doppelseitige - Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
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5.3.2<br />
führen. Sie erfordern eine hohe kommunikative Kompetenz aller Beteiligten.<br />
Bei einer schriftlichen Einlassung kann jede Formulierung in ihrer Wirkung<br />
auf die betroffenen Eltern entscheidend und Auslöser <strong>für</strong> Rechtfertigungen<br />
oder »Gegenangriffe« ihrerseits sein.<br />
5.3.2 Die Gestaltung der Beratungsprozesse im Kontext der Kooperation<br />
Indikation <strong>für</strong> Beratung<br />
Wie bereits in Kapitel 4 erörtert wurde, kann im Kontext hochkonflikthafter<br />
Trennungs- und Scheidungsfamilien kaum auf fachlich etablierte und sicher<br />
zu vertretende Beratungsmethoden zurückgegriffen werden. Umso wichtiger<br />
ist es <strong>für</strong> BeraterInnen, sich in die interprofessionelle Kooperation einzubringen<br />
und sich über erfolgreiche Beratungsmethoden und -techniken auszutauschen.<br />
Die konkrete methodische Umsetzung der Beratung bleibt jedoch das<br />
Kernstück der Beratungsarbeit selbst und sollte nicht in der fallübergreifenden<br />
Kooperation festgelegt werden. Dennoch kommt den BeraterInnen bei Fragen<br />
des Vorgehens in folgenden Themenbereichen eine wichtige Rolle bei der interprofessionellen<br />
Kooperation zu:<br />
Bereits in der Vergangenheit delegierten Jugendämter Beratungen im Zusammenhang<br />
mit Trennung und Scheidung (nach §§ 17, 18 oder 28 SGB VIII)<br />
an Beratungsstellen öffentlicher und freier Träger. Auch viele Rechtsanwält-<br />
Innen im Familienrecht ermunterten ihre MandantInnen bislang zu solch<br />
einem Schritt. Zunehmend werden nun auch Familiengerichte Eltern nach<br />
dem ersten frühen Termin an Beratungsstellen verweisen. Das zeigt einerseits<br />
die Wertschätzung <strong>für</strong> diese anspruchsvolle Arbeit. Andererseits birgt es auch<br />
die Gefahr der Überschätzung der Möglichkeiten von Beratung.<br />
Hinweis:<br />
Die Angaben von Eltern und BeraterInnen verweisen darauf, dass Beratung bei<br />
hochkonflikthaften Familien das »Mittel der Wahl« sein kann, aber nicht das<br />
»Mittel <strong>für</strong> alle Fälle«. Gerade der »Beratungsoptimismus« des FamFG macht<br />
es nötig, einerseits die Weiterentwicklung von Beratungsansätzen und die Ausbildung<br />
von BeraterInnen zu fördern, andererseits aber auch die Indikationen<br />
<strong>für</strong> erfolgreiche Hochkonfliktberatung zu schärfen.<br />
Ergebnisse des Forschungsprojekts und Erfahrungen von PraktikerInnen sprechen<br />
da<strong>für</strong>, dass das Konfliktniveau maßgeblich da<strong>für</strong> ist, welche Interventionen<br />
den größten Erfolg versprechen: Mediation oder gewöhnliche Scheidungs-<br />
und Trennungsberatung scheinen am ehesten bei niedrigem Konfliktniveau<br />
angezeigt. Elternkurse und spezifische Formen von Beratung und Mediation<br />
sind besser geeignet <strong>für</strong> Fälle mit höherem Konfliktniveau. Umgangsbegleitung<br />
mit flankierender Konfliktberatung ist in vielen Fällen <strong>für</strong> noch höhere<br />
Konfliktniveaus angemessen. Einen stärkeren Eingriff bei höchstem Konfliktniveau<br />
stellen schließlich lösungsorientierte Begutachtung und Einrichtung<br />
einer Umgangspflegschaft dar. Schließlich gibt es auch Fälle, bei denen nur in<br />
Kombination von gerichtlichen Entscheidungen, einstweiligen Anordnungen<br />
und psychosozialen Hilfen eine Konfliktreduzierung möglich ist.<br />
BeraterInnen sollten also bei fallübergreifender Kooperation ihr Erfahrungswissen<br />
und ihre Kenntnisse über wissenschaftliche Befunde einbringen,<br />
um die Frage zu klären, wann und <strong>für</strong> welche Konfliktkonstellationen Beratung<br />
eine geeignete Hilfe sein kann (s. Kapitel 4).<br />
Hinweis:<br />
Im Einzelfall sollten vor der Entscheidung über eine Beratung folgende<br />
Fragen geklärt sein:<br />
• Welche Hilfen gab es schon?<br />
• Welche Erfahrungen haben die Eltern mit bereits erfolgter Beratung<br />
oder anderen Interventionen gemacht?<br />
• Was denken die Eltern, wieso bisherige Hilfen nicht geeignet waren?<br />
• Was spricht <strong>für</strong> oder gegen eine Beratung mit beiden Elternteilen?<br />
• Welche Unterstützung braucht das Kind? Inwieweit sollte es selbst<br />
Beratung erhalten?<br />
• Was ist geeigneter: eine richterliche Entscheidung oder ein Hinwirken<br />
auf Einvernehmen durch Beratung oder beides?<br />
Übergänge und Klärung von Aufträgen durch FamilienrichterInnen und JugendamtsmitarbeiterInnen<br />
bei angeordneter Teilnahme der Eltern an Beratung<br />
Übergänge und Klärung von Aufträgen durch FamilienrichterInnen und JugendamtsmitarbeiterInnen<br />
bei angeordneter Teilnahme der Eltern an Beratung<br />
Das Familiengericht kann die Teilnahme der Eltern an Beratung anordnen,<br />
um zwischen den Eltern ein Einvernehmen herbeizuführen (§ 156 Abs. 1 Satz 4<br />
FamFG). Wichtige Voraussetzung da<strong>für</strong> ist, dass RichterInnen die Beratungskonzepte<br />
der BeraterInnen gut kennen, um nicht Lösungen zu versprechen, die<br />
nicht erreicht werden können. Es empfiehlt sich deshalb, in der fallübergreifenden<br />
Kooperation die Möglichkeiten und Grenzen angeordneter Beratung bei<br />
hochkonflikthaften Trennungs- und Scheidungsfamilien zu klären.<br />
Hinweis:<br />
BeraterInnen sollten bei der fallübergreifenden Kooperation einbringen, welche<br />
Aufträge der RichterInnen an die Eltern günstig, und welche eher hinderlich<br />
sind bzw. von Beginn an nicht zum Gelingen der Beratung beitragen. Zudem<br />
ist im Einzelfall zu klären, inwieweit die Anordnung auch <strong>für</strong> das Kind gilt<br />
und in welcher Form das Kind an Beratung teilnimmt.<br />
Aufgabe des Jugendamts ist es zu klären, welche Beratungsstellen bereit sind,<br />
eine gerichtlich initiierte Beratung durchzuführen. Es ist außerdem da<strong>für</strong> zuständig,<br />
die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung zu stellen (§ 36a, 79<br />
SGB VIII). Es muss geklärt werden, ob ein direkter Kontakt zwischen FamilienrichterInnen<br />
und BeraterInnen bestehen soll.<br />
58 Arbeit mit hochkonflikthaften Trennungs- und Scheidungsfamilien: Eine Handreichung <strong>für</strong> die Praxis 59 Arbeit mit hochkonflikthaften Trennungs- und Scheidungsfamilien: Eine Handreichung <strong>für</strong> die Praxis<br />
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