doppelseitige - Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
doppelseitige - Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
doppelseitige - Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
2.2.2<br />
Konfliktthemen<br />
Gegenseitige Vorwürfe<br />
Ein typisches Merkmal hochkonflikthafter Eltern in Trennung und Scheidung<br />
ist die Häufung verschiedener, gleichzeitig bzw. wechselweise ausgetragener<br />
Konfliktthemen. Im Spektrum dieser Themen lässt sich eine bestimmte Rangfolge<br />
feststellen:<br />
I. Die gemeinsamen Kinder<br />
1. Aufenthaltsbestimmungsrecht<br />
2. Umgang<br />
3. Finanzielle Fragen<br />
II. Die elterliche Beziehung<br />
1. Das Scheitern<br />
2. Wunsch nach Klärung<br />
Charakteristisch <strong>für</strong> die hochkonflikthaften Auseinandersetzungen ist das<br />
Wiederkehren derselben Konfliktthemen. Direkte Konfrontationen finden<br />
tendenziell seltener statt als bei Eltern in nicht hochkonflikthafter Trennung<br />
und Scheidung. Die Streitigkeiten finden auf der Ebene von Vorwürfen statt,<br />
tiefer liegende Konflikte werden demgegenüber kaum thematisiert.<br />
Das Verhältnis von hochkonflikthaften Müttern und Vätern zueinander ist<br />
stark von Vorwürfen geprägt. Als typisch <strong>für</strong> eskalierte Trennungen lassen sich<br />
folgende Vorwürfe festhalten:<br />
• Der andere Elternteil hetze das Kind gegen die ehemalige Partnerin/<br />
den ehemaligen Partner auf<br />
• Der andere Elternteil sei nicht erziehungsfähig<br />
• Der andere Elternteil leide an einer Suchterkrankung<br />
• Der andere Elternteil vernachlässige das Kind<br />
• Das Interesse der ehemaligen Partnerin/des ehemaligen Partners am<br />
Kind sei lediglich finanziell bedingt<br />
Weitere gängige Vorwürfe, insbesondere auf der Ebene der elterlichen Beziehung,<br />
beziehen sich auf verbale Aggressionen, starkes Rückzugsverhalten,<br />
zu geringes Einlenken bei Streitigkeiten sowie reduzierte Kompromissbereitschaft.<br />
Gewaltbezogene Vorwürfe in Bezug auf physische oder sexuelle Gewalt gegen<br />
das Kind oder gegen den ehemaligen Partner werden nicht gehäuft geäußert.<br />
Auch das Bestehen eines Näherungsverbotes zeigt sich nicht als typisches<br />
Charakteristikum hochkonflikthafter Eltern. Ebenso ergibt sich aus den Daten<br />
des Forschungsprojekts keine geschlechterspezifische Zuordnung einzelner<br />
Vorwürfe.<br />
2.2.3 Soziodemographische Merkmale und hilfebezogene Kriterien<br />
Gerichtsanhängigkeit<br />
Anwaltliche Vertretung<br />
Die Forschungsergebnisse des Projekts »Kinderschutz bei hochstrittiger Elternschaft«<br />
zeigen, dass soziodemographische Merkmale keinen Einfluss auf<br />
die Hochkonflikthaftigkeit von Eltern in Trennung und Scheidung ausüben.<br />
Weder Alter noch Geschlecht, Herkunft, Bildungsgrad und kultureller Hintergrund<br />
spielen eine Rolle. Dasselbe gilt <strong>für</strong> Faktoren, wie Erwerbstätigkeit,<br />
früheren und aktuellen Familienstatus sowie biographische Umbrüche wie Migration<br />
und Trennung/Scheidung in der Herkunftsfamilie.<br />
Hochkonflikthafte Eltern lassen sich auch nicht dadurch typisieren, ob sie<br />
eine Ehe-, Familie- und Lebensberatung, eine <strong>Erziehungsberatung</strong> oder eine<br />
integrierte Beratung in Anspruch nehmen. Als unbedeutsam erweisen sich<br />
weiterhin die Fragen, ob die Eltern aus eigener Initiative kommen oder vom<br />
Gericht/Jugendamt geschickt werden, ob die Beratung aktuell stattfindet oder<br />
bereits abgeschlossen ist und ob jemals eine Paarberatung durchgeführt wurde<br />
oder nicht.<br />
Als durchaus bedeutsam <strong>für</strong> das Erkennen hochkonflikthafter Eltern erweisen<br />
sich hingegen die Gerichtsanhängigkeit und die Zahl der bisherigen<br />
anwaltlichen Vertretungen.<br />
Hinweis:<br />
Um hochkonflikthafte Eltern zu erkennen, sollte im Hinblick auf diese Forschungsergebnisse<br />
auf Folgendes geachtet werden:<br />
• aktuelle oder abgeschlossene familiengerichtliche Verfahren zu Umgangsund<br />
Sorgefragen<br />
• Eigene/keine Rechtsvertretung und Häufigkeit ihres Wechsels<br />
Im Hinblick auf gerichtliche Verfahren zeigen hochkonflikthafte Eltern einen<br />
höheren Regelungsbedarf in Sorge- und Umgangsfragen als andere Eltern in<br />
Trennung und Scheidung. Insbesondere ist die Zahl der außergerichtlichen<br />
Einigungen bei ihnen geringer, die Zahl der offenen und abgeschlossenen gerichtlichen<br />
Verfahren höher. Auch eine Unzufriedenheit mit der bisherigen Regelung<br />
kann als typisches Merkmal von Hochkonflikthaftigkeit festgehalten<br />
werden. Damit scheinen Neuregelungen von Sorge- und Umgangsfragen <strong>für</strong><br />
die hochkonflikthaften Eltern subjektiv notwendig zu sein. Gleichzeitig ist es<br />
deutlich schwieriger <strong>für</strong> sie, Neuregelungen autonom, ohne professionelle Hilfe,<br />
zu erzielen.<br />
Die Inanspruchnahme einer anwaltlichen Vertretung und insbesondere der<br />
Wechsel von Rechtsanwälten sind ebenfalls Anhaltspunkte <strong>für</strong> bestehende<br />
Hochkonflikthaftigkeit der Eltern. Jedoch ist hier Vorsicht geboten: Die Richtung<br />
von Ursache und Wirkung lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Mit<br />
steigender Konflikthaftigkeit der Eltern nimmt auch deren Bereitschaft zu,<br />
16 Arbeit mit hochkonflikthaften Trennungs- und Scheidungsfamilien: Eine Handreichung <strong>für</strong> die Praxis 17 Arbeit mit hochkonflikthaften Trennungs- und Scheidungsfamilien: Eine Handreichung <strong>für</strong> die Praxis<br />
2.2.3