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Kunst als Handlungsfeld, Birte Kleine-Benne

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und führe ich zur These aus, dass die zu beobachtenden Tendenzen (in) der zeitgenössischen<br />

<strong>Kunst</strong> hinsichtlich der Form der Selbstreferenz sowohl die kontextuellen<br />

Prozesse seit den frühen neunziger Jahren 127 , zuvor die konzeptuellen Tendenzen in<br />

der <strong>Kunst</strong>produktion der späten sechziger und frühen siebziger Jahre <strong>als</strong> auch die<br />

die differenztheoretischen Debatten zum Ausgeschlossenen 128 auf der Grundlage<br />

dekonstruktivistischer Anliegen implizieren und auf deren Ergebnissen aufsetzen. Die<br />

integrative Verknüpfung von system- und komplexitätstheoretischen und nun von<br />

selbstreferentiellen und de-/konstruktivistischen Theorieergebnissen führt zur Beobachtbarkeit<br />

des aktuellen <strong>Kunst</strong>systems, aktueller <strong>Kunst</strong>produktionen und künstlerischer<br />

Praktiken, ihrer Organisationen, Möglichkeiten und Ziele, die von Information,<br />

Aufklärung, Kritik und Protest, d.h. von symbolischen, modellhaften und diskursiven<br />

Produktionen bis hin zu Formen konkreter Interventionen 129 operationalen Ausmaßes<br />

sowie erkundeten und neu entworfenen Wahrnehmungs- und Handlungsmustern<br />

reichen: „So wurde aus dem Entschleiern (‚unveiling‘) der Konstruktion von<br />

<strong>Kunst</strong> [...] die Konstruktion von Realität, die Wiedergewinnung von Teilbereichen der<br />

Wirklichkeit.“ 130<br />

Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre 131 starten mit der Conceptual Art<br />

und der Institutional Critique die selbstreferentiellen Untersuchungen des White<br />

Cubes 132 , der neben methodologischen und wissenschaftstheoretischen Formen der<br />

Komplexitätsreduzierung bei der historischen Herstellung des einsamen, isolierten<br />

und segmentierten Einzelwerks und dessen Implikationen wie Originalität, Stringenz<br />

und Autonomie <strong>als</strong> „institutionelle Form des Kontextraubs“ 133 herausragt, <strong>als</strong><br />

Identitätsfigur die Rahmenbedingungen für die Produktion, Rezeption, Präsentation<br />

und Perzeption von <strong>Kunst</strong> vorgibt (Abb. 9) und somit wesentlich die Herausbildung<br />

und Formulierung des Betriebssystems <strong>Kunst</strong> verantwortet. <strong>Kunst</strong>produktionen<br />

dieser Zeit reagieren auf ihre kontextuellen Implikationen und Funktionszusammenhänge<br />

und dekonstruieren den weißen, vorgeblich neutralen Ausstellungsraum und<br />

immanenten Selbstreflexion der Malerei und deren Erforschung der ästhetischen Bedingungen der<br />

Produktion und Organisation von Bildlichkeit, zum anderen die Untersuchung der institutionellen und<br />

gesellschaftlichen Konstituierung von <strong>Kunst</strong>. Meinhardt 1993.<br />

127 Zu Konturen einer Geschichte der Kontext-<strong>Kunst</strong> vgl. Weibel 1994, S. 37f.<br />

128 Ich verweise u.a. auf die Debatten seit 1976 in der amerikanischen Zeitschrift ,October‘ und<br />

exemplarisch auf die deutschsprachige Produktion und Rezeption dieser Aktivitäten ab 1990 in ,Texte<br />

zur <strong>Kunst</strong>‘ (http://www.textezurkunst.de).<br />

129 Zu künstlerisch-politischen Praktiken in den neunziger Jahren im deutschsprachigen Bereich<br />

sowie zu Profilveränderungen des <strong>Kunst</strong>feldes, die in den neunziger Jahren dessen ,Re-politisierung‘<br />

begünstigten und u.a. aus einem Begründungsnotstand des <strong>Kunst</strong>betriebs für die Funktion des<br />

Ausstellungsbetriebs resultierten, informiert das Kompendium ,Politische <strong>Kunst</strong> Begriffe‘ von Kube<br />

Ventura 2002.<br />

130 Weibel 1994, S. 57.<br />

131 Ich erweitere Kemps Publikationsauflistung des Jahres 1967 im Zeichen der Rezeptionsästhetik<br />

(Kemp 1996, S. 32) zugunsten des inhaltlichen Schwerpunkts meiner Untersuchungen um Jacques<br />

Derrida, ,L’écriture et la différence‘ (1967), Jacques Derrida, ,De la grammatologie‘ (1967), Marshall<br />

McLuhan/Quentin Fiore, ,The Medium is the Message, An Inventory of Effects‘ (1967), Michel<br />

Foucault, ,L’archéologie du savoir‘ (1969), Michel Foucault, ,Ariane s’est pendue‘ (1969) sowie um<br />

ausgewählte theoretische Positionen von <strong>Kunst</strong>produzenten: Guy Debord, ,La Société du Spectacle‘<br />

(1967), Sol LeWitt, ,Paragraphs on Conceptual Art‘ (1967), Sol LeWitt, ,Sentences on Conceptual Art‘<br />

(1969, Abb. 11), Lawrence Weiner, ,Statements‘ (1968), Joseph Kosuth, ,Art after Philosophy‘ (1969),<br />

Victor Burgin, ,Situational Aesthetics‘ (1969).<br />

132 Zu institutionskritischen Arbeiten im engeren Sinne in den fünfziger Jahren vgl. O’Doherty 1996.<br />

133 Kemp 1991, S. 90.<br />

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