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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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Titelthema<br />

Schwerpunkte<br />

geber mit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz die vom 1. Strafsenat getrof-<br />

fenen Verschärfungen noch übertroffen. 47 Dabei orientiert sich der Gesetz-<br />

geber hinsichtlich der Vollständigkeit einer Selbstanzeige nicht nur an den<br />

steuerstrafrechtlich relevanten Taten, sondern an jede Steuerart („Gebot der<br />

Vollständigkeit“). 48 Straffreiheit tritt demnach nur dann ein, wenn sämtliche,<br />

steuerstrafrechtlich noch verfolgbaren Sachverhalte offenbart werden. 49<br />

Zudem kommt es zur Einführung von zwei neuen Sperrgründen: Zum einen<br />

sieht § 371 II Nr.1 a AO-E als neuen Sperrgr<strong>und</strong> die Bekanntgabe einer Prü-<br />

fungsanordnung vor <strong>und</strong> zum anderen will § 371 II Nr.3 AO-E bei einer Steu-<br />

erverkürzung um mehr als 50.000 € eine Selbstanzeige verbieten. Dennoch<br />

soll nach dem Willen des Gesetzgebers eine Hintertür <strong>für</strong> den Steuersünder<br />

offen gehalten werden. Denn bei einem Hinterziehungsbetrag von mehr als<br />

50.000 € kann die Zahlung eines „freiwilligen Zuschlages“ i. H. v. 5 % des<br />

verkürzten Steuerbetrages dennoch zur erhofften Straffreiheit führen. 50 Ne-<br />

ben diesen erheblichen Verschärfungen sieht der Gesetzesentwurf mit Art. 97<br />

§ 24 S.1, 2 EGAO zumindest eine Vertrauensschutzregelung <strong>für</strong> Teilselbstan-<br />

zeigen vor, sodass solche Anzeigen, die vor dem Datum des Änderungsge-<br />

setzes bei der Finanzbehörde angezeigt werden, weiter wirksam zur Strafauf-<br />

hebung führen. 51 Nach diesem Datum erstattete Selbstanzeigen fallen unter<br />

47 BT-Drs. 17/5067; siehe auch: Geuenich, in: NWB 2011, 1050(1051ff.).<br />

48 BT- Drs. 17/5067, S.24.<br />

49 Vogel, in: DATEV Magazin 2011, 47(48).<br />

50 BT-Drs. 17/5067, S.25.<br />

51 Geuenich, in: NWB 2011,1050(1057).<br />

das Vollständigkeitsgebot, sodass eine Teilselbstanzeige dann faktisch nicht<br />

mehr möglich ist. <strong>Die</strong>se Regelung ist gerecht aber überflüssig, da schon das<br />

Rückwirkungsverbot in Art. 103 II Gr<strong>und</strong>gesetz garantiert, dass der Bürger<br />

vorhersehen können muss, welches Verhalten verboten ist <strong>und</strong> welche Strafe<br />

ihm droht. 52<br />

<strong>Die</strong> übrigen Speertatbestände in § 371 II Nr.1b, 2 AO werden beibehalten.<br />

Bezüglich der Auslegung der Reichweite dieser Sperrtatbestände ist das zu-<br />

vor besprochene BGH-Urteil maßgeblich. <strong>Die</strong> Sperrtatbestände der leichtfer-<br />

tigen Steuerverkürzung in § 378 III AO bleiben demnach auch unverändert.<br />

E. FAZIT<br />

Was haben wir gesehen? Es kann zusammenfassend gesagt werden, dass es<br />

die Möglichkeit der Selbstanzeige in der jetzigen Form so nicht mehr geben<br />

wird. Der Gesetzgeber ist -auch aufgr<strong>und</strong> einer wachsenden Staatsverschul-<br />

dung- gezwungen <strong>für</strong> steigende Steuereinnahmen zu sorgen. Da<strong>für</strong> muss er<br />

den Bürger zu mehr Steuerehrlichkeit bewegen, um höhere Einnahmen zu<br />

generieren.<br />

Einen ersten Schritt hat er mit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz getan,<br />

welches am 17.03.2011 die zweite <strong>und</strong> dritte Lesung des B<strong>und</strong>estages passiert<br />

hat. <strong>Die</strong>ses Änderungsgesetz engt den Spielraum <strong>für</strong> die Vornahme einer<br />

Selbstanzeige erheblich ein <strong>und</strong> will offensichtlich den Druck auf den Steuerschuldner<br />

vergrößern, eine umfassende Steuererklärung abzugeben.<br />

Dass er dabei rechtsstaatliche Bedenken einfach übergeht, verw<strong>und</strong>ert. Gerade<br />

die Unbestimmtheit einzelner Tatbestandsmerkmale <strong>und</strong> die widersprüchliche<br />

Auslegung derselben durch die Senate des B<strong>und</strong>esgerichtshofes,<br />

zeigen spürbar die Unsicherheit der Rechtsprechung im Umgang mit<br />

der Thematik Selbstanzeige. <strong>Die</strong>s mag vor allem daran liegen, dass gerade<br />

das Steuerrecht <strong>und</strong> mit ihm die Selbstanzeige wie kein anderes Gebiet polarisiert<br />

<strong>und</strong> sich einem großen politischen Druck ausgesetzt sieht. Dabei stellen<br />

die verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich der Selbstanzeige keine<br />

Seltenheit dar, wie der <strong>für</strong> das Wirtschaftsstrafrecht maßgebliche Tatbestand<br />

der Untreue (§ 266 StGB) zeigt. Auch dort hat das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht(<br />

BVerfG ) aufgr<strong>und</strong> einer drohenden Unbestimmtheit i. S. v. Art. 103 Abs. 2<br />

GG eine restriktive Auslegung des § 266 StGB angemahnt <strong>und</strong> sich dabei insbesondere<br />

mit der Reichweite des Tatbestandsmerkmals des Vermögensnachteils<br />

auseinandergesetzt. 53 Hieran wird deutlich, wie schwer es dem Gesetzgeber<br />

fällt, (wirtschaftlich) ungewollte Verhaltensweisen durch hinreichend bestimmte<br />

Tatbestände strafrechtlich zu erfassen. Vermehrt wird deswegen das<br />

BVerfG als Korrektiv tätig.<br />

So wird auch in Zukunft das spannende Gebiet des Steuerstrafrechts <strong>für</strong><br />

großen Diskussions- <strong>und</strong> Beratungsbedarf sorgen <strong>und</strong> es bleibt zu hoffen,<br />

dass sich dieses auch in der universitären Schwerpunktausbildung niederschlägt.<br />

Gerade die Verzahnung von Wirtschaftsrecht <strong>und</strong> Strafrecht, welche<br />

das Wirtschafts- <strong>und</strong> Steuerstrafrecht prägt, stellt den Rechtsanwender dabei<br />

vor interessante Fragestellungen.<br />

52 Vogel, in: DATEV Magazin 2011, 47(48).<br />

53 Vgl. BVerfG, NStZ 2010, 626(626);NJW 2009,2370(2371).

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