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Kunst als Handlungsfeld, Birte Kleine-Benne

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Der Joker der Nichtlinearität oder „Probleme werden gelöst, wenn man nicht um sie<br />

weiß. Alles andere dient nur der Selbstverstärkung des Problems.“ 212<br />

Zuvorderst stören die Interventionen von WochenKlausur fixierte Relationen in<br />

bereits eingerichteten Ordnungen sowohl der Umweltsysteme <strong>als</strong> auch des<br />

<strong>Kunst</strong>systems und führen eindrucksvoll vor, dass für die Entwicklung von Lösungen<br />

Translokationen, Dezentralisierungen, Koexistenzen, verteilte Ressourcen und<br />

selbstregulierte Kooperationen von Vorteil sind und sich durchaus integrative und<br />

vernetzende Konzeptionen zur Generierung neuer Zustände eignen – ein Informationszugewinn<br />

insbesondere für diejenigen Disziplinen, die wie die Organisationssoziologie<br />

oder das Wirtschaftsmanagement sich inhaltlich auf Prozesse konzentrieren,<br />

bei denen durch aktives Handeln unter Nutzung vorhandener Ressourcen<br />

erwünschte oder geplante Ergebnisse erzielt werden sollen 213 .<br />

Die Interventionen WochenKlausurs – und für die fortgesetzten Untersuchungen<br />

soll in Orientierung an Vorstellungen struktureller wie dynamischer Komplexität und<br />

in theoretischer Nähe zu sozialen Systemen ein interdisziplinäres Bündnis mit den<br />

nichtlinearen Wissenschaften eingegangen werden, da diese Wissenschaften<br />

funktionstüchtige Instrumente zur Deskription und Analyse von Vorgängen und<br />

Zusammenhängen interdependenter Ereignisse zur Verfügung stellen, die nicht auf<br />

einige wenige Parameter und eindeutige Kausalketten zu reduzieren sind – nehmen<br />

<strong>als</strong> externe Generatoren Symmetriebrüche in den bestehenden Ordnungen vor, die<br />

neue dynamische Möglichkeiten einer Morphogenese und schöpferisch neue<br />

Wendungen 214 generieren und für den Anstoß neu geordneter Strukturen dienen.<br />

Baecker weist das Prinzip der Nichtlinearität, den Wirkzusammenhang komplexer<br />

und dynamischer Phänomene, <strong>als</strong> Joker aus 215 , dessen Qualität darin begründet<br />

liege, dass er „die Dinge durcheinanderbringt, indem er an Stellen Verzweigungen<br />

schafft, an denen man nicht mit ihnen rechnete, denen man jedoch immer dann,<br />

wenn man einer der Verzweigungen folgt, wieder aus den Augen verliert – bis er eine<br />

neue überraschende Verzweigung schafft“ 216 . Er treibe ein kreatives Unwesen und<br />

etabliere eine parasitäre Beziehung zu einer bereits bestehenden Relation. Dadurch<br />

schaffe er an einer Stelle überraschend neue Möglichkeiten 217 , „an der man sich<br />

längst mit den bestehenden Verhältnissen eingerichtet hatte“ 218 – eine Funktionsbeschreibung,<br />

die ebenso die Wirkform der interventionalen Überraschungen von<br />

WochenKlausur kennzeichnet. Karl Georg Holtgrewe 219 spricht der dynamischen<br />

Nichtlinearität und der hieraus resultierenden Komplexität das „Geheimnis der<br />

Kreativität“ zu und startet damit einen Generalangriff gegen Einfachheit und Reduktionismus:<br />

„Systeme in der Nähe des aktiven Chaos sind besonders empfindlich<br />

212 Baecker 1994, S. 119.<br />

213 Vgl. hierzu ebenso Baeckers Folgeuntersuchungen zum „Nutzen ungelöster Probleme“, Baecker<br />

2003.<br />

214 Holtgrewe 2001, S. 173.<br />

215 Baecker 2002, S. 83.<br />

216 Baecker 2002, S. 83.<br />

217 Baecker weist auf die unterschiedliche Konnotation von Abweichungen hin: Einerseits spricht die<br />

Tradition von einer Korruption der kosmischen Ordnung und einer diabolischen Störung des göttlichen<br />

Schöpfungsplans, andererseits – im Falle der positiven Konnotation – spricht die griechische Tradition<br />

von ,Erinnerung‘, die jüdisch-christliche von ,Offenbarung‘. Baecker 2002, S. 84.<br />

218 Baecker 2002, S. 84.<br />

219 Karl Georg Holtgrewe (Jhg. 1927) ist Wirtschaftswissenschaftler, Systemanalytiker und Informa-<br />

tiker.<br />

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