente. Dieser Genuß steigt mir natürlich<br />

noch um ein Unendliches, wenn Ihre Schöpfung, um mich so auszudrücken,<br />

eine Wiedergeburt der Meinigen ist und mich in meine eigensten früheren Zustände<br />

zurückversetzt, ja, mir dieselben erst recht eigentlich aufschließt.<br />

So ist es mir besonders mit dem Nachtliede ergangen, obgleich ich es bis jetzt nur<br />

sehr unvollständig vernahm; ich habe das Gedicht immer lieb gehabt und es bis auf<br />

den heutigen Tag lieb behalten, bin aber erst durch Ihre Musik, die mich in die Heidelberger<br />

Dämmernacht, in der es entstand, ganz zurückführte, zu der Erkenntniß<br />

gekommen, daß der Dichter so ahnungsreichen Natur- und Seelenmomenten doch nur<br />

die äußersten Umrisse abgewinnt und daß das Leben durch die verwandte Kunst hinzugethan<br />

werden muß.<br />

Empfangen Sie meinen wärmsten Dank für die Auferstehungsfeier einer vergangenen<br />

Zeit, die mir durch Sie zu Theil wurde, und lassen Sie sich denselben durch die Zusendung<br />

meines Michel Angelo ausdrücken, den wohl (leider!) Niemand besser verstehen<br />

wird als Sie. Er hat mir gute Dienste gethan und mich nicht bloss momentan,<br />

sondern für immer der widerwärtigen Misere, mit der wir in unserem eigenen Kreise<br />

kämpfen müssen, entrückt; möge er Ihnen gelegenlich auch einmal als Hausmittel zu<br />

Statten kommen!<br />

Darf ich bitten, mich Ihrer Frau Gemahlin zu empfehlen?“<br />

Quelle: www.schumann-portal.de Fundgrube Texte Hebbel-Brief an Schumann<br />

vom 10. Mai 1853<br />

NC 1 / <strong>09</strong> 19

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