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doppelseitige - Bundeskonferenz für Erziehungsberatung

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4.3<br />

4.3 Wie Eltern in die Beratung kommen<br />

und wie sie diese erleben und bewerten<br />

Befragt man hochkonflikthafte Eltern zu laufenden oder bereits abgeschlossenen<br />

Beratungen, lassen sich daraus weitere Anregungen <strong>für</strong> eine erfolgversprechende<br />

Beratungsarbeit ziehen. So zeigen sich z. B. einige beachtenswerte<br />

»Eingangsvorausetzungen« der Eltern:<br />

• Es deuten sich leichte Motivationsunterschiede an, je nachdem, ob Eltern<br />

eine <strong>Erziehungsberatung</strong>sstelle (EB) oder eine Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle<br />

(EFL) aufsuchen: Die Klientel der EB – die übrigens auch<br />

einen etwas niedrigeren Bildungsdurchschnitt aufweist – sieht die Problematik<br />

eher bei den Kindern. Sie will primär diese diagnostiziert und ggf.<br />

behandelt haben. In einigen Fällen soll diese Diagnostik die eigenen Argumente<br />

im gerichtlichen Verfahren stärken. Die Klientel der EFL betrachtet<br />

die Problematik stärker auf der Elternebene und erscheint zunächst eher<br />

bereit, an der Elternbeziehung zu arbeiten.<br />

• Werden Eltern nach den Zielen der gerichtlich angeordneten Beratung<br />

befragt, nennen sie häufig entweder eine generelle Verbesserung der elterlichen<br />

Kommunikation oder die Umsetzung einer gerichtlich beschlossenen<br />

Regelung, etwa hinsichtlich der Kontakte der Kinder zum anderen Elternteil.<br />

In der Praxis sollten Beratungsstellen mit gemischten Anliegen aus beiden<br />

Aspekten rechnen.<br />

• Die Erwartungen von hochkonflikthaften Eltern an die Beratung sind oft<br />

niedrig: Sie schätzen ihre Problematik als zu spezifisch und außergewöhnlich<br />

ein, als dass Beratung helfen könnte, auch wenn diese sonst hilfreich<br />

sein mag. Es zeigte sich bei der Befragung von Elternpaaren auch, dass diese<br />

häufig heterogene und wiedersprechende Erwartungen haben. Umso wichtiger<br />

ist es, zu Beginn der Beratung Erwartungen zu klären und gemeinsam<br />

realistische Ziele zu erarbeiten.<br />

• Eltern mit hohem Konfliktniveau haben meist mehr Erfahrung mit unterschiedlichen<br />

Formen von beraterischen oder juristischen Interventionen. Je<br />

mehr dieser Maßnahmen parallel laufen, desto unzufriedener zeigten sich<br />

die Eltern mit ihnen.<br />

Hinweis:<br />

Allerdings deuten die Ergebnisse des Forschungsprojektes »Kinderschutz bei<br />

hochstrittiger Elternschaft« darauf hin, dass nicht die Anzahl von Maßnahmen<br />

<strong>für</strong> das hohe Konfliktniveau verantwortlich ist, sondern umgekehrt: Hochkonflikthaften<br />

Eltern brauchen zunächst einfach mehr Interventionsversuche<br />

(s. Kapitel 5).<br />

Was erleben Eltern als hilfreich oder problematisch in der Beratung<br />

sowie bei den gerichtlichen Maßnahmen?<br />

Zunächst einmal weisen die Angaben der Eltern im Forschungsprojekt auf folgende<br />

Stolpersteine hin. In der rückblickenden Befragung fällt zunächst keine<br />

spezifische Form von Beratung oder sonstiger Hilfen auf. Die Eltern geben<br />

nicht systematisch häufiger bestimmte Interventionen wie Einzelberatung, gemeinsame<br />

Beratung, Mediation o.ä. an als die Eltern mit weniger Konflikten.<br />

Lediglich gemeinsame Familiensitzungen mit Eltern und Kin dern scheinen<br />

bei hochkonflikthaften Eltern häufiger angewandt zu werden als bei anderen.<br />

Ein wichtiges gemeinsames Merkmal dieser Eltern ist jedoch ihr geringes<br />

Selbstwirksamkeitserleben (s. Kapitel 2). Dies sollte also möglichst verbessert<br />

werden. Eine Standardmethode hier<strong>für</strong> ergibt sich allerdings aus den Forschungsergebnissen<br />

nicht. Es kann also nur Ziel sein, an der Selbstwirksamkeit<br />

sowohl in der Einzelberatung als auch – entsprechend umsichtig – in der<br />

gemeinsamen Elternberatung zu arbeiten.<br />

Hinweis:<br />

Allerdings scheint ein Ereignis die Selbstwirksamkeit zu steigern: Das durch<br />

einvernehmliche Regelungen herbeigeführte Ende der gerichtlichen Verfahren.<br />

Schafft es die Beratung, eine gerichtliche Entscheidung überflüssig zu machen,<br />

ist damit viel <strong>für</strong> die elterliche Autonomie und das Selbstwirksamkeitserleben<br />

der Eltern erreicht.<br />

Insgesamt scheint Beratung bei den hochkonflikthaften Eltern häufig eine<br />

andere, meist geringere Wirkung zu haben als bei anderen Eltern. Kritisch<br />

bewerten Eltern Beratung insbesondere, wenn sie ihre Beziehung zum Kind<br />

nicht angemessen gewürdigt erleben. Manche Eltern kommen explizit mit dem<br />

Wunsch in die Beratung, Einschätzungen zu ihrem Kind zu erhalten. Die übrigen<br />

wehren sich hingegen eher gegen kritische Bewertungen der Situation<br />

des Kindes. Sehr sensibel zeigen sich solche Eltern insbesondere, wenn sie das<br />

Gefühl haben, dass die BeraterInnen die Partei des Partners/ der Partnerin<br />

ergreifen. Um nicht in diese Fall zu tappen, sollten sich BeraterInnen gerade<br />

im elterlichen Streit nicht auf vermeintliche Objektivität oder »Beweislagen«<br />

konzentrieren, sondern die Konfliktbiographie der Eltern erkennen und ihre<br />

konfliktbezogenen Kompetenzen stärken.<br />

Es zeigt sich, dass die Bewertung der Beratungsstelle oder des Gerichts stark<br />

durch die Einstellungen der Eltern im Konflikt bestimmt ist: Oft haben die Eltern<br />

deutliche Vorannahmen von richtig und falsch, von Täter und Opfer und<br />

erwarten, das BeraterInnen und RichterInnen diese teilen. Häufig steht <strong>für</strong> die<br />

Eltern deswegen weniger eine Konfliktlösung im Vordergrund als die Unterstützung<br />

in diesem Konflikt. Damit ergibt sich das Problem, dass sich Eltern<br />

<strong>für</strong> Beratung nicht offen <strong>für</strong> diese erscheinen, sondern argumentieren, als stünden<br />

sie auch hier vor einem Richter.<br />

36 Arbeit mit hochkonflikthaften Trennungs- und Scheidungsfamilien: Eine Handreichung <strong>für</strong> die Praxis 37 Arbeit mit hochkonflikthaften Trennungs- und Scheidungsfamilien: Eine Handreichung <strong>für</strong> die Praxis<br />

4.3

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