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Zugriff auf die Publikation mit Stand vom 15.03.2004

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G 14514 ■ 12. Jg. ■ März 2004 1/2004<br />

NEWS<br />

letter<br />

Tagung<br />

Bericht zum FGF-COST 281 Workshop<br />

Forschung<br />

Erwärmung der Haut durch Handys<br />

Elektro-Magneto-Therapie<br />

Perform-A stellt den Mobilfunk <strong>auf</strong> den Prüfstand<br />

Eine kritische Betrachtung der Theorien<br />

von Konstantin Meyl<br />

EMVU-Wahrnehmung<br />

Wie gelangen Forschungsresultate in <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n?<br />

Verständlichkeit von EMF-Broschüren – wie Informationen<br />

von Laien verstanden und bewertet werden<br />

Fallstu<strong>die</strong> zur Wahrnehmung einer umstrittenen<br />

Mobilfunksendeanlage<br />

FGF-Mitgliederversammlung<br />

F G F - W o r k s h o p 1/2004 letter<br />

NEWS FGF<br />

Forschungsgemeinschaft Funk e.V.<br />

1


E d i t o r i a l<br />

Editorial<br />

Liebe Leserinnen und liebe Leser,<br />

immer neu, ständig anders – und doch nicht besser?<br />

Viele Zeitungen und Zeitschriften verändern sich, ihr<br />

Aussehen, ihre Aufteilung, nichts findet der Leser<br />

wieder... Nein, so sollte sie nicht werden, <strong>die</strong> neue<br />

Ausgabe unseres Newsletters. Im Gegenteil: Altbewährtes<br />

haben wir beibehalten; Sie finden es am gewohnten<br />

Platz. Neu dagegen sind das äußere Erscheinungsbild<br />

und <strong>die</strong> Aufteilung in nur noch zwei Spalten,<br />

was das Lesen u. a. am PC vereinfachen wird.<br />

Nun hoffen wir, dass auch Sie das neue Layout als<br />

positiv bewerten, und wollen uns unserer eigentlichen<br />

Aufgabe widmen, Sie in gewohnt umfangreichem<br />

Maße über <strong>die</strong> Neuigkeiten zum Thema EMVU zu informieren.<br />

Unser erster Beitrag widmet sich dem Workshop, der<br />

<strong>vom</strong> 7. bis 10. Dezember letzten Jahres in Immenstaad<br />

stattfand. Weiter geht es <strong>mit</strong> Berichten aus der<br />

2 NEWS 2 letter 1/2004<br />

NEWS<br />

letter 1/2004<br />

E d i t o r i a l<br />

Forschung, zu den Themen: „Wärmeentwicklungen am<br />

Ohr“, „Elektro-Magneto-Therapie“, „Perform-A-Stu<strong>die</strong>“<br />

und „Eine kritische Betrachtung der Theorien von Konstantin<br />

Meyl“.<br />

Den Schwerpunkt haben wir in <strong>die</strong>ser Ausgabe aber<br />

<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Einschätzung des „Elektro-Smog“-Risikos durch<br />

<strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n und <strong>die</strong> Öffentlichkeit gelegt und hier<br />

insbesondere <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Einschätzung durch „Nicht-Experten“.<br />

Dabei haben wir uns <strong>die</strong> Frage gestellt: „Wie<br />

finden wissenschaftliche Ergebnisse ihren Weg in <strong>die</strong><br />

Me<strong>die</strong>n?“ Weiter haben wir uns unter „Verständlichkeit<br />

von EMF-Broschüren“ da<strong>mit</strong> auseinandergesetzt,<br />

wie Informationen von Laien verstanden und bewertet<br />

werden. Zur Abrundung des Themas <strong>die</strong>nt eine<br />

Fallstu<strong>die</strong> zur „Wahrnehmung einer nach Bürgerprotesten<br />

gebauten Basisstation“.<br />

Suchen Sie verstärkt nach alternativen Internetadressen<br />

zum Thema EMVU, EMF oder Elektrosmog? Wollen<br />

Sie Ihre physikalischen Grundkenntnisse <strong>auf</strong>frischen<br />

oder einfach nur <strong>die</strong> letzten Neuigkeiten zu<br />

dem Thema abrufen? Dann haben wir etwas für Sie:<br />

Unter „Übersicht über EMVU-Portale“ sehen sie 18<br />

wichtige Adressen im Internet <strong>mit</strong> einer kurzen inhaltlichen<br />

Beschreibung, um Ihnen das Suchen zu erleichtern.<br />

Schließlich finden Sie an gewohnter Stelle <strong>die</strong> Rubriken<br />

„Neues aus der Wissenschaft“, den Bericht über<br />

<strong>die</strong> Mitgliederversammlung 2004 der FGF und sonstige<br />

„Nachrichten“, wie beispielsweise Hinweise <strong>auf</strong><br />

<strong>die</strong> nächsten Workshops.<br />

Viel Spaß beim Lesen des FGF-Newsletters im neuen<br />

Outfit wünscht Ihnen<br />

Ihr Gerd Friedrich


Inhalt<br />

Tagung<br />

Bericht zum FGF-Workshop in Immenstaad:<br />

„Können elektromagnetische Felder des Mobilfunks<br />

Schlafstörungen und andere kognitive Änderungen<br />

hervorrufen?“<br />

Forschung<br />

Wie kommt es zur Erwärmung der Haut durch<br />

Handys?<br />

Elektro-Magneto-Therapie –<br />

Situation und Perspektiven<br />

PERFORM-A stellt den Mobilfunk <strong>auf</strong> den Prüfstand<br />

Eine kritische Betrachtung der Theorien<br />

von Konstantin Meyl<br />

EMVU-Wahrnehmung<br />

Wie gelangen Forschungsresultate in <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n?<br />

Verständlichkeit von EMF-Broschüren – wie Informationen<br />

von Laien verstanden und bewertet werden...<br />

Fallstu<strong>die</strong> zur Wahrnehmung einer umstrittenen<br />

Mobilfunksendeanlage<br />

EMVU-Portale – eine Übersicht<br />

Forschung<br />

Neues aus der Wissenschaft<br />

Intern<br />

12. Mitgliederversammlung der FGF<br />

Nachrichten<br />

Impressum<br />

I n h a l t 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

I n h a l t 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

3<br />

4<br />

12<br />

16<br />

26<br />

28<br />

36<br />

48<br />

52<br />

59<br />

68<br />

73<br />

79<br />

80


F G F - W o r k s h o p<br />

Bericht zum FGF-Works<br />

„Können elektromagnetische Felder des Mobilfunks<br />

Schlafstörungen und andere kognitive Änderungen hervorrufen?“<br />

4 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

Siegfried Eggert,<br />

Roland Glaser,<br />

Frank Gollnick,<br />

Lutz Haberland<br />

Bei der internationalen Fachtagung<br />

<strong>vom</strong> 8. bis 10. Dezember<br />

2003 in Immenstaad am<br />

Bodensee wurde das Thema<br />

unter etwa 50 Experten aus den<br />

entsprechenden Forschungsbereichen<br />

diskutiert.<br />

F G F - W o r k s h o p<br />

Der von der Forschungsgemeinschaft Funk in Kooperation<br />

<strong>mit</strong> der europäischen Forschungsaktion COST<br />

281 und dem Ministerium für Umwelt und Verkehr<br />

Baden-Württemberg organisierte Workshop hatte sich<br />

das Ziel gesetzt, <strong>die</strong> aktuellen Ergebnisse der wissenschaftlichen<br />

Untersuchungen zu biologischen Einflüssen<br />

hochfrequenter elektromagnetischer Felder<br />

(HF-EMF) insbesondere <strong>auf</strong> den menschlichen Schlaf<br />

zu diskutieren und möglichst Empfehlungen für weitere<br />

Forschungsaktivitäten zu geben. Vor allem <strong>die</strong> Ergebnisse<br />

einer Forschergruppe um den Schweizer<br />

Schlafforscher Peter Achermann gaben in den letzten<br />

Jahren Anlass zu Befürchtungen. Demnach soll<br />

<strong>die</strong> Einwirkung schwacher HF-Felder, wie z. B. im Mobilfunk<br />

üblich, im Experiment an freiwilligen Probanden<br />

zu einer Veränderung der Gehirnaktivität während<br />

des Schlafs führen.<br />

In zwei grundlagen-orientierten Beiträgen und einer<br />

Reihe von Fachbeiträgen aus den Bereichen der Epidemiologie<br />

(Bevölkerungsuntersuchungen), der experimentellen<br />

Schlaf- und Wahrnehmungsforschung sowie<br />

der Mess- und Expositionstechnik für Untersuchungen<br />

am Menschen näherte man sich dem Thema<br />

aus verschiedenen Richtungen. Bewusst wurde dabei<br />

den Diskussionen besonders viel Zeit eingeräumt. Im<br />

Einzelnen wurde von bereits durchgeführten oder geplanten<br />

Schlafstu<strong>die</strong>n, von Bevölkerungsstu<strong>die</strong>n anhand<br />

von Fragebogenuntersuchungen sowie von verschiedenartigen<br />

Stu<strong>die</strong>n zu kognitiven Leistungen<br />

(Wahrnehmung, Reaktion – vornehmlich beim Menschen)<br />

unter dem Einfluss von HF-Feldern berichtet.<br />

Das Gehirn des Menschen und seine mögliche Beeinflussung<br />

durch Mobilfunkfelder standen also immer<br />

im Mittelpunkt der Gespräche. Die Diskussionen über<br />

<strong>die</strong> Methoden der exakten und bestmöglichen Messung<br />

und Auswertung der hierzu maßgeblichen Para-


hop<br />

Immenstaad:<br />

in<br />

meter (z. B. EEG-Messungen, Feldmessungen, Art der<br />

Fragebögen), über <strong>die</strong> geeignete Simulation der Mobilfunkfelder<br />

im Labor sowie über <strong>die</strong> besten Versuchseinrichtungen<br />

und Verfahren für möglichst lebensechte<br />

Bedingungen im Experiment rundeten den<br />

Workshop ab.<br />

Die Veranstaltung gliederte sich in <strong>die</strong> folgenden thematisch<br />

abgegrenzten Sitzungen:<br />

Schlaf und Schlafstörungen aus medizinischer Sicht<br />

Epidemiologische Untersuchungen über HF-Einflüsse<br />

<strong>auf</strong> Schlafstörungen<br />

Dosimetrie<br />

Experimentelle Untersuchungen über HF-Einflüsse<br />

<strong>auf</strong> kognitive Prozesse und Schlafstörungen<br />

Als Einstimmung zur Veranstaltung begrüßten Gerd<br />

Friedrich (FGF), Norbert Leitgeb (COST281) und Peter<br />

Brunner (Baden-Württembergisches Ministerium<br />

für Umwelt und Verkehr) zunächst <strong>die</strong> Teilnehmer.<br />

Brunner nutzte <strong>die</strong> Gelegenheit, um <strong>die</strong> Aktivitäten<br />

seines Ministeriums zur Klärung eventueller gesundheitlicher<br />

Gefahren des Mobilfunks und anderer hochfrequenter<br />

Technologien zu beleuchten. Insbesondere<br />

wies er <strong>auf</strong> <strong>die</strong> kürzlich abgeschlossenen großflächigen<br />

Immissionsmessungen (Rundfunk, Fernsehen<br />

und Mobilfunk) in Baden-Württemberg hin. Alle Messwerte<br />

lagen weit unter den gültigen Grenzwerten –<br />

der höchste gemessene Wert betrug 11 % des Grenzwertes.<br />

Schlaf und Schlafstörungen<br />

aus medizinischer Sicht<br />

Die Einführungssitzung behandelte <strong>die</strong> medizinischen<br />

Grundlagen des Schlafs und von Schlafstörungen.<br />

Dieter Riemann (Universitätsklinik Freiburg) gab einen<br />

Überblick zur Abfolge und Bedeutung der einzelnen<br />

Schlafphasen sowie über den Zusammenhang<br />

<strong>mit</strong> hormonellen Änderungen und dem biologischen<br />

Tagesrhythmus. Die verschiedenen Arten von Schlafstörungen<br />

(Insomnie – Schlaflosigkeit, Hypersomnie<br />

– krankhaft gesteigertes Schlafbedürfnis, Parasom-<br />

Aktivitäten des Gehirns im Wachzustand und verschiedenen<br />

Schlafphasen<br />

F G F - W o r k s h o p 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

5


F G F - W o r k s h o p<br />

Recording of Sleep on the skull with EEG, EOG,<br />

EMG<br />

Rechtschaffen and Kales guidelines (1986)<br />

wake<br />

REM<br />

NREM 1<br />

NREM 2<br />

NREM 3<br />

NREM 4<br />

oben: Schädel<strong>auf</strong>nahme im Schlaf <strong>mit</strong> EEG, EOG und<br />

EMG<br />

unten: EEG, EOG und EMG-Aufnahmen im Wachzustand<br />

und in verschiedenen Schlafphasen<br />

6 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

beta, alpha


Epidemiologische Untersuchungen<br />

der Bevölkerung und Messungen<br />

in deren direktem Umfeld<br />

Die Sitzung zu epidemiologischen Stu<strong>die</strong>n begann <strong>mit</strong><br />

dem Vortrag von Ekkehardt Altpeter (Universität Bern)<br />

zur Kurzwellensendeanlage Schwarzenburg/Schweiz.<br />

Nach gesundheitlichen Beschwerden der Anwohner<br />

wurden in den 1990er Jahren Untersuchungen zur<br />

Schlafqualität (Fragebögen) und zu hormonellen Änderungen<br />

(Melatonin) durchgeführt. Während beim in<br />

der Nacht normalerweise verstärkt produzierten Melatonin<br />

in Abhängigkeit von der Entfernung zur Sendeanlage<br />

keine statistisch eindeutigen Effekte durch<br />

den Sender nachweisbar waren (abgesehen von einem<br />

geringfügigen Anstieg in der stärker exponierten<br />

Gruppe beim kurzzeitigen Abschalten der Anlage),<br />

zeigte <strong>die</strong> berichtete Schlafqualität einen eindeutigen<br />

Zusammenhang <strong>mit</strong> der Entfernung zum Sender.<br />

Je näher am Sender <strong>die</strong> Befragten wohnten, umso<br />

größer waren <strong>die</strong> Beschwerden über unzureichenden<br />

Schlaf und umso stärker war eine selbst <strong>auf</strong>erlegte<br />

„Schlafhygiene“ ausgeprägt (z. B. Vermeiden von<br />

schweren Speisen vor dem Schlafen). Probleme der<br />

Aussagekraft der Stu<strong>die</strong> wurden diskutiert, so <strong>die</strong><br />

Unmöglichkeit einer „Blindung“ <strong>die</strong>ser Art von Erhebungen<br />

– Die Anwohner der Sendeanlage konnten<br />

leicht in Erfahrung bringen, ob <strong>die</strong>se gerade sendete<br />

oder nicht.<br />

Martin Röösli (Universität Bern) referierte über Ansätze,<br />

Einflüsse von Mobilfunk <strong>auf</strong> den Schlaf „im wirklichen<br />

Leben“ („real life situation“) zu untersuchen –<br />

der Versuch epidemiologische Untersuchungen <strong>mit</strong><br />

Laborexperimenten zu kombinieren. Um aussagekräftige<br />

Ergebnisse zu erreichen, sind eine Vielzahl von<br />

Methoden notwendig: Schlaftagebuch, Hormonuntersuchungen,<br />

Befragungen, Aufzeichnungen der Bewegung<br />

während des Schlafes und <strong>die</strong> Messung der<br />

Exposition. In einer ersten Untersuchung wurde das<br />

Einschalten neuer Basisstationen begleitet – ohne,<br />

dass <strong>die</strong> in den Phasen vor- und nachher gemessenen<br />

Personen den genauen Einschaltzeitpunkt kannten.<br />

Da allerdings <strong>die</strong> Exposition der Probanden durch<br />

<strong>die</strong> zusätzliche Basisstation nur geringfügig stieg,<br />

konnte allein <strong>die</strong> Aussagekraft der Methodik unter-<br />

sucht werden. Die Resultate selbst waren nicht aussagekräftig.<br />

Es ist beabsichtigt, <strong>die</strong> EMF-Exposition<br />

zukünftig direkt im Schlafzimmer der Untersuchten zu<br />

erzeugen, um eindeutige und nachvollziehbare Feldcharakteristika<br />

zu erhalten. Der Referent unterstrich<br />

<strong>die</strong> allerdings in <strong>die</strong>sen Experimenten schwer zu realisierende<br />

Notwendigkeit der „Blind-Experimente“ (bei<br />

denen der Proband über den Ein/Aus-Zustand der<br />

Feldquelle nicht informiert sein darf). Die Notwendigkeit<br />

einer Positivkontrolle (z. B. Lärm) wurde diskutiert<br />

und – wo sinnvoll – bejaht.<br />

Über eine ähnliche Machbarkeitsstu<strong>die</strong> in Deutschland<br />

berichtete Hans Dorn (für Heidi Danker-Hopfe,<br />

beide Charité Berlin). Hier wurde hauptsächlich das<br />

EEG von freiwilligen Probanden in dem Ort Flachsmeer<br />

zuhause <strong>mit</strong> einem tragbaren Gerät („QUISI“,<br />

s. o.) <strong>auf</strong>gezeichnet und dann ausgewertet, um <strong>die</strong><br />

Schlafeffektivität zu bestimmen. Die Ergebnisse der<br />

methodischen Auswertungen waren zufriedenstellend<br />

(ca. 85 % der <strong>auf</strong>gezeichneten Nacht-EEGs auswertbar),<br />

so dass auch hier weitere Untersuchungen geplant<br />

sind. Hierzu müssten sich der Planung nach<br />

allerdings noch (schwer zu realisierende) Möglichkeiten<br />

finden, bestimmte Mobilfunk-Sendeanlagen zeitweise<br />

gezielt abzuschalten. Diskutiert wurden wiederum<br />

das Problem der Blindung der Teilnehmer und<br />

vor allem <strong>die</strong> Art der Exposition (Mobilfunk nur als<br />

kleine Teilmenge der Gesamtexposition, wie z. B. auch<br />

durch TV und Radio!).<br />

Enrique Navarro (Universität Valencia, Spanien) berichtete<br />

über eine epidemiologische Erhebung zu Befindlichkeitsstörungen<br />

in Abhängigkeit von der Exposition<br />

durch Sendemasten in einer kleinen Gemeinde<br />

in Spanien. Etwa 100 Fragebögen nach dem Muster<br />

von R. Santini (70 % der insgesamt versandten Bögen)<br />

in <strong>die</strong>ser Pilotstu<strong>die</strong> ergaben eine Zunahme von<br />

Schlafstörungen in Abhängigkeit von der Nähe zur<br />

nächsten Basisstation. Die Aussagekraft der verwendeten<br />

Fragebögen und <strong>die</strong> Art der durchgeführten Messungen<br />

(Breitband-Hochfrequenzsignal statt nur GSM-<br />

Signal) waren Thema der Diskussion und führten zu<br />

substanzieller Kritik an der Stu<strong>die</strong>.<br />

Im Folgenden wurden <strong>die</strong> verschiedenen Störfaktoren<br />

bei epidemiologischen Untersuchungen („Con-<br />

F G F - W o r k s h o p 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

7


F G F - W o r k s h o p<br />

founder“) zum Thema Schlaf und EMF diskutiert. Die<br />

wesentlichsten sind Licht, Aktivität (physische Anstrengung),<br />

Temperatur, Lärm und biologischer Rhythmus<br />

(Stichwort: Schichtarbeit). Auch hormonelle Einflüsse<br />

wie der weibliche Menstruationszyklus kamen zur<br />

Sprache.<br />

Bezüglich der Methodik wurde u.a. <strong>auf</strong> <strong>die</strong> eingeschränkte<br />

Aussagekraft von Fragebögen hingewiesen<br />

und <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Notwendigkeit, definierte Expositionsparameter<br />

gewinnen zu können sowie <strong>die</strong> „Blindung“<br />

der Probanden sicherzustellen. So wurde <strong>die</strong> Frage<br />

<strong>auf</strong>geworfen, ob eine Umfrage <strong>mit</strong> deutlichem Bezug<br />

<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Basisstationen nicht vielleicht zu Suggestiv-<br />

Antworten führt. Obgleich es zweifellos erforderlich<br />

wäre, weitere epidemiologische Stu<strong>die</strong>n zu <strong>die</strong>sem<br />

Thema durchzuführen, sei es schwierig, <strong>die</strong> genannten<br />

Fehlermöglichkeiten zu vermeiden. Es müsse nach<br />

deutlichen Verbesserungsmöglichkeiten bei der Durchführung<br />

gesucht werden. Als Fazit <strong>die</strong>ser Sitzung wurde<br />

<strong>die</strong> Aussagekraft der bisher <strong>auf</strong> <strong>die</strong>sem Gebiet<br />

durchgeführten Bevölkerungsstu<strong>die</strong>n als eher gering<br />

und <strong>mit</strong> deutlichen Zweifeln behaftet eingestuft.<br />

Dosimetrie, Expositionseinrichtungen<br />

im Labor, geeignete Simulation<br />

der Mobilfunksignale<br />

Zu Fragen der Dosimetrie und der Konstruktion hochwertiger<br />

Expositionseinrichtungen für Experimente <strong>mit</strong><br />

Probanden waren drei vortragende Experten eingeladen.<br />

Jürgen Schuderer (für Niels Kuster, beide ETH<br />

Zürich) unterstrich <strong>die</strong> Notwendigkeit der Konstruktion<br />

solcher Anlagen, welche <strong>die</strong> Frage nach einer möglichen<br />

Beeinflussung des Menschen durch <strong>die</strong> HF-<br />

Felder <strong>mit</strong> möglichst hoher Signifikanz (d. h. statistischer<br />

Eindeutigkeit) beantworten. Aus <strong>die</strong>sem Grund<br />

sind Anlagen erforderlich, <strong>die</strong> eine möglichst realitätsnahe<br />

Feldexposition, bezogen <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Exposition<br />

durch eine Mobilfunk-Basisstation, ermöglichen, jedoch<br />

im Gegensatz dazu in ihrer Intensität an <strong>die</strong><br />

Grenzwerte maximaler Exposition heranreichen. Nur<br />

<strong>die</strong>s könnte mögliche Effekte deutlich machen und,<br />

falls nachgewiesen, zu einer wissenschaftlich begründbaren<br />

Korrektur der Grenzwerte führen. Es ist also<br />

notwendig, in einer Untersuchung <strong>die</strong> Probanden so-<br />

8 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

F G F - W o r k s h o p<br />

wohl <strong>mit</strong> niedrigen als auch <strong>mit</strong> hohen Dosen eines<br />

sehr gut definierten Testsignals zu exponieren (Aufstellen<br />

von Dosis-Wirkungs-Reihen). Zusätzlich sind durch<br />

Rechnungen, gestützt durch Messungen an Phantomen,<br />

<strong>die</strong> tatsächlichen Expositionswerte zu bestimmen.<br />

Volkert Hansen (Universität Wuppertal) zeigte in einem<br />

Rückblick <strong>die</strong> verschiedenen Ansätze, eine Expositionseinrichtung<br />

für Schlafstu<strong>die</strong>n im Labor und<br />

eine zuverlässige Dosimetrie <strong>auf</strong>zubauen. Dabei ging<br />

er auch <strong>auf</strong> mögliche Feldverzerrungen ein, <strong>die</strong> lokal<br />

durch <strong>die</strong> metallhaltigen Elektroden entstehen können,<br />

<strong>die</strong> zur Ableitung des EEG am Kopf angebracht<br />

werden. Außerdem gilt es, <strong>die</strong> natürlicherweise unkontrollierten<br />

Bewegungen der Probanden im Schlaf<br />

<strong>mit</strong> in <strong>die</strong> Feldkalkulationen einzubeziehen (vor allem<br />

Kopfbewegung).<br />

Gernot Schmid (Austrian Research Center Seibersdorf,<br />

Österreich) informierte über Experimente an 58<br />

Probanden, bei denen untersucht wurde, ob sich unter<br />

dem Einfluss simulierter UMTS-Felder <strong>die</strong> visuelle<br />

Wahrnehmungsfähigkeit verändert. Es konnten in vier<br />

verschieden ausgerichteten Wahrnehmungstests keine<br />

statistisch verwertbaren Abweichungen gegenüber<br />

den Kontrollversuchen ohne Exposition gefunden<br />

werden. Der Schwerpunkt lag in <strong>die</strong>sem Vortrag <strong>auf</strong><br />

der speziell hierfür konstruierten Expositionseinrichtung,<br />

bei der in einer feldabschirmenden Kabine das<br />

UMTS-Signal über einen umkonstruierten Phono-Kopfhörer<br />

direkt an <strong>die</strong> Stelle am Kopf der Probanden<br />

gebracht wurde, an <strong>die</strong> normalerweise das Mobiltelefon<br />

beim Sprechen platziert wird. So erreichte das<br />

UMTS-<strong>Stand</strong>ardsignal <strong>die</strong> Köpfe der Testpersonen sehr<br />

realitätsnah, während <strong>die</strong> Hände zur Erledigung der<br />

Wahrnehmungstests (Bildschirmpräsentationen <strong>mit</strong><br />

speziellen Tastaturen zur Beantwortung der Test<strong>auf</strong>gaben)<br />

frei blieben.<br />

In der Diskussion zu <strong>die</strong>ser Sitzung wurde hervorgehoben,<br />

dass von der technischen Seite her <strong>mit</strong>tlerweile<br />

ausreichendes Wissen und Möglichkeiten vorliegen,<br />

um bei Schlafstu<strong>die</strong>n im Labor eine verlässliche, nachvollziehbare<br />

Feldexposition sicher zu stellen. Dieses<br />

Wissen einiger erfahrener Arbeitsgruppen sollte bei<br />

künftigen Planungen (noch mehr als bisher) genutzt<br />

werden.


Dagegen zeigten sich <strong>die</strong> Methodik und <strong>die</strong> Dosimetrie<br />

im Wohnumfeld des Menschen (bzw. bei bisherigen<br />

epidemiologischen Untersuchungen) als noch verbesserungswürdig.<br />

Entsprechend wurden <strong>die</strong> vorliegenden<br />

Stu<strong>die</strong>n aus <strong>die</strong>sem Forschungszweig bewertet.<br />

Man sah <strong>die</strong> Notwendigkeit, durch eine gemeinsame<br />

Anstrengung mehrerer <strong>auf</strong> <strong>die</strong>sem Gebiet erfahrener<br />

Forschergruppen verbindliche Empfehlungen<br />

<strong>mit</strong> Mindestanforderungen (zumindest technischer Art)<br />

für wissenschaftlich akzeptable epidemiologische<br />

Forschung im Bereich des Schlafs zu entwickeln.<br />

Experimentelle Untersuchungen im Labor<br />

Peter Achermann (Universität Zürich) war der erste<br />

Sprecher der Sitzung zu experimentellen Untersuchungen.<br />

Er berichtete über drei verschiedene Stu<strong>die</strong>n<br />

seiner Arbeitsgruppe bei Exposition von Probanden<br />

während bzw. vor dem Schlaf bei einem 900 MHz<br />

GSM-Mobilfunk-Testsignal. Die stärksten Effekte konnten<br />

bei Exposition während des Schlafes gefunden<br />

werden. Dies waren vor allem reduzierte kurze Aufwachzeiten<br />

während der Nacht nach dem Einschlafen<br />

und verstärkte EEG-Signalamplituden (in den sogenannten<br />

„Schlafspindeln“) im Nicht-REM-Schlaf (also<br />

insbesondere im Tiefschlaf). „REM“ bedeutet „rapid<br />

eye movement“ („schnelle Augenbewegung“) und bezeichnet<br />

natürliche Schlafphasen, in denen man relativ<br />

„flach“ schläft, träumt und eben solche (messbaren)<br />

Augenbewegungen ausführt. Die Untersuchungen<br />

<strong>mit</strong> Exposition kurz vor dem Schlaf zeigten weniger<br />

ausgeprägte Effekte – wiederum im Nicht-REM-<br />

EEG – <strong>die</strong> bei Fernfeld-Exposition <strong>mit</strong> der Zeit kontinuierlich<br />

abnahmen und wenige Stunden nach Expositionsende<br />

verschwanden. Der zeitliche Verl<strong>auf</strong> der Effekte<br />

bei Nahfeld-Exposition war umgekehrt. Interessant<br />

ist, dass 900 MHz EMF ohne GSM-Modulation in<br />

<strong>die</strong>sem Experiment keine Effekte im EEG hervorriefen.<br />

Für <strong>die</strong> Zukunft sind Untersuchungen zur Dosis-<br />

Wirkungsabhängigkeit geplant. Der Wirkungsmechanismus<br />

ist bislang vollkommen unklar.<br />

Joachim Röschke und Klaus Mann (beide Universität<br />

Mainz) stellten unterschiedliche Aspekte ihrer gemeinsamen<br />

Stu<strong>die</strong>n vor. Untersucht worden waren das<br />

Schlaf-EEG, hormonelle Änderungen und <strong>die</strong> Variabili-<br />

Gehirnaktivitäten in verschiedenen Schlafphasen<br />

tät des Herzschlags. Während der Hormonstatus und<br />

der Herzschlag keine signifikanten Änderungen bei<br />

Exposition <strong>mit</strong> einem 900 MHz GSM-Handysignal zeigten,<br />

konnte in der ersten Stu<strong>die</strong> eine verkürzte Einschlafzeit<br />

und ein reduzierter Anteil an REM-Schlafphasen<br />

nachgewiesen werden. Diese Änderungen<br />

konnten in einer Folgestu<strong>die</strong> zwar auch wieder gefunden<br />

werden, waren aber nicht mehr statistisch signifikant<br />

verschieden zu den Kontrollexperimenten.<br />

Subjektive Symptome (Kopfschmerzen, Müdigkeit,<br />

Schwindelgefühl, Hautempfindungen) bei gesunden<br />

und nicht als hypersensitiv eingeschätzten Erwachsenen<br />

und Kindern während und nach der Exposition<br />

<strong>mit</strong> einem 900 MHz GSM-Mobilfunksignal waren das<br />

Thema des Vortrags von Christian Haarala (Universität<br />

Turku, Finnland). Im Vergleich zur Kontrolle konnten<br />

keine Änderungen nachgewiesen werden.<br />

Der abschließende Teil <strong>die</strong>ser Vortragssitzung behandelte<br />

geplante, l<strong>auf</strong>ende bzw. vorläufige Stu<strong>die</strong>n zu<br />

Schlaf und Gehirnfunktionen unter Einwirkung elektromagnetischer<br />

Felder.<br />

Norbert Leitgeb (Universität Graz) berichtete über eine<br />

gerade begonnene Pilotstu<strong>die</strong> an Personen, <strong>die</strong> sich<br />

als elektrosensibel bezeichnen und an Schlafstörungen<br />

leiden. Zur Erforschung <strong>die</strong>ser Situation werden<br />

in den häuslichen Schlafräumen jeden Abend Zelte<br />

<strong>auf</strong>gebaut (ähnlich wie Moskitonetze), <strong>die</strong> Abschirmeigenschaften<br />

um den Faktor 40 dB besitzen oder –<br />

von den Probanden nicht unterscheidbar – <strong>die</strong><br />

F G F - W o r k s h o p 1/2004 letter 9<br />

NEWS W o r k s h o p 1/2004 letter 9<br />

NEWS


F G F - W o r k s h o p<br />

normalerweise vorhandenen Umwelt-Felder ungehindert<br />

durchlassen. In der Diskussion zu <strong>die</strong>sem Vorhaben<br />

wurden Zweifel daran geäußert, ob <strong>die</strong> Unterschiede<br />

beider Zelte durch <strong>die</strong> Probanden tatsächlich<br />

nicht nachweisbar sind (z. B. durch Gebrauch eines<br />

Handys oder eines Taschenradios), vor allem, wenn<br />

nicht unbedingt <strong>mit</strong> der Neutralität des Probanden<br />

gerechnet werden kann. Leitgeb gab zu verstehen,<br />

dass <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> nur <strong>mit</strong> kooperativ handelnden Personen<br />

durchgeführt werden soll, <strong>die</strong> ein eigenes ernstes<br />

Interesse an der Aufklärung ihrer Störungen haben<br />

(d. h. <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> nicht durch Betrug verfälschen).<br />

Anja zur Nieden (Universität Giessen) berichtete über<br />

eine epidemiologische Pilotstu<strong>die</strong> zur Schlafqualität,<br />

<strong>die</strong> nach Kriterien allgemeiner psychologischer Erhebungen<br />

unter Berücksichtigung einer großen Anzahl<br />

abgefragter Parameter durchgeführt wurde. Aus den<br />

bisher vorliegenden Daten ergaben sich keinerlei Bezüge<br />

zwischen dem Gebrauch von Mobiltelefonen und<br />

der Schlafqualität. In der Diskussion wurde <strong>die</strong> Bedeutung<br />

der Erfassung von Merkmalen zur Persön-<br />

10 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

F G F - W o r k s h o p<br />

lichkeitsstruktur unterstrichen. Die spezielle (und in<br />

<strong>die</strong>sem Gebiet der Forschung neue) Charakteristik<br />

der Fragebögen könnte wegweisend auch für andere,<br />

geplante epidemiologische Erhebungen zum Thema<br />

Schlaf und Mobilfunkfelder sein. Es wurde großes Interesse<br />

an den endgültigen Ergebnissen der Untersuchung<br />

und vor allem an der angewandten Methodik geäußert.<br />

Eine großangelegte schwedische Stu<strong>die</strong> <strong>mit</strong> gemischter<br />

Methodik wird in naher Zukunft den Einfluss von<br />

Mobilfunkfeldern (900 MHz GSM) <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Schlafqualität<br />

untersuchen. Zur Anwendung kommen dabei Fragebögen,<br />

EEG- und Hormonuntersuchungen sowie Verhaltenstests<br />

(Vortragender: Arne Lowden, Karolinska<br />

Institut Stockholm, Schweden). In der Diskussion zu<br />

<strong>die</strong>sem Vortrag, wie auch in der Gesamtdiskussion,<br />

wurden gerade in Bezug <strong>auf</strong> <strong>die</strong>se interessante Stu<strong>die</strong><br />

von den anwesenden Experten eine Reihe an konstruktiven<br />

Verbesserungsempfehlungen und wertvollen Hinweisen<br />

gegeben. Auch <strong>die</strong>s kann – rechtzeitig bevor <strong>die</strong><br />

Stu<strong>die</strong> gestartet wird – als wichtiger Impuls und wertvolles<br />

Ergebnis <strong>die</strong>ses Workshops betrachtet werden.<br />

Im Rahmen des Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramms<br />

werden Michael Bornhausen und Mitarbeiter<br />

(LM Universität München) den Einfluss von GSM- und<br />

UMTS-Feldern <strong>auf</strong> das Verhalten von drei Generationen<br />

von Ratten untersuchen. Dabei werden <strong>die</strong> Tiere<br />

in sogenannten „Skinner-Boxen“ <strong>mit</strong> automatisch abl<strong>auf</strong>enden<br />

Verhaltenstests in abgestuftem Schwierigkeitsgrad<br />

(Belohnung nach erfolgreichem Ausführen<br />

einer Verhaltens<strong>auf</strong>gabe) an <strong>die</strong> Grenzen ihrer möglichen<br />

Gehirnleistungen gebracht. Hierdurch verspricht<br />

man sich eine besonders hohe Auflösung der gewonnenen<br />

Daten.<br />

Mögliche Einflüsse von GSM-, UMTS-, WLAN- und DECT-<br />

Signalen <strong>auf</strong> das Schlaf- und Wach-EEG und <strong>auf</strong> kognitive<br />

Tests sind das Thema einer für das nächste<br />

Jahr an der Universität Bern geplanten Stu<strong>die</strong> (Reinhold<br />

Berz und Mitarbeiter, InfraMedic AG, Burgrieden-<br />

Rot, und Universität Bern).<br />

Rüdiger Maier (Universität Mainz) berichtete über eine<br />

Untersuchung zum Einfluss von GSM-Signalen <strong>auf</strong><br />

kognitive Tests an Probanden. Allerdings konnten<br />

keine Angaben zur Dosimetrie gemacht werden, auch<br />

wurde <strong>die</strong> statistische Signifikanz der Ergebnisse


lediglich <strong>mit</strong> einem willkürlich ausgewählten statistischen<br />

Verfahren er<strong>mit</strong>telt ohne Begründung, warum<br />

gerade <strong>die</strong>ses und nicht <strong>die</strong> anderen, „keine Signifikanz“-ergebenden,<br />

Tests aussagekräftig sein sollten.<br />

In der Diskussion wurde der Gruppe eine Zusammenarbeit<br />

<strong>mit</strong> Spezialisten der Dosimetrie und Biometrie<br />

empfohlen.<br />

In der anschließenden Diskussion zu experimentellen<br />

Untersuchungen kam u.a. das Problem der Replikation<br />

von Stu<strong>die</strong>n („Wiederholungsstu<strong>die</strong>n“) zur Sprache.<br />

Eine identische Replikation von Stu<strong>die</strong>n wird es<br />

fast nie geben, da <strong>die</strong> Wissenschaft von Verbesserungen<br />

und Weiterentwicklungen lebt und auch kaum<br />

Geld<strong>mit</strong>tel „nur“ für eine Wiederholungsstu<strong>die</strong> bereit<br />

gehalten werden. Zur Klärung vieler nur ein Mal gefundener<br />

und nicht weiter erklärter Effekte wären solche<br />

Wiederholungen im eigenen Labor und vor allem<br />

an anderer Stelle jedoch aus wissenschaftlicher Sicht<br />

sehr wünschenswert.<br />

Fehlende Erklärungen der von einigen Arbeitsgruppen<br />

gefundenen Effekte (Was ist der Mechanismus?) wurden<br />

ebenso diskutiert wie <strong>die</strong> Notwendigkeit der Zusammenarbeit<br />

verschiedener Disziplinen (Medizin, Biologie,<br />

Biophysik, Physik, Ingenieurwissenschaft). Wie<br />

oben bereits angesprochen, regte der Diskussionsleiter<br />

Peter Ullsperger (Bundesamt für Arbeitsschutz<br />

und Arbeitsmedizin, Berlin) an, eine Gruppe von Experten<br />

zusammenzubringen, <strong>die</strong> methodische <strong>Stand</strong>ards<br />

für <strong>die</strong> EMF-Schlafforschung etablieren sollte.<br />

Gibt es einen messbaren Effekt?<br />

Was ist ein Effekt?<br />

Die abschließende Plenumsdiskussion wurde von Jürgen<br />

Kiefer (Universität Giessen) geleitet. Zunächst<br />

fassten <strong>die</strong> Rapporteure Hans Dorn (s. o.), Siegfried<br />

Eggert (Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />

Berlin) und Sheila Johnston (Neuroscience Consultant,<br />

London) <strong>die</strong> Vorträge und Diskussionen zusammen.<br />

Die Diskussion begann <strong>mit</strong> der Frage: Gibt<br />

es einen Effekt, <strong>auf</strong> dem man weitere Forschung <strong>auf</strong>bauen<br />

kann, und welche Methoden und zu untersuchenden<br />

Parameter sind dafür <strong>die</strong> am besten geeigneten?<br />

Die Tagung ergab, dass deutlich zwischen<br />

Expositionsintensitäten zu unterscheiden ist, <strong>die</strong> beim<br />

Telefonieren durch <strong>die</strong> Felder des eigenen Handys<br />

erzeugt werden, und den um mehrere Zehnerpotenzen<br />

schwächeren, denen <strong>die</strong> Bürger durch nahegelegene<br />

Basisstationen ausgesetzt sind. Nur im ersten<br />

Fall, d. h. bei Feldern in der Nähe der Grenzwerte,<br />

ergaben sich <strong>mit</strong>unter messbare Effekte, <strong>die</strong> als vorläufige<br />

einzustufen sind, weil noch nicht unabhängig<br />

reproduziert. Es wurde diskutiert, ob eventuell Signale<br />

der außerordentlich empfindlichen Thermorezeptoren<br />

der Haut und der Hirn-Oberfläche für <strong>die</strong>se Reaktionen<br />

verantwortlich sein könnten.<br />

Die zweite Frage, un<strong>mit</strong>telbar <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Thematik der<br />

Tagung bezogen, lautete: Was bezeichnen wir als „Effekt“?<br />

Wie ist Schlafstörung zu definieren? Nur wenn<br />

alle Gruppen <strong>die</strong> Forschungsergebnisse nach gleichen<br />

Parametern bewerten, könnte eine Übereinstimmung<br />

der Resultate und da<strong>mit</strong> der Aussagen erwartet werden.<br />

Trotz verschiedener Vorschläge (Schlaf-EEG, Bereitschaftspotential,<br />

physiologische Herzparameter<br />

etc.) scheint eine <strong>Stand</strong>ardisierung der Stu<strong>die</strong>n weder<br />

möglich noch sinnvoll. Dem widerspricht <strong>die</strong> hohe<br />

Komplexität des „Objektes“ (sprich: das Gehirn des<br />

Menschen).<br />

Einig waren sich <strong>die</strong> eingeladenen Experten in den<br />

folgenden Punkten:<br />

Biologische Effekte dürfen nicht <strong>mit</strong> gesundheitlichen<br />

Auswirkungen gleichgesetzt werden.<br />

Es müssen nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Beziehungen<br />

bestimmt werden.<br />

Eine gute Statistik und Dosimetrie <strong>mit</strong> allgemein<br />

verbindlichen <strong>Stand</strong>ards sollten für <strong>die</strong> Schlafforschung<br />

durchgesetzt werden.<br />

Stu<strong>die</strong>n müssen möglichst unabhängig repliziert werden,<br />

um wissenschaftliche Gültigkeit zu erlangen.<br />

Dr. Siegfried Eggert ist wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

im Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Berlin.<br />

Prof. Dr. Roland Glaser war Leiter des Instituts für Biophysik<br />

an der Humboldt-Universität Berlin.<br />

Dr. rer. nat. Frank Gollnick ist Biologe und war lange Zeit<br />

Mitarbeiter im Physiologischen Institut II der Universität Bonn.<br />

Er ist nun als wissenschaftlicher Berater für <strong>die</strong> FGF tätig.<br />

Dipl.-Biophysiker Lutz Haberland arbeitet als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter in der Abteilung Biophysik des Instituts für Zellbiologie<br />

und Biosystemtechnik an der Universität Rostock.<br />

F G F - W o r k s h o p 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

11


F o r s c h u n g<br />

Wie kommt es zur Erwä<br />

Gunnhild Oftedal, Aksel Straume,<br />

Anders Johnsson<br />

Einige Nutzer von Mobiltelefonen klagen über<br />

Hautbrennen oder eine Erwärmung des Ohrs und<br />

der Haut in Ohrnähe. Diese Erwärmung wird vor<br />

allem während ausgedehnter Telefonate als<br />

unangenehm empfunden. Um dem Grund für <strong>die</strong>se<br />

dem Mobiltelefonieren zugeschriebenen<br />

Beschwerden und Symptomen <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Spur zu<br />

kommen, wurden Fragebögen an Nutzer in<br />

Norwegen und Schweden verschickt. Insgesamt<br />

12.000 Handynutzer sandten <strong>die</strong> Fragebögen<br />

ausgefüllt zurück. Etwa 23 % der norwegischen<br />

und 8,7 % der schwedischen Teilnehmer berichteten<br />

von Wärmeempfindungen am Ohr oder in Ohrnähe<br />

(Oftedal et al. 2000). Die Ergebnisse der<br />

Fragebogenaktion veranlassten <strong>die</strong> Forscher,<br />

nach den Gründen für <strong>die</strong> erhöhte Hauttemperatur<br />

zu forschen.<br />

12 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

F o r s c h u n g<br />

Da bei Telefonaten <strong>mit</strong> herkömmlichen Analoggeräten<br />

zumeist keine Erwärmung wahrgenommen wird<br />

(wie <strong>die</strong> norwegisch-schwedische Stu<strong>die</strong> bestätigt),<br />

könnten <strong>die</strong> von der Handy-Antenne abgestrahlten<br />

Funkwellen eine Erklärung für <strong>die</strong>ses Phänomen, <strong>die</strong><br />

Erwärmung des Ohrs, sein. Bei den Funkwellen handelt<br />

es sich um hochfrequente (HF; in englischer Literatur<br />

<strong>mit</strong> RF abgekürzt) elektromagnetische Strahlung;<br />

ein Teil der Feldenergie wird von dem Gewebe in der<br />

Umgebung der Antenne absorbiert. Dies könnte zu<br />

einer gewissen Erwärmung führen. Aber auch andere<br />

Faktoren könnten zu einem Anstieg der Hauttemperatur<br />

beitragen. Normalerweise gibt <strong>die</strong> Haut Wärme an<br />

<strong>die</strong> Luft ab. Ein Handy (auch im ausgeschalteten Zustand)<br />

wirkt wärmeisolierend, wenn es an <strong>die</strong> Haut<br />

gehalten wird. (Ist das Telefon anfänglich kalt, so<br />

kühlt sich <strong>die</strong> Haut zunächst ab, bevor es zu dem<br />

Temperaturanstieg kommt.) Hinzu kommt, dass das<br />

Gerät selbst durch <strong>die</strong> von der Batterie erzeugten<br />

elektrischen Ströme erwärmt wird. Wie in jedem anderen<br />

eingeschalteten elektronischen Gerät erzeugt<br />

<strong>die</strong> zum Beispiel in Widerständen entwickelte Energie<br />

eines Handys Wärme.<br />

Das Ziel <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong> bestand darin herauszufinden,<br />

in welchem Umfang <strong>die</strong> genannten Faktoren, also<br />

RF-Strahlung, Isolierung und elektrische Eigenerwärmung,<br />

zu einem Anstieg der Hauttemperatur während<br />

eines Mobiltelefonats beitragen.<br />

Methodik<br />

In einer Testreihe hielt ein gesunder männlicher Proband<br />

30 Minuten lang ein GSM-900 Mobiltelefon in<br />

normaler Position. Das Handy war zunächst ausgeschaltet,<br />

um <strong>die</strong> abdeckende Wirkung des Telefons<br />

am Ohr zu testen. Um zusätzlich zu <strong>die</strong>ser Isolierung<br />

den Effekt elektrischer Eigenerwärmung zu prüfen,<br />

wurde das Gerät eingeschaltet und regulär im „Übertragungsmodus“<br />

betrieben, jedoch ohne RF-Strahlung<br />

auszusenden. Zu <strong>die</strong>sem Zweck wurde <strong>die</strong> Antenne<br />

durch ein <strong>mit</strong> einem Widerstand als elektrische Last


mung der Haut<br />

durch Handys?<br />

abgeschlossenes Kabel ersetzt. Auf <strong>die</strong>se Weise wurde<br />

<strong>die</strong> normalerweise in Form von RF-Signalen abgestrahlte<br />

Energie im Widerstand absorbiert. Labortests<br />

bestätigten, dass keine RF-Strahlung ausgesandt wurde,<br />

wenn der Widerstand aktiviert war.<br />

Die Kombination aller drei Faktoren, einschließlich<br />

der RF-Strahlung, kam zustande, indem das Telefon<br />

regulär <strong>mit</strong> einer Sendeantenne betrieben wurde. Sowohl<br />

bei Antennenbetrieb als auch bei Nutzung des<br />

Widerstandes wurde <strong>die</strong> maximale Ausgangsleistung<br />

verwendet. Dies <strong>die</strong>nte dem Zweck, eine maximale<br />

elektrische Eigenerwärmung bzw. maximale RF-Exposition<br />

zu erzielen. Tabelle 1 fasst <strong>die</strong> verschiedenen<br />

Versuchsanordnungen der Stu<strong>die</strong> zusammen.<br />

Die Hauttemperatur kann von einer Reihe von Faktoren<br />

beeinflusst werden. Ein Faktor ist zum Beispiel<br />

<strong>die</strong> Tageszeit. Aus <strong>die</strong>sem Grund wurde jeder Expositionstyp<br />

sechsmal zu verschiedenen Tageszeiten geprüft.<br />

Der Proband wurde eingeschränkt bezüglich körperlicher<br />

Aktivität, Nahrungs- und Flüssigkeits<strong>auf</strong>nahme<br />

und anderer möglicher Faktoren, <strong>die</strong> Einfluss <strong>auf</strong><br />

<strong>die</strong> Ergebnisse hätten nehmen können. Die jeweilige<br />

Raumtemperatur im Labor wurde gemessen, um<br />

dadurch bedingte Abweichungen der Hauttemperatur<br />

in den verschiedenen Versuchsanordnungen auszuschließen.<br />

Hätte der Proband gewusst, wann er der RF-Strahlung<br />

ausgesetzt war oder nicht, hätten psychologische<br />

Faktoren zu einem abweichenden Temperaturanstieg<br />

in den beiden Versuchstypen führen können, daher<br />

wurden <strong>die</strong> Antenne/Kabel und Widerstand zugedeckt.<br />

So hatten weder der Proband noch der <strong>mit</strong> ihm in Kontakt<br />

stehende Mitarbeiter Kenntnis von den jeweiligen Expositionsbedingungen<br />

der Tests.<br />

Gemessen wurde <strong>die</strong> Hauttemperatur <strong>mit</strong> Hilfe einer<br />

Infrarotkamera, <strong>die</strong> Wärmestrahlung identifiziert. Die<br />

Empfindlichkeit der Kamera lag bei 0,1° C. Un<strong>mit</strong>telbar<br />

vor der Exposition, nach 15-minütiger Exposition und<br />

gegen Ende der Exposition wurden Fotos von der exponierten<br />

Seite (<strong>die</strong> Seite, an der das Telefon gehalten<br />

wurde) und der nicht-exponierten Seite gemacht. (Nähere<br />

Informationen zur Methodik bei Straume, 2002.)<br />

Tabelle 1: Untersuchte Faktoren, <strong>die</strong> möglicherweise zu einem Anstieg der Hauttemperatur beitragen;<br />

Status des Mobiltelefons und verwendete Abkürzungen<br />

Untersuchter Faktor Status des Mobiltelefons in der Folge<br />

verwendete Abkürzung<br />

Wärmeisolierung Telefon war ausgeschaltet Aus<br />

Wärmeisolierung + Telefon eingeschaltet, kein RF-Feld<br />

elektrische Eigenerwärmung<br />

des Telefons<br />

aber keine RF-Emission<br />

Wärmeisolierung + Telefon eingeschaltet, RF-Feld<br />

elektrische Eigenerwärmung<br />

des Telefons + RF-Energie<br />

RF-Emission<br />

F o r s c h u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

13


F o r s c h u n g<br />

14 NEWS 14 letter 1/2004<br />

NEWS<br />

letter 1/2004<br />

Temperaturanstieg (°C)<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

F o G r F s - c W h o u r n k gs<br />

h o p<br />

vorher nachher<br />

Abbildung 1: Wärmebilder, <strong>die</strong> <strong>mit</strong> einer Infrarotkamera vor und nach<br />

30minütigem Gebrauch eines Mobiltelefons bei maximaler Sendeleistung<br />

und <strong>mit</strong> sendender Antenne <strong>auf</strong>genommen wurden. Die Farbskala<br />

gibt an, welche Farbe einer bestimmten Hauttemperatur entspricht.<br />

Die blauen rechteckigen Felder sind <strong>die</strong> Messareale „Ohr“ und „Wange“<br />

(Erläuterung im Text).<br />

Aus<br />

kein RF-Feld<br />

RF-Feld<br />

15 Min. 30 Min. 15 Min. 30 Min.<br />

Wange Ohr<br />

Abbildung 2: Anstieg der Hauttemperatur <strong>auf</strong> der exponierten bzw.<br />

nicht- oder scheinexponierten Seite in der Ohr- und Wangenregion für<br />

<strong>die</strong> drei getesteten Bedingungen. Die Werte sind relativ zur nicht exponierten<br />

Seite <strong>auf</strong>getragen. Die statistischen <strong>Stand</strong>ardfehler sind durch<br />

senkrechte gelbe Striche angezeigt, <strong>die</strong> statistischen signifikanten<br />

Unterschiede durch waagerechte rote Striche <strong>mit</strong> einem Stern.<br />

* *<br />

*<br />

*<br />

38<br />

36<br />

34<br />

32<br />

30<br />

28<br />

26<br />

24<br />

Temperatur (°C)


Ergebnisse<br />

Grafik 1 enthält zwei vor und nach der Exposition<br />

<strong>auf</strong>genommene Wärmebilder. Die Einfärbungen illustrieren<br />

<strong>die</strong> Hauttemperatur. Bei einem Vergleich <strong>mit</strong><br />

der Werteskala zeigt sich, dass <strong>die</strong> Ohrmuschel vor<br />

der Exposition bedeutend kälter ist als <strong>die</strong> Gesichtshaut.<br />

Aus <strong>die</strong>sem Grund wurde entschieden, <strong>die</strong> Hauttemperatur<br />

am Ohr und an der Wange getrennt zu<br />

untersuchen. Diese Hautareale sind in Grafik 1 durch<br />

jeweils zwei getrennte blaue Rechtecke gekennzeichnet.<br />

Der Temperaturanstieg an der exponierten Seite<br />

wurde bezogen <strong>auf</strong> den Anstieg an der nicht-exponierten<br />

Seite untersucht. Gemessen wurde un<strong>mit</strong>telbar<br />

vor der Exposition sowie nach 15-minütiger oder 30minütiger<br />

Exposition. Die Ergebnisse sind in Grafik 2<br />

dargestellt.<br />

Wie der Grafik zu entnehmen ist, wurde der Bereich<br />

des Ohres stärker durch das Telefon erwärmt als <strong>die</strong><br />

Wange. Ebenso ist zu sehen, dass es in dem Zeitraum<br />

zwischen 15- und 30-minütiger Exposition zu<br />

einem Temperaturanstieg kam. Bei ausgeschaltetem<br />

Gerät kam es zu einem statistisch signifikanten Temperaturanstieg,<br />

sowohl nach 15 als auch nach 30<br />

Minuten. Nach 30 Minuten hatte <strong>die</strong> Temperatur sich<br />

um 0,8°C in der Wangenregion und um 1,6°C in der<br />

Ohrregion erhöht.<br />

Bei eingeschaltetem Telefon, jedoch ohne RF-Emission,<br />

wurde eine weitere Erwärmung beobachtet. Dieser<br />

zusätzliche Temperaturanstieg <strong>auf</strong> Grund der Eigenerwärmung<br />

des Geräts betrug etwa 0,6 bis 0,7° C<br />

in der Ohrregion. An der Wange war er bedeutend<br />

kleiner und statistisch nicht signifikant.<br />

Bei der Übertragung von RF-Signalen zeigten sich im<br />

Vergleich zu der Versuchsanordnung <strong>mit</strong> eingeschaltetem<br />

Gerät, jedoch ohne Sendeleistung, kaum Veränderungen.<br />

Die erkennbaren geringfügigen Unterschiede<br />

sind statistisch nicht signifikant.<br />

Diskussion<br />

Den Ergebnissen der Stu<strong>die</strong> zufolge ist <strong>die</strong> Isolierung<br />

des Ohres bzw. der Wange durch das Telefon der<br />

Hauptgrund für <strong>die</strong> wahrgenommene Erwärmung während<br />

der Handynutzung. Insbesondere in der Ohrregion<br />

erzeugt <strong>die</strong> Eigenerwärmung des Geräts zusätzli-<br />

che Temperatur. Die Berichte von Außenstehenden in<br />

den Me<strong>die</strong>n über Erwärmungen des Ohres während<br />

des Telefonierens, jedoch nicht der Wange, stimmen<br />

insofern <strong>mit</strong> den Befunden <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong> überein und<br />

werden durch unsere Untersuchungen erklärt. Die relativ<br />

niedrige Temperatur des Ohres vor der Nutzung<br />

des Telefons erklärt zumindest zum Teil, warum das<br />

Ohr während eines Anrufs am meisten erwärmt wird.<br />

Die Stu<strong>die</strong> konnte keine Erwärmung <strong>auf</strong> Grund von<br />

RF-Strahlung feststellen, weder an Ohr noch an Wange.<br />

Bezogen <strong>auf</strong> das benutzte Gerät bedeutet <strong>die</strong>s,<br />

dass <strong>die</strong> von den RF-Signalen absorbierte Energie<br />

nicht ausreichte, um einen messbaren Anstieg der<br />

Hauttemperatur zu erzeugen. Die von <strong>die</strong>sem speziellen<br />

Telefonmodell absorbierte Energie wurde in einem<br />

Phantom gemessen (Wilen et al. 2003). In der<br />

Wangenregion wurde mehr Energie absorbiert als im<br />

Ohrbereich. Hätte <strong>die</strong> RF-Exposition zu Erwärmung<br />

geführt, wäre <strong>die</strong>se also am stärksten an der Wange<br />

<strong>auf</strong>getreten.<br />

Andere Telefonmodelle führen vielleicht zu einer etwas<br />

höheren RF-Energieabsorption als das in <strong>die</strong>ser<br />

Stu<strong>die</strong> benutzte Handy. Insofern ist nicht auszuschließen,<br />

dass <strong>die</strong> von einigen Modellen ausgesandte RF-<br />

Strahlung einen möglicherweise <strong>mit</strong> einer Infrarotkamera<br />

messbaren Anstieg der Hauttemperatur bewirken<br />

kann. Allerdings zeigen <strong>die</strong> Ergebnisse der Stu<strong>die</strong>,<br />

dass <strong>die</strong> Temperatureffekte von Isolierung und<br />

Eigenerwärmung des Geräts als <strong>die</strong> Hauptgründe für<br />

<strong>die</strong> Wärmeempfindungen vieler Nutzer anzusehen sind.<br />

Prof. Dr. Gunnhild Oftedal<br />

Sör-Tröndelag Universität, Trondheim, Norwegen<br />

Dr. Aksel Straume, Dr. Anders Johnsson<br />

Norwegische Universität für Naturwissenschaft und Technik, Trondheim,<br />

Norwegen<br />

Literatur<br />

Oftedal G, Wilén J, Sandström M, Mild KH. Symptoms experienced<br />

in connection with mobile phone use. Occupational<br />

Medicine – Oxford 2000;50(4):237-245.<br />

Straume A. An investigation of skin temperature changes<br />

caused by use of mobile phones, and measurements of ELF<br />

magnetic fields close to a mobile phone. Trondheim: Norwegian<br />

University of Science and Technology, Master Thesis.<br />

2002.<br />

Wilén J, Sandström M, Mild KH. Subjective symptoms among<br />

mobile phone users - A consequence of absorption of radiofrequency<br />

fields? Bioelectromagnetics 2003;24(3):152-159.<br />

F o r s c h u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

15


F o r s c h u n g<br />

Roland Glaser<br />

Das Interesse der Leser <strong>die</strong>ser Zeitschrift richtet sich<br />

natürlich in erster Linie <strong>auf</strong> Fragen nach möglichen<br />

gesundheitlichen Wirkungen elektromagnetischer Felder<br />

des Mobilfunks. Wenn hier ein Beitrag über <strong>die</strong><br />

therapeutische Nutzung <strong>die</strong>ser Felder und Strahlen<br />

folgt, so ist beabsichtigt, einen Blick über den Zaun<br />

zu ver<strong>mit</strong>teln und zu zeigen, dass beide Richtungen<br />

nicht nur <strong>auf</strong> den gleichen biophysikalischen Grundlagen<br />

beruhen, sondern auch weitere Gemeinsamkeiten<br />

haben, <strong>die</strong> es lohnt, einmal näher zu betrachten.<br />

Die Erfahrungen der medizinischen Physik <strong>auf</strong> dem<br />

Gebiet magnetischer und elektrischer Feldwirkung<br />

gehen wesentlich weiter zurück, als jene des Umweltschutzes.<br />

Dies gilt sowohl für biophysikalische Mechanismen,<br />

als auch für <strong>die</strong> Einschätzung des soziologisch-psychologischen<br />

Verhaltens der Betroffenen.<br />

Die Sorge breiter Schichten der Bevölkerung vor möglichen<br />

gesundheitlichen Schäden durch magnetische<br />

Felder des Wechselstromes und durch hochfrequente<br />

Felder der Kommunikationssysteme ist zwar älter als<br />

<strong>die</strong> unselige Prägung des Wortes „Elektrosmog“, datiert<br />

aber erst einige Jahrzehnte zurück, obgleich es<br />

elektrischen Wechselstrom und Rundfunksender<br />

bereits seit über hundert Jahren gibt. Wenn andererseits<br />

immer wieder behauptet wird, <strong>die</strong> Wissenschaft<br />

sei erst wach geworden, hätte sich erst dann<br />

<strong>mit</strong> möglichen gesundheitlichen Einwirkungen von<br />

Hochfrequenzfeldern beschäftigt, als <strong>die</strong> Felder des<br />

Mobilfunks bereits jedermann exponierten, dann ist<br />

das eine Verkennung der Tatsachen. Die Biophysik<br />

bzw. <strong>die</strong> medizinische Physik hat sich jeweils sofort<br />

und <strong>mit</strong> großem Interesse jeder physikalisch-technischen<br />

Neuentdeckung gewidmet und <strong>die</strong>se <strong>auf</strong> mögliche<br />

medizinische Anwendungen überprüft.<br />

Bereits 1934 berichtete zum Beispiel A.J. Ginsberg<br />

über <strong>die</strong> Wirkung von Ultrakurzwellen im Sinne therapeutischer<br />

Nutzung und 1938 erschien <strong>die</strong> Zusammenfassung<br />

langjähriger Forschungsarbeit des Frank-<br />

16 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

Elektro-Magneto-Thera<br />

Situation u<br />

F o r s c h u n g<br />

furter Instituts für Medizinische Physik zu <strong>die</strong>sem Thema<br />

in einer Monographie unter dem Titel „Ultrakurzwellen<br />

in ihren medizinischen-biologischen Anwendungen“,<br />

herausgegeben von dessen Direktor Boris Rajewsky.<br />

Dieser Band enthält Pionierarbeiten zur Ultrakurzwellen-Wirkung<br />

im lebenden Gewebe und zur Theorie<br />

des Verhaltens biologischer Systeme im Hochfrequenzfeld.<br />

Die Amerikaner taten wohl daran, im<br />

Jahre 1946 Hermann Schwan, einen führenden Mitarbeiter<br />

<strong>die</strong>ses Instituts, <strong>mit</strong> in ihr Land zu holen und<br />

<strong>mit</strong> leitenden Aufgaben in ihren Strahlenschutz-Institutionen<br />

zu betrauen (Foster 2002 a, b).<br />

Erweitert man das Blickfeld über den Hochfrequenz-<br />

Bereich hinaus und bezieht elektrische und magnetische<br />

Wirkungen allgemein in <strong>die</strong> Betrachtungen ein,<br />

dann muss man historisch noch wesentlich weiter<br />

gehen. Seit mehr als drei Jahrhunderten, im Grunde<br />

seit der Erfindung der Elektrisiermaschine durch Otto<br />

von Guericke im Jahre 1672 bzw. ihrer technischen<br />

Perfektion und der Nutzung der Leidener Flasche, 70<br />

Jahre später, war man bemüht, <strong>auf</strong> mehr oder weniger<br />

stabilem wissenschaftlichen Fundament Elektrizität<br />

medizinisch zu nutzen. Der Versuch, magnetische<br />

Kräfte in <strong>die</strong> Heilkunst einzuführen, geht sogar bereits<br />

<strong>auf</strong> Paracelsus (1526) zurück. (Für <strong>die</strong> in modernen<br />

Prospekten immer wieder behauptete Nutzung des<br />

Magneten in der frühen chinesischen Medizin konnte<br />

der Autor keine Hinweise in der einschlägigen Fachliteratur<br />

finden.)<br />

Neben der Gemeinsamkeit von Umweltschutz und<br />

Medizin bezüglich des biophysikalischen Hintergrundes<br />

gibt es noch einen weiteren Aspekt, der eine<br />

Kommunikation zwischen <strong>die</strong>sen beiden Gebieten lohnend<br />

macht. Es ist das Problem des Überganges von<br />

der Wissenschaft zur Esoterik, der Übergang von rationalem<br />

zu irrationalem Herangehen, der <strong>auf</strong> beiden<br />

Gebieten erfolgt, ohne dass dabei eine scharfe Grenze<br />

definierbar wäre. Von der akuten Verbrennung eines<br />

unachtsamen Hochfrequenztechnikers bis zu den<br />

irrationalen Ängsten vor einem, eventuell noch gar


pie<br />

nd Perspektiven<br />

nicht angeschlossenen Sendemast, oder dem Zusammenhang<br />

<strong>mit</strong> hypothetischen Erdstrahlen erfolgt <strong>die</strong>s<br />

ebenso wie zwischen einer Hyperthermie-Behandlung<br />

und der Therapie <strong>mit</strong> den angeblichen Strahlen aus<br />

der Hand eines Heilers. In dem einen Fall wird der<br />

Bereich des Irrationalen betreten aus mehr oder weniger<br />

begründeten Ängsten vor Krankheit, im anderen<br />

wegen ebensolcher Hoffnungen <strong>auf</strong> Heilung. Die psychologischen<br />

Hintergründe <strong>die</strong>ses gerade in unserer<br />

Zeit grassierenden irrationalen Verhaltens des Menschen<br />

in den entwickelten säkularen Industrieländern<br />

hat der amerikanische Religions-Soziologe Peter L.<br />

Berger treffend dargelegt, dessen Buch „Sehnsucht<br />

nach Sinn“ bezeichnenderweise den Untertitel trägt:<br />

„Glauben in einer Zeit der Leichtgläubigkeit“.<br />

Im Folgenden sei versucht, dem Leser einen kurzen<br />

Überblick über einige der derzeit angebotenen Therapie-Methoden<br />

<strong>mit</strong> magnetischen, elektrischen und<br />

elektromagnetischen Feldern zu ver<strong>mit</strong>teln, wobei der<br />

Autor keineswegs Anspruch <strong>auf</strong> Vollständigkeit erheben<br />

kann. Auch soll sich <strong>die</strong>ser Bericht im Wesentlichen<br />

<strong>auf</strong> aktuelle Trends und <strong>die</strong> prinzipiellen Fragen<br />

konzentrieren, <strong>die</strong> Umweltschutz und Medizin gemeinsam<br />

bewegen.<br />

Zunächst sind allerdings zwei Abgrenzungen erforderlich:<br />

Die eine Abgrenzung bezieht sich <strong>auf</strong> ein bedeutendes<br />

Gebiet der physikalischen Therapie, das<br />

bereits wesentlich besser fun<strong>die</strong>rt und in seinen Wirkungsmechanismen<br />

weitgehend bekannt ist. Gemeint<br />

ist <strong>die</strong> eigentliche Strahlen-Therapie, also <strong>die</strong> medizinische<br />

Nutzung ionisierender Strahlen. Auch Aspekte<br />

der UV-, Licht- und IR-Therapie sollen hier nicht behandelt<br />

werden. Vielmehr wollen wir uns <strong>auf</strong> den Frequenzbereich<br />

konzentrieren, der von etwa 100 GHz<br />

abwärts bis zu statischen Feldern reicht.<br />

Eine zweite Abgrenzung, <strong>die</strong> jedoch leider nicht so<br />

deutlich und <strong>mit</strong> wenigen Worten zu erklären ist, betrifft<br />

<strong>die</strong> als esoterisch einzustufenden Methoden.<br />

Was ist „Esoterik“? Darüber gibt es viele Bücher,<br />

doch wollen wir uns ganz schlicht <strong>auf</strong> <strong>die</strong> griechische<br />

Übersetzung des Wortes „esoteros“ = „der innere“<br />

beziehen, wonach man Esoterik, zugegebenermaßen<br />

etwas lax, als „Wissenschaft für Eingeweihte“, kurz:<br />

„Insider-Wissenschaft“ übersetzen kann. Ein Blick ins<br />

Internet belehrt uns schnell, was <strong>die</strong>s in Zusammenhang<br />

<strong>mit</strong> der hier zu behandelnden Thematik bedeutet.<br />

Sucht man nämlich nach Parametern für „Bioresonanz-Therapie“,<br />

„Quantum-Healing“, „Radionics“,<br />

„Kernspin-Resonanz-Therapie“ etc., möchte also wissen,<br />

was für Felder, welcher Intensität, Frequenz,<br />

Modulation <strong>die</strong>se Verfahren eigentlich verwenden, in<br />

welchen Fachzeitschriften solche Daten und entsprechende<br />

Wirksamkeitsnachweise publiziert sind, wie<br />

<strong>die</strong> Produzenten <strong>auf</strong> <strong>die</strong> von ihnen als wirksam bezeichneten<br />

speziellen Parameter gekommen sind, so<br />

findet man nur verschwommene Hinweise ohne konkreten<br />

Inhalt. Es ist „Insider-Wissen“, offenbar nur<br />

Eingeweihten zugänglich.<br />

Am Beispiel der so genannten „Bioresonanz-Therapie“<br />

kann man den fließenden Übergang von der Physik<br />

zur Esoterik gut demonstrieren. Unabhängig von<br />

ihrer medizinischen Bedeutung lassen sich selbstverständlich<br />

von der Oberfläche des Körpers elektrische<br />

Potentiale und Stöme ableiten. Elektro-Kardiogramm,<br />

– Enzephalogramm, – Myogramm gehören schließlich<br />

zu dem medizinischen Alltag. Auch statische Potentialdifferenzen<br />

existieren zwischen verschiedenen Körperteilen.<br />

Sie sind messbar, wenn man Geräte geeigneter<br />

Empfindlichkeit verwendet. Vieles daran basiert<br />

allerdings <strong>auf</strong> Unterschieden der Leitfähigkeit der<br />

Haut, Schweißbildung und deren Einfluss <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Elektrodenpolarisationen.<br />

Jedem Elektroniker ist verständlich,<br />

dass <strong>die</strong>se Potentiale, verstärkt man sie nur<br />

genügend weit, einem Rauschen unterliegen. Auch<br />

wird kein Mathematiker bestreiten, dass man <strong>die</strong>ses<br />

Rauschen einer Fourier-Analyse unterwerfen kann und<br />

da<strong>mit</strong> ein mehr oder weniger aussagekräftiges Frequenz-Spektrum<br />

erhält. Dafür gibt es heute gute und<br />

schnelle Software. Soweit ist <strong>die</strong>ses Verfahren wissenschaftlich<br />

fun<strong>die</strong>rt. Die Ausrüstung des Therapeu-<br />

F o r s c h u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

17


F o r s c h u n g<br />

ten <strong>mit</strong> Elektroden, elektronischen Verstärkern und<br />

Computern sieht auch richtig professionell aus und<br />

schafft auch Vertrauen beim Patienten. Esoterisch<br />

wird es in dem Moment, in dem man <strong>die</strong>sem Spektrum<br />

eine biologische Bedeutung beimisst, von „ultrafeinen“<br />

Schwingungen spricht, <strong>die</strong> auch homöopathischen<br />

Medikamenten eigen und leicht messbar<br />

seien, indem <strong>die</strong>se in geschlossenen Ampullen kapazitiv<br />

in den Stromkreis einbezogen würden. „Falsche“<br />

Medikamente verstärken <strong>die</strong> gemessenen Frequenzen,<br />

„richtige“ dämpfen sie! Nun sind solche Schwingungen,<br />

abgesehen von Streuungen im Fourier-Spektrum,<br />

weder im Organismus, noch viel weniger in irgendwelchen<br />

Arznei<strong>mit</strong>teln tatsächlich nachgewiesen,<br />

noch sind sie biophysikalisch oder physikochemisch<br />

vorstellbar.<br />

Esoteriker sehen in <strong>die</strong>sen Dingen eine Analogie zu<br />

dem aus der Chinesischen Medizin entlehnten Begriffes<br />

„ch’i“, den man <strong>mit</strong> Lebens-Energie übersetzt.<br />

Dies ist jedoch nach Meinung von Sinologen ebenso<br />

falsch wie <strong>die</strong> behauptete dahinter stehende Biophysik:<br />

„Es gibt allerdings keinerlei stichhaltige Anzeichen<br />

dafür, dass <strong>die</strong> chinesischen Denker, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ses<br />

Heilsystem schufen, einen derartigen Begriffsinhalt<br />

beabsichtigten“ (Unschuld, 1980, S.60). Einer<br />

der wohl besten Kenner wissenschaftlichen Denkens<br />

im alten China, Joseph Needham übersetzt das ch’i<br />

<strong>mit</strong> „Dunst, Geist, feinster Einfluss, vergleichbar etwa<br />

<strong>mit</strong> dem pneuma der Griechen“ (Needham 79). Nun<br />

wäre <strong>die</strong>s ein Problem der Sinologen; wir brauchten<br />

nicht weiter dar<strong>auf</strong> einzugehen, würde man nicht durch<br />

<strong>die</strong>sen Kunstgriff <strong>die</strong> Brücke zur Thermodynamik schlagen,<br />

um sich den Anstrich der Wissenschaftlichkeit<br />

zu geben. Man operiert dann <strong>mit</strong> physikalischen Begriffen,<br />

als sei das ch’i tatsächlich eine von der Physik<br />

akzeptierte Energieform.<br />

Es erscheint erwähnenswert, dass <strong>die</strong> „Bioresonanz“-<br />

Therapie keine Erfindung der Neuzeit ist, sondern<br />

wesentlich älter als Computer, Fourier-Analyse und<br />

philosophische Ost-Asien-Mode. 1882 stu<strong>die</strong>rte in<br />

Heidelberg ein gewisser Albert Abrams Medizin, ging<br />

dann als Arzt nach London, Berlin, Wien und Paris und<br />

wurde schließlich Professor für Pathologie am Cooper<br />

Medical College und Präsident der Emanuel Polyklinik<br />

18 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

F o r s c h u n g<br />

in San Francisco. Er untersuchte Veränderungen von<br />

Schwingungen elektrischer Potentiale <strong>auf</strong> der Körperoberfläche,<br />

<strong>die</strong> er „Electronic Reactions of Abrams“<br />

(ERA) nannte. Um <strong>die</strong>se nachzuweisen, entwickelte und<br />

verk<strong>auf</strong>te er Geräte, <strong>die</strong> er „Oscilloclast“, „Elektrobioscop“,<br />

„Biodynamometer“ nannte. Er glaubte an Schwingungen<br />

im Körper und wertete nicht nur elektrische<br />

Vibrationen von Patienten aus, sondern führte auch<br />

Ferndiagnosen durch an eingesandten Bluttropfen und<br />

sogar an handschriftlichen Dokumenten, aus deren<br />

„Schwingungen“ er nicht nur Krankheiten des Absenders<br />

er<strong>mit</strong>telte, sondern selbst Geschlecht, Rasse,<br />

Religion und finanzielle Situation. Obgleich Techniker<br />

feststellten, dass <strong>die</strong> von ihm vertriebenen Geräte elektronisch<br />

unsinnig waren, gab es im Jahre 1923 in den<br />

USA allein 3500 <strong>mit</strong> <strong>die</strong>ser Methode praktizierende<br />

Ärzte. Nach seinem Tod im Jahre 1924 hielt ihn <strong>die</strong><br />

American Medical Association für „easily ranked as a<br />

dean of all twentieth century charlatans“ (Edwards<br />

2003). Das Internet und <strong>die</strong> Annoncen in Zeitungen<br />

lehren uns allerdings, dass sich in den letzten 100<br />

Jahren abgesehen <strong>vom</strong> Einsatz moderner Computer an<br />

<strong>die</strong>sem Bioresonanz-Prinzip nichts geändert hat. Ferndiagnose<br />

und -therapie werden auch heute noch in<br />

<strong>die</strong>ser Branche angeboten.<br />

Wenn auch der „Schulmedizin“, ähnlich wie den „traditionellen“,<br />

im Gegensatz zu den „kritischen“ Wissenschaftlern<br />

immer wieder Ignoranz und Arroganz<br />

vorgeworfen wird, so lässt sich doch nicht leugnen,<br />

dass unser Wissen aus Empirie gespeist und durch<br />

Theorie verarbeitet ist. Wie uns Abb. 1 lehrt, kann<br />

man auch <strong>die</strong> Methoden der Elektro-Magneto-Medizin<br />

nach <strong>die</strong>sem Schema gruppieren. Sowohl wissenschaftlich<br />

plausible Mechanismen als auch empirische<br />

Erfahrungen, manifestiert in sauberen klinischen<br />

Tests, können Basis einer klinischen Applikation sein.<br />

Nach <strong>die</strong>sem Prinzip lassen sich <strong>die</strong>se Verfahren in<br />

solche einteilen, <strong>die</strong> sowohl klinisch erprobt als auch<br />

theoretisch verstanden sind, solche, für <strong>die</strong> es zwar<br />

eine theoretische Möglichkeit gibt, <strong>die</strong> jedoch noch<br />

längst nicht <strong>die</strong> klinische Reife erlangt haben, und<br />

schließlich wissenschaftlich unverständliche und klinisch<br />

auch nicht ordnungsgemäß getestete Verfahren<br />

(Abb. 1).


Wie aus der Abbildung ersichtlich, gehören auch <strong>die</strong><br />

vielfältig angebotenen Verfahren der Therapie <strong>mit</strong><br />

Permanent-Magneten in den Bereich, der weder biophysikalisch<br />

plausiblen noch klinisch geprüften Methoden.<br />

Der Glaube daran, dass <strong>die</strong> geheimnisvolle<br />

Kraft des Magneten <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Gesundheit des Menschen<br />

einwirken könnte, ist seit Franz Anton Mesmer<br />

(1734-1815) unausrottbar. Die Flut an Annoncen ist<br />

schier unüberschaubar: Magnet-Pflaster, -Binden,<br />

-Bandagen, -Gürtel, -Einlegesohlen, -Armbänder, -Matratzen,<br />

-Kissen sollen heilsam sein für nahezu alle<br />

Erkrankungen. Man schätzte den Umsatz der entsprechenden<br />

Industrie für das Jahr 1999 weltweit <strong>auf</strong> ca.<br />

5 Milliarden Dollar (Weintraub 1999).<br />

<strong>Publikation</strong>en über Therapie-Erfolge <strong>mit</strong> <strong>die</strong>ser Methode<br />

ergeben ein recht zweifelhaftes Bild. Einige<br />

<strong>die</strong>ser Untersuchungen scheinen einen gewissen Effekt<br />

gefunden zu haben, allerdings <strong>mit</strong> durchaus nicht<br />

repräsentativen Gruppen von 10 und weniger Patien-<br />

Reizstrom-Therapie<br />

Magnetfeld-Stimulation<br />

Elektro-Chemotherapie<br />

Hyperthermie<br />

Iontonphorese<br />

...<br />

Legende:<br />

Knochen-Heilung<br />

Wundheilung<br />

Nerven-Regeneration<br />

...<br />

ten (Brown et al. 2002, Man et al. 1999, Segal et al.<br />

1999, Vallbona et al. 1997, Weintraub 1998), andere<br />

fanden zwar einen Effekt, der sich jedoch statistisch<br />

nicht absichern ließ (Jacobson et al. 2001),<br />

zumeist konnte jedoch keinerlei Einfluss der Magnettherapie<br />

<strong>auf</strong> Fuß- (Caselli et al. 1997, Winemiller et<br />

al. 2003), Rücken- oder Schulter-Schmerz (Collacott<br />

2000, Hong et al. 1982) gefunden werden. Auf eine<br />

Anfrage von Ärzten wertete das „Centre of Clinical<br />

Effectiveness“ in Australien <strong>Publikation</strong>en der Jahre<br />

1990-2000 aus und kam zu dem Schluss, dass es<br />

bezüglich Magnetbehandlung von Patienten <strong>mit</strong> Rücken-Schmerzen<br />

keine statistisch belegbaren Heilerfolge<br />

gibt (Wasiak et al. 2001). Zu dem gleichen<br />

Schluss kommt auch eine amerikanische Übersicht<br />

aus dem Jahre 2003 (Barrett 2003).<br />

Es sei allerdings erwähnt, dass es in letzter Zeit auch<br />

einen sich stürmisch entwickelnden Bereich gibt, in<br />

dem Permanent-Magneten <strong>die</strong>ser Stärke durchaus<br />

Wissenschaftlich plausibler Mechanismus Klinisch erwiesener Therapie-Effekt<br />

Magnet-Therapie<br />

Bioresonanz-Therapie<br />

Kernspin-Resonanz-Therapie<br />

Pulsierende Magnetfeld-Therapie<br />

...<br />

= Positiv = Ungeklärt = Negativ<br />

Abb. 1: Die Effektivität von Therapieverfahren kann entweder durch wissenschaftlich plausible Mechanismen,<br />

oder durch ordnungsgemäße klinische Tests fun<strong>die</strong>rt sein. Nach der Einschätzung durch <strong>die</strong>se Kriterien<br />

kann man <strong>die</strong> Verfahren in drei Gruppen einteilen.<br />

F o r s c h u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

19


F o r s c h u n g<br />

wirksam sind. Die Rede ist von verschiedenen Methoden,<br />

<strong>die</strong> als „Magnetophorese“ (Iwata et al. 2003,<br />

Nakamura et al. 2001), „magnetic drug targeting“<br />

(Fricker 2001, Alexiou et al. 2000) oder „magnetofection“<br />

(Plank et al. 2003, Krotz et al. 2003) in der<br />

Literatur bezeichnet werden. Hier werden supraparamagnetische<br />

Mikropartikel immunologisch an Zellen<br />

oder Moleküle geheftet und <strong>die</strong>se dann im Magnetfeld<br />

bewegt und dadurch in Suspensionen separiert<br />

bzw. an bestimmten Stellen im Körper angereichert.<br />

Auf <strong>die</strong>se Weise lassen sich Zellen selektiv trennen<br />

oder auch Medikamente magnetisch an bestimmten<br />

Wirkorten konzentrieren.<br />

Ebenfalls <strong>auf</strong> wissenschaftlichem Fundament steht<br />

<strong>die</strong> in letzter Zeit eingeführte Methode der Magnetstimulation.<br />

Sie wurde möglich, als man über Kondensatoren<br />

verfügte, leistungsfähig genug, um in Spulen<br />

kurze Magnetpulse in Tesla-Stärke zu erzeugen. Genau<br />

genommen handelt es sich natürlich nicht um<br />

eine wirklich „magnetische“ Stimulation. Nicht das<br />

Magnetfeld, sondern magnetisch induzierte Wirbelströme<br />

im Gewebe lösen den Reiz aus (S. Abb. 2).<br />

Diese Methode erlangt insbesondere in der Neurologie<br />

steigende Bedeutung. Durch geschickte Anordnung<br />

der Spulen können Wirbelströme mehr oder weniger<br />

gezielt in bestimmten Hirnbereichen induziert<br />

werden. Neben dem Vorteil der anatomischen Selektivität<br />

der Reizung ist <strong>die</strong>se Methode, im Gegensatz<br />

zur Implantation von Elektroden, nicht invasiv (Mc-<br />

Lean et al. 2003). Allerdings gibt es auch warnende<br />

Stimmen, <strong>die</strong> <strong>auf</strong> mögliche Nebeneffekte <strong>die</strong>ser starken<br />

Magnetpulse hinweisen (Hill et al. 2000).<br />

Da<strong>mit</strong> kommen wir zu der unübersichtlich großen Zahl<br />

verschiedener medizinischer Anwendungen pulsierender<br />

Felder, <strong>die</strong> sich unter der Abkürzung PEMF-Therapie<br />

(pulsierende elektromagnetische Felder) zusammenfassen<br />

lassen. Im weitesten Sinne gehören auch<br />

<strong>die</strong> TENS-Methoden dazu, <strong>die</strong> „transkutane elektrische<br />

Nerven Stimulation“, <strong>die</strong> man <strong>mit</strong> mehr oder<br />

weniger gutem Erfolg zur Lösung von Muskelverspannungen<br />

einsetzt. Während jedoch bei TENS un<strong>mit</strong>telbar<br />

spürbare elektrische Reize ausgelöst werden, induziert<br />

durch Elektroden <strong>auf</strong> der Haut, glaubt man bei<br />

PEMF entweder an eine direkte Wirkung der Magnet-<br />

20 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

F o r s c h u n g<br />

felder einer externen Spule oder an <strong>die</strong> Wirkung der<br />

dadurch induzierten Wirbelströme. Die bei PEMF verwendeten<br />

Magnetfelder sind viel zu schwach, um durch<br />

Wirbelströme Reize auszulösen. Schmidt-Rohlfing et<br />

al. (2000) werteten 37 klinische Stu<strong>die</strong>n aus, durchgeführt<br />

an insgesamt 3379 Patienten. Sie kommen<br />

zu dem Schluss, dass der Einsatz von pulsierenden<br />

elektromagnetischen Feldern bei orthopädischen<br />

Krankheitsbildern bislang wissenschaftlich nicht belegt<br />

sei.<br />

Es ist schwer, sich durch <strong>die</strong> vielfältigen und immer<br />

wieder <strong>mit</strong> neuen Namen belegten Arten der PEMF<br />

Methoden hindurch zu arbeiten. Hierzu zählen Verfahren,<br />

<strong>die</strong> zum Beispiel als „Pulsierende Signaltherapie“<br />

(PST), „MultiBioSignal-Therapie“ (MBST) oder wie<br />

bereits erwähnt: „Kernspin-Resonanz-Therapie“ (MBST)<br />

bezeichnet werden. Leider findet man zu <strong>die</strong>sen Verfahren<br />

kaum wissenschaftliche <strong>Publikation</strong>en, so dass<br />

man <strong>auf</strong> Firmenprospekte und Presse-Artikel angewiesen<br />

ist. Nach <strong>die</strong>sen Prospekten gibt es kaum eine<br />

Krankheit, <strong>die</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong>se Weise nicht heilbar wäre,<br />

obgleich man sich vornehmlich <strong>auf</strong> den Bereich der<br />

Orthopä<strong>die</strong> konzentriert. Die MBST gibt sich einen wissenschaftlichen<br />

Anstrich <strong>mit</strong> der völlig unbegründeten<br />

und physikalisch unsinnigen Behauptung, <strong>mit</strong> Milli-Tesla<br />

Impulsen bleibenden Einfluss <strong>auf</strong> den Kernspin körpereigener<br />

Atome auszuüben. Zumeist wird argumentiert,<br />

man erreiche da<strong>mit</strong>, <strong>die</strong> „kranke körpereigene<br />

Signal-Gebung in <strong>die</strong> ursprünglich gesunden Bahnen<br />

zu lenken“. Dabei wird weder erläutert, was man<br />

darunter versteht, noch wie man <strong>die</strong>se magnetisch oder<br />

elektrisch beeinflussen will. Frequenz, Modulation oder<br />

Pulsform werden in <strong>die</strong>sen Prospekten selten angegeben.<br />

Manche Hersteller modulieren <strong>die</strong>se Felder sogar<br />

<strong>mit</strong> Musik, dem Geschmack des Patienten angepasst<br />

(Ortho-Press 2, 2000, S.50). Bezeichnenderweise<br />

behauptet jeder Produzent, <strong>die</strong> von ihm verwendete<br />

Frequenz oder Modulation sei optimal, ohne dass je<br />

eine Stu<strong>die</strong> publiziert wurde, welche <strong>die</strong>ses oder ein<br />

anderes Optimum nachgewiesen hätte.<br />

Sucht man nach Erklärungen der Mechanismen, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong>sen Methoden zugrunde liegen sollen, dann finden<br />

sich, ähnlich wie in manchen populären Schriften zum<br />

Elektrosmog, Argumente, <strong>die</strong> dem Laien durchaus sinn-


voll erscheinen müssen. Da ist <strong>die</strong> Rede von Beeinflussung<br />

der Ionenflüsse in den Membranen der Zelle und<br />

Orientierung polarer Proteinmoleküle. Tatsächlich fehlen<br />

hier quantitative Abschätzungen. Es wird nicht<br />

erwähnt, dass man <strong>mit</strong> dem 107 V/m starken elektrischen<br />

Feld der Membran und Feldern in Molekülen<br />

ähnlicher Größenordnung konkurrieren muss (Glaser<br />

1996). Hier fehlen viele Zehnerpotenzen zwischen den<br />

eigentlich durch <strong>die</strong> Methoden erzeugten Feldern und<br />

<strong>die</strong>ser Größenordnung. Die Reklame lebt davon, dass<br />

<strong>die</strong>s der Bürger natürlich nicht wissen kann.<br />

Das PST Verfahren basiert angeblich <strong>auf</strong> „jahrelanger<br />

Forschungsarbeit“ des amerikanischen Arztes und Biophysikers<br />

Dr. Dr. Richard Markoll (Berliner Morgenpost<br />

<strong>vom</strong> 29.9.1999). Richard Markoll, seine Frau<br />

Ernestine, sowie sein Mitarbeiter David H. Trock wurden<br />

allerdings im Jahre 2001 wegen betügerischer<br />

Zahlungsforderungen im Zusammenhang <strong>mit</strong> der Pulsierenden<br />

Magnet Therapie (PNT) von einem amerikanischen<br />

Gericht <strong>mit</strong> Bewährungsstrafen belegt. Robert<br />

Markoll selbst wurde ferner für schuldig befunden,<br />

<strong>die</strong> akademischen Titel MD und PhD unberechtigterweise<br />

zu führen (Barrett 2003).<br />

Ein spezieller Teil der PEMF-Therapie konzentriert sich<br />

<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Heilung von Knochen und Gelenken. Für ein<br />

solches Verfahren gibt es tatsächlich eine gewisse,<br />

wenn auch noch sehr hypothetische, wissenschaftliche<br />

Basis. Ausgangspunkte waren einmal das bereits<br />

1892 entdeckte sogenannte Wolff‘sche Gesetz des<br />

Knochenwachstums, zum anderen <strong>die</strong> Yasuda-Hypothese.<br />

Die auch heute noch gültige Vorstellung von J.<br />

Wolff besagt, dass <strong>die</strong> Orientierung von Knochenbälkchen<br />

nicht genetisch vorgegeben ist, sondern un<strong>mit</strong>telbar<br />

durch ihre mechanischen Belastung gesteuert<br />

wird. Die Frage nach der Kopplung zwischen lokaler<br />

Knochendehnung und Wachstumsorientierung schien<br />

eine Lösung gefunden zu haben, als eine japanische<br />

Arbeitsgruppe unter der Leitung von I. Yasuda im Jahre<br />

1953 erstmalig nachwies, dass <strong>die</strong> Belastung des<br />

Knochens <strong>mit</strong> der Entstehung elektrischer Signale<br />

einhergeht. Ursache dafür sind piezoelektrische Eigenschaften<br />

der Knochenproteine und, wie sich später<br />

herausstellte, mehr noch <strong>die</strong> Strömungspotentiale<br />

in den Knochen-Kanälchen.<br />

Abb. 2: Durch „Magnetstimulation“ können Wirbelströme<br />

in bestimmten Gehirnbereichen erzeugt und<br />

<strong>die</strong>se da<strong>mit</strong> angeregt werden.<br />

F o r s c h u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

21


F o r s c h u n g<br />

Abb. 3: Die Hypothese zur elektro-magnetischen Knochen-Therapie:<br />

Die Knochenzellen (Osteozyten) befinden<br />

sich in engen Knochenkanälchen und sind<br />

hier <strong>mit</strong> Fortsätzen untereinander vernetzt. Da<strong>mit</strong><br />

können sie <strong>auf</strong> Verformungen des Knochens durch<br />

mechanische Belastungen reagieren. Es entstehen<br />

dabei Strömungen und elektrische Strömungspotentiale<br />

in <strong>die</strong>sen Kanälchen. Prinzipiell ist durch Induktion<br />

eines elektrischen Stromes in <strong>die</strong>sen Kanälchen<br />

eine Anregung <strong>die</strong>ser Zellen denkbar, was zu<br />

einer Ausschüttung von Wachstumsfaktoren führen<br />

und <strong>die</strong> an der Oberfläche des Knochens befindlichen<br />

Osteoblasten und Osteoclasten (hier nicht gezeichnet)<br />

stimulieren könnte.<br />

22 NEWS<br />

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F o r s c h u n g<br />

Signale an<br />

periphaere<br />

Osteoblasten<br />

und Osteclasten<br />

Pgs, IGFs ROS<br />

Was lag näher, als <strong>die</strong> entstehenden elektrischen<br />

Ströme für <strong>die</strong> Wachstumsorientierung oder zumindest<br />

für <strong>die</strong> Wachstumsstimulation der Zellen verantwortlich<br />

zu machen und daraus <strong>die</strong> Schlussfolgerung zu<br />

ziehen, dass <strong>die</strong>ser Prozess, zumal wenn er pathologisch<br />

geschädigt ist, elektrisch stimuliert werden<br />

kann. Bisher sind mehrere hundert klinische und tierexperimentelle<br />

<strong>Publikation</strong>en zu <strong>die</strong>sem Thema erschienen.<br />

Leider produzieren bereits einige Firmen<br />

entsprechende Therapiegeräte ohne ausreichende<br />

Tests. Dabei werden Ströme verschiedener Art direkt<br />

appliziert oder durch externe Spulen im Knochen induziert.<br />

Auch hier gibt es bereits eine Metastu<strong>die</strong>,<br />

<strong>die</strong> bisherige Erfolge zwar nicht bestreitet, jedoch auch<br />

nicht als gesichert erscheinen lässt (Akai and Hayashi<br />

2002).<br />

Obgleich <strong>die</strong> Ausgangshypothese sinnvoll scheint,<br />

weiß man zum Mechanismus der Kopplung zwischen<br />

elektrischem Feld und Wachstumsstimulation bisher<br />

wenig. Prinzipiell scheinen an dem Prozess der Knochen-Regeneration<br />

vor allem drei Arten von Zellen<br />

beteiligt zu sein: frei bewegliche Osteoblasten an<br />

Knochen-Oberflächen, <strong>die</strong> für den Knochen<strong>auf</strong>bau verantwortlich<br />

sind, ferner <strong>die</strong> ebenso beweglichen Osteoclasten<br />

als deren Antagonisten, welche für den<br />

Abbau der Knochensubstanz sorgen, und schließlich<br />

<strong>die</strong> Osteozyten. Letztere sind aus Osteoblasten hervorgegangen<br />

und haben sich im Zuge der Knochenbildung<br />

selbst in der Knochen-Matrix eingemauert. Mit<br />

jeweils bis zu 80, zum Teil 15 mm langen Fortsätzen<br />

bilden <strong>die</strong>se Zellen im Knochen untereinander ein<br />

chemisch und elektrisch kommunizierendes Netzwerk<br />

(Abb. 3).<br />

Das Augenmerk konzentriert sich heute <strong>auf</strong> <strong>die</strong>se Fortsätze<br />

der Osteozyten, <strong>die</strong> in den engen Kanälchen<br />

der Knochenmatrix liegen (Zhang et al 1997, Hung et<br />

al. 1996). Bereits bei kleinen Verbiegungen des Knochens<br />

von 0,5 bis 1 ‰ entstehen Strömungen in dem<br />

nur wenige Nanometer breiten, flüssigkeitsgefüllten<br />

Spalt zwischen Zellmembran und Knochenmatrix. Lösen<br />

<strong>die</strong>se Strömungen nun un<strong>mit</strong>telbar zelluläre Signale<br />

aus, oder wirken sie über den Umweg durch <strong>die</strong><br />

entstehenden elektrischen Strömungspotentiale? In<br />

jedem Falle werden Osteozyten stimuliert und offen-


ar schütten <strong>die</strong>se dadurch Botenstoffe aus, Wachstumsfaktoren<br />

(IGF‘s), welche in <strong>die</strong> Balance der Aktivitäten<br />

von Osteoblasten und Osteoclasten eingreifen.<br />

Prinzipiell scheint hier ein biophysikalischer Ansatz<br />

vorzuliegen, der zu einem therapeutisch nutzbaren<br />

Verfahren führen kann. Könnte man nicht Ströme im<br />

Knochen erzeugen, <strong>die</strong> etwa <strong>mit</strong> der Frequenz der<br />

natürlichen Beanspruchung beim L<strong>auf</strong>en schwanken?<br />

Diese würden dann entweder direkt <strong>auf</strong> das Netzwerk<br />

der Osteozyten wirken, oder sie würden indirekt, über<br />

<strong>die</strong> Erzeugung elektrokinetischer Ströme in den Kapillaren,<br />

von den Zellen registriert. Es bedarf noch<br />

umfangreicher Arbeiten, um den Mechanismus <strong>die</strong>ses<br />

Prozesses zu klären und anschließend technische<br />

Möglichkeiten für <strong>die</strong> Applikation elektrischer<br />

Felder optimaler Intensität und Pulsform zu finden.<br />

Das Vorpreschen geschäftstüchtiger Scharlatane kann<br />

dabei dem Fortschritt nur schaden.<br />

Außer der elektrischen Reiztherapie sind inzwischen<br />

noch weitere Methoden der Elektro-Therapie etabliert,<br />

deren Wirkungsweisen biophysikalisch verständlich<br />

sind. Als Iontophorese wird ein Verfahren bezeichnet,<br />

in welchem Pharmaka als ladungstragende Moleküle<br />

durch einen angelegten Gleichstrom in den Körper<br />

eingebracht werden (Craane Van Hinsberg 1997). Im<br />

Grunde ist <strong>die</strong>s einfach eine Beschleunigung der Aufnahme<br />

<strong>die</strong>ser Stoffe durch <strong>die</strong> Haut. Man verwendet<br />

dazu Stromdichten zwischen 0,1 bis 0,3 mA/cm2 .<br />

Ähnlich verhält es sich <strong>mit</strong> der so genannten Elektro-<br />

Chemotherapie, <strong>die</strong> vorwiegend bei der Behandlung<br />

von leicht zugänglichen Krebsgeschwüren effektiv sein<br />

könnte (Krassowska et al. 2003, Yen et al. 1999). In<br />

<strong>die</strong>sem Fall werden sehr kurze elektrische Pulse sehr<br />

hoher Feldstärke lokal appliziert. Dies führt zum elektrischen<br />

Durchbruch der Zellmembranen in dem behandelten<br />

Gewebe (Glaser 1996). Für eine kurze Zeit<br />

verlieren <strong>die</strong> Zellen ihre Eigenschaft als Permeabilitätsbarriere;<br />

der zuvor applizierte Wirkstoff kann in<br />

<strong>die</strong> Zelle eindringen. Auf <strong>die</strong>se Weise können Cancerostatica<br />

effektiv eingesetzt werden, <strong>die</strong> wegen<br />

schlechter Aufnahme durch <strong>die</strong> Zellen normalerweise<br />

wenig wirksam sind. Diese Methode vermindert gleichzeitig<br />

<strong>die</strong> Gesamtbelastung des Körpers und gewähr-<br />

35mV<br />

E < 200V/m<br />

Galvanotaxis Galvanotropismus<br />

Abb. 4: Die Hypothese zur elektrisch stimulierten<br />

Wundheilung: Über Gewebsmembranen liegen in-vivo<br />

elektrische Potential-Differenzen von 20-100mV an.<br />

Dies, am Beispiel des Auges erklärt, wo <strong>die</strong> Cornea<br />

<strong>die</strong> äußere feuchte Oberfläche von der inneren Lymphe<br />

trennt. Bei Verletzungen (rechtes Bild) entstehen<br />

Ströme und dadurch Feldgra<strong>die</strong>nten, in denen<br />

Zellen zur Wunde wandern (Galvanotaxis) oder in<br />

Richtung <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Wund auswachsen (Galvanotropismus).<br />

Beides hofft man therapeutisch nutzen zu können.<br />

F o r s c h u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

23


F o r s c h u n g<br />

leistet eine lokale Therapie. Bisher ist <strong>die</strong>ses Verfahren<br />

allerdings erst im Stadium des Tierexperimentes.<br />

Auch der in Abb. 1 genannten Wundheilung durch elektrische<br />

Felder liegt der Gedanke zugrunde, einen invivo<br />

<strong>auf</strong>tretenden Prozess therapeutisch zu nutzen<br />

(Zhao et al. 2003, Wang et al. 2003, Grahn et al.<br />

2003). Nicht nur über <strong>die</strong> Zellmembran, sondern auch<br />

über Gewebsmembranen verschiedener Organe, auch<br />

über <strong>die</strong> Haut existiert eine permanente elektrische<br />

Potentialdifferenz von 20 bis 100 mV. Dabei wirkt das<br />

Epithel durch seinen Ionentransport als Generator und<br />

gleichzeitig als Dielektrikum. Wird ein solches Epithel<br />

verletzt, so entsteht ein lokaler Kurzschluss (Abb. 4).<br />

Es fließt ein Strom durch <strong>die</strong> Wunde und erzeugt ein<br />

elektrisches Potentialgefälle. Dabei können lokale Feldstärken<br />

bis zu 200 V/m entstehen. Dieses Feld wirkt<br />

orientierend sowohl <strong>auf</strong> bewegliche Zellen, wie z.B.<br />

Granulozyten, Fibroblasten etc. als auch <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Wachstumsrichtung<br />

von Nervenzellen. Im ersten Fall spricht<br />

man von Galvanotaxis , im zweiten Fall von Galvanotropismus.<br />

Diese Vorgänge scheinen eine wesentliche<br />

Rolle beim Wundverschluss zu spielen und sind<br />

insbesondere im Zusammenhang <strong>mit</strong> Augen-Verletzungen<br />

untersucht. Dies legt natürlich den Gedanken nahe,<br />

künstliche elektrische Felder zur Stimulation der Heilung<br />

von Wunden zu verwenden bzw. durch künstlich<br />

angelegte elektrische Felder Nerven gezielt zusammenwachsen<br />

zu lassen. Problematisch ist auch hier, eine<br />

geeignete Technologie zu finden, elektrische Felder<br />

der erforderlichen Stärke lokal zu applizieren. Es wird<br />

wohl noch eine Zeit vergehen, bevor man solche Verfahren<br />

effektiv einsetzen kann.<br />

Zu den biophysikalisch etablierten Methoden gehören<br />

natürlich auch <strong>die</strong> verschiedenen Arten diathermischer<br />

Behandlung. Hier wird der im Umweltschutz<br />

gefürchtete „thermische“ Effekt hochfrequenter Felder<br />

medizinisch genutzt. Während man sich bisher<br />

<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Frequenzbereiche 13-40 kHz („Kurzwellen-Therapie“)<br />

und 400-2450 MHz („Mikrowellen-Therapie“)<br />

beschränkte, gibt es inzwischen eine Reihe von <strong>Publikation</strong>en,<br />

<strong>die</strong> in der Frequenz noch eine Zehnerpotenz<br />

höher gehen (Szabo et al. 2003). Entscheidend<br />

ist dabei natürlich immer, welches Organ man <strong>mit</strong><br />

<strong>die</strong>sen Feldern erreichen will, denn im Mikrowellen-<br />

24 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

F o r s c h u n g<br />

bereich ist <strong>die</strong> Eindringtiefe der Felder bekanntermaßen<br />

nicht groß. Allerdings werden auch bereits<br />

Applikatoren getestet, <strong>die</strong> als Katheter in den Körper<br />

eingeführt werden können.<br />

Auf <strong>die</strong>sem Gebiet verbindet das Problem der Dosimetrie<br />

Klinik und Umweltschutz. Es ist genaue Kenntnis<br />

des Impedanzverhaltens des Gewebes erforderlich<br />

und <strong>die</strong> Möglichkeit, <strong>die</strong> Feld-Verteilung in heterogenen<br />

Dielektrika <strong>mit</strong> schnellen Computern zu berechnen,<br />

um <strong>die</strong>se Therapiemethoden sinnvoll einzusetzen.<br />

Bedenkt man andererseits <strong>die</strong> Häufigkeit und<br />

Unbedenklichkeit des Einsatzes <strong>die</strong>ser Verfahren auch<br />

bei relativ leichten Erkrankungen von Gelenken oder<br />

selbst bei infektiösen Erkrankungen, wo auch ein<br />

warmer Umschlag wirksam wäre, so ist natürlich zu<br />

fragen, ob nicht auch hier eine Diskussion um „nichtthermische“<br />

Nebeneffekte angesagt sei. Immerhin<br />

sind <strong>die</strong> hier applizierten SAR-Werte weit höher als<br />

beim Telefonieren <strong>mit</strong> einem Handy!<br />

In <strong>die</strong>sem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass ein<br />

möglicher Einfluss hochfrequenter Felder <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Blut-<br />

Hirn-Schranke nicht nur im Zusammenhang <strong>mit</strong> dem<br />

Mobilfunk diskutiert wird, sondern auch medizinisch<br />

interessant ist. So denkt man daran, durch einen Diathermie-Effekt<br />

ein künstliches Fieber zu erzeugen und<br />

da<strong>mit</strong> <strong>die</strong> Bluthirnschranke vorübergehend für Pharmaka<br />

gezielt zu öffnen (Lin et al. 98). Allerdings sind<br />

hier ebenfalls stärkere Felder erforderlich, als beim<br />

Telefonieren <strong>mit</strong> einem Handy <strong>auf</strong>treten.<br />

Fasst man <strong>die</strong>se gedrängte Übersicht zusammen, so<br />

kommt man zu dem Schluss, das es neben dem leider<br />

florierenden Geschäft der Scharlatane viele Möglichkeiten<br />

therapeutischer Nutzung elektrischer und elektromagnetischer<br />

Felder gibt. Man könnte sogar kühn<br />

formulieren: Die Zukunft der Elektro-Magneto-Therapie<br />

liegt noch vor uns. Dies erfordert jedoch noch<br />

intensive und sorgfältige Grundlagenforschung, <strong>die</strong><br />

tatsächlich weltweit auch betrieben wird. Im Sinne<br />

der Forschungsökonomie sollten Projekte des Umweltschutzes<br />

weit stärker <strong>mit</strong> jenen kommunizieren,<br />

<strong>die</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Entwicklung diagnostischer oder therapeutischer<br />

Verfahren ausgerichtet sind.<br />

Prof. Dr. Roland Glaser war Leiter des Instituts für Biophysik<br />

an der Humboldt-Universität Berlin.


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F o r s c h u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

25


F o r s c h u n g<br />

26 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

PERFORM-A stellt de<br />

<strong>auf</strong> de<br />

F o r s c h u n g<br />

Christoph Bächtle<br />

Ob elektromagnetische Felder<br />

von GSM-Mobiltelefonen<br />

möglicherweise krebserregend<br />

sind, soll <strong>die</strong> im März 2000<br />

gestartete internationale Stu<strong>die</strong><br />

PERFORM-A klären. Im Rahmen<br />

des Programms wird auch <strong>die</strong><br />

Repacholi-Stu<strong>die</strong> <strong>mit</strong> Eµ-PIM-1-<br />

Mäusen wiederholt, <strong>die</strong> 1997 für<br />

Aufsehen sorgte. Des Weiteren<br />

untersucht PERFORM-A <strong>die</strong><br />

Wirkung elektromagnetischer<br />

Felder <strong>auf</strong> Wistar-Ratten und<br />

B6C3F1-Mäuse und wiederholt<br />

Experimente zur Brustkrebsbildung<br />

bei Sprague-Dawley-<br />

Ratten <strong>mit</strong> DMBA (7,12-<br />

Dimethylbenz(a)anthracen).<br />

Koordiniert wird das Projekt<br />

<strong>vom</strong> Fraunhofer Institut für<br />

Toxikologie und experimentelle<br />

Medizin (ITEM) in Hannover.


n Mobilfunk<br />

n Prüfstand<br />

Mit „PERFORM-A – Mobilfunk <strong>auf</strong> dem Prüfstand“ ist<br />

<strong>die</strong> aktuelle Stu<strong>die</strong> unter Leitung des ITEM in Hannover<br />

überschrieben. Bis Ende 2004 wollen <strong>die</strong> Wissenschaftler<br />

in fünf Arbeitsgruppen europaweit prüfen,<br />

ob elektromagnetische Felder von Mobiltelefonen des<br />

GSM-<strong>Stand</strong>ards das Wachstum bestimmter Tumore<br />

fördern können. Ergebnisse werden im Jahr 2005 erwartet,<br />

gefördert wird PERFORM-A durch das fünfte<br />

Rahmenprogramm der Europäischen Union. „Die zur<br />

Zeit existierenden experimentellen Daten aus in-vivo-<br />

Langzeitstu<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> den Einfluss von hochfrequenten<br />

elektromagnetischen Feldern <strong>auf</strong> den gesamten<br />

Organismus erforschen, lassen eine einvernehmliche<br />

Beurteilung des Risikos nicht zu“, teilt das ITEM in<br />

seinem Newsreport <strong>vom</strong> Januar 2002 <strong>mit</strong>. Die PER-<br />

FORM-A Stu<strong>die</strong> soll also neue Informationen liefern,<br />

um Aussagen zu potenziellen Gesundheitsbeeinträchtigungen<br />

durch elektromagnetische Felder von Mobiltelefonen<br />

zu präzisieren. Beteiligt sind außer dem<br />

ITEM in Hannover <strong>die</strong> RCC Ltd. aus Itingen, Schweiz,<br />

das Österreichische Forschungszentrum (ÖFS) in Seibersdorf,<br />

Österreich, das Istituto di Ricerche Biomediche<br />

A. Marxer in Colleretto, Italien, das Radio Communications<br />

Laboratory in Thessaloniki, Griechenland,<br />

und <strong>die</strong> Stiftung IT’IS in Zürich, Schweiz. Die beiden<br />

letztgenannten sind für <strong>die</strong> Befeldungseinrichtungen<br />

verantwortlich.<br />

Das Projekt ist in vier Teilprojekte gegliedert, <strong>die</strong> an<br />

unterschiedlichen <strong>Stand</strong>orten umgesetzt werden. Die<br />

Arbeitsgruppe am ITEM führt zwei kombinierte Stu<strong>die</strong>n<br />

zur Toxizität und Kanzerogenität an B6C3F1-Mäusen<br />

durch und setzt dabei elektromagnetische Felder des<br />

GSM-900 und GSM-1800 <strong>Stand</strong>ards ein. Die Mäuse<br />

wurden seit November 2001 über einen Zeitraum von<br />

24 Monaten an fünf Tagen in der Woche für jeweils<br />

zwei Stunden einem elektromagnetischen Feld ausgesetzt.<br />

Für <strong>die</strong> histopathologischen Untersuchungen<br />

haben <strong>die</strong> Wissenschaftler ein weiteres Jahr geplant,<br />

so dass Ergebnisse frühestens Anfang 2005 vorliegen<br />

werden. Die RCC Ltd. in der Schweiz führt <strong>die</strong> gleiche<br />

Untersuchung an Wistar-Ratten durch. Das ÖFS startete<br />

im Frühjahr 2002 Experimente zu Wachstum, Inzidenz,<br />

Latenz und Dignitität von DMBA-induzierten Brusttumoren<br />

an weiblichen Sprague-Dawley-Ratten. Befeldet<br />

wurde an fünf Tagen in der Woche <strong>mit</strong> einem GSM-<br />

900 Signal für jeweils vier Stunden. Für <strong>die</strong> Versuche<br />

waren sechs Monate angesetzt. Die italienische Arbeitsgruppe<br />

führt <strong>die</strong> Reproduktion der Repacholi-Stu<strong>die</strong><br />

durch, <strong>die</strong>s ist nach den Arbeiten von Utteridge et<br />

al. <strong>die</strong> zweite Wiederholungsstu<strong>die</strong>. PERFORM-A trägt<br />

da<strong>mit</strong> der Forderung von Michael Repacholi Rechnung,<br />

seine Ergebnisse von 1997 zu überprüfen. Alle Untersuchungen<br />

wurden als Blindstu<strong>die</strong>n durchgeführt und<br />

dabei <strong>die</strong> Vorschriften der „good laboratory practise“<br />

(gute Laborpraxis, GLP) exakt eingehalten.<br />

Das Jahr 2005 könnte ein Jahr der Erkenntnis werden,<br />

denn neben PERFORM-A wird dann auch INTER-<br />

PHONE <strong>mit</strong> Resultaten <strong>auf</strong>warten.<br />

Christoph Bächtle<br />

F o r s c h u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

27


F o r s c h u n g<br />

In vielen Zeitschriften der sogenannten<br />

„komplementären Medizin“ oder „Alternativ-<br />

Medizin“ werden <strong>die</strong> Arbeiten von Professor<br />

Konstantin Meyl als Grundlage für viele<br />

„alternative“ medizinische Behandlungsmethoden<br />

herangezogen. Sie <strong>die</strong>nen z. B. als theoretische<br />

Basis, um <strong>die</strong> Theorien der Bioresonanz, der<br />

Kinesiologie, der Elektroakupunktur nach Voll<br />

und weiterer Methoden zu rechtfertigen. Beiträge<br />

über Heilungserfolge <strong>die</strong>ser von Wissenschaftlern<br />

der „Schulmedizin“ sehr angezweifelten<br />

Behandlungsmethoden füllen <strong>mit</strong>tlerweile ganze<br />

Bände von Zeitschriften und Büchern. Selbst<br />

wenn z. B. von Frau Dr. Hildegard Schreiber in<br />

einem als Fachbeitrag gekennzeichneten Artikel<br />

in der Zeitschrift „CoMed“ eingeräumt wird, dass<br />

„es für den Anteil der biologisch gefährlichen<br />

Longitudinal-Wellen (Teslawellen) im E-Smog kein<br />

Messgerät gibt, auch kein Messgerät, das <strong>die</strong><br />

<strong>auf</strong> den Körper einwirkenden Wellen insgesamt<br />

erfasst, können wir nach Prof. Meyl <strong>die</strong>se nur<br />

<strong>mit</strong> Bioresonanzmethoden feststellen“. An der<br />

Wirksamkeit der „biologisch gefährlichen“<br />

elektrischen bzw. magnetischen Longitudinalwellen<br />

(Skalarwellen) bzw. an deren Existenz<br />

wird aber keineswegs gezweifelt. Für den<br />

Komplex der „ganzheitlichen Medizin“ gilt es<br />

als erwiesen, dass <strong>die</strong>se „Skalarwellen“ für <strong>die</strong><br />

Heilung bzw. <strong>die</strong> Verbesserung bei Rheuma,<br />

Müdigkeit und allen anderen Elektrosmog-<br />

Symptomen <strong>mit</strong> Erfolg eingesetzt werden können.<br />

Meyl beruft sich hier selbst <strong>auf</strong> Nikola Tesla.<br />

Das Meyl’sche Wissensgebäude, meist als<br />

„Meyl’sche Thesen“ oder „Meyl’sche Theorie“<br />

bezeichnet, wird inzwischen von vielen Wissenschaftlern<br />

besonders aus den Ingenieurwissenschaften<br />

als abwegig bezeichnet. Meyl als<br />

Verfasser seiner Thesen und Erfinder <strong>die</strong>ser<br />

„neuen Physik“ verteidigt dagegen vehement<br />

seine Thesen und verweist <strong>auf</strong> <strong>die</strong> experimentellen<br />

Ergebnisse durch einen von ihm selbst<br />

zusammengestellten und vertriebenen Experimentkoffer<br />

(„Skalarwellen-Übertragungsset“).<br />

E.W.E.<br />

28 NEWS 28 letter 1/2004<br />

NEWS<br />

letter 1/2004<br />

F o r s c h u n g<br />

Eine kritisch<br />

Theori<br />

Thomas F. Eibert<br />

Übersicht<br />

Seit geraumer Zeit erregt Konstantin Meyl <strong>mit</strong> mehr<br />

oder weniger spektakulären Aussagen zu allen möglichen<br />

naturwissenschaftlichen Erscheinungen <strong>die</strong> Aufmerksamkeit<br />

vieler populärwissenschaftlicher Kreise.<br />

Die unterschiedlichsten physikalischen Erscheinungen<br />

werden von ihm angesprochen und er schlägt<br />

seine sogenannte Theorie sogar als <strong>die</strong> allumfassende<br />

„Theory of everything“ (Weltformel) vor. Im vorliegenden<br />

Beitrag werden einige seiner Aussagen,<br />

insbesondere <strong>auf</strong> der Grundlage der beiden Bücher<br />

[1,2], etwas näher beleuchtet, wobei <strong>die</strong> Konsistenz<br />

seiner sogenannten Beweisführungen im Mittelpunkt<br />

des Interesses steht. Es zeigt sich sehr schnell, dass<br />

Meyl sich immer wieder in un<strong>auf</strong>lösbare Widersprüche<br />

verstrickt, sobald er von den etablierten Theorien<br />

abweicht. Weder seine Longitudinal- oder Skalarwellen<br />

noch seine sogenannten Potenzialwirbel sind in<br />

irgendeiner Weise schlüssig begründbar, wobei zu den<br />

Longitudinalwellen zu sagen ist, dass <strong>die</strong>se in der<br />

klassischen Maxwell’schen Theorie – in der Regel<br />

überlagert <strong>mit</strong> transversalen Feldanteilen – durchaus<br />

wohl bekannt sind, obwohl Meyl das Gegenteil behauptet.<br />

Zusammenfassend kann festgestellt werden,<br />

dass weder in den theoretischen Abhandlungen von<br />

Meyl noch in seinen Erklärungsversuchen für physikalische<br />

Erscheinungen etwas gefunden wurde, was<br />

einer ernsthaften Überprüfung standhält, sobald es<br />

von dem bekannten und etablierten Kenntnisstand<br />

der Wissenschaft abweicht. Außerdem hat sich in<br />

umfangreichen Untersuchungen des Experimentierkits<br />

zur Demonstration der Meyl’schen Skalarwellen [5,6]<br />

gezeigt, dass <strong>die</strong>ses keinerlei Effekte hervorbringt,<br />

<strong>die</strong> nicht im Rahmen der etablierten Elektrotechnik<br />

erklärbar wären.


e Betrachtung der<br />

en von K. Meyl<br />

1. Einführung<br />

Seit geraumer Zeit erregt Konstantin Meyl <strong>mit</strong> mehr<br />

oder weniger spektakulären Aussagen zu allen möglichen<br />

naturwissenschaftlichen Erscheinungen <strong>die</strong> Aufmerksamkeit<br />

vieler populärwissenschaftlicher Kreise.<br />

Breitere öffentliche Schichten und auch einschlägige<br />

Fachkreise werden durch Internet, Bücher und geschickt<br />

inszenierte Vortragsveranstaltungen angesprochen.<br />

Auf den ersten Blick scheinen viele der<br />

Meyl’schen Aussagen halbwegs vernünftig zu sein,<br />

jedoch zeigen sich bei etwas tiefer gehenden Nachprüfungen<br />

meist sehr schnell zahlreiche Widersprüche<br />

und vor allem auch Lücken in der Argumentation.<br />

Sehr <strong>auf</strong>schlussreich ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />

bereits das Vorwort des ersten Meyl’schen Buches<br />

[1]: „ ... Dabei sollen <strong>die</strong> angeführten Beispiele und<br />

Beiträge allein der Anregung und der Motivation <strong>die</strong>nen<br />

und erheben in keinerlei Hinsicht Anspruch <strong>auf</strong><br />

Vollständigkeit oder Richtigkeit. ...“. Ohne „keinerlei“<br />

Anspruch <strong>auf</strong> „Richtigkeit“ ist es sicher nicht schwierig,<br />

<strong>mit</strong> allen möglichen Spekulationen an <strong>die</strong> Öffent-<br />

lichkeit zu treten und jeder, der <strong>die</strong>sen Spekulationen<br />

seine Aufmerksamkeit widmet, sollte sich selbst fragen,<br />

was er davon erwarten kann. Unabhängig davon<br />

erhebt Meyl den Anspruch, seine Aussagen mathematisch<br />

zu beschreiben und theoretisch zu beweisen.<br />

In dem vorliegenden Beitrag wird <strong>auf</strong> einige der <strong>auf</strong>gebauten<br />

Beweisführungen etwas näher eingegangen,<br />

um zu zeigen, dass sich Meyl an Stellen, an denen er<br />

konkrete Aussagen liefert, <strong>die</strong> von der etablierten<br />

Theorie abweichen, meist in un<strong>auf</strong>lösbare Widersprüche<br />

verwickelt. An anderen Stellen wird versucht, <strong>die</strong><br />

vagen Meyl’schen Aussagen entsprechend seiner<br />

Implikationen weiterzudenken, bis auch hier <strong>die</strong> üblichen<br />

Widersprüche offensichtlich werden.<br />

Schließlich werden einige physikalische Phänomene<br />

diskutiert, <strong>die</strong> Meyl durch seine Theorien neu erklären<br />

möchte, <strong>die</strong> jedoch schon seit vielen Jahren im<br />

Rahmen der klassischen Theorien völlig widerspruchsfrei<br />

beschrieben werden können und sowohl theoretisch<br />

als auch praktisch hervorragend verstanden<br />

werden.<br />

F o r s c h u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

29


F o r s c h u n g<br />

2. Die vollkommen duale Formulierung<br />

der Meyl’schen Feldgleichungen<br />

Die Meyl’schen Feldgleichungen gehen von den<br />

Maxwell’schen Gleichungen aus und sind z. B. in [2]<br />

<strong>auf</strong> Seite 2 in der Form<br />

div B = 0 (1) div D = 0 (2)<br />

div D = εE (3) div B = µH (4)<br />

rot H = j + δD (5) div E = -b – δB δt<br />

div j = E/ρ (7)<br />

δt<br />

div b = H/κh (6)<br />

(8)<br />

angegeben.<br />

Gegenüber der klassischen Maxwell’schen Theorie<br />

hat Meyl in Gl. (6) seine sogenannte Potentialdichte<br />

b und <strong>die</strong> Gl. (8) komplett neu eingeführt. Da <strong>die</strong>s im<br />

Rahmen der klassischen Interpretation <strong>die</strong> Existenz<br />

von magnetischen Raumladungen (Monopolen) bedeuten<br />

würde und er <strong>die</strong> Tatsache nicht bezweifelt, dass<br />

solche bisher noch nicht beobachtet werden konnten,<br />

geht er noch einen Schritt weiter und bezweifelt<br />

dual hierzu auch <strong>die</strong> Existenz von elektrischen Raumladungen<br />

(Monopolen). Demzufolge fehlt in Gl. (2) <strong>die</strong><br />

übliche elektrische Raumladungsdichte ρ . Er bezwei-<br />

e<br />

felt zwar nicht, dass elektrische Ladungsquanten beobachtet<br />

werden können, jedoch behauptet er, dass<br />

es sich dabei im Grunde um Dipole <strong>auf</strong>grund von<br />

Potenzialwirbeln handelt, bei denen der Gegenpol im<br />

Zentrum der Ladung liegt und messtechnisch nicht<br />

zugänglich ist. Näheres hierzu folgt im Abschnitt über<br />

<strong>die</strong> Potenzialwirbel. An <strong>die</strong>ser Stelle soll zunächst <strong>die</strong><br />

Meyl’sche Forderung nach vollkommener Dualität etwas<br />

näher beleuchtet werden. Der Dualitätsvergleich<br />

von Gl. (7) und Gl. (8) zeigt, dass es sich bei der neu<br />

eingeführten sogenannten „hydrotischen“ Leitfähigkeit<br />

κ eigentlich um einen spezifischen magnetischen<br />

h<br />

Widerstand entsprechend zum spezifischen elektrischen<br />

Widerstand ρ handelt. Dies ist von entscheidender<br />

Bedeutung, wenn man sich <strong>die</strong> Meyl’sche „Antwort<br />

<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Kernfragen“ (Existenz elektrischer und<br />

magnetischer Monopole) in [2] etwas genauer anschaut.<br />

Meyl schreibt: „Im idealen Vakuum sind gar<br />

keine Ladungsträger vorhanden, weshalb keine Ströme,<br />

keine Stromwirbel und folglich auch keine magnetischen<br />

Pole existieren können.“ „Keine Ströme“<br />

bedeutet elektrische Leitfähigkeit κ = 0 und da<strong>mit</strong><br />

30 NEWS 30 letter 1/2004<br />

NEWS<br />

letter 1/2004<br />

F o r s c h u n g<br />

geht der spezifische elektrische Widerstand ρ ➜ ,<br />

denn κ = 1/ρ. Vollständige Dualität vorausgesetzt<br />

und <strong>die</strong> Tatsache, dass elektrische und magnetische<br />

Größen im idealen Vakuum sicher gleichberechtigt<br />

sind, erfordert, dass auch keine magnetischen Ströme<br />

(entsprechen der Meyl’schen Potenzialdichte b)<br />

8<br />

vorhanden sein können und dass so<strong>mit</strong> κ h ➜ gelten<br />

muss. Im Gegensatz hierzu argumentiert Meyl völlig<br />

willkürlich: „Gleichzeitig wird <strong>die</strong> hydrotische Leitfähigkeit<br />

κ minimal, <strong>die</strong> Potenzialdichte und da<strong>mit</strong> auch<br />

h<br />

der Potenzialwirbel maximal. Dieser Wirbel bildet elektrische<br />

Pole aus ... . Es ist <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Randbedingung<br />

des Mikrokosmos zurückzuführen, dass ausnahmslos<br />

elektrisch geladene Teilchen existenzberechtigt<br />

sind.“. Offensichtlich besteht <strong>die</strong>se Randbedingung<br />

des Mikrokosmos darin, dass Meyl völlig willkürlich<br />

das Verhalten magnetischer Größen im Gegensatz zu<br />

dem der elektrischen Größen und da<strong>mit</strong> im Widerspruch<br />

zu der – von ihm selbst geforderten – Dualität<br />

definiert. Als Fazit bleibt an <strong>die</strong>ser Stelle festzuhalten,<br />

dass es keinerlei physikalische oder auch theoretische<br />

Begründung für <strong>die</strong> Existenz der Meyl’schen<br />

Potenzialdichte b und dementsprechend seiner hydrotischen<br />

Leitfähigkeit κ gibt. Da<strong>mit</strong> ist seinen The-<br />

h<br />

orien im Grunde bereits an <strong>die</strong>ser Stelle <strong>die</strong> Grundlage<br />

entzogen. Im Übrigen sei an <strong>die</strong>ser Stelle angemerkt,<br />

dass es in der klassischen elektromagnetischen<br />

Feldtheorie durchaus üblich und sinnvoll ist,<br />

<strong>mit</strong> vollständig dualen Maxwell’schen Gleichungen zu<br />

arbeiten. Die Meyl’sche Potenzialdichte wird dabei –<br />

wie schon angedeutet – als magnetische Stromdichte<br />

bezeichnet und es gibt darüber hinaus auch magnetische<br />

Raumladungen. Jedoch wird in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />

nicht behauptet, dass <strong>die</strong>se magnetischen<br />

Größen physikalisch existieren, sondern es<br />

handelt sich dabei um rein virtuelle Größen, <strong>die</strong> für<br />

eine elegantere Formulierung des theoretischen Apparates<br />

genutzt werden.<br />

3. Die fundamentale Feldgleichung<br />

8<br />

Die Herleitung der fundamentalen Feldgleichung von<br />

Meyl ist eine <strong>Stand</strong>ard<strong>auf</strong>gabe der Vektoranalysis,<br />

wenn man <strong>die</strong> Gl. (1) – (8) als gegeben annimmt. Da<br />

<strong>die</strong>se Herleitung jedoch nur für konstante Materialpa-


ameter gilt, stellt sich allerdings sofort <strong>die</strong> Frage,<br />

was an <strong>die</strong>ser Gleichung fundamental sein soll?<br />

Die Gleichung ist z. B. in [2] als Gl. (11) zu finden und<br />

lautet<br />

c2 ∆Ψ = Ψ + 1 δΨ + 1 δΨ + δ2Ψ , (9)<br />

τ τ τ δt τ δt δt 1 2 2 1 2<br />

wobei der Feldvektor Ψ stellvertretend für E, H, D, B,<br />

b oder j steht und c = 1/√εµ, τ = ερ und τ = µκ gilt.<br />

1 2 h<br />

Für <strong>die</strong> Herleitung <strong>die</strong>ser Gleichung wird in [2] <strong>auf</strong> [1]<br />

verwiesen und dort findet man <strong>auf</strong> Seite 88 den Hinweis,<br />

dass für <strong>die</strong> Herleitung <strong>die</strong>ser Gleichung <strong>die</strong><br />

Annahme div Ψ = 0 (dort für den Spezialfall Ψ = j)<br />

explizit vorausgesetzt wurde. Wie man sich leicht überzeugen<br />

kann, müsste <strong>die</strong> Gleichung im allgemeinen<br />

Fall (ohne <strong>die</strong>se einschränkende Annahme)<br />

-c2 rot rot Ψ = Ψ + 1 δΨ + 1 δΨ + δ2Ψ (10)<br />

τ τ τ δt τ δt δt 1 2 2 1 2<br />

lauten. Diese Tatsache wird bei der Betrachtung der<br />

Meyl’schen Skalar- oder Longitudinalwellen in einem<br />

späteren Abschnitt noch von entscheidender Bedeutung<br />

sein.<br />

4. Die Meyl’schen Potenzialwirbel<br />

Die sogenannten Potenzialwirbel sind eines der zentralen<br />

Elemente der Meyl’schen Theorien. Wie bereits<br />

in Abschnitt 2 angedeutet wurde, bestreitet Meyl <strong>die</strong><br />

Existenz sowohl von magnetischen als auch von elektrischen<br />

Monopolen und er argumentiert, dass es<br />

sich bei den in der Natur beobachtbaren elektrischen<br />

Ladungen, <strong>die</strong> uns als Monopole erscheinen, eigentlich<br />

um Potenzialwirbel handelt. Wie in Bild 1 veranschaulicht<br />

ist, sind <strong>die</strong>s in Wirklichkeit Dipole, bei<br />

denen sich der Gegenpol im Inneren des kugelförmigen<br />

Gebildes befindet.<br />

Meyl vermeidet, von seinen Potenzialwirbeln eine formelmäßige<br />

Beschreibung anzugeben, <strong>die</strong> z.B.<br />

dar<strong>auf</strong>hin überprüft werden könnte, ob sie eine Lösung<br />

seiner eigenen Feldgleichungen darstellt. Entsprechend<br />

ist man bei der Interpretation der Potenzialwirbel<br />

dar<strong>auf</strong> angewiesen, <strong>die</strong> Meyl’schen Andeutungen<br />

durch möglichst realistische Annahmen zu ergänzen.<br />

Nach seinen Aussagen (z. B. [2] Seite 18)<br />

kann sich eine Welle, <strong>die</strong> sich <strong>mit</strong> Lichtgeschwindig-<br />

keit ausbreitet, durch eine Symmetriestörung zu einem<br />

Kugelwirbel <strong>auf</strong>rollen. Offensichtlich geht <strong>die</strong> zeitlich<br />

veränderliche Welle dabei in ein statisches Gebilde<br />

über, wie es in Bild 1 angedeutet ist, und bei dem<br />

genauso viel Energie im Innern gebunden ist, wie<br />

man nach außen, bei dem nun als elektrischer Monopol<br />

erscheinenden Teilchen, durch Wechselwirkung<br />

<strong>mit</strong> seiner Umgebung feststellen kann.<br />

Nach den üblichen Regeln der Feldtheorie handelt es<br />

sich bei dem sogenannten Potenzialwirbel, wie er in<br />

Bild 1 und z. B. auch <strong>auf</strong> dem Titelblatt von [2] veranschaulicht<br />

ist, keinesfalls um ein Wirbel-, sondern<br />

um ein reines Gra<strong>die</strong>ntenfeld. Da ein Gra<strong>die</strong>ntenfeld<br />

immer aus Divergenzen (Quellen) entsteht, kann <strong>die</strong>ser<br />

Potenzialwirbel <strong>mit</strong> Sicherheit keine Lösung der<br />

„verallgemeinerten“ Meyl’schen Gleichungen Gl. (1)<br />

– (8) darstellen. Lässt man <strong>die</strong>s außer Acht, wäre<br />

das Gebilde in Bild 1 immer noch unsinnig, da man<br />

leicht zeigen kann, dass bei der angedeuteten Anordnung<br />

von Plus- und Minus-Pol der Raum außerhalb<br />

des Minuspols feldfrei wäre. Allerdings sei Meyl an<br />

<strong>die</strong>ser Stelle vorgeschlagen, seinen Potenzialwirbel<br />

so zu verändern, dass sich nur der „halbe“ Pluspol<br />

im Zentrum befindet und <strong>die</strong> andere Hälfte im Unendlichen<br />

liegt, wodurch zumindest <strong>die</strong>ser Widerspruch<br />

<strong>auf</strong>gelöst wäre.<br />

Bild 1: Meyl’scher Potenzialwirbel<br />

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NEWS<br />

31


F o r s c h u n g<br />

Unabhängig davon behauptet Meyl jedoch, dass seine<br />

Potenzialwirbel in ähnlicher Weise wie <strong>die</strong> Dipole<br />

<strong>auf</strong> Seite 5 in [2] aus einer divergenzfreien Potenzialdichte<br />

b entstehen. Hierzu wäre von ihm anzugeben,<br />

wie <strong>die</strong> Potenzialdichte b aussieht, <strong>die</strong> einen Potenzialwirbel<br />

wie in Bild 1 erzeugt. Um <strong>die</strong> Schwierigkeiten,<br />

<strong>die</strong> er hierbei haben wird, zu verdeutlichen sei<br />

zum Beispiel angemerkt, dass man aus den Gl. (1) –<br />

(8) Stetigkeitsbedingungen herleiten kann, aus denen<br />

hervorgeht, dass <strong>die</strong> <strong>die</strong>lektrische Verschiebungsdichte<br />

D keinerlei Sprünge in Flussrichtung <strong>auf</strong>weisen<br />

kann. Entsprechend kann <strong>die</strong> elektrische Feldstärke<br />

gemäß D = εE nur dann Sprünge in Normalenrichtung<br />

<strong>auf</strong>weisen, wenn sie <strong>die</strong> Materialeigenschaften<br />

sprunghaft verändern. Wie da<strong>mit</strong> eine sprunghafte<br />

Umkehr der Feldstärkerichtung, wie in Bild 1 dargestellt,<br />

erreicht werden kann, wäre von Meyl zu erläutern.<br />

Ein weiteres Beispiel für <strong>die</strong> widersprüchlichen<br />

Meyl’schen Argumentationsketten findet sich z. B. <strong>auf</strong><br />

Seite 28ff in [2], wenn er <strong>mit</strong> seinen Potenzialwirbeln<br />

<strong>die</strong> verschiedenen Elementarteilchen erklärt. Er<br />

schreibt: „Jedes elektrische Feld hat bekanntlich ein<br />

<strong>auf</strong> ihm senkrecht stehendes magnetisches Feld zur<br />

Folge.“ Einige Zeilen weiter findet man: „Magnetische<br />

und elektrische Feldlinien verl<strong>auf</strong>en jetzt parallel<br />

zur Kugeloberfläche.“ Ein weiterer Kommentar<br />

hierzu ist sicher nicht notwendig. Ähnliche Sinnlosigkeiten<br />

finden sich in den Meyl’schen Darstellungen<br />

immer wieder.<br />

5. Die Herleitung der Schrödinger-<br />

Gleichung aus der fundamentalen<br />

Feldgleichung<br />

Die Herleitung der Schrödinger-Gleichung aus seiner<br />

fundamentalen Feldgleichung bezeichnet Meyl als einen<br />

der wesentlichen theoretischen Beweise für seine<br />

Theorien. Aus <strong>die</strong>sem Grund soll <strong>die</strong> Beweisführung,<br />

wie sie in [1] zu finden ist, im folgenden etwas<br />

näher betrachtet werden. Ausgangspunkt ist <strong>die</strong> sogenannte<br />

fundamentale Feldgleichung für <strong>die</strong> magnetische<br />

Feldstärke H, Gl. (83) in [1], (in Analogie zur<br />

etwas anders angeschriebenen Gl. (6) weiter oben)<br />

32 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

F o r s c h u n g<br />

δt δt2 ∆H = α α c 1 2 2H + (α +α ) 1 2 δH + c-2 δ2H . (11)<br />

Für <strong>die</strong> magnetische Feldstärke H wählt Meyl den<br />

Ansatz<br />

H (r, t) = Ψ (r, t)e −αχ , (12)<br />

wobei ω (α 1 +α 2 )c 2 /2, α 1 = ε/κ h und α 2 = µ/ρ gilt.<br />

Diesen Ansatz nennt Meyl zeitlich periodisch, obwohl<br />

<strong>die</strong>s nicht der Fall ist. Ein zeitlich periodischer Ansatz<br />

müsste eine Zeitabhängigkeit der Form e-iωt enthalten.<br />

Dagegen führt der reelle Exponent der e-Funktion<br />

in Gl. (12) zusammen <strong>mit</strong> dem Minuszeichen zu einer<br />

exponentiell abklingenden Zeitabhängigkeit. Dies bedeutet,<br />

dass jegliche Feldlösung, <strong>die</strong> Meyl <strong>mit</strong> <strong>die</strong>sem<br />

Ansatz beschreiben kann, asymptotisch gegen<br />

Null verschwindet, falls der exponentielle Abfall nicht<br />

durch <strong>die</strong> weitere Zeitabhängigkeit in Ψ (r, t) kompensiert<br />

wird. Die Halbwertszeit <strong>die</strong>ses Zerfallsprozesses<br />

hängt über ω von den elektromagnetischen Materialparametern<br />

ab. Im freien Raum müsste man aus<br />

Dualitäts- und Symmetriegründen davon ausgehen,<br />

dass sowohl ρ ➜ als auch κ ➜ gelten, wie wei-<br />

h<br />

ter oben schon erläutert wurde. In <strong>die</strong>sem Fall gilt ω<br />

= 0 und jegliche weitere Betrachtung der Meyl’schen<br />

Ableitungen wäre gegenstandslos. Falls ω =/ 0 gilt,<br />

würde, wie schon erwähnt, jede mögliche Lösungsfunktion<br />

und da<strong>mit</strong> alles, was Meyl da<strong>mit</strong> beschreiben<br />

will (Materie, ...), asymptotisch verschwinden.<br />

Eine Kompensation <strong>die</strong>ses Zerfallsprozesses ist bei<br />

Meyl nicht vorgesehen, da er nach einigen Umformungen<br />

von Gl. (11) unter Verwendung von Gl. (12)<br />

<strong>mit</strong> dem weiteren Ansatz<br />

8<br />

8<br />

Ψ (r, t) = Ψ (r) e -iωt (13)<br />

fortfährt. Die hier gewählte Zeitabhängigkeit ist nun<br />

periodisch und was Meyl da<strong>mit</strong> macht, kann möglicherweise<br />

als genial oder besser als gewagt bezeichnet<br />

werden. Beim Auswerten der zeitlichen Ableitungen<br />

von Ψ (r, t) nutzt er teilweise <strong>die</strong> bereits<br />

festgelegte Zeitabhängigkeit aus, teilweise ignoriert<br />

er sie:<br />

δΨ = -iω Ψ, (14)<br />

δt


grad div E = 1 δ2E (18)<br />

existieren, so müssten <strong>die</strong> Eigenschaften, <strong>die</strong> Meyl<br />

seinen Skalarwellen zuschreibt, aus Lösungen <strong>die</strong>ser<br />

Gleichung ableitbar sein. Ein Beispiel für eine solche<br />

Lösung wäre<br />

E = E e x 0 -j(ω/c)x δ<br />

. (19)<br />

Hierbei handelt es sich in der Tat um eine Longitudinalwelle,<br />

<strong>die</strong> sich in x-Richtung ausbreitet und <strong>die</strong><br />

eine E -Komponente <strong>auf</strong>weist. Außerdem breitet sich<br />

x<br />

<strong>die</strong> Welle <strong>mit</strong> der üblichen Lichtgeschwindigkeit c aus.<br />

Meyl postuliert eine ganze Palette von Skalarwellen,<br />

<strong>die</strong> sich <strong>mit</strong> unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausbreiten,<br />

<strong>die</strong> zugehörigen Lösungen der Gl. (18) gibt er<br />

jedoch nicht an. An <strong>die</strong>ser Stelle sei angemerkt, dass<br />

der Begriff Ausbreitungsgeschwindigkeit einer Welle<br />

häufig gar nicht so klar ist, wie man meinen könnte.<br />

So ist es z. B. zweckmäßig zwischen Begriffen wie<br />

Phasengeschwindigkeit und Gruppengeschwindigkeit<br />

oder auch Energiegeschwindigkeit zu unterscheiden.<br />

Auf den ersten Blick erscheint einem sehr häufig <strong>die</strong><br />

Phasengeschwindigkeit einer Welle als deren Ausbreitungsgeschwindigkeit.<br />

Allerdings können kompliziertere<br />

Wellenformen (Lösungen der klassischen Maxwell’schen<br />

Gleichungen) beliebige Phasengeschwindigkeiten<br />

von 0 bis <strong>auf</strong>weisen. Die Obergrenze<br />

Lichtgeschwindigkeit gilt dabei für <strong>die</strong> Geschwindigkeit<br />

des Energie- oder Informationstransports, <strong>die</strong> in<br />

der Regel über <strong>die</strong> Gruppengeschwindigkeit gegeben<br />

ist.<br />

Eine absolute Falschinformation, <strong>die</strong> Meyl ständig<br />

verbreitet, ist <strong>die</strong> Tatsache, dass <strong>die</strong> klassischen<br />

Maxwell’schen Gleichungen, z. B. in Form der Wellengleichung<br />

Gl. (17), nur Transversalwellen beschreiben.<br />

Unter sogenannten Fernfeldbedingungen im homogenen<br />

freien Raum ist <strong>die</strong>se Aussage asymptotisch<br />

richtig, jedoch können <strong>die</strong> Lösungen der<br />

Maxwell’schen Gleichungen im allgemeinen Fall eine<br />

Vielfalt von Erscheinungsformen annehmen, <strong>die</strong> jedoch<br />

nicht unbedingt eine Lösung von Gl. (17) sein<br />

müssen, da <strong>die</strong>se für den Spezialfall eines homogenen<br />

Lösungsgebietes hergeleitet wurde und auch keine<br />

Anregungsterme enthält.<br />

2Ψ = -iω δΨ . (15)<br />

Schließlich leitet er unter Verwendung der festgelegten<br />

Zeitabhängigkeit Gl. (13) eine Differenzialgleichung<br />

für <strong>die</strong> Funktion Ψ (r, t) <strong>mit</strong> beliebiger Zeitabhängigkeit<br />

ab, <strong>die</strong> er als Schrödinger-Gleichung bezeichnet.<br />

Fazit: Die Meyl’sche Herleitung der Schrödinger-Gleichung<br />

geht von absolut sinnlosen Annahmen aus und<br />

ergänzt <strong>die</strong>se durch völlig willkürliche und ungerechtfertigte<br />

Rechenmanipulationen. Von einer physikalisch<br />

schlüssigen oder auch theoretisch konsistenten Herleitung<br />

der Schrödinger-Gleichung ist absolut nichts<br />

zu erkennen.<br />

6. Die Meyl’schen Skalaroder<br />

Longitudinalwellen<br />

Skalar- oder Longitudinalwellen bringt Meyl vor allem<br />

im Zusammenhang <strong>mit</strong> Elektromagnetischer Verträglichkeit<br />

Umwelt (EMVU) ins Spiel, wobei er behauptet,<br />

dass <strong>die</strong>se, von den klassischen Maxwell’schen<br />

Gleichungen nicht beschriebenen, Skalarwellen – von<br />

ihm auch als Teslastrahlung bezeichnet – biologische<br />

Phänomene ver<strong>mit</strong>teln und erklären können. Ausgangspunkt<br />

seiner – sehr kurzen – theoretischen Betrachtungen<br />

zu <strong>die</strong>ser Thematik ist <strong>die</strong> Wellengleichung<br />

in der Form [3]<br />

∆E = grad div E – rot rot E = 1 δ2E , (16)<br />

<strong>die</strong> der fundamentalen Feldgleichung entspricht, wenn<br />

τ , τ ➜ 1 2 angenommen wird. Meyl behauptet, dass<br />

seine Skalarwellen durch den grad div E -Term <strong>die</strong>ser<br />

Gleichung beschrieben werden. Falls <strong>die</strong>s der Fall<br />

wäre, würde es sowohl den klassischen als auch den<br />

Meyl’schen Maxwell’schen Gleichungen widersprechen,<br />

denn für <strong>die</strong> Herleitung von Gl. (16) wurde definitionsgemäß<br />

vorausgesetzt, dass div E = 0 ist. Ohne<br />

<strong>die</strong>ser Annahme müsste <strong>die</strong> Gleichung in der Form<br />

– rot rot E = 1 δ2 c<br />

E , (17)<br />

angeschrieben werden (siehe auch Gl. (10)) und jegliche<br />

Diskussion über den grad div E-Term wäre gegenstandslos.<br />

Nimmt man für einen Moment an, dass Wellen <strong>auf</strong>grund<br />

der Meyl’schen Gleichung<br />

2 δt2 c2 δt2 δ2t δt c2 δt2 8<br />

8<br />

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NEWS<br />

33


F o r s c h u n g<br />

Als Beispiel für seine Skalarwellen nennt Meyl das<br />

Nahfeld einer Dipolantenne (Bild 2 in [3]), das er<br />

sogar grafisch veranschaulicht. Ob ihn wohl schon<br />

einmal jemand gefragt hat, woher er <strong>die</strong> dargestellten<br />

Feldlinienbilder hat? Es sind exakt <strong>die</strong> Feldlinienbilder,<br />

<strong>die</strong> in gängigen Antennenbüchern abgebildet<br />

sind (siehe z. B. [4]) und <strong>die</strong> sich als Lösungen<br />

der klassischen Maxwell’schen Gleichungen ergeben.<br />

D. h., <strong>die</strong> klassischen Maxwell’schen Gleichungen<br />

sind durchaus in der Lage, Longitudinalwellen zu<br />

beschreiben. Der Begriff Antennennahfeld ist klassischen<br />

Antenneningenieuren sehr wohl vertraut. Im<br />

allgemeinen sind Lösungen der Maxwell’schen Gleichungen<br />

eine Mischung aus longitudinalen und<br />

transversalen Feldanteilen. Beispiele hierfür sind<br />

<strong>die</strong> schon diskutierten Antennennahfelder, Hohlleitungswellen<br />

oder auch geführte Wellen an Materialgrenzschichten,<br />

wie <strong>die</strong> sogenannte Bodenwelle,<br />

<strong>die</strong> Gegenstand des nächsten Abschnittes<br />

sein wird. Fazit: Die theoretische Begründung für<br />

<strong>die</strong> Meyl’schen Longitudinal- oder Skalarwellen ist<br />

falsch. Bereits <strong>die</strong> klassischen Maxwell’schen Gleichungen<br />

beschreiben elektromagnetische Wellen,<br />

<strong>die</strong> eine Mischung aus Longitudinal- und Transversalwellen<br />

darstellen.<br />

Schließlich sei noch ein Hinweis <strong>auf</strong> das Meyl’sche<br />

Experimentierkit erlaubt, das <strong>die</strong> Existenz seiner Skalarwellen<br />

beweisen soll. Der Bausatz wurde von verschiedenen<br />

seriösen Institutionen detailliert untersucht<br />

und es zeigte sich, dass das Verhalten des<br />

Bausatzes <strong>auf</strong> Grundlage der klassischen Elektrotechnik<br />

und Maxwell’schen Theorie hervorragend beschrieben<br />

werden kann. Es konnten keinerlei Hinweise <strong>auf</strong><br />

Skalarwellen, <strong>mit</strong> von Meyl postulierten Eigenschaften<br />

gefunden werden [5,6].<br />

Eine weitere Falschaussage, <strong>die</strong> Meyl in seinen Vorträgen<br />

verbreitet, ist <strong>die</strong> Behauptung, dass Antennen<br />

nur stehende Wellen empfangen können. Es gibt sowohl<br />

resonierende Antennen wie Dipole, <strong>auf</strong> denen<br />

sich stehende Wellen ausbilden, als auch sogenannte<br />

„Travelling-Wave“-Antennen, <strong>auf</strong> denen der Übergang<br />

von geführten Leitungswellen zu den sogenannten<br />

Raumwellen in kontinuierlicher Weise erfolgt (z. B.<br />

Horn- und Vivaldi-Antennen).<br />

34 NEWS<br />

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F o r s c h u n g<br />

7. Das Phänomen der<br />

Bodenwellenausbreitung<br />

Das Phänomen der Bodenwellenausbreitung wird von<br />

Meyl sehr häufig als Beweis für <strong>die</strong> Existenz seiner<br />

Skalarwellen angeführt. Er behauptet, dass es sich<br />

bei der Bodenwelle um eine Longitudinalwelle handelt,<br />

<strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Erde tunnelt und über <strong>die</strong> klassischen<br />

Maxwell’schen Gleichungen nicht beschreibbar<br />

ist [3]. Hierzu ist zu sagen, dass <strong>die</strong> Bodenwelle<br />

seit vielen Jahren hervorragend über <strong>die</strong> klassischen<br />

Maxwell’schen Gleichungen beschrieben werden kann.<br />

Meyl hat insofern Recht, dass <strong>die</strong> Bodenwelle in der<br />

Tat – neben der üblicherweise dominanten Transversalkomponente<br />

– eine longitudinale Feldkomponente<br />

<strong>auf</strong>weist. Allerdings ergeben sich beide Feldkomponenten<br />

in völlig natürlicher Art und Weise aus der<br />

Lösung der klassischen Maxwell’schen Gleichungen.<br />

In guter Näherung gilt für harmonische Zeitabhängigkeit<br />

[7]<br />

E tran = √εr – j 60 Ω λ κ, (20)<br />

E long<br />

wobei ε <strong>die</strong> relative Dielektrizitätskonstante des Erd-<br />

r<br />

bodens, κ seine Leitfähigkeit und λ <strong>die</strong> Freiraumwellenlänge<br />

ist. Über <strong>die</strong>se Beziehung können <strong>die</strong> Materialeigenschaften<br />

des Erdbodens aus einer Messung<br />

der Longitudinal- und Transversalkomponenten der<br />

elektrischen Feldstärke bestimmt werden. In den Anfängen<br />

der Rundfunktechnik wurde <strong>die</strong>s sehr ausgiebig<br />

gemacht, um eine flächendeckende Kartographierung<br />

<strong>die</strong>ser Materialeigenschaften zu erhalten und<br />

um dar<strong>auf</strong> <strong>auf</strong>bauend eine zuverlässige Versorgungsplanung<br />

für <strong>die</strong> Rundfunk<strong>die</strong>nste in den Lang-, Mittelund<br />

Kurzwellenbändern vornehmen zu können. Selbstverständlich<br />

können <strong>die</strong> Materialeigenschaften des<br />

Erdbodens auch <strong>mit</strong> anderen Methoden bestimmt<br />

werden und <strong>die</strong> Übereinstimmung <strong>mit</strong> den daraus erhaltenen<br />

Ergebnissen stellt so<strong>mit</strong> eine hervorragende<br />

Bestätigung für <strong>die</strong> theoretische Beschreibung der<br />

Bodenwellenausbreitung <strong>auf</strong> Grundlage der klassischen<br />

Maxwell’schen Gleichungen dar. Die theoretische<br />

Behandlung der Bodenwellenausbreitung ist relativ<br />

<strong>auf</strong>wändig [8]. Deshalb wurden aus der Theorie<br />

und entsprechenden Messungen Ausbreitungskurven


er<strong>mit</strong>telt, <strong>die</strong> in graphischer Form den Abfall der elektrischen<br />

Feldstärke über der Entfernung zwischen Sender<br />

und Empfänger entlang der Erdoberfläche beschreiben<br />

[9]. Eine weitere Aussage von Meyl ist, dass es<br />

völlig unsinnig wäre, anzunehmen, <strong>die</strong> Bodenwelle<br />

breite sich entlang der gekrümmten Erdoberfläche<br />

aus [3]. Hierzu ist zu sagen, dass <strong>die</strong> klassische<br />

Maxwell’sche Theorie eben doch etwas zu komplex<br />

ist, um sie durch dem Laien un<strong>mit</strong>telbar einsichtige,<br />

anschauliche Gedankenexperimente zu beschreiben.<br />

Die klassische Feldbeschreibung erlaubt durchaus<br />

eine Wellenausbreitung entlang der gekrümmten Erdoberfläche<br />

und <strong>die</strong> Zeitverzögerung der Welle am<br />

Empfänger stimmt selbstverständlich <strong>mit</strong> derjenigen<br />

überein, <strong>die</strong> sich <strong>auf</strong>grund der Ausbreitungsgeschwindigkeit<br />

der Welle und der Entfernung entlang der gekrümmten<br />

Oberfläche ergibt. Neuerdings ist vorgesehen,<br />

digitale Rundfunkversorgung in den Lang-, Mittelund<br />

Kurzwellenbändern zu betreiben, bei denen <strong>die</strong><br />

Signall<strong>auf</strong>zeiten zwischen verschiedenen Sendern und<br />

Empfängern von entscheidender Bedeutung sind. Die<br />

Planung <strong>die</strong>ser Systeme erfolgt <strong>auf</strong> der Grundlage der<br />

klassischen Theorie und erste Pilotprojekte wurden<br />

bereits erfolgreich betrieben.<br />

8. Zusammenfassung<br />

Eine kritische Betrachtung der von Konstantin Meyl,<br />

vor allem durch seine Bücher [1,2] aber auch durch<br />

viele Vorträge (z.B. [3]), verbreiteten Theorien, zeigt<br />

sehr schnell, dass <strong>die</strong>se zahlreiche Widersprüche<br />

<strong>auf</strong>weisen, sobald sie das Fundament der klassischen<br />

physikalischen Theorien verlassen. Häufig sind <strong>die</strong><br />

Meyl’schen Aussagen sehr schwer zu fassen, da sie<br />

nur Andeutungen enthalten. Jedoch erhebt Meyl<br />

insbesondere auch in den Büchern [1,2] den Anspruch,<br />

mathematisch korrekte Beweisführungen zu liefern.<br />

Diese sind in der Regel fehlerhaft und widersprüchlich.<br />

Sowohl seine elektromagnetischen Longitudinaloder<br />

auch Skalarwellen als auch seine Potenzialwirbel<br />

entbehren jeglicher mathematisch/physikalischer<br />

Grundlage. Viele physikalische Erscheinungen wie das<br />

Phänomen der elektromagnetischen Bodenwellenausbreitung,<br />

<strong>die</strong> nach Meyl angeblich noch der Erklärung<br />

bedürfen, sind seit vielen Jahren im Rahmen der klassischen<br />

physikalischen Theorien hervorragend beschreibbar.<br />

Dipl.-Ing. Thomas Eibert, FGAN – Forschungsinstitut für Hochfrequenzphysik<br />

und Radartechnik (FHR) Wachtberg,<br />

Literatur<br />

[1] Konstantin Meyl, Potentialwirbel, Band 1, INDEL GmbH, Verlagsgesellschaft,<br />

Villingen-Schwenningen, 1990.<br />

[2] Konstantin Meyl, Potentialwirbel, Band 2, INDEL GmbH, Verlagsgesellschaft,<br />

Villingen-Schwenningen, 1992.<br />

[3] Konstantin Meyl, Teslastrahlung, Referat am Kongress von<br />

15./16. April 2000 in Bregenz.<br />

[4] Warren L. Stutzman, Garry A. Thiele, Antenna Theory and<br />

Design, John Wiley & Sons, New York, 1998.<br />

[5] T. Junker, C. Schmelzer, T. Senkel, H. Weidner, P. Winkels,<br />

E. Zentgraf, Experimente zum Nachweis von Skalarwellen: Versuche<br />

<strong>mit</strong> einem Tesla-Nachbau von Prof. Konstantin Meyl, Institut<br />

für Gravitationsforschung (IGF), Waldaschaff, 2001.<br />

[6] Dietrich Naumin, Heinrich Büssing, Messungen an einer Übertragungsstrecke<br />

aus zwei Tesla-Transformatoren, TU Berlin, FG:<br />

Allgemeine Elektronik und Systemelektronik, Berlin, 2001.<br />

[7] Jürgen Grosskopf, Wellenausbreitung I, Bibliographisches<br />

Institut, Mannheim, 1970.<br />

[8] J.R. Wait, The Ancient and Modern History of EM Ground-<br />

Wave Propagation, IEEE Antennas and Propagation Magazine,<br />

Vol. 40, No. 5, October 1998, pp. 7-23.<br />

[9] Ground-Wave Propagation Curves for Frequencies between<br />

10 kHz and 30 MHz, ITU Rec. 368-7.<br />

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E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Wie gelangen Forschun<br />

Frank Gollnick<br />

Ein Forschungsbericht, den<br />

Winfried Göpfert und Philipp<br />

Kunisch an der Freien Universität<br />

Berlin im Fachbereich Politikund<br />

Sozialwissenschaften im<br />

Jahr 1999 verfasst haben<br />

(Göpfert & Kunisch, 1999)<br />

beginnt <strong>mit</strong> <strong>die</strong>sen Sätzen:<br />

„In den meisten Inhaltsanalysen<br />

zur Wissenschaftsberichterstattung<br />

wird wenig Wert <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />

Fragestellung gelegt, woher <strong>die</strong><br />

Berichte eigentlich kommen<br />

(vgl. z.B. Schwarzburger 1995).<br />

Meist wird stillschweigend<br />

davon ausgegangen, dass <strong>die</strong><br />

untersuchten Me<strong>die</strong>n über<br />

eigene Wissenschaftsredaktionen<br />

verfügen und dass <strong>die</strong><br />

Wissenschaftsberichte von<br />

eigenen Autoren, Redakteuren<br />

oder freien Mitarbeitern stammen.<br />

Das ist jedoch nur zu<br />

einem kleinen Teil der Fall.<br />

Alle Me<strong>die</strong>n be<strong>die</strong>nen sich<br />

zumindest teilweise des Materials,<br />

das ihnen von den Nachrichtenagenturen<br />

geliefert wird.<br />

Auch <strong>die</strong> großen Zeitungen, <strong>die</strong><br />

über eine eigene, gut ausgebaute<br />

Wissenschaftsredaktion<br />

verfügen.“<br />

36 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

in <strong>die</strong> Medi<br />

1. Teil: Von der schweren Verantwortung der Berichterstatter<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Der im Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft<br />

entstandene Bericht <strong>mit</strong> dem Titel „Wissenschaft<br />

per Nachrichtenagentur“ beschäftigt sich<br />

nicht <strong>mit</strong> den Resultaten der Forschung selbst, sondern<br />

<strong>mit</strong> den manchmal zweifelhaften Wegen, <strong>auf</strong><br />

denen ganz bestimmte Forschungsergebnisse plötzlich<br />

zu einer regelrechten Massenverbreitung in der<br />

Öffentlichkeit gelangen können. Manchmal rücken nur<br />

bestimmte Forschungsresultate in den Fokus und<br />

werden so von der Öffentlichkeit wahrgenommen.<br />

Andere, vielleicht gegenteilige aber genau so interessante<br />

Ergebnisse müssen ihr Dasein <strong>auf</strong> den Seiten<br />

von (meist englischsprachigen) Fachjournalen fristen<br />

und treten nie ans Licht der Öffentlichkeit, werden<br />

also nur von einem sehr begrenzten Kreis entsprechender<br />

Fachleute wahrgenommen.<br />

Jeder kennt das Phänomen: Irgendwo <strong>auf</strong> der Welt<br />

rast ein Tanklastzug <strong>auf</strong> einen Campingplatz und explo<strong>die</strong>rt.<br />

Die Me<strong>die</strong>n zeigen <strong>die</strong> rauchenden Überreste<br />

der verbrannten Campingwagen und berichten von<br />

Hunderten von Toten. Und in den ein, zwei Wochen<br />

danach hat man das Gefühl, überall in Europa fahren<br />

explo<strong>die</strong>rende Tanklastzüge herum, fast jeden Tag<br />

taucht einer in den Nachrichten <strong>auf</strong> – bis etwas anderes,<br />

für <strong>die</strong> Öffentlichkeit vermeintlich oder wirklich<br />

Interessantes passiert. Nach dem Irakkrieg im letzten<br />

Jahr waren <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Reisebusunglücke. Noch Wochen<br />

nach dem ersten schweren Unfall hatte man<br />

das Gefühl, Busfahren sei plötzlich enorm unsicher<br />

geworden, alle zwei Tage sah man <strong>die</strong> Bilder eines<br />

neuen Reisebusses in den Me<strong>die</strong>n, dessen Fahrer<br />

<strong>die</strong> Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hatte.<br />

Dagegen schien Mobiltelefonieren im Spiegel der<br />

Me<strong>die</strong>n „sicherer“ geworden zu sein, während der<br />

Irakkrieg in vollem Gange war. Kaum noch Berichte<br />

über das Risiko, <strong>mit</strong> einem Handy zu telefonieren<br />

oder in der Nähe einer Basisstations-Antenne zu woh-


? en?<br />

gsresultate<br />

nen. Dann folgten Unglücke an Bahnübergängen, dann<br />

SARS-Grippe, bis uns schließlich nach dem „Sommerloch“<br />

2003 Berichte aus der deutschen Politik<br />

erreichten. Mobiltelefonieren wurde in den Me<strong>die</strong>n<br />

wieder „gefährlicher“, nachdem im Sommer <strong>die</strong> Ergebnisse<br />

der europäischen REFLEX-Stu<strong>die</strong> (siehe FGF<br />

Newsletter 3/03) - leider nur in bestimmten Auszügen<br />

- verbreitet wurden, unter anderem in einem Dokumentarfilm<br />

im Ersten Deutschen Fernsehen <strong>mit</strong> dem<br />

Titel „Bei Anruf Smog?“. Aber wer redet zur Zeit noch<br />

von BSE und Waldsterben oder dem Rinderwahnsinn?<br />

Gibt es <strong>die</strong>se Probleme tatsächlich nicht mehr? Was<br />

ist <strong>mit</strong> Vogelgrippe, Acrylamid im Essen und Stammzellenforschung?<br />

Die Reihe solcher Beispiele könnte<br />

man beliebig weiterführen.<br />

Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Mensch von<br />

den Me<strong>die</strong>n – gewollt oder ungewollt – beeinflusst<br />

wird. Was Nachrichten und insbesondere Katastrophenmeldungen<br />

betrifft, können manche das sicherlich<br />

erahnen. Aber <strong>die</strong> Wissenschaft? Diese doch als unumstößlich<br />

geltende, nach klaren Regeln vorgehende,<br />

<strong>mit</strong> großem Anspruch arbeitende Disziplin soll nicht<br />

exakt und repräsentativ in den Me<strong>die</strong>n abgebildet<br />

werden? Genau wie <strong>die</strong> vielen Katastrophenmeldungen,<br />

politischen Meldungen, Wirtschaftsmeldungen<br />

usw. müssen auch <strong>die</strong> Meldungen aus der Wissenschaft<br />

für <strong>die</strong> Berichterstattung ausgewählt und verständlich<br />

<strong>auf</strong>bereitet werden. „Meldungen“ – ja, woher<br />

kommen solche Meldungen eigentlich, wer sammelt<br />

sie, wer „erzeugt“ sie, wer verteilt sie und wer<br />

wählt letztendlich aus, was davon das Auge und/oder<br />

das Ohr des Volkes erreichen darf? Schließlich gibt<br />

es seit Bestehen des Grundgesetzes auch das Recht<br />

<strong>auf</strong> Meinungsfreiheit. Was wissenschaftliche Resultate<br />

betrifft – und nur solche sollen hier im Weiteren<br />

interessieren –, sind <strong>die</strong> Wege <strong>vom</strong> forschenden Wissenschaftler<br />

(dem ursprünglichen „Erzeuger“ einer Wissenschaftsmeldung)<br />

bis zum interessierten Leser,<br />

Hörer oder Betrachter daher auch nicht regelbar. Der<br />

Weg einer solchen Meldung folgt meist, wie oben<br />

Beim zunächst unbedarften Herangehen an <strong>die</strong> Fragestellung<br />

und bei der Recherche zum Thema wurde dem<br />

Autor <strong>die</strong>ser Seiten sehr bald klar, dass es sich um ein<br />

„Fass ohne Boden“ handelt. Unzählige Artikel sind<br />

bereits geschrieben, umfangreiche Analysen liegen vor,<br />

und ganze Hochschulinstitute beschäftigen sich seit<br />

langer Zeit <strong>mit</strong> der Thematik. So wurde hier versucht,<br />

den Blick <strong>auf</strong> <strong>die</strong> besonderen Bedingungen und das<br />

Spannungsfeld zu richten, in <strong>die</strong> speziell <strong>die</strong> Mobilfunkforschung<br />

im Spiegel der deutschen Me<strong>die</strong>nlandschaft<br />

eingebettet ist.<br />

Die Fülle an vorhandenen Informationsquellen <strong>mit</strong> unterschiedlichen<br />

thematischen Ansätzen sprengte den<br />

Rahmen eines einzelnen Artikels. So wird nach einer<br />

Beschreibung des Status Quo in <strong>die</strong>ser Ausgabe in<br />

einem zweiten Teil in der nächsten ’Newsletter’-Ausgabe<br />

<strong>auf</strong>gezeigt, welche Lösungsansätze sich anbieten<br />

und zum Teil schon vorliegen, um aus dem offensichtlich<br />

vorhandenen Dilemma im Dialog zwischen Me<strong>die</strong>n<br />

und Wissenschaft herauszukommen.<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

37


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Prozent<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

59<br />

Abb. 1: Verteilung des Agentur-Outputs für 2.493<br />

erfasste Wissenschaftsmeldungen neben den Abdruckquoten<br />

der Agenturen in den agenturbasierten<br />

Zeitungsartikeln (verändert, nach Göpfert & Kunisch,<br />

1999)<br />

Berliner Zeitung Neue Westfälische<br />

41,3<br />

58,7<br />

Abb. 2: Verhältnis der agentur- zur redaktionsbasierten<br />

Wissenschaftsberichterstattung in den untersuchten<br />

Zeitungen (aus Göpfert & Kunisch, 1999)<br />

38 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

redaktionell<br />

agenturbasiert<br />

41,2<br />

58,8<br />

Leipziger Volkszeitung Passauer Neue Presse<br />

37,1<br />

62,8<br />

redaktionell<br />

agenturbasiert<br />

redaktionell<br />

agenturbasiert<br />

26,9 redaktionell<br />

73,1<br />

agenturbasiert<br />

Mannheimer Morgen Süddeutsche Zeitung<br />

47,2<br />

52,8<br />

redaktionell<br />

agenturbasiert<br />

52,5<br />

47,5<br />

Münstersche Zeitung Der Tagesspiegel<br />

34,0<br />

66,0<br />

69<br />

25 21<br />

redaktionell<br />

agenturbasiert<br />

51,1<br />

48,9<br />

Output<br />

18<br />

10<br />

dpa AP rtr<br />

Abdruckquote<br />

redaktionell<br />

agenturbasiert<br />

redaktionell<br />

agenturbasiert<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

bereits skizziert, entweder dem Willen und Tun eines<br />

„eitlen“ Urhebers (also des Forschers selbst), der<br />

sich gerne einmal in der Öffentlichkeit präsentieren<br />

würde, eines Redakteurs, der <strong>die</strong> Einschaltquoten zu<br />

erhöhen versucht, oder (zumindest etwas geregelter)<br />

den zwangsläufigen Notwendigkeiten eines durch<br />

möglichst hohe Geschwindigkeit, möglichst hohe Wahrnehmungsquoten<br />

und da<strong>mit</strong> durch Hektik geprägten<br />

Me<strong>die</strong>nalltags. Außerdem muss dazu <strong>die</strong> Information<br />

möglichst stark „eingedampft“, also knapp formuliert<br />

bzw. beschnitten werden.<br />

Der Forschungsbericht ‘Wissenschaft<br />

per Nachrichtenagentur’<br />

Für den letztgenannten Fall des Me<strong>die</strong>nalltags deckt<br />

der eingangs erwähnte Forschungsbericht von Göpfert<br />

& Kunisch (1999) interessante Einzelheiten <strong>auf</strong>.<br />

Was wurde in <strong>die</strong>sem Forschungsprojekt gemacht?<br />

Wissenschaftlich nüchtern heißt es: „Für <strong>die</strong> quantitative<br />

Untersuchung wurden <strong>die</strong> Wissenschaftsbeiträge<br />

der drei größten deutschen Nachrichtenagenturen Associated<br />

Press (AP), Deutsche Presse-Agentur (dpa)<br />

und Reuters (rtr) ausgewertet sowie deren Nutzung<br />

von verschiedenen deutschen Tageszeitungen. Die<br />

Fallstu<strong>die</strong> untersucht <strong>die</strong> 2.493 Agenturmeldungen,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> drei Agenturen <strong>vom</strong> 6. Oktober bis zum 6.<br />

November 1997 herausgaben. Parallel dazu wurden<br />

<strong>die</strong> 1.330 Wissenschaftsartikel analysiert, <strong>die</strong> in den<br />

8 untersuchten Zeitungen (3 <strong>mit</strong>, 5 ohne Wissenschaftsredaktion;<br />

Anm. d. Autors) <strong>vom</strong> 7. Oktober bis<br />

zum 7. November 1997 erschienen sind.“ Dabei wurde<br />

erst eine weite Definition für den Begriff „Wissenschaftsbericht“<br />

gewählt, dann aber wurde anhand<br />

genau festgelegter Kriterien <strong>die</strong> Auswahl der Beiträge<br />

für <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> sowie eine Einteilung in neun Kategorien<br />

(Natur, Medizin, Technologie, Umwelt, Weltraum,<br />

etc.) vorgenommen. Die Agenturmeldungen zum Thema<br />

‘Wissenschaft’ wurden zu 59 % von dpa, zu 25%<br />

von AP und zu 16 % von rtr verbreitet (siehe Abb. 1,<br />

„Output“).<br />

Die Auswertung ergab, dass jede der ausgewählten<br />

Tageszeitungen in dem einmonatigen Zeitraum zwischen<br />

92 und 203 Wissenschaftsmeldungen brachte.<br />

Aus einer eigenen (Wissenschafts-)Redaktion stamm-


ten dabei 34,0 - 73,1 % der Artikel (Mittelwert 47,2 %),<br />

der Rest war Agentur-basiert (siehe Abb. 2). Die Zeitungen<br />

ohne ausgebaute Wissenschaftsredaktion publizierten<br />

tendenziell häufiger Agenturmeldungen (siehe<br />

Abb. 3), wobei aber gerade <strong>die</strong> „kleinen“ Blätter<br />

wiederum ein eher großes Angebot an eigener Wissenschaftsberichterstattung<br />

boten. Rund 40% stammten<br />

dort aus „eigener Produktion“. Diese Bewertungen sind<br />

allerdings <strong>mit</strong> Vorsicht zu genießen, weil sie sich an<br />

den Autoren- bzw. Agenturkürzeln am Anfang oder am<br />

Ende einer Meldung orientierten. „Je nach Sorgfalt oder<br />

Ehrlichkeit der Redaktion wurde der Quellenhinweis<br />

vielleicht ‘vergessen’, oder <strong>die</strong> Montage aus Agenturmaterial<br />

und eigenen Zeilen wurde als Autorenbericht<br />

gekennzeichnet“ (Göpfert & Kunisch, 1999).<br />

„Es lässt sich festhalten, dass alle Zeitungen in großem<br />

Umfang <strong>auf</strong> das Agenturangebot zurückgreifen.<br />

Bei den Regionalzeitungen ohne ausgebaute Wissenschaftsredaktion<br />

stammen mehr als <strong>die</strong> Hälfte der<br />

Berichte direkt aus den Agenturen, eine knappe Hälfte<br />

wurde redaktionell erstellt. Auch unter der redaktionellen<br />

Bearbeitung können sich freilich Agenturmeldungen<br />

verstecken, wenn <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Quelle nicht eigens<br />

hingewiesen wurde.“ (Göpfert & Kunisch, 1999)<br />

Dominanz der Deutschen Presse-Agentur<br />

Betrachtet man den Anteil der agenturbasierten Berichterstattung<br />

genauer, verdeutlicht sich noch mehr<br />

<strong>die</strong> Dominanz der dpa. Bei den Abdruckquoten (im<br />

Vergleich <strong>mit</strong> dem Agentur-Output als angebotene Wissenschaftsmeldungen)<br />

liegt <strong>die</strong> dpa <strong>mit</strong> 69 % noch<br />

weiter vorn (Output: 59 %), gefolgt von AP <strong>mit</strong> 21 %<br />

(Output: 25 %) und rtr <strong>mit</strong> nur 10 % (Output: 16 %;<br />

vergleiche Abb. 1).<br />

Die „Top 3-Themen“ in den publizierten Artikeln sind:<br />

„Medizin“ (30 %), „Umwelt“ (21 %) und „Wissenschaft<br />

und Gesellschaft (W&G)“ (16 %). Mit deutlichem Abstand<br />

folgen andere Themen, wie „Natur“, „Weltraum“<br />

und am Ende der Skala, fast schon abgeschlagen,<br />

„Naturwissenschaften (NW)“ <strong>mit</strong> nur noch 2% (siehe<br />

Abb. 4; SW = Sozialwissenschaften). „Das Agenturangebot<br />

entspricht offensichtlich nicht den Zeitungserwartungen.<br />

Die Agenturen bieten ein anderes Themenspektrum<br />

an, als abgedruckt wird. Besonders <strong>auf</strong>-<br />

Prozent redaktionell<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Anteile Input Agenturen<br />

30 %<br />

25 %<br />

20 %<br />

15 %<br />

10 %<br />

5%<br />

0%<br />

<strong>mit</strong><br />

Wissenschaftsredaktion<br />

Abb. 3: Verteilung der Meldungsquellen (1.330 Berichte)<br />

<strong>auf</strong> Zeitungen <strong>mit</strong> und ohne Wissenschaftsredaktion<br />

(aus Göpfert & Kunisch, 1999)<br />

Medizin<br />

Umwelt<br />

W&G<br />

Natur<br />

Output Zeitungen<br />

Abb. 4: Angebot der Agenturen („Input“) und dessen<br />

Abdruck in den Zeitungen („Output“), <strong>auf</strong>geteilt<br />

nach Themen-Kategorien, in welche <strong>die</strong> ausgewerteten<br />

Zeitungsmeldungen eingeteilt wurden.<br />

Abkürzungen: siehe Text (aus Göpfert & Kunisch,<br />

1999)<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

Weltraum<br />

Technologie<br />

agenturbasiert<br />

ohne<br />

Wissenschaftsredaktion<br />

SW<br />

NW<br />

Sonstiges<br />

39


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

„Nur zwei Redakteurinnen<br />

gestalten fast <strong>die</strong> Hälfte<br />

aller Wissenschaftsberichte<br />

in deutschen Blättern.“<br />

40 NEWS 40 letter 1/2004<br />

NEWS<br />

letter 1/2004<br />

E M V U - W - W a h a r h n r e n h e m h m u n u gn<br />

g<br />

fällig ist der Unterschied beim Thema ‘Medizin/Gesundheit’.<br />

Nahezu doppelt so häufig greifen <strong>die</strong> Zeitungen<br />

<strong>auf</strong> <strong>die</strong>ses Themenfeld zu, als es von den<br />

Agenturen be<strong>die</strong>nt wird. Umgekehrt verhält es sich<br />

bei dem Thema ‘Wissenschaft und Gesellschaft’. Das<br />

große Angebot steht in keinem Verhältnis zu der Abdruckquote.“<br />

(Göpfert & Kunisch, 1999)<br />

Subjektivität scheint unvermeidlich<br />

Bei dem, was wir aus den Zeitungen (hier stellvertretend<br />

für <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n) über wissenschaftliche Ergebnisse<br />

erfahren, haben wir es also offenbar <strong>mit</strong> einer<br />

sehr subjektiv zusammengestellten Mischung von<br />

Meldungen zu tun, <strong>mit</strong> der <strong>die</strong> Redakteure versuchen,<br />

„ihr“ Publikum einzufangen und zu be<strong>die</strong>nen. „Der<br />

Zuschauer oder Leser muss bei der Stange gehalten<br />

werden; das Konkurrenzprogramm ist nur einen Knopfdruck<br />

entfernt.“ (Göpfert & Peters, 2003) Die Regeln<br />

der Veröffentlichung in den Me<strong>die</strong>n können also offenbar<br />

nicht rein objektiven Kriterien folgen. Vielmehr<br />

werden – auch in „seriösen“ Zeitungen (in begrifflicher<br />

Abgrenzung zur Boulevardpresse) – solche Meldungen<br />

bevorzugt gebracht, <strong>die</strong> den Leser am meisten<br />

fesseln und sein Interesse nach Vermutung und/<br />

oder Erfahrung der Redakteure am stärksten binden.<br />

Dabei wird <strong>die</strong> Information zum überwiegenden Teil<br />

mindestens zweifach selektiert bzw. gefiltert, zuerst<br />

durch <strong>die</strong> Nachrichtenagenturen und dann noch durch<br />

<strong>die</strong> Redaktion des jeweiligen Mediums (Radio, Fernsehen<br />

und Internet stehen hier gleichwertig neben<br />

den als Beispiel gewählten Zeitungen).<br />

Primäre wissenschaftliche Informationsquellen, wie <strong>Publikation</strong>en<br />

in Fachzeitschriften, sind für den normalen<br />

Leser/Hörer/Zuschauer von Natur aus wenig geeignet<br />

und dringen nicht bis in <strong>die</strong> Wahrnehmung der<br />

breiten Öffentlichkeit vor. Im besten Fall liest oder<br />

hört man Original-Äußerungen von Vertretern der Wissenschaft.<br />

Diese Äußerungen werden aber oft genug<br />

verkürzt oder zusammenhanglos, zerstückelt bzw. „redaktionell<br />

bearbeitet“ wiedergegeben. Es scheint nach<br />

den Regeln, <strong>die</strong> in der <strong>auf</strong> Knappheit und Schnelligkeit<br />

ausgerichteten Me<strong>die</strong>nwelt herrschen, nicht<br />

anders zu gehen. Einer tendenziellen Bearbeitung sind<br />

Tür und Tor geöffnet. Trotzdem gilt den meisten Medi-


enkonsumenten (darunter auch <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> ernsthaft<br />

oder sogar hilfebedürftig nach Information suchen)<br />

eine Wissenschaftsmeldung, <strong>die</strong> man dort findet,<br />

wie das Amen in der Kirche.<br />

„Augenkrebs durch Handys? Das stand doch gestern<br />

in der Zeitung!“ Ein Wissenschaftsbericht wird kaum<br />

hinterfragt, man hat meist auch keine Möglichkeit<br />

dazu. Ausnahmen gibt es zwar <strong>auf</strong> Wissenschaftsseiten<br />

einiger überregionaler Zeitungen, wo wissenschaftliche<br />

Originalquellen wenigstens angegeben werden<br />

(meist nur aus sehr renommierten Fachzeitschriften,<br />

wie „Nature“ oder „Lancet“). Wer hat schon <strong>die</strong> Zeit<br />

und das notwendige Hintergrundwissen, sich daraus<br />

selbst eine Meinung zu bilden - von einer Überprüfung<br />

des Quelleninhalts <strong>mit</strong> Quervergleichen, Fachurteilen<br />

etc. einmal ganz abgesehen. So ist man dem<br />

Handeln der Me<strong>die</strong>n – was wissenschaftliche Meldungen<br />

betrifft – ziemlich hilflos ausgeliefert. Man sollte<br />

sich aber dar<strong>auf</strong> verlassen können, dass <strong>die</strong> Autoren<br />

der Meldungen (<strong>die</strong> in den Agenturen oder in den<br />

Me<strong>die</strong>nredaktionen sitzen) über so viel Fachwissen<br />

verfügen (bzw. sich genügend beraten lassen oder<br />

recherchieren), dass sie <strong>die</strong> Forschungsergebnisse<br />

auch unverfälscht wiedergeben können. Boulevardzeitungen<br />

oder andere hierzu bekanntermaßen weniger<br />

geeignete Me<strong>die</strong>n sind eine ganz andere Sache.<br />

Bei politischen oder gesellschaftlichen Themen ist<br />

<strong>die</strong> öffentliche Wahrnehmung und Reflektion des Dargebotenen<br />

sicher deutlich anders und kritischer. Man<br />

weiß eben, dass dort eine gehörige Portion Theaterspiel<br />

und bewusste Meinungsmacherei <strong>mit</strong> dazu gehören<br />

(Beispiel ‘Wahlkampf’). Dass auch <strong>die</strong> Regeln<br />

und das Gebaren in der Wissenschaft manchmal nicht<br />

sehr weit von denen des Show-Business entfernt sind,<br />

ist außerhalb der „wissenschaftlichen Gemeinde“ sicher<br />

weniger bekannt. Umso gründlicher und sorgfältiger<br />

– im Sinne der redaktionellen Redlichkeit - müsste<br />

der Umgang der Me<strong>die</strong>n <strong>mit</strong> wissenschaftlichen<br />

Resultaten bzw. den Äußerungen von Wissenschaftlern<br />

sein, um ein objektiv falsches Meinungsbild in<br />

der Öffentlichkeit zu vermeiden. Aber das ist schwierig,<br />

und man muss den Redakteuren zugute halten,<br />

dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind (sein<br />

sollten?) und ihre Arbeit so gut wie möglich machen.<br />

Wer „verursacht“ <strong>die</strong> wissenschaftlichen<br />

Meldungen in den Zeitungen?<br />

Zuvor wurde dargestellt, dass Presseagenturen eine<br />

vielleicht unerwartet wichtige Rolle spielen. „Alles zusammen<br />

genommen lässt sich sagen: Rund <strong>die</strong> Hälfte<br />

der Wissenschaftsberichterstattung in deutschen Zeitungen<br />

wird von Agenturen geliefert, hauptsächlich von<br />

dpa. Dazu muss man wissen, dass bei dpa nur zwei<br />

Wissenschaftsredakteurinnen und einige wenige spezialisierte<br />

Korrespondenten tätig sind. Von <strong>die</strong>sen<br />

Agentur<strong>mit</strong>arbeitern allerdings stammt mehr als ein<br />

Drittel der gesamten Wissenschaftsberichterstattung<br />

in den Zeitungen Deutschlands. Die anderen Agenturen<br />

setzen überhaupt keine Spezialkräfte für das Themengebiet<br />

Wissenschaft ein. Es besteht also ein arges<br />

Missverhältnis.“ Da <strong>die</strong> Wissenschaftsberichterstattung<br />

deutscher Zeitungen nur zu knapp 50 % redaktionell<br />

gestaltet wird, und da vermutlich auch <strong>auf</strong><br />

Agenturmaterial zurückgegriffen wird, ohne dass das<br />

immer angegeben wird, kommen <strong>die</strong> Autoren der Stu<strong>die</strong><br />

zu dem beachtlichen Schluss: „Nur zwei Redakteurinnen<br />

gestalten fast <strong>die</strong> Hälfte aller Wissenschaftsberichte<br />

in deutschen Blättern.“ (Göpfert & Kunisch, 1999)<br />

Üblicherweise erscheint eine Meldung (z. B. kurz nach<br />

der Online-Veröffentlichung im Januar 2003 über vermeintliche<br />

Blut-Hirn-Schranke-Schäden durch Mobilfunkfelder,<br />

siehe FGF Newsletter 1/03), und im L<strong>auf</strong>e<br />

eines Tages rattern durch <strong>die</strong> Redaktionen Dutzende<br />

von größtenteils (bis <strong>auf</strong> Nuancen in der Formulierung<br />

oder Ausführlichkeit) identischen Meldungen aus verschiedensten<br />

Quellen. Ist der Tenor der Nachrichtenmeldung<br />

negativ (wie im erwähnten Fall: „Forscher<br />

befürchtet Senilität durch Handy-Nutzung“ – als ein<br />

Beispiel), zieht sich <strong>die</strong> Negativmeldung fast ausnahmslos<br />

durch alle Meldungen, <strong>die</strong> man findet. Man<br />

hat das Gefühl, einer schreibt <strong>vom</strong> anderen ab, oder –<br />

viel wahrscheinlicher – alle nutzen direkt oder <strong>auf</strong><br />

Umwegen <strong>die</strong>selbe Nachrichtenquelle. Eine wirkliche<br />

Auseinandersetzung <strong>mit</strong> dem Inhalt der Stu<strong>die</strong>, dem<br />

eigentlichen Anlass der Negativmeldung, findet nicht<br />

bzw. kaum statt. Man ergeht sich in Interpretationen<br />

des (im medizinischen Sinne positiven) Einzelbefunds,<br />

verallgemeinert, entwirft schillernde Schlagzeilen oder<br />

übernimmt noch im besten Fall den Inhalt der Agen-<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

41


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Agenturen, <strong>die</strong> relativ neutral<br />

informieren wollen, sind<br />

zumindest bei den getesteten<br />

Zeitungen wenig gefragt.<br />

Sensationalisierungsgrad<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

-10<br />

-20<br />

-30<br />

-40<br />

Abb. 5: Grad der „Sensationalisierung“ bei einer repräsentativen<br />

Stichprobe der ausgewerteten Agenturmeldungen.<br />

Angewandte Methodik: siehe Text<br />

(aus Göpfert & Kunisch, 1999)<br />

42 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

56<br />

52<br />

-27<br />

AP dpa<br />

Reuters<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

turmeldung unkritisch und unverfälscht. Positive medizinische<br />

Befunde werden in den Me<strong>die</strong>n fälschlich<br />

verallgemeinernd stets als Symbol für Gesundheitsgefahren,<br />

also negativ, verwendet – wie z. B. richtigerweise<br />

bei „HIV-positiv“. Aber auch z. B. der Beginn<br />

einer Schwangerschaft wäre ein positiver medizinischer<br />

Befund – <strong>die</strong>smal ohne Gefahr für Leib und<br />

Leben. Was bedeuten nun also <strong>die</strong> von Forschern<br />

festgestellten leicht verkürzten Reaktionszeiten als<br />

positiver Befund bei Reaktionstests an Probanden<br />

unter der Einwirkung von Mobilfunkfeldern?<br />

Auch Nachrichtenagenturen<br />

mögen es reißerisch<br />

Ebenfalls untersucht wurden von Göpfert & Kunisch<br />

(1999) in einer qualitativen Inhaltsanalyse <strong>die</strong> in 51<br />

repräsentativ ausgewählten Agenturmeldungen verwendeten<br />

Stil<strong>mit</strong>tel. Ziel war es zu erfassen, welcher<br />

Grad an „Sensationalisierung“ oder „Desensationalisierung“<br />

in der jeweiligen Meldung zum Tragen<br />

kam. Die Bilanz positiver und negativer Stil<strong>mit</strong>tel<br />

ergab, dass <strong>die</strong> meistgefragten Nachrichtenagenturen<br />

AP und dpa ihre Meldungen deutlich reißerischer<br />

(„spektakulärer“) formulierten als <strong>die</strong> viel weniger<br />

zitierte Agentur Reuters (siehe Abb. 5). Dies<br />

passt genau ins Bild und liefert sicher einen Grund<br />

für <strong>die</strong> weiter oben erwähnten relativ hohen Abdruckquoten<br />

der AP- und dpa-Meldungen gegenüber denen<br />

von rtr. Erwartet hätte man zumindest von den<br />

Nachrichtenagenturen doch eher einen neutralen<br />

Berichtsstil. Aber auch sie müssen offenbar <strong>die</strong> Erwartungen<br />

und Bedürfnisse ihrer Klientel erfüllen.<br />

Zur Methode: „Mithilfe einer Inhaltsanalyse wurde<br />

der Formulierungscharakter von 51 Meldungen aus<br />

17 Themenbereichen untersucht. Diese Themen<br />

waren von allen drei Agenturen etwa gleichgewichtig<br />

behandelt worden. In einer Positiv- und einer Negativliste<br />

wurden bestimmte Stilfiguren wie z. B. Hyperbolie,<br />

Bildlichkeit, Verwendung des Passivs oder<br />

Schachtelsätze <strong>auf</strong>geführt. Mittels einer Wertigkeitstabelle<br />

wurde jede der Meldungen <strong>auf</strong> <strong>die</strong> positiven,<br />

also eher sensationalisierenden sowie <strong>auf</strong> alle negativen,<br />

also eher Stagnation erzeugenden Stilfiguren<br />

überprüft. Zum Abschluss wurde <strong>die</strong> Häufigkeit


der verwendeten Stil<strong>mit</strong>tel jedes Textes <strong>mit</strong>einander<br />

verglichen.“ (Göpfert & Kunisch, 1999)<br />

Die inhaltsanalytischen Kriterien wurden für den Begriff<br />

„Sensationalismus“ aus dem dtv-Wörterbuch der<br />

deutschen Sprache und aus dem Duden abgeleitet<br />

und für <strong>die</strong> Untersuchung definiert. Passende Stilfiguren<br />

wurden dann in eine Positiv- und eine Negativliste<br />

gegliedert. Die Stilfiguren in den Texten konnten<br />

anschließend anhand von <strong>Stand</strong>ardwerken zur „Stilistik“<br />

ausgewertet werden.<br />

Positive Stil<strong>mit</strong>tel wären z.B.:<br />

„Expressivität“ (emotionalisierende Substantive wie<br />

z.B. ‘Angst’, ‘Tod’, ‘Gefahr’).<br />

„Sprachklischee, Leerformel“ (Die stets präsente,<br />

tausendfach benutzte Floskel. z.B. ‘tiefe Kluft’ –<br />

Klüfte sind immer tief).<br />

Negative Stil<strong>mit</strong>tel, welche u.a. <strong>die</strong> Aufmerksamkeit<br />

einschläfern und Lebendigkeit sowie Aufsehen reduzieren,<br />

wären z.B.:<br />

„Füllwörter, Modewörter“ (wie ‘freilich’, ‘eigentlich’,<br />

‘ausgerechnet’),<br />

„Verwendung des Passiv“ oder<br />

„Konjunktiv der indirekten Rede“.<br />

Festzuhalten bleibt, dass es offenbar schon bei den<br />

Nachrichtenagenturen da<strong>mit</strong> anfängt, dass <strong>die</strong> Öffentlichkeit<br />

nicht wirklich neutral informiert wird. Agenturen,<br />

<strong>die</strong> relativ neutral informieren wollen, sind<br />

zumindest bei den getesteten Zeitungen wenig gefragt.<br />

Die journalistische Sorgfaltspflicht<br />

Wird beim Nicht-Hinterfragen und einfachen Übernehmen<br />

von Meldungen, Presseerklärungen und vor allem<br />

von Agenturmeldungen <strong>die</strong> journalistische Sorgfaltspflicht<br />

vernachlässigt? Fasst man eine Ausführung<br />

von Hartmut Dirks (Dirks, 2002) zusammen, erhält<br />

man hierüber Auskunft:<br />

Etwas genauer als das Bürgerliche Gesetzbuch den<br />

Begriff der „erforderlichen Sorgfalt“ definiert, fasst<br />

der § 6 des Pressegesetzes für das Land NRW <strong>die</strong><br />

Sorgfaltspflicht der Presse: „Die Presse hat alle Nachrichten<br />

vor ihrer Verbreitung <strong>mit</strong> der nach den Umständen<br />

gebotenen Sorgfalt <strong>auf</strong> Inhalt, Herkunft und<br />

Wahrheit zu prüfen. ...“ Ob ein Redakteur <strong>die</strong> „nach<br />

den Umständen gebotene Sorgfalt“ <strong>auf</strong>gebracht hat,<br />

wirft <strong>die</strong> Frage <strong>auf</strong>, was eine sorgfältige Prüfung bedeutet<br />

– schon gerade bei wissenschaftlichen Resultaten.<br />

Eine Richtlinie ist nach Mathy (1988, S. 61-<br />

62) <strong>die</strong> Bedeutung, <strong>die</strong> der zu verbreitenden Nachricht<br />

in der Öffentlichkeit beizumessen ist: „Je höher<br />

<strong>die</strong>se Bedeutung, desto sorgfältiger muss geprüft<br />

werden; je größer das Risiko, dass sich <strong>die</strong> Behauptungen<br />

als unwahr erweisen können, desto enger <strong>die</strong><br />

Grenzen der Berichterstattung.“ Eine graduelle Einteilung<br />

der Abhängigkeit der Sorgfaltspflicht von der<br />

Bedeutung der Sache, einen Pflichtenkatalog oder<br />

eine allgemeinverbindliche Prüfliste gibt es jedoch<br />

offenbar nicht. „... Es gilt der so genannte ‘gleitende<br />

Sorgfaltsmaßstab’. ... Von den Me<strong>die</strong>n wird nicht <strong>die</strong><br />

gerichtsfest beweisbare Wahrheit jeder Information,<br />

sondern nur das redliche Bemühen um Wahrheit gefordert.“<br />

(Wanckel, 2000).<br />

Juristen haben hierfür den Begriff der „pressemäßigen<br />

Sorgfalt“ geschaffen. „Gemeint ist da<strong>mit</strong>, dass<br />

<strong>die</strong> speziellen Bedingungen, unter denen <strong>die</strong> Presse<br />

arbeitet, <strong>mit</strong>berücksichtigt werden müssen. Von der<br />

Presse kann vernünftigerweise nicht verlangt werden,<br />

Meldungen nur dann, oder erst dann zu veröffentlichen,<br />

wenn Beweis<strong>mit</strong>tel vorliegen, <strong>die</strong> auch ein Gericht<br />

anerkennen würde.“ (Fricke, 1997, S. 47). Journalisten<br />

sind nach den Landespressegesetzen daher<br />

„nur“ zur Prüfung der Nachricht <strong>auf</strong> ihren Wahrheitsgehalt<br />

verpflichtet und nicht zur Verbreitung der Wahrheit.<br />

Trotzdem: „Die Wahrheitspflicht gehört zu den<br />

obersten Sorgfaltspflichten der Presse. Dabei ist unter<br />

‘Wahrheit’ <strong>die</strong> Übereinstimmung von Aussage und<br />

Wirklichkeit zu verstehen“ (Löffler & Rickler, 1978, S.<br />

211). Nicht nachrecherchiert werden müssen<br />

allerdings Meldungen von renommierten Nachrichtenagenturen,<br />

es sei denn, eine Meldung ist nicht eindeutig,<br />

und man hat den Eindruck, <strong>die</strong> Agentur hat<br />

selbst nicht ausreichend recherchiert. „Stützt sich<br />

<strong>die</strong> Agenturmeldung ausdrücklich nur <strong>auf</strong> eine andere<br />

Quelle, wie eine andere in- oder ausländische Zeitung,<br />

ist der Journalist nicht von seiner eigenen Recherchepflicht<br />

entbunden.“ (Wanckel, 2000)<br />

Eine enorme Verantwortung also für <strong>die</strong> Nachrichtenagenturen,<br />

<strong>die</strong>, wie oben erwähnt, z. B. bei der dpa<br />

im Wissenschaftsbereich nur <strong>auf</strong> zwei Redakteurin-<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

43


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

nen lastet, während andere Agenturen sich hier gar<br />

keinen spezialisierten Redakteur leisten.<br />

Auf einem anderen Blatt stehen einige Grundsätze<br />

zur Berufsethik der Journalisten. Diese <strong>vom</strong> Deutschen<br />

Presserat in Zusammenarbeit <strong>mit</strong> den Presseverbänden<br />

beschlossenen publizistischen Grundsätze<br />

(„Pressekodex“) haben keine juristischen Konsequenzen.<br />

Sie gelten aber als eine „Inkarnation der<br />

Berufsethik und das Stück Moral, das sich jeder Journalist<br />

leisten sollte.“ (Dirks, 2002). Unter Ziffer 2<br />

des Pressekodex in der Fassung <strong>vom</strong> 20.6.2001 steht<br />

zu lesen: „Zur Veröffentlichung bestimmte Nachrichten<br />

und Informationen in Wort und Bild sind <strong>mit</strong> der<br />

nach den Umständen gebotenen Sorgfalt <strong>auf</strong> ihren<br />

Wahrheitsgehalt zu prüfen. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung,<br />

Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt<br />

noch verfälscht werden. Dokumente müssen<br />

sinngetreu wiedergegeben werden. Unbestätigte Meldungen,<br />

Gerüchte und Vermutungen sind als solche<br />

erkennbar zu machen.“ (Presserat, 2001)<br />

Was heißt <strong>die</strong>s alles nun für Forschungsresultate in<br />

den Me<strong>die</strong>n und speziell für <strong>die</strong> Forschungsresultate<br />

zu Mobilfunkfeldern? Als Grundlage für <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n gibt<br />

es hier zum einen <strong>die</strong> Äußerungen der Forscher selbst,<br />

entweder bei wissenschaftlichen Vorträgen oder gegenüber<br />

den Journalisten (zum Teil auch als Presseerklärung).<br />

Zum anderen liegen wissenschaftliche Originalpublikationen<br />

oder sogenannte „Reviews“ (Zusammenfassung<br />

vieler <strong>Publikation</strong>en zu einem Thema durch<br />

einen renommierten Wissenschaftler aus demselben<br />

Fachkreis) sowie <strong>die</strong> erwähnten Agenturmeldungen vor.<br />

Hinzu kommen vielfach Stellungnahmen und Kommentare<br />

zu einem wissenschaftlichen Resultat aus verschiedensten<br />

Richtungen. Was davon ist im oben<br />

beschriebenen Sinne nachprüfbar? Wer hat <strong>die</strong> Verantwortung,<br />

dass <strong>die</strong> Öffentlichkeit nicht falsch informiert<br />

wird, womöglich <strong>auf</strong>grund von Eigeninteressen?<br />

Man erkennt, dass <strong>die</strong>ses Spannungsfeld ausgesprochen<br />

komplex ist, und dass man sich wohl am besten<br />

<strong>auf</strong> das schriftlich niedergelegte Originaldokument des<br />

„Herstellers“ eines Forschungsresultats, also <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />

Originalpublikation des Forschers selbst bezieht. Hier,<br />

in Fachzeitschriften, <strong>die</strong> „peer-reviewed“, also von<br />

mindestens zwei Fachleuten aus dem eigenen Wis-<br />

44 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

senschaftlerkreis gegengeprüft sind, herrscht so etwas<br />

wie eine freiwillige Selbstkontrolle – <strong>die</strong> freilich<br />

auch nicht unfehlbar ist. Aber welcher Journalist ist<br />

willens und in der Lage, Originalpublikationen und<br />

womöglich noch Querverweise und Kommentare dazu<br />

gründlich zu lesen? Und vor allem: Wer hat <strong>die</strong> Zeit<br />

dazu? Also werden <strong>die</strong> Agenturmeldungen genommen<br />

oder <strong>die</strong> Äußerungen der Forscher zu ihrer Arbeit.<br />

Man kann sich nicht vorstellen, dass in den Agenturen<br />

und Redaktionen Leute sitzen, <strong>die</strong> sich einen<br />

ganzen Tag lang gründlich <strong>mit</strong> einer Originalpublikation<br />

auseinander setzen können. Die Nachrichtenagenturen<br />

bekommen ihre Informationen oft selbst von<br />

den Wissenschaftlern oder nutzen Kommentare von<br />

öffentlichen Stellen oder im schlechteren Fall von<br />

solchen Stellen bzw. „Kapazitäten“, <strong>die</strong> sich gerade<br />

zur Kommentierung berufen fühlen und kooperationsbereit<br />

sind. Spätestens hier fliegt der Ball wieder zu<br />

den Forschern, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Resultate erzeugt haben, und<br />

ihre öffentliche Verantwortung kommt ins Spiel.<br />

Die Verantwortung der Forscher –<br />

und der Me<strong>die</strong>n<br />

Wie vergleichsweise schwer es ist, Forschungsergebnisse<br />

<strong>mit</strong> negativen Befunden (also keinem festgestellten<br />

Effekt einer Testbehandlung) in Fachzeitschriften<br />

zu veröffentlichen, darüber klagen viele Forscher und<br />

ebenso über <strong>die</strong> fehlende Beachtung solcher, ja eigentlich<br />

meist beruhigender Resultate in den Me<strong>die</strong>n.<br />

Diese suchen meistens geradezu nach (oft vermeintlich)<br />

„großen Gefahren“ und „schweren Risiken“ für<br />

ihre Berichterstattung. Dieser Versuchung erliegen anscheinend<br />

auch seriöse Redakteure, und <strong>die</strong> Forscher<br />

liefern bisweilen den Anstoß dazu: Da werden Ratten<br />

untersucht, <strong>die</strong> angeblich <strong>auf</strong> der gleichen Altersstufe<br />

stehen wie Handy-süchtige Jugendliche. Eine Aussage,<br />

<strong>die</strong> von angesehenen Wissenschaftlern als unhaltbar<br />

angesehen wird (siehe FGF Newsletter 1/03, S.<br />

22ff). Andere ziehen aus eher vorläufigen Resultaten<br />

(„Screening-Daten“) im molekularen Bereich so weitgehende<br />

Schlüsse <strong>auf</strong> Gesundheitsgefahren, dass sie<br />

hier<strong>mit</strong> leicht vor l<strong>auf</strong>ende Kameras und Mikrofone von<br />

Journalisten geraten (vergl. auch FGF Newsletter 3/<br />

03, S. 70 ff „REFLEX-Programm“). Der Forscher wollte


in seinen weitreichenden Hypothesen und Interpretationen,<br />

<strong>die</strong> er veröffentlichte, aber nur <strong>auf</strong>zeigen, welche<br />

Stoffwechselwege durch <strong>die</strong> von ihm gefundenen<br />

Veränderungen bestimmter Zellelemente betroffen sein<br />

könnten (er nannte als Endpunkte solcher Wirkungsketten<br />

in der Zelle: Krebs, Blut-Hirn-Schranke-Schäden<br />

und Apoptose, d. h. „programmierter Zelltod“).<br />

Dass <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n seine weiten Interpretationen sensationsdurstig<br />

<strong>auf</strong>saugten, war aus vorgenannten Gründen<br />

daher kaum zu vermeiden. Es gibt also eine gewisse<br />

Verantwortung der Forscher in Bezug <strong>auf</strong> <strong>die</strong> öffentliche<br />

Verwertung ihrer Resultate. Ausgenommen werden<br />

müssen hierbei natürlich Fehlinterpretationen der<br />

geschriebenen wissenschaftlichen <strong>Publikation</strong>en durch<br />

andere, welche der Wissenschaftler als Urheber selbstverständlich<br />

nicht zu verantworten hat. Auch <strong>die</strong>s kommt<br />

oft genug vor und stellt ein anderes Problem dar.<br />

Verständlich ist auch, dass Wissenschaftler Aufmerksamkeit<br />

für ihre Forschungsprojekte erzeugen wollen,<br />

um dadurch Fördergelder zu erhalten und so weiterhin<br />

an den entsprechenden Projekten arbeiten zu können.<br />

Ebenso häufig kommt es aber vor, dass akademischen<br />

Außenseitern durch <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n Gelegenheit<br />

gegeben wird, ihre abweichenden Vermutungen zu<br />

äußern. Dadurch entfachen <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n eigenständig<br />

Kontroversen, <strong>die</strong> in der Forschung in <strong>die</strong>ser Form gar<br />

nicht geführt werden (nach Weingart & Pansegrau,<br />

1998). Fehlgeleitet bzw. überfordert bei der Suche<br />

nach den wirklichen Experten, oder Absicht? Letzteres,<br />

könnte man vermuten, wenn man sich <strong>die</strong> enorme<br />

Konkurrenz der Me<strong>die</strong>n und den Druck vorstellt,<br />

beim Publikum anzukommen und für entsprechende,<br />

„überlebensnotwendige“ Einschaltquoten zu sorgen.<br />

Zusätzlich zu den etablierten Formen der wissenschaftlichen<br />

Kontroverse entsteht dadurch also eine neue<br />

Form. Die Me<strong>die</strong>n treten in Konkurrenz zur Wissenschaft,<br />

z. B. im Betonen nebensächlicher oder nicht<br />

abgesicherter Befunde, womöglich sogar auch im Aufbringen<br />

ganzer Forschungsthemen. Es handelt sich<br />

dann – im Ringen um <strong>die</strong> Gunst des Publikums – um<br />

mediale Eigeninszenierungen, <strong>die</strong> von der Öffentlichkeit<br />

oft nicht von der tatsächlichen Wissenschaft unterschieden<br />

werden können. Hier liegt <strong>die</strong> große Verantwortung<br />

der Me<strong>die</strong>n, solchen – nur allzu verständ-<br />

lichen – Versuchungen nicht leichtfertig <strong>auf</strong> Kosten<br />

der verlässlichen Information der Öffentlichkeit nachzugeben<br />

und statt dessen immer wieder <strong>die</strong> schwierige<br />

Balance zu finden zwischen wahrheitsgerechter<br />

Information und genügend Aufmerksamkeit in der<br />

Öffentlichkeit. Eine echte Herausforderung für einen<br />

speziell ausgebildeten Kreis von Journalisten – der<br />

leider immer noch viel zu klein ist.<br />

Wo sind <strong>die</strong> Experten?<br />

Die Me<strong>die</strong>n sind dar<strong>auf</strong> angewiesen, verlässliche wissenschaftliche<br />

Informationen von wirklichen Experten<br />

zu bekommen. Doch wo finden sie <strong>die</strong>se Experten<br />

im Bereich der EMF-Forschung, wer sagt den<br />

Redakteuren und Reportern, wo sie verlässlich, kompetent<br />

und vor allem neutral beraten und informiert<br />

werden? „Neutral“ heißt hier, dass sowohl <strong>die</strong> eine<br />

als auch <strong>die</strong> andere Seite der Medaille nicht unerwähnt<br />

bleibt. Dies ist ein weiteres Problem.<br />

Oft nennen (oder kennen?) <strong>die</strong> gefragten Experten<br />

nur einen Teil der ganzen Wahrheit (sprich: der vorhandenen<br />

anerkannten Literatur) zu einem Thema.<br />

Schnell bekommt das Ganze eine (in Wirklichkeit oft<br />

nicht vorhandene) eindeutige Tendenz, was den Me<strong>die</strong>n<br />

natürlich entgegen kommt (ausgewogene Beweislagen<br />

sind dort uninteressant). Das „Expertentum“<br />

im Bereich der EMF-Forschung treibt wilde Blüten<br />

und ist schwer zu durchschauen. Eine schwierige<br />

Aufgabe für einen Wissenschaftsredakteur, auch<br />

noch hier den Überblick zu behalten und nicht „an<br />

den Falschen zu geraten“. Selbst <strong>die</strong> Politik scheint<br />

hier <strong>mit</strong>unter orientierungslos und willkürlich und<br />

wirkt teilweise außenstehend.<br />

Es fehlt in der Me<strong>die</strong>nberichterstattung an kompetenten<br />

Meinungen und Bewertungen von wirklichen<br />

Fachleuten aus dem Bereich der Mobilfunk-relevanten<br />

Forschung. Oder besser gesagt: Es fehlt gar nicht<br />

so sehr an Aussagen <strong>die</strong>ser tatsächlich kompetenten<br />

Gruppe. Weltweit sind genügend aktive Forscher<br />

durch ihre eigenen Untersuchungen und Stellungnahmen<br />

zu dem Thema als wirkliche Experten ausgewiesen,<br />

und sie äußern sich auch zu der Problematik.<br />

Es fehlt daran, <strong>die</strong> wissenschaftlich ausgedrückten<br />

Meinungen und Bewertungen zu Mobilfunk-<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

45


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

themen solcher wirklichen Experten für <strong>die</strong> Öffentlichkeit<br />

verständlich zu übersetzen und <strong>die</strong>se (tatsächlich<br />

relevanten) Meinungen dann ausreichend und verstehbar<br />

über <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n zu verbreiten. Solange <strong>die</strong>s<br />

nicht verstärkt geschieht, werden Scharlatane, selbsternannte<br />

Experten oder Fachleute aus eigentlich ganz<br />

anderen Gebieten <strong>die</strong> Oberhand behalten und me<strong>die</strong>nwirksam<br />

<strong>die</strong> Mobilfunkdiskussion <strong>mit</strong> oft unmaßgeblichen<br />

Meinungen, bisweilen bis hin zu Horrorszenarien,<br />

schüren. Dass dabei <strong>die</strong> Sachlichkeit <strong>auf</strong><br />

der Strecke bleibt, ist vorprogrammiert.<br />

Die Grundlage der Meinungsbildung können nur wissenschaftlich<br />

publizierte Forschungsergebnisse sein.<br />

Wir haben keine andere, einigermaßen verlässliche<br />

Quelle des Wissens. Und selbst hier tun sich bisweilen<br />

Lücken <strong>auf</strong>: Auch der „peer-review“- Prozess, also <strong>die</strong><br />

von Fachleuten gegengeprüfte Veröffentlichung von<br />

Forschungsergebnissen, ist nicht unfehlbar. Auch hier<br />

sind (nur) Menschen, Meinungen einzelner Fachleute<br />

im Spiel. Auch eine <strong>Publikation</strong> z. B. in der hochrangigen,<br />

sehr angesehenen Fachzeitschrift „Nature“ ist<br />

keine Garantie für unfehlbares Wissen. Durch neue<br />

Ergebnisse revi<strong>die</strong>rte Erkenntnisse gehören in der<br />

Wissenschaft nun einmal <strong>mit</strong> dazu und sind an der<br />

Tagesordnung: „Der wissenschaftliche Erkenntnisprozess<br />

lebt.“ Wirkliche wissenschaftliche Erkenntnis<br />

braucht Diskussion <strong>auf</strong> wissenschaftlichem Niveau<br />

und erfordert unabhängige Wiederholbarkeit der Befunde<br />

in anderen Labors. Die Me<strong>die</strong>n scheinen solche<br />

geltenden Regeln meist nicht zu kennen oder zu<br />

ignorieren und informieren <strong>die</strong> Öffentlichkeit leider<br />

<strong>mit</strong> oft „halb garen“ Erkenntnissen. Schnelligkeit ist<br />

hier scheinbar <strong>die</strong> Hauptsache. Es kann aber nicht<br />

<strong>die</strong> Aufgabe seriöser Me<strong>die</strong>n sein, Bedenken und<br />

Angst zu verbreiten.<br />

Positiv fällt <strong>auf</strong>, dass wirklich kompetente öffentliche<br />

Aufklärung neuerdings und zunehmend auch von den<br />

entsprechenden Stellen der Länderregierungen betrieben<br />

wird, z.B. in Bayern, Baden-Württemberg, NRW<br />

und Rheinland-Pfalz (Broschüren und weitere Informationen<br />

im Internet verfügbar). Gut vorbereitete und<br />

gründlich recherchierte Fernsehbeiträge und Presseartikel<br />

zur Mobilfunkthematik scheinen zur Zeit zuzunehmen,<br />

bilden aber nach wie vor <strong>die</strong> Ausnahme.<br />

46 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Selbsternannte Experten gibt es viele, doch mangelt<br />

es an Kompetenz. Nur interdisziplinäre Teams von<br />

Spezialisten (Biowissenschaftler, Mediziner, Techniker)<br />

können <strong>die</strong> heutigen Fragen nach möglichen Risiken<br />

des Mobilfunks umfassend und ausreichend beantworten.<br />

Was heißt all das für<br />

<strong>die</strong> Mobilfunkdiskussion?<br />

Die öffentliche Diskussion über mögliche Gefahren<br />

durch <strong>die</strong> Mobilfunktechnik wird nach wie vor von den<br />

Me<strong>die</strong>n stark beeinflusst. Das ist kein Wunder bei<br />

einer Technik, <strong>die</strong> <strong>mit</strong>tlerweile fast überall vorhanden<br />

ist, bei der man aber <strong>die</strong> zum Funktionieren notwendigen<br />

elektromagnetischen Felder <strong>mit</strong> menschlichen Sinnen<br />

nicht wahrnehmen kann und bei der <strong>die</strong> Gefährlichkeit<br />

oder Ungefährlichkeit der Strahlungsfelder nur<br />

von der für Laien nicht messbaren Stärke abhängt.<br />

Mancher Laie mag glauben, gerade <strong>die</strong> „Strahlung“,<br />

<strong>die</strong> im Mikrowellenofen das Essen heiß macht, käme<br />

auch aus seinem Handy, das er sich ja so nah an<br />

seinen Kopf halten muss. Verschiedene Feldstärken<br />

und Eindringtiefen sind nicht leicht anschaulich ver<strong>mit</strong>telbar.<br />

Erschwerend kommt hinzu, dass <strong>die</strong> notwendigen<br />

Antennenmasten zuh<strong>auf</strong> sichtbar herumstehen<br />

und noch immer mehr <strong>auf</strong>gestellt werden – anders<br />

als bei Fernsehen und Rundfunk. Die Bevölkerung<br />

sucht nach greifbaren und verstehbaren Anhaltspunkten,<br />

und <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n bieten <strong>die</strong>se bereitwillig an. Andere<br />

Informationsquellen haben (zu) lange Zeit gewartet,<br />

waren offensichtlich bar jeder Neutralität.<br />

Die „Tagesschau“ ist für viele immer noch <strong>die</strong> verlässlichste<br />

Informationsquelle überhaupt. Wenn <strong>die</strong><br />

Sprecherin sagt, im Schweinefleisch sind gefährliche<br />

Hormone, bekommt <strong>die</strong> Branche am nächsten Tag<br />

Absatzschwierigkeiten. Wenn der Sprecher sagt, Rotwein<br />

trinken schützt vor Krebs, wird mehr Rotwein<br />

getrunken. Die heutige Macht der Me<strong>die</strong>n ist nicht zu<br />

übersehen. Die „Me<strong>die</strong>nmacher“ sollten sich daher<br />

ihrer enormen gesellschaftlichen Verantwortung bewusst<br />

sein. Keine staatliche Stelle, kein Verein, kein<br />

Institut erreicht so einfach und so durchdringend das<br />

Volk. Daher ist es kein Wunder, dass sich <strong>die</strong>jenigen,<br />

<strong>die</strong> etwas <strong>vom</strong> Volk wollen oder sich selbst, wo auch


immer, entsprechende Aufmerksamkeit verschaffen<br />

wollen, an <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n wenden.<br />

Auch <strong>die</strong> einst ganz unabhängige Wissenschaft ist<br />

mehr und mehr zum Geschäft geworden. An wissenschaftlichen<br />

Entwicklungen hängen heute oft Millionenbeträge.<br />

Wie kann unter solchen Bedingungen eine<br />

ausgewogene, neutrale Mobilfunkdiskussion in den<br />

Me<strong>die</strong>n zustande kommen? Wor<strong>auf</strong> kann der Bürger<br />

sich dabei verlassen, wem soll er bei der Flut an<br />

angebotenen Informationen glauben? Glauben? Gerät<br />

<strong>die</strong> Risikofrage hierbei am Ende zur Glaubensfrage?<br />

Wem kann ich glauben, dass Mobilfunk ungefährlich<br />

ist, Herrn Wickert oder Minister Trittin? Oder dem mir<br />

unbekannten Wissenschaftler?<br />

Wie in <strong>die</strong>sem Artikel versucht wurde darzulegen, hilft<br />

es nichts, dem Bürger vorbereitete Meinungen zu verabreichen.<br />

Vielmehr müssen wesentlich effektivere<br />

Möglichkeiten gefunden werden, dem mündigen Bürger<br />

einen verständlichen Zugang zu der vorhandenen<br />

Masse an vorhandener Erkenntnis zum Thema zu verschaffen.<br />

Für Jedermann verwertbar <strong>auf</strong>bereitete Erkenntnisse<br />

aus der anerkannten Forschung dürfen<br />

nicht verfälscht oder in ihrer Ausgewogenheit beeinflusst,<br />

selektiert werden. Das leisten weder Befürworter<br />

noch Gegner der Mobilfunktechnik, noch sogenannte<br />

„neutrale“ Institutionen bislang in befriedigender<br />

Weise. Die Qualität selbst wissenschaftlich<br />

anerkannter Forschung ist unterschiedlich. Diese Qualitätsunterschiede<br />

müssen <strong>auf</strong> verständliche Art verdeutlicht<br />

werden und sollten in <strong>die</strong> für das Volk handlich<br />

<strong>auf</strong>gearbeitete Information einfließen. So könnte<br />

sich jeder der möchte <strong>mit</strong> den modernen Mitteln der<br />

Technik, wie z. B. Internet, selbst und unbeeinflusst<br />

<strong>die</strong> Informationen verschaffen, <strong>die</strong> er oder sie für <strong>die</strong><br />

Entscheidung für oder gegen eine neue technische<br />

Errungenschaft braucht. Die Me<strong>die</strong>n brauchen dazu<br />

einen viel fachspezifischeren, professionell geschulten<br />

Austausch <strong>mit</strong> „der Wissenschaft“. Verstärkt sollten<br />

Menschen dazu ausgebildet werden, <strong>die</strong>sen Ver<strong>mit</strong>tlungsprozess<br />

effektiv und international zu fördern.<br />

Der nach Information suchende Bürger muss <strong>auf</strong> der<br />

anderen Seite auch bereit sein, selbst etwas für sein<br />

Informiert-Sein zu tun. Dazu muss ihm noch mehr als<br />

heute <strong>die</strong> Möglichkeit gegeben werden. Unabhängi-<br />

ge, verlässliche Informationsquellen müssen hierzu<br />

auch für Laien unverwechselbar und erkennbar gemacht<br />

werden.<br />

Es wird noch ein weiter Weg sein, von der <strong>auf</strong>gezeigten<br />

Dominanz der Informationsagenturen zu einem<br />

transparenten Informationsfluss zwischen Wissenschaft<br />

und Bürger unter Beteiligung verschiedener<br />

Me<strong>die</strong>n zu kommen. Ansätze dazu sind heute vielfach<br />

vorhanden, und es würde der dringend notwendigen<br />

Versachlichung der Mobilfunkdiskussion sehr helfen.<br />

Der 2. Teil <strong>die</strong>ses Artikels: „Auswege aus einem offenkundigen<br />

Dilemma“ erscheint in der nächsten Ausgabe des FGF-<br />

Newsletters.<br />

Dr. rer. nat. Frank Gollnick ist Biologe und war lange Zeit Mitarbeiter<br />

im Physiologischen Institut II der Universität Bonn. Er ist nun als<br />

wissenschaftlicher Berater für <strong>die</strong> FGF tätig.<br />

Literatur<br />

Dirks HGH (2002) Praktisches Journalistenrecht 3. Teil: Das<br />

redliche Bemühen um Wahrheit. DJV Journal NRW 1/02: 28-29<br />

Fricke E (1997) Recht für Journalisten. UVK Me<strong>die</strong>n, Konstanz<br />

Göpfert W, Kunisch P (1999) Wissenschaft per Nachrichtenagentur.<br />

Forschungsbericht, Freie Universität Berlin, Institut<br />

für Publizistik und Kommunikationswissenschaft, Arbeitsgebiet<br />

Wissenschaftsjournalismus, Download: http://www.<br />

wissenschaftsjournalismus.de/kuni_fobe.pdf<br />

Göpfert W, Peters HP (2003) Wer kontrolliert, was in <strong>die</strong><br />

Presse kommt? LEGAmedia Network for Information Interchange<br />

(http://www.legamedia.net), LEGAeducation, Download:<br />

http://www.legamedia.net/legaeducation/2003/03-<br />

05/0305_goepfert-peters_kontrolle-presse.php<br />

Löffler M, Ricker R (1978) Handbuch des Presserechts. C.H.<br />

Beck Verlag, München<br />

Mathy K (1988) Das Recht der Presse. Deutscher Instituts-<br />

Verlag, Köln<br />

Presserat (2001) Pressekodex des Deutschen Presserats in<br />

der Fassung <strong>vom</strong> 20.06.2001. Download: http://www.<br />

presserat.de/site/pressekod/kodex/<br />

Schwarzburger H (1995) Wissenschaftsberichterstattung in<br />

den alten Ländern, in den neuen Ländern und in der Bundeshauptstadt.<br />

Inhaltsanalytische Untersuchung zum Wissenschaftsjournalismus<br />

in der Tagespresse des wiedervereinten<br />

Deutschland (Abonnementzeitungen). Forschungsbericht,<br />

Freie Universität Berlin, Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft,<br />

Arbeitsgebiet Wissenschaftsjournalismus<br />

Wanckel E (2000) Auf der Suche nach der Wahrheit. Message<br />

4/2000, Download: http://www.message-online.de/<br />

set_arch.html<br />

Weingart P, Pansegrau P (1998) Reputation in der Wissenschaft<br />

und Prominenz in den Me<strong>die</strong>n: Die Goldhagen-Debatte.<br />

Rundfunk und Fernsehen, Sonderband: Die Me<strong>die</strong>n der<br />

Wissenschaft (2-3): 193-208<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

47


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Verständlichkeit von<br />

EMF-B<br />

Wie Informationen von Laien verstanden und bewertet werden ...<br />

Andrea Thalmann<br />

Durch <strong>die</strong> immer schneller<br />

werdende Entwicklung neuer<br />

Technologien werden wir –<br />

<strong>die</strong> Gesellschaft – verstärkt<br />

<strong>mit</strong> der Tatsache konfrontiert,<br />

dass Unsicherheiten im<br />

wissenschaftlichen Wissen<br />

über Risiken für <strong>die</strong> Gesundheit<br />

bestehen. Nicht selten<br />

entwickeln sich aus der Frage,<br />

wie denn <strong>mit</strong> der Unsicherheit<br />

umzugehen ist und welche<br />

Maßnahmen daraus abzuleiten<br />

sind, spannungsgeladene<br />

Debatten zwischen Technologiebefürwortern<br />

und -kritikern.<br />

48 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Während der einzelne Bürger ein Ja oder Nein als<br />

Antwort wünscht, ob denn eine Technik nun gefährlich<br />

ist oder nicht, kann <strong>die</strong> Wissenschaft <strong>die</strong>s nicht<br />

bieten. Häufig befindet sich dann der Informationssuchende<br />

einem stark emotionalisierten Kräfteziehen<br />

verschiedener Anspruchsgruppen und einer großen<br />

Menge von Aufklärungsinformationen gegenüber. Die<br />

Folge ist, der Bürger fühlt sich schlecht informiert<br />

und ist verunsichert, was er von den unterschiedlichen<br />

Meinungen und Bewertungen halten soll. Eine<br />

transparente und rezipientenorientierte Informationsver<strong>mit</strong>tlung<br />

ist hier gefragt, <strong>die</strong> keine zusätzlichen<br />

Ängste schürt, aber auch nicht irgendwelche Halbwahrheiten<br />

vorgaukelt – eine Risikokommunikation<br />

also, welche den Bürger ernst nimmt und Informationen<br />

so <strong>auf</strong>bereitet, dass der Einzelne ein eigenes<br />

Urteil und eigene Entscheidungen bzgl. der entsprechenden<br />

Risikothematik fällen kann.<br />

Die Mobilfunkdebatte stellt ein gutes Beispiel für<br />

Unsicherheit im wissenschaftlichen Wissen dar. Die<br />

kontroverse Diskussion um Gesundheitsrisiken zieht<br />

sich über <strong>die</strong> letzten zehn Jahre hin. Ausschlaggebend<br />

für <strong>die</strong> Debatte ist <strong>die</strong> Tatsache, dass <strong>vom</strong> wissenschaftlichen<br />

Gesamtbild keine eindeutigen Aussagen<br />

über mögliche Gesundheitsrisiken unterhalb der bestehenden<br />

ICNIRP-Grenzwerte gemacht werden können<br />

und zwischen Experten Uneinigkeit besteht, wie<br />

denn das vorhandene Wissen aus den bestehenden<br />

Stu<strong>die</strong>n zu bewerten ist und welche Maßnahmen abzuleiten<br />

sind (Wiedemann, Schütz & Thalmann, 2003).<br />

Konfrontiert <strong>mit</strong> einer zunehmenden Me<strong>die</strong>npräsenz<br />

der Debatte um Gesundheitsrisiken des Mobilfunks<br />

wird der Anspruch nach klaren Informationen in der<br />

Öffentlichkeit immer deutlicher. Zahlreiche Broschüren<br />

und Informationsmaterialien von Behörden, Kritikern,<br />

Mobilfunkbetreibern u. a. versuchen <strong>die</strong>sem<br />

Wunsch nachzukommen. Nach der Menge an verfüg-


oschüren<br />

baren Informationen zu urteilen, sollte der Bürger<br />

bestens informiert sein. Dass dem gerade nicht so<br />

ist, zeigen <strong>die</strong> Ergebnisse aktueller Stu<strong>die</strong>n. Die befragten<br />

Personen fühlen sich meistens eher schlecht<br />

informiert; und <strong>die</strong> Informationen, <strong>die</strong> sie zum Mobilfunk<br />

haben, stammen entweder aus den Me<strong>die</strong>n oder<br />

von Freunden und Bekannten (Büllingen et al., 2003;<br />

Wiedemann & Schütz, 2002, 2003). Offenbar erreichen<br />

<strong>die</strong> Informationen den Bürger nicht. Ist <strong>die</strong>s <strong>die</strong><br />

einzige Hürde? Nein, denn aus Informationen muss<br />

noch Wissen werden. Wovon hängt <strong>die</strong>s aber ab?<br />

Eine zentrale Frage ist sicherlich hierbei <strong>die</strong> nach der<br />

Verständlichkeit der Broschüren sowie der Tonalität<br />

der Informationsmaterialien. Verschiedene sozialwissenschaftliche<br />

Stu<strong>die</strong>n befassen sich <strong>mit</strong> <strong>die</strong>ser Thematik<br />

und kommen zu ernüchternden Ergebnissen<br />

(Bernhard, 2003; Thalmann, in Vorbereitung).<br />

Bernhard (2003) hat in einer Pilotstu<strong>die</strong> untersucht,<br />

welche Anforderungen „gute Risikokommunikation“<br />

erfüllen muss. U.a. wurde hier bewertet, worüber informiert<br />

wird. In allen untersuchten Informationsmateri-<br />

Schweiz<br />

IBES<br />

protelecom<br />

BUWAL<br />

Österreich<br />

Plattform GSM-Initiativen<br />

FMK<br />

BMWV<br />

Deutschland<br />

Bürgerwelle e.V.<br />

IZMF<br />

MUF<br />

0%<br />

20 %<br />

1. Positionierung in Risikodebatte EMF<br />

3. EMF allgemein<br />

5. Auswirkungen und Risiken EMF des Mobilfunk<br />

7. Weitere Informationen<br />

alien1 – ob nun von Behörden-, Kritiker- oder Betreiberseite<br />

– werden einheitlich <strong>die</strong> Auswirkungen und Risiken<br />

von EMF des Mobilfunks und Risikomanagementmaßnahmen<br />

adressiert, aber <strong>mit</strong> unterschiedlicher Gewichtung<br />

und Ausführlichkeit. So werden vor allem in<br />

den Informationsmaterialien der Kritikergruppen Grundlagenwissen<br />

zum Mobilfunk (Funktionsweise) vollständig<br />

ausgelassen und schwierige Begriffe kaum erklärt,<br />

während <strong>die</strong>se in den meisten anderen Broschüren<br />

fester Bestandteil sind. Im Gegensatz dazu fallen <strong>die</strong><br />

Betreiber-Broschüren durch eine starke Gewichtung der<br />

Pro-Argumente <strong>auf</strong>, wodurch eine ausgeglichene Informationsver<strong>mit</strong>tlung<br />

verhindert wird. Gegenargumente<br />

werden kaum berücksichtigt.<br />

In Bezug <strong>auf</strong> eine laienorientierte Kommunikation wirft<br />

<strong>die</strong>se unterschiedliche Auswahl an Inhalten erste Fragen<br />

nach der Angemessenheit <strong>auf</strong>. Wenn z. B. Laien<br />

befragt werden, wie <strong>die</strong>s in einem Workshop eines<br />

von der FGF organisierten Schülertages an der Universität<br />

Stuttgart erfolgte, zeigt sich, dass nicht jedes<br />

Informationsmaterial den Wünschen von informa-<br />

2. Begriffserklärungen<br />

4. Technische Grundlagen Mobilfunk<br />

6. Risikomanagement EMF des Mobilfunk<br />

8. Explizite Wertung Mobilfunk<br />

Abbildung 1: Prozentualer Anteil verschiedener Inhalte pro Broschüre (Bernhard, 2003; Wiedemann et al.,<br />

in Vorbereitung).<br />

40 %<br />

60 %<br />

80 %<br />

100 %<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

49


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Ecolog-Labels<br />

Abbildung 2: Laienbedeutung verschiedener verbaler Begriffe zur Beschreibung der Evidenz<br />

(Thalmann, in Vorbereitung)<br />

tionssuchenden Personen gerecht wird. Wenn Schüler<br />

gefragt werden, was denn ihrer Meinung nach in<br />

einer Broschüre zu EMF des Mobilfunks stehen sollte,<br />

werden als wichtigste drei Aspekte genannt:<br />

Informationen über technische Grundlagen der elektromagnetischen<br />

Felder (EMF) und des Mobilfunks<br />

<strong>die</strong> Erklärung von technischen Begriffen und<br />

Informationen zu den gesundheitlichen Auswirkungen<br />

von EMF des Mobilfunks.<br />

Laien wollen also wissen, was denn eigentlich Elektrosmog<br />

ist und was <strong>die</strong>s <strong>mit</strong> dem Handy zu tun hat.<br />

Sie wollen Begriffe wie SAR-Wert, Hochfrequenz oder<br />

Kalzium-Homöostase erklärt haben. Und Laien wollen<br />

wissen, was für Risiken <strong>mit</strong> dem Mobilfunk verbunden<br />

sein könnten.<br />

Wie Stu<strong>die</strong>n zeigen, reicht <strong>die</strong> alleinige Erwähnung<br />

der richtigen Fakten nicht aus, sondern das ver<strong>mit</strong>telte<br />

Wissen muss in den Broschüren auch noch verständlich<br />

und transparent <strong>auf</strong>bereitet werden. Dies<br />

deckt sich auch <strong>mit</strong> den Ergebnissen des Schüler-<br />

Workshops, bei dem Jugendliche Broschüren aus<br />

Deutschland kritisch bewertet haben2 . Neben der inhaltlichen<br />

Ebene war den Jugendlichen auch <strong>die</strong> Art<br />

und Weise der Informationsver<strong>mit</strong>tlung wichtig. Dabei<br />

spielen einerseits Kriterien wie eine einfache, gut<br />

gegliederte und <strong>mit</strong> Beispielen untermauernde Darstellung<br />

der Information und andererseits eine rationale<br />

und nicht <strong>auf</strong> „Stimmungsmache“ abzielende<br />

50 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

= Median<br />

= Mean<br />

Nachweis<br />

Konsistenter Hinweis<br />

Starker Hinweis<br />

Hinweis<br />

Schwacher Hinweis<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

SSK Labels<br />

= Median<br />

= Mean<br />

% Beweiskraft % Beweiskraft<br />

Nachweis<br />

Verdacht<br />

Hinweis<br />

Ver<strong>mit</strong>tlung eine Rolle. Ebenfalls sind beim kritischen<br />

Lesen der Informationsmaterialien <strong>die</strong> Forderung nach<br />

vollständiger Information, <strong>die</strong> Pro und Kontra Argumente<br />

beinhaltet, wie auch klare, nachvollziehbare<br />

Begründungen für genannte Schlussfolgerungen und<br />

Fakten <strong>auf</strong>getaucht. Diese Ansprüche an Informationen<br />

entstanden hauptsächlich aus dem Wunsch der<br />

Teilnehmer heraus, ein eigenes Urteil über <strong>die</strong> Mobilfunkdebatte<br />

zu fällen. In den beiden kritisch beleuchteten<br />

Broschüren des MUF und der Bürgerwelle werden<br />

<strong>die</strong>se Anforderungen nach Auffassung der Schüler<br />

nicht immer erreicht. Besonders wird bei der Information<br />

der Bürgerwelle <strong>die</strong> starke negative Stimmungsmache<br />

und das „Einhämmern“ einer bestimmten<br />

Meinung kritisiert. Beim Lesen der Bürgerwelle-<br />

Folder fühlten sich <strong>die</strong> Jugendlichen bevormundet und<br />

reagierten verärgert und unzufrieden <strong>auf</strong> <strong>die</strong> fehlenden<br />

Angaben, woher denn <strong>die</strong> Informationen und<br />

Schlussfolgerungen stammen. Besser schnitt in <strong>die</strong>sem<br />

Zusammenhang <strong>die</strong> MUF-Broschüre ab. Insbesondere<br />

<strong>die</strong> Strukturierung durch konkrete Fragen und<br />

Antworten, <strong>die</strong> verschiedene Vertiefungsebenen ermöglichten,<br />

sowie <strong>die</strong> transparente Erwähnung, dass<br />

es noch Wissenslücken bzgl. Konsequenzen gibt, wurden<br />

positiv bewertet. Nach dem Lesen der beiden<br />

Broschüren waren viele Aspekte der Thematik EMF<br />

des Mobilfunks für <strong>die</strong> Jugendlichen klarer, andere<br />

blieben unverstanden.


Die Frage, was Laien bei Informationen zu EMF des<br />

Mobilfunk verstehen und was nicht, steht auch im<br />

Zentrum einer Stu<strong>die</strong> zur Evaluierung verschiedener<br />

Kommunikationsstrategien bzgl. EMF Mobilfunk (Thalmann,<br />

in Vorbereitung) 3 . Dabei wurden aus gängigen<br />

Informationsmaterialien, z.B. von ECOLOG oder von<br />

der SSK, Ausschnitte ausgewählt und <strong>die</strong>se einer systematischen<br />

Überprüfung bzgl. ihrer Laienorientiertheit<br />

unterzogen. Auch wenn <strong>die</strong> Komplexität der EMF-<br />

Mobilfunk-Thematik berücksichtigt wird, können bei<br />

der Beschreibung und Bewertung des aktuellen Wissensstands<br />

große Verständlichkeitsmängel festgestellt<br />

werden. Dies betrifft vor allem <strong>die</strong> häufig anzutreffende<br />

Charakterisierung der Aussagekraft von<br />

Befunden <strong>mit</strong> Hilfe von verbalen Ausdrücken wie „es<br />

gibt konsistente Hinweise <strong>auf</strong>“ oder „es gibt einen<br />

Verdacht, dass“. Die zentrale Bedeutung <strong>die</strong>ser Evidenzbeschreibungen<br />

liegt <strong>auf</strong> der Hand. Nur was versteht<br />

der Laie darunter? Die Stu<strong>die</strong> zeigt, dass Evidenzbegriffe<br />

für eine verständliche und transparente<br />

Kommunikation nicht brauchbar sind. Eigentlich keiner<br />

<strong>die</strong>ser Ausdrücke wird von Laien so verstanden<br />

wie es von der Informationsquelle beabsichtigt war.<br />

Dass Verständlichkeitsprobleme und dadurch auch<br />

Kommunikationsprobleme in aktuellen Informationsmaterialien<br />

zu EMF-Mobilfunk vorhanden sind, zeigen<br />

<strong>die</strong> Laien-Einschätzungen verschiedener Befragungen.<br />

Wenn in Broschüren dem Bürger <strong>mit</strong>geteilt wird, dass<br />

es Hinweise <strong>auf</strong> Gesundheitsrisiken gibt, kann <strong>die</strong>s<br />

für den Einzelnen ganz Unterschiedliches bedeuten.<br />

Für <strong>die</strong> eine Person heißt „Hinweise“, dass <strong>die</strong> Beweiskraft<br />

gleich Null ist und kaum Effekte gefunden<br />

wurden, <strong>die</strong> <strong>auf</strong> ein Risiko hindeuten. Für <strong>die</strong> andere<br />

Person bedeutet „Hinweise“ aber, dass es schon fast<br />

oder ganz sicher ein Risiko gibt.<br />

Dass solche Missverständnisse eine verständliche<br />

Kommunikation nicht fördern und solche Begriffe<br />

oftmals nicht benutzt werden sollten, steht außer Frage.<br />

Um Klarheit zu schaffen, sollten entweder klare<br />

Zahlen genannt werden oder – wenn <strong>die</strong>se fehlen –<br />

andere Möglichkeiten der Informationsdarstellung<br />

gewählt werden. Eine Alternative stellt z.B. eine qualitative<br />

Beschreibung der Pro- und Kontra Argumente<br />

dar, <strong>die</strong> zudem dem Wunsch von Laien nach Informa-<br />

tionen beider Seiten entgegen kommt. Dass Informationsbroschüren<br />

Risikothemen wie EMF Mobilfunk so<br />

ver<strong>mit</strong>teln können, dass jeder Bürger <strong>die</strong> Thematik<br />

vollkommen versteht, ist sicher ein idealistisches Ziel.<br />

Broschüren sollten aber immer eine faire, transparente<br />

und verständliche Informationsver<strong>mit</strong>tlung anzielen<br />

und dadurch <strong>die</strong> Basis für einen gleichberechtigten<br />

Austausch aller Beteiligten herstellen.<br />

Lic. phil. Andrea T. Thalmann<br />

Programmgruppe Mensch, Umwelt, Technik (MUT)<br />

Forschungszentrum Jülich GmbH<br />

Literatur:<br />

Bernhard, M. (2003). Elektromagnetische Felder des Mobilfunks:<br />

Eine qualitative Analyse von Risikoinformationen im<br />

öffentlichen Diskurs. Unveröffentlichte Diplomarbeit: Naturwissenschaftliche<br />

Fakultät der Leopold-Franzens-Universität<br />

Innsbruck.<br />

Büllingen, F., Hillebrand, A. & Wörter, M. (2002). Elektromagnetische<br />

Verträglichkeit zur Umwelt (EMVU) in der öffentlichen<br />

Diskussion – Situationsanalyse, Erarbeitung und Bewertung<br />

von Strategien unter Berücksichtigung der UMTS-<br />

Technologien im Dialog <strong>mit</strong> dem Bürger. Stu<strong>die</strong> im Auftrag<br />

des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie<br />

(BMWi). WIK Consult, Bad Honnef.<br />

Thalmann, A.T. (in Vorbereitung). Weder schwarz noch weiss:<br />

Was Experten meinen und Laien verstehen... Bewertung von<br />

Strategien zur Ver<strong>mit</strong>tlung undeutlicher Risiken und Optimierungsvorschläge<br />

für eine laienorientierte Kommunikation. Dissertation:<br />

Universität Gesamthochschule Kassel.<br />

Wiedemann, P.M. & Schütz, H. (2002). Wer fürchtet den<br />

Mobilfunk? Gruppenspezifische Differenzen bei der Risikowahrnehmung.<br />

Forschungszentrum Jülich: Arbeiten zur Risikokommunikation,<br />

Heft 84.<br />

Wiedemann, P.M. & Schütz, H. (2003): Über den Umgang<br />

<strong>mit</strong> Expertendissensen. Risikobewertung elektromagnetischer<br />

Felder im wissenschaftlichen Dialog. Bundesgesundheitsbl-<br />

Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz, 46(7), 564-573.<br />

Wiedemann, P. M., Schütz, H. & Thalmann, A.T. (2003). EMF<br />

Risikobewertung im wissenschaftlichen Dialog. Jülich. Forschungszentrum<br />

Jülich-Verlag.<br />

Fußnoten<br />

1 Es wurden folgende Broschüren für <strong>die</strong> Analyse ausgewählt:<br />

Aus Deutschland <strong>die</strong> Broschüre des Ministeriums für Umwelt<br />

und Forsten (MUF), Broschüre des Informationszentrums Mobilfunk<br />

(IZMF); zwei Folder der Bürgerwelle. Aus Österreich<br />

eine Broschüre des Bundesministeriums für Wissenschaft<br />

und Verkehr (BMWV)/ WHO, Broschüre des Forum Mobilkommunikation<br />

(FMK), Folder der Plattform GSM-Initiativen. Aus<br />

der Schweiz <strong>die</strong> Broschüre des Bundesamtes für Gesundheit<br />

BAG und BUWAL, <strong>die</strong> Broschüre der Protelecom, <strong>die</strong> Broschüre<br />

des Instituts für biologische Elektrotechnik Schweiz<br />

– Leben ohne Elektrosmog: Elektrobiologie-Umweltforum<br />

(IBES)<br />

2 Es handelt sich dabei um <strong>die</strong> Broschüre des Ministeriums<br />

für Umwelt und Forsten (MUF) und zwei Folder der Bürgerwelle,<br />

3 Diese Stu<strong>die</strong> wurde durch <strong>die</strong> Forschungsstiftung Mobilkommunikation<br />

gefördert (www.mobil-research.ethz.ch).<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

51


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Fallstu<strong>die</strong> zur Wahr<br />

umstrittenen M<br />

Frank Ulmer<br />

Welche Bedeutung hat eine<br />

Sendeeinrichtung, <strong>die</strong> nach einer<br />

konfliktreichen Planungsphase<br />

gegen den Willen der lokalen<br />

Bevölkerung errichtet wird?<br />

52 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Immer wieder wurden in der Vergangenheit gegen den<br />

Willen der lokalen Bevölkerung Basisstationen installiert.<br />

Für den Mobilfunkbetreiber ist <strong>mit</strong> dem Abschluss<br />

des formal rechtlichen Planungsprozesses, dem Mietvertrag,<br />

einigen Gesprächen <strong>mit</strong> den Anwohnern und<br />

der sich anschließenden Installation der Sendeeinheit<br />

das Bauvorhaben (meistens) abgeschlossen. Für<br />

<strong>die</strong> zuvor protestierenden „Betroffenen“ tritt <strong>mit</strong> der<br />

Installation der Mobilfunksendeanlage der gefürchtete<br />

Zustand ein, von nun an täglich <strong>mit</strong> der Sendeeinheit<br />

konfrontiert zu sein, und das Bewusstsein, 24<br />

Stunden der Strahlung ausgesetzt zu sein.<br />

Wie bewertet <strong>die</strong> Bevölkerung, <strong>die</strong> in der Planungsphase<br />

protestiert hat, ihren Lebensraum nach Inbetriebnahme<br />

der Basisstation? Welche konkreten Auswirkungen<br />

<strong>auf</strong> das eigene Leben werden wahrgenommen?<br />

Welche Faktoren verstärken <strong>die</strong> Wahrnehmung<br />

<strong>die</strong>ser Auswirkungen? Wie kann <strong>die</strong> Installation von<br />

neuen Mobilfunkanlagen so gestaltet werden, dass<br />

sie für <strong>die</strong> lokale Bevölkerung dauerhaft verträglich<br />

werden?<br />

Mit den genannten Fragen beschäftigt sich eine Fallstu<strong>die</strong>,<br />

<strong>die</strong> an einem umstrittenen <strong>Stand</strong>ort durchgeführt<br />

wurde. Der Untersuchungsstandort liegt in einer<br />

ländlich geprägten Region (Kleinzentrum) und zeichnet<br />

sich dadurch aus, dass <strong>die</strong> Mobilfunksendeanlage<br />

trotz massiven Protests an vorgesehener Stelle installiert<br />

wurde. Die installierte Anlage, <strong>die</strong> <strong>auf</strong> einem<br />

Wasserturm errichtet wurde, ist in einem Radius von<br />

10 bis 100 Metern von Wohngebiet, Kindergarten und<br />

Schule umgeben. Die Befragung von 25 Anwohnern,<br />

<strong>die</strong> potentiellen Sichtkontakt zur Basisstation haben,<br />

fand 5 Monate nach deren Inbetriebnahme statt.<br />

Durch welche „Einwirkungen“ sehen sich <strong>die</strong> Anwohner<br />

durch <strong>die</strong> Veränderung ihres Lebensraumes betroffen,<br />

und welche Faktoren beeinflussen <strong>die</strong> Wahrnehmung<br />

und Bewertung der neuen Situation <strong>mit</strong> Mobilfunksendeanlage<br />

in der Nachbarschaft? Diese Punkte<br />

wurden in <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong> analysiert. Dabei muss<br />

berücksichtigt werden, dass Fallstu<strong>die</strong>n wie <strong>die</strong> vor-


ehmung einer<br />

obilfunkanlage<br />

liegende nicht dazu <strong>die</strong>nen können, allgemeingültige<br />

Aussagen zur Risikowahrnehmung zu treffen.<br />

Risikowahrnehmung an sich ist eine grundsätzlich<br />

hoch differenzierte Angelegenheit, unterliegt vielen<br />

qualitativen und quantitativen Einflussfaktoren und<br />

unterscheidet sich insbesondere von <strong>Stand</strong>ort zu<br />

<strong>Stand</strong>ort. Wie in Tabelle 1 zu erkennen ist, spielen<br />

beispielsweise <strong>die</strong> Gegebenheiten des <strong>Stand</strong>orts bei<br />

der Wahrnehmung und Bewertung eines Lebensraums<br />

eine wichtige Rolle (ob sich beispielsweise eine Müllverbrennungsanlage<br />

in der nächsten Umgebung befindet<br />

etc.). Stu<strong>die</strong>n zur Raum- und Risikowahrnehmung<br />

(der betroffenen Bevölkerung) können einen<br />

wertvollen Einblick in <strong>die</strong> Lebenswelt der Betroffenen<br />

bieten und für <strong>die</strong> Problematik sensibilisieren.<br />

Wer sind <strong>die</strong> Betroffenen?<br />

In repräsentativen Befragungen zum Thema hochfrequente<br />

elektromagnetische Felder des Mobilfunks<br />

(z. B. der ehemaligen Akademie für Technikfolgenabschätzung<br />

in Baden-Württemberg oder im Auftrag des<br />

Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie)<br />

zeigt sich, dass der Mobilfunk – verglichen <strong>mit</strong> anderen<br />

Risikothemen – als weniger riskant eingeschätzt<br />

wird. Da<strong>mit</strong> aber steht <strong>die</strong>se Erkenntnis im Gegensatz<br />

zur Entwicklung des Mobilfunkproblems an einigen<br />

<strong>Stand</strong>orten für Mobilfunksendeanlagen, insbesondere<br />

in Wohngebieten im ländlichen Raum, in Dörfern.<br />

Ein Merkmal von Mobilfunksendeanlagen ist<br />

demnach, dass sie erst dort umstritten sind, wo sie<br />

Menschen als Nachbarn begegnen1 . Hier muss <strong>mit</strong><br />

den verschiedensten Reaktionen seitens der lokalen<br />

Bevölkerung gegen den Bau von neuen Mobilfunksendeanlagen<br />

gerechnet werden. Bürgerinitiativen werden<br />

gegründet, Einspruchsmöglichkeiten bei Baugesuchen<br />

geltend gemacht und Planungsteilnahme gefordert.<br />

Auch <strong>die</strong> „Betroffenheit“ am Untersuchungsstandort<br />

wurde ausgelöst durch (bevorstehende) positiv oder<br />

negativ wahrgenommene und bewertete Veränderun-<br />

gen der eigenen Lebenssituation. „Betroffen“ ist auch<br />

hier „<strong>die</strong> exponierte Öffentlichkeit“, <strong>die</strong> von dem raumplanerischen<br />

Eingriff <strong>auf</strong>grund der räumlichen Nähe<br />

zum Objekt stärker berührt wird als <strong>die</strong> „interessierte<br />

Öffentlichkeit“.<br />

Gemeinsame soziodemographische Faktoren der Anwohner<br />

am Untersuchungsstandort konnten bei der<br />

Analyse der Raum- und Risikowahrnehmung nahezu<br />

keinen Erklärungswert liefern. Besonders sensibel <strong>auf</strong><br />

das unterstellte Risiko, das von der Mobilfunksendeanlage<br />

ausgeht, reagieren im Fallbeispiel neu zugezogene<br />

Personen (Wohndauer: null bis sieben Jahre).<br />

Dies kann durch den Umstand erklärt werden, dass<br />

<strong>die</strong>se Personen <strong>mit</strong> einem gewissen „naturromantischen“<br />

Vorstellungsbild in <strong>die</strong> ländliche Umgebung<br />

gezogen sind. Meist lebten <strong>die</strong>se Personen zuvor in<br />

der Stadt. Der Anspruch der Anwohner, ihren geplanten<br />

naturnahen Lebensstil in einer dörflichen Gemeinschaft<br />

auszuleben, wurde durch <strong>die</strong> Sendeanlage stark<br />

gestört.<br />

Was für ein Risiko wird wahrgenommen?<br />

Insbesondere werden Ängste und Sorgen vor möglichen<br />

langfristigen gesundheitlichen Schäden durch<br />

elektromagnetische Felder benannt. Die Eigenschaften<br />

des Mobilfunkrisikos können hier <strong>mit</strong> dem Begriff<br />

„Büchse der Pandora“ 2 veranschaulicht werden. Die<br />

Bezeichnung beruht <strong>auf</strong> der Vorstellung, dass unbekannte<br />

Gefahren durch den Menschen geschaffen<br />

worden sind, <strong>die</strong> sich nur durch systematische Erforschung<br />

identifizieren lassen, allerdings oft auch unentdeckt<br />

bleiben. Das Bedürfnis, einen kausalen Zusammenhang<br />

zwischen unbekannten oder unerklärlichen<br />

Folgen und deren Ursachen herzustellen, ist<br />

hier eng <strong>mit</strong> der Wahrnehmung verknüpft. Bei <strong>die</strong>ser<br />

Risikowahrnehmung seitens der Bevölkerung helfen<br />

wissenschaftliche Stu<strong>die</strong>n schleichende Gefahren frühzeitig<br />

zu entdecken und Kausalbeziehungen zwischen<br />

Aktivitäten bzw. Ereignissen und deren latenten Wirkungen<br />

<strong>auf</strong>zudecken3 . Mobilfunk ist in <strong>die</strong>sem Ver-<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

53


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Tabelle 1: Abhängigkeit der Risikobewertung und<br />

Risikowahrnehmung von unterschiedlichen Einflußfaktoren<br />

Freiwilligkeit der Risikoübernahme<br />

Persönliche Kontrollmöglichkeit zur Steuerung des<br />

Risikos<br />

Wahrgenommene Natürlichkeit versus Künstlichkeit<br />

der Risikoquelle<br />

Sicherheit fataler Folgen bei Eintritt des Schadens<br />

Möglichkeit von weit reichenden Folgen<br />

Unerwünschte Folgen für kommende Generationen<br />

Sinnliche Wahrnehmbarkeit der Risikofolgen<br />

Eindruck einer gerechten Verteilung von Nutzen und<br />

Risiko<br />

Eindruck der Irreversibilität der Risikofolgen<br />

Kongruenz zwischen Nutznießer und Risikoträger<br />

(Verteilungsgerechtigkeit)<br />

Vertrauen in <strong>die</strong> öffentliche Kontrolle und Beherrschung<br />

von Risiken<br />

Persönliche Erfahrung <strong>mit</strong> der Risikoquelle<br />

Eindeutigkeit und Vertrauenswürdigkeit der Informationsquellen<br />

zu Risiken<br />

Katastrophenfähigkeit der Risikoquelle<br />

Quelle: Risikokommission 2003: ad-hoc Kommission „Neuordnung<br />

der Verfahren und Strukturen zur Risikobewertung und<br />

<strong>Stand</strong>artsetzung im gesundheitlichen Umweltschutz der Bundesrepublik<br />

Deutschland“. S. 49. Verändert.<br />

54 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

ständnis auch eine Technologie, der ein hohes Katastrophenpotential<br />

zugeschrieben wird, und dessen<br />

Risiken als <strong>auf</strong>gezwungen, ungleich verteilt, nicht wahrnehmbar<br />

und nur als unzureichend kontrollierbar angesehen<br />

werden.<br />

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass das<br />

Mobilfunkrisiko fünf Monate nach der Realisierung<br />

des <strong>Stand</strong>ortes gedanklich bei den Befragten nach<br />

wie vor präsent war. Darüber hinaus stuften sie auch<br />

weiterhin das gesundheitliche Risiko, Langzeitschäden<br />

zu erleiden, als hoch ein. Die Betroffenen hatten<br />

individuelle Bilder und Perspektiven bezüglich des<br />

Risikos der Mobilfunksendeanlage für den Wohnstandort<br />

entwickelt. Die Bilder formten sich <strong>auf</strong>grund der<br />

Wahrnehmung geographischer Fakten, früherer Erfahrungen,<br />

dem jeweiligen Wissen, Interesse und weiterer<br />

Faktoren. Dabei flossen auch gesellschaftliche<br />

und kulturelle Werte und Normen sowie das grundsätzliche<br />

Vertrauen in Betreiber und Kommune <strong>mit</strong><br />

ein. Der Anwohner entwickelte aus den verschiedenen<br />

Informationskanälen ein Bild <strong>vom</strong> Ist-Zustand,<br />

was <strong>die</strong> Mobilfunksendeanlage für seinen Lebensraum<br />

bedeutet. Die meisten Anwohner formten alternativ<br />

ein Bild über den Wunsch-Zustand, wo und ob<br />

<strong>die</strong> Antenne besser platziert sein könnte. Aus dem<br />

Vergleich zwischen dem Ist- und dem Wunsch-Zustand,<br />

also durch einen Bewertungsvorgang, ergab<br />

sich, ob der vorgefundene Zustand individuell als<br />

intakt, bedrohend, notwendig oder unnötig, natürlich<br />

oder gestaltet, schön oder hässlich, fair oder<br />

unfair galt.<br />

Welche Auswirkungen nimmt<br />

<strong>die</strong> ehemals protestierende<br />

Bevölkerung am <strong>Stand</strong>ort wahr?<br />

Die Auswirkungen beziehen sich zum einen <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />

Raumwirksamkeit, <strong>die</strong> aus dem Risiko hervorgeht,<br />

und zum anderen <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Sendeanlage als sozio-politisches<br />

Objekt4 . Die Raumwirksamkeit wird bestimmt<br />

durch <strong>die</strong> Veränderungen, <strong>die</strong> eine Anlage für ihr <strong>Stand</strong>ortumfeld<br />

auslöst, und bedingt sich durch den räumlichen<br />

Kontext, <strong>auf</strong> den <strong>die</strong>se Veränderungen treffen.<br />

Aus der Sorge heraus, gesundheitliche Schädigungen<br />

erleiden zu können, resultieren Einschränkungen,


<strong>die</strong> <strong>die</strong> betroffenen Anwohner den Raum nicht mehr<br />

in gewohnter Form nutzen lassen, was eine Verschlechterung<br />

der Lebensqualität bedeutet. Diese Veränderung<br />

der Lebensqualität ist für <strong>die</strong> Anwohner am<br />

Untersuchungsstandort so stark ausgeprägt, dass sie<br />

aus der wahrgenommenen Bedrohung heraus finanzielle<br />

Belastungen <strong>auf</strong> sich nehmen, wie z. B. den Einsatz<br />

von teuren Strahlenschutztapeten oder gar den<br />

Wegzug. Vorausgegangen sind solchen Maßnahmen<br />

privat finanzierte und kostenintensive Messungen der<br />

Strahlenbelastung rund ums Eigenheim.<br />

Für <strong>die</strong> Bewertung der Auswirkungen des raumplanerischen<br />

Eingriffs ist nicht nur das Ergebnis relevant<br />

sondern auch <strong>die</strong> sozio-politischen Aspekte, nämlich<br />

<strong>die</strong> Frage danach, wie <strong>die</strong>se Entscheidung zustande<br />

gekommen ist und wer sie getroffen hat. Das formale<br />

behördliche Verfahren wurde von den Betroffenen in<br />

hohem Maß als fremdbestimmt und demokratisch<br />

nicht legitimiert empfunden, da in ihren Augen <strong>die</strong><br />

Möglichkeiten zur Einflussnahme fehlten. Das fremdbestimmte<br />

Entstehen von räumlichen Disparitäten<br />

führte in der Bevölkerung zu einem Gefühl, ungerecht<br />

behandelt zu werden. Mit der Angst vor den elektro-<br />

Physisch räumliche Gegebenheiten<br />

Tourismus-, Gewerbe-, Wohngebiet/Dichte<br />

und Art der Bebauung...<br />

Image<br />

Identität<br />

FamilienfreundlichesWohngebiet<br />

vs.<br />

Anonymes<br />

Wohngebiet<br />

Raumfunktionen/<br />

Nutzung<br />

Tourismusgegend<br />

vs. Gewerbegebiet<br />

Werte, Ansprüche, Einstellung<br />

Gesellschaftlicher<br />

Kosten/Nutzenabgleich<br />

Mobilfunksendeanlage<br />

Risiko Umwelt<br />

und Gesundheit<br />

Naturnahe<br />

Lage vs.<br />

Belasteter<br />

Lebensraum<br />

magnetischen Feldern geht parallel zur Installation<br />

der Sendestation <strong>die</strong> Unzufriedenheit einher, sich<br />

während der Planungsphase kein Gehör verschafft<br />

haben zu können. Diese Unzufriedenheit und Enttäuschung<br />

trug bei einem Großteil der Anwohner zur Weiterentwicklung<br />

einer themenübergreifenden nachhaltigen<br />

Politikverdrossenheit bei.<br />

Welche Einflussfaktoren bestimmen<br />

<strong>die</strong> Wahrnehmung und <strong>die</strong> Bewertung<br />

des <strong>Stand</strong>orts?<br />

Die Einflussfaktoren <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Wahrnehmung und Bewertung<br />

von Mobilfunksendeanlagen bzw. <strong>die</strong> Kontextbedingungen,<br />

unter denen ein Risiko wahrgenommen<br />

wird, sind vielschichtig5 , so dass es schwer fällt,<br />

<strong>die</strong>sbezüglich klare Grundaussagen zu treffen. 6<br />

Der Fokus der Untersuchung lag <strong>auf</strong> dem Einfluss der<br />

geografischen Gegebenheiten, also dem räumlichen<br />

Kontext, in dem das Risiko wahrgenommen wird.<br />

Zudem wurden der Einfluss der gewählten Informationsquellen,<br />

<strong>die</strong> Wahrnehmung des Planungsverfahrens<br />

und der Wissensstand über Mobilfunk als Einflussgrößen<br />

untersucht.<br />

Vorangegangene planerische/<br />

betriebliche Vorgehensweise<br />

Über Nacht per Baubescheid, Bürgerforum,<br />

Partizipationsverfahren<br />

Raumwirksam Sozio-politisch<br />

Wahrnehmung, Bewertung<br />

Betroffenheit<br />

Akzeptanz<br />

Räumliche<br />

Disparitäten/<br />

Kosten-Nutzen<br />

Verteilung<br />

im Raum<br />

Gerechtigkeit:<br />

Konzentration<br />

der Belastung<br />

vs. Nutzen für<br />

ein Gebiet<br />

FremdbestimmungSelbstverwaltung<br />

vs.<br />

Staatsgewalt<br />

Vertrauen<br />

Legiti<strong>mit</strong>ätsproblemBürgerbeteiligung<br />

vs.<br />

kommunalpolitischer<br />

Entscheid<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

Quelle: Petra Schreck (1998): Akzeptanz sperriger Infrastruktureinrichtungen.<br />

Forschungszentrum Jülich. Programmgruppe, Mensch, Umwelt, Technik: stark verändert<br />

55


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

56 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Welche Informationsquellen<br />

nutzen <strong>die</strong> Anwohner, um sich<br />

über Mobilfunk zu informieren?<br />

Alle Beteiligten gaben an, dass sie erst <strong>mit</strong> der eigenen<br />

Betroffenheit, d. h. dem Beginn der Planungsphase,<br />

begonnen haben, sich <strong>mit</strong> dem Thema Mobilfunk<br />

auseinander zu setzen. Der Mobilfunkbetreiber<br />

<strong>die</strong>ser Basisstation wurde als mögliche Informationsquelle<br />

über <strong>die</strong> Risiken des Mobilfunks von den Anwohnern<br />

prinzipiell ausgeschlossen. Auch <strong>die</strong> Kommune<br />

erfuhr Ablehnung als Informationsquelle, da ihr<br />

zu dem Sachverhalt keine Kompetenz zugetraut wurde.<br />

Der Eindruck, keine kompetenten Aussagen zum<br />

Thema zu bekommen, entstand <strong>auf</strong> Basis der Wahrnehmung<br />

der Vertreter der Kommune. Da <strong>die</strong> Anwohner<br />

<strong>die</strong> Verantwortlichkeit für <strong>die</strong> Risiko-Regulierung,<br />

-Kontrolle und Gefahrenreduktion jedoch grundsätzlich<br />

als Aufgabe der Politik sehen, verunsicherte <strong>die</strong><br />

Erfahrung <strong>mit</strong> der lokalen Kommune bezüglich der<br />

Installation des Sendemastes erheblich. Ein konstruktiver<br />

Austausch <strong>mit</strong> den Verantwortlichen fand entweder<br />

mangels Willen, Interesse, Vertrauen oder wahrgenommener<br />

fehlender Kompetenz in der Planungsphase<br />

nicht statt.<br />

Forschungseinrichtungen und unabhängige Institutionen<br />

wurden zur Meinungsbildung ebenfalls nicht herangezogen,<br />

wobei <strong>die</strong> Anwohner angaben, <strong>die</strong>sen am<br />

ehesten noch zu vertrauen. Als Begründung wurde<br />

meist angegeben, dass der Zugang zu entsprechenden<br />

Institutionen fehle.<br />

In der Folge informierten sich <strong>die</strong> Betroffenen primär<br />

über <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n, Freunde und andere. Diese Informationsquellen<br />

haben im konkreten Fall dazu beigetragen,<br />

<strong>die</strong> einseitige Betrachtungsweise zu verstärken<br />

und das Risiko zu stigmatisieren.<br />

Welchen Einfluss hat das<br />

Planungsverfahren?<br />

Die Anwohner sahen entgegen ihren Erwartungen keine<br />

Möglichkeit zur Planungsteilnahme. Ihre Befürchtungen<br />

blieben trotz Unterschriftensammlung und Demonstrationen<br />

ungehört („gesundheitliches Risiko, da<br />

Nähe der Anlage zu Kindergarten, Schule und Wohngebiet“).<br />

Die fehlende Möglichkeit zur Mitbestimmung


der Betroffenen am Planungsverfahren hat einen erheblichen<br />

Teil beigetragen, das Risiko nachhaltig als<br />

nicht steuerbar und fremdbestimmt wahrzunehmen.<br />

Insbesondere, dass auch <strong>die</strong> Grundstücksangrenzer<br />

aus der Planung ausgeschlossen wurden, trug zur erheblichen<br />

Verstärkung eines Feindbildes bei den<br />

direkten Anwohnern bei.<br />

Welchen Einfluss hat das Wissen<br />

über Mobilfunk?<br />

Der Wissensstand der Anwohner am Untersuchungsstandort<br />

über Mobilfunk war sehr unterschiedlich. Ein<br />

umfassendes Wissen über das angenommene Mobilfunkrisiko<br />

führte nur dann zu einer insgesamt positiveren<br />

Bewertung der Sendeanlage in der Nachbarschaft,<br />

wenn eine Begeisterungsfähigkeit und ein<br />

Interesse für Technik <strong>mit</strong> dem Wissen einhergingen.<br />

Welchen Einfluss haben <strong>die</strong><br />

geographischen Faktoren?<br />

In der Fallstu<strong>die</strong> wurde als Erklärung der nachhaltig<br />

negativen Beurteilung der Anlage, neben der Wahrnehmung<br />

des Planungsverfahrens, den geographischen<br />

Einflussfaktoren <strong>die</strong> größte Bedeutung beigemessen.<br />

Es zeigt sich eindeutig, dass <strong>mit</strong> der wahrnehmbaren<br />

räumlichen Distanz <strong>die</strong> Akzeptanz bei allen<br />

Anwohnern zunahm. Dabei stellte sich heraus,<br />

dass Sichtkontakt zur Anlage in allen Fällen <strong>die</strong> Anlage<br />

subjektiv näher rücken lässt, was <strong>die</strong> unterstellte<br />

Gefahr erhöht. Der Einflussfaktor „Ästhetik“ <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />

ganzheitliche Bewertung spielte fünf Monate nach der<br />

Installation der umstrittenen Anlage keine Rolle mehr.<br />

Ob sich <strong>die</strong> Basisstation ästhetisch in das Ortsbild<br />

einfügt oder nicht, war für <strong>die</strong> meisten Anwohner sekundär.<br />

Die „brennende“ Frage nach den gesundheitlichen<br />

Risiken bzw. nach der Schädlichkeit hatte <strong>die</strong><br />

Fragen nach Ästhetik und Stadtbild verdrängt. Im Beispiel<br />

der Stu<strong>die</strong> wären <strong>die</strong> Bürger bereit gewesen,<br />

erhebliche Eingriffe ins Landschaftsbild in K<strong>auf</strong> zu<br />

nehmen (Installation eines 40 Meter hohen Mastes<br />

in<strong>mit</strong>ten einer Wiese), <strong>die</strong> Installation in der Nähe<br />

von Wohngebiet, Kindergarten und Schulen aber wurde<br />

als „indiskutabel“ eingeordnet.<br />

Der <strong>Stand</strong>ort Wasserturm wurde von den meisten Anwohnern<br />

<strong>auf</strong> Grund befürchteter Auswirkungen der<br />

elektromagnetischen Felder <strong>auf</strong> das Trinkwasser als<br />

besonders problematisch beurteilt. Alternativ wurde<br />

von allen Anwohnern beispielsweise ein Scheunendach<br />

als <strong>Stand</strong>ort für sinnvoller erachtet.<br />

Die Stu<strong>die</strong> zeigt den Stellenwert der geographischen<br />

Einflussfaktoren <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Beurteilung. Daraus ergibt<br />

sich für <strong>die</strong> Bestimmung des unproblematischsten<br />

<strong>Stand</strong>orts, dass in <strong>die</strong> Planung <strong>die</strong> Informiertheit der<br />

Bevölkerung um <strong>die</strong> Funktionen des lokalen Raums<br />

unbedingt <strong>mit</strong> einzubeziehen ist. Das Wissen der lokalen<br />

Bevölkerung kann nicht durch <strong>die</strong> Erkenntnis,<br />

dass beispielsweise als sensibel eingestufte Gebäude<br />

(Altersheim, Kindergarten) generell problematischer<br />

sind, ersetzt werden. Mögliche Probleme, <strong>die</strong> beispielsweise<br />

aus der Symbolhaftigkeit eines bestimmten<br />

Ortes oder an speziellen Plätzen entstehen, können<br />

am besten durch <strong>die</strong> lokale Bevölkerung erfasst<br />

werden.<br />

Zusammenfassung<br />

Am Untersuchungsstandort entstand eine Initiative,<br />

<strong>die</strong> intersubjektiv, basierend <strong>auf</strong> ihren Erfahrungen<br />

(und massiver Stigmatisierung), das Mobilfunkrisiko<br />

als sehr riskant einstuft. Um bei <strong>die</strong>sen Anwohnern<br />

Ängste abzubauen, müssen erhebliche Maßnahmen<br />

für den Vertrauens<strong>auf</strong>bau <strong>vom</strong> Mobilfunkbetreiber und<br />

der Kommune ergriffen werden. Ohne <strong>die</strong>sen kann<br />

hier keine Information zur Entschärfung der Lage (<strong>die</strong><br />

von den Anwohnern als gültig anerkannt wird) ver<strong>mit</strong>telt<br />

werden. Für den konkreten Untersuchungsfall<br />

müsste zusätzlich von Seiten des Betreibers Veränderungsbereitschaft<br />

signalisiert werden, um überhaupt<br />

einen Dialog <strong>mit</strong> den Anwohnern zu ermöglichen.<br />

Da eine generelle Technikfeindlichkeit bei den Anwohnern<br />

nicht festgestellt werden konnte – <strong>die</strong> meisten<br />

sind selbst Mobilfunk-Nutzer – ist davon auszugehen,<br />

dass <strong>mit</strong> den entsprechenden Maßnahmen <strong>die</strong>se<br />

Akzeptanzprobleme grundsätzlich <strong>auf</strong>lösbar sind.<br />

Frühzeitiges Informieren der Anwohner, der Einbezug<br />

von unabhängigen Institutionen zur Wissensver<strong>mit</strong>tlung<br />

und insbesondere geeignete Partizipationsverfahren<br />

können zur Er<strong>mit</strong>tlung des verträglichsten<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

57


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

<strong>Stand</strong>orts führen. Darüber hinaus schafft <strong>die</strong> Planungsteilnahme<br />

Vertrauen in örtliche Behörden und<br />

letztendlich auch in Politik, Technologie und Mobilfunkbetreiber.<br />

Einhergehen sollte <strong>mit</strong> dem Planungsverfahren<br />

eine rechtzeitige, effektive und adressatengerechte<br />

Risikokommunikation bei Entscheidungen<br />

zu Umwelt und Gesundheitsrisiken.<br />

Für Mobilfunkbetreiber und Kommune sollte <strong>die</strong> Aneignung<br />

umfangreichen Wissens über Risikowahrnehmung<br />

eine grundsätzliche Facette des Planungsverfahrens<br />

sein, da sie Auskunft gibt über <strong>die</strong> legitimen<br />

Sorgen und Dimensionen, <strong>die</strong> der einzelne Anwohner<br />

<strong>mit</strong> der Risikoquelle Mobilfunksendeanlage<br />

verbindet. 7 Durch <strong>die</strong> profunde Auseinandersetzung<br />

<strong>mit</strong> <strong>die</strong>sen Sorgen lassen sich zukünftige Planungsverfahren<br />

orientiert an den Bedürfnissen der Betroffenen<br />

optimieren, um <strong>die</strong> Mobilfunksendeanlagen<br />

letztendlich so zu platzieren, dass sie für <strong>die</strong> lokale<br />

Bevölkerung dauerhaft verträglich sind. An Problemstandorten<br />

müssen sich <strong>die</strong> Planungsverfahren <strong>auf</strong><br />

<strong>die</strong> „Wirklichkeit der Anwohner“ besser einstellen,<br />

da <strong>die</strong> wahrgenommene Höhe des Risikos zu real<br />

existierenden Handlungen und Effekten führt (Krankheit,<br />

Imageverlust des <strong>Stand</strong>orts, Politikverdrossenheit).<br />

Das Thomas-Theorem beschreibt <strong>die</strong>ses Phänomen<br />

als: „If men define situations as real, they<br />

are real in their consequences“.<br />

Frank Ulmer stu<strong>die</strong>rt an der Universität Stuttgart Soziologie, Geographie<br />

und Geoinformationssysteme und schreibt zur Zeit seine<br />

Diplomarbeit.<br />

Fußnoten<br />

1 European Commission 1991, S.3-7<br />

2 vgl. Renn, Ortwin (1993) Die Psychologie des Risikos. In<br />

gsf Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (Hrsg.):<br />

Mensch und Umwelt. Risiko, H. 8. Neuherberg. 1993. S.<br />

53-60<br />

3 vgl. Risikokommission (2003): Ad-Hoc Kommission. Abschlussbericht<br />

S. 48<br />

4 vgl. Schreck, Petra (1998): Akzeptanz sperriger Infrastruktur.<br />

Forschungszentrum Jülich.<br />

5 vgl. Abbildung Kontextbedingungen der Risikowahrnehmung<br />

6 vgl. Renn, O; Zwick, M.M. (1997): Risiko und Technikak-<br />

zeptanz. Berlin<br />

7 vgl. Webler, T (1995): “Right” Discourse in Citizen Partizipation.<br />

An Evaluative Yardstick, in: Renn, O.,Webler, T.<br />

und Wiedemann, P.M.. Fairness and Competence in Citizen<br />

Participation. Dordrecht: S.17-34<br />

58 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

Eine Übersic<br />

Regina Reichardt<br />

Fred Breit<br />

Wer allgemeine Informationen zum Thema EMVU, physikalische<br />

Grundlagen, Wirkungen elektromagnetischer<br />

Felder und entsprechende Neuigkeiten sucht, hofft sie<br />

leicht und schnell zu finden. Dabei ist es wichtig zu<br />

wissen, wo man nachschlagen sollte, um verlässliche<br />

Informationen zu erhalten, insbesondere wenn man<br />

sich Gedanken um <strong>die</strong> Wirkung <strong>auf</strong> Mensch und Umwelt<br />

bzw. mögliche Gesundheitsrisiken macht. Bücher<br />

und Fachliteratur gibt es hierzu zwar, doch findet der<br />

interessierte Leser auch im Internet inzwischen zahlreiche<br />

Adressen bzw. Portale, <strong>die</strong> sich ganz oder<br />

teilweise <strong>mit</strong> <strong>die</strong>sem Thema beschäftigen. Der Vorteil<br />

hier ist es sicherlich, schnell und unkompliziert zu<br />

aktuellen und immer wieder neu <strong>auf</strong>tauchenden Fragen<br />

eine Antwort bekommen zu können, soweit natürlich<br />

der jeweilige Betreiber <strong>die</strong> entsprechenden Seiten<br />

„pflegt“ und <strong>auf</strong> wissenschaftlich-aktuellem <strong>Stand</strong> hält.<br />

Bei der Betrachtung der verschiedenen Informationsportale<br />

zeigt sich schnell, dass <strong>die</strong>se trotz mehr oder<br />

weniger Gemeinsamkeiten unterschiedliche Ziele verfolgen.<br />

So reicht <strong>die</strong> Bandbreite von der Bereitstellung<br />

von wenig Information über spezielle (Leistungs-)<br />

Angebote bis hin zu sehr umfangreichen Ausführungen<br />

zu <strong>die</strong>sem Thema (z. B. denen unter www.ralfwoelfle.de).<br />

Dann wieder erfährt man von den physikalischen<br />

Grundlagen, von Originalarbeiten bis hin zu<br />

den biologischen Wirkungen elektromagnetischer Felder<br />

(U.a. www.emf-portal.de).<br />

Wird bei einigen sachlich-neutral versucht, den Bürger<br />

über Fakten zu informieren, u.a. auch über Senderstandorte<br />

(www.regtp.de), Forschungsvorhaben und -<br />

ergebnisse, so steht bei anderen Portalen eher <strong>die</strong><br />

Meinungsbildung gegen alle Arten von elektromagnetischen<br />

Wellen im Vordergrund (z. B. www.buerger<br />

welle.de), manchmal aus Sorge um Zukunft und Ge-


ht –<br />

EMVU-Portale<br />

sundheit, manchmal auch um geeignete Messinstrumente<br />

oder Abhilfen zu bewerben (u. a. www.elektro<br />

smog.de). Vielen gemeinsam ist eine aktuelle Berichterstattung.<br />

Häufig findet man auch ein Kapitel „oft<br />

gestellte Fragen“ (FAQ) und deren Antworten. Fast alle<br />

weisen in einem Abschnitt „Links“ <strong>auf</strong> andere und viele<br />

weiterführende internationale Informationsportale hin.<br />

Im Dezember des letzten Jahres sowie im Januar 2004<br />

wurden daher von der Forschungsgemeinschaft Funk<br />

verschiedene Portale und Homepages zum Thema<br />

EMVU bzw. Elektrosmog angesehen – unter besonderer<br />

Beachtung der angebotenen Informationen zum<br />

Lesen oder Herunterladen, ihrer Aktualität, ihrer Nutzbarkeit<br />

sowie ihrer Stärken bzw. Besonderheiten.<br />

Davon wurden 18 Internetadressen ausgewählt,<br />

hierunter fünf von deutschen Behörden, vier von deutschen<br />

Instituten, zwei von Interessenverbänden, zwei<br />

sonstige und das einer Privatperson. Kurz skizziert<br />

werden auch drei außerdeutsche bzw. ein internationales<br />

Portal. Zur Erleichterung der persönlichen Auswahl<br />

sollen <strong>die</strong>se im Weiteren näher beschrieben<br />

werden.<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

59


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

http://www.bfs.de<br />

Betreiber: Bundesamt für Strahlenschutz<br />

Aktualität: monatsaktuell<br />

Das Bundesamt für Strahlenschutz ist <strong>mit</strong> dem Schwerpunkt<br />

Kernenergie und Strahlung vertreten. Unter<br />

„Hochfrequente (HF) Felder“ und „Forschungsprogramm<br />

Mobilfunk“ findet man hier insbesondere unter:<br />

http://www.bfs.de/elektro/hff umfangreiche allgemeine<br />

Informationen zu EMVU und zu (gesetzlichen)<br />

Regelungen. Neben allgemeinen Grundlagen elektromagnetischer<br />

Felder und ihrer Anwendungen ist auch<br />

dem Arbeitsschutz (BAuA, BGFE) ein Kapitel gewidmet,<br />

ebenso der Risikowahrnehmung (Stichworte:<br />

Elektrosensibilität, Umfragen zu Ängsten und Befürchtungen)<br />

und entsprechenden Reaktionen.<br />

Als weiterführende Downloads stehen Infoblätter, Jahresberichte<br />

und Broschüren zur Verfügung. Auf <strong>die</strong>se<br />

Seite wird von vielen anderen hingewiesen. Als weiteres<br />

Thema findet man Aussagen zum „Mobilfunk Forschungsprogramm“.<br />

Hierunter wird über Wirkungsmechanismen<br />

von HF-Feldern, Auswirkungen bei Tieren und<br />

Menschen, epidemiologische Untersuchungen, Elektrosensibilität<br />

sowie Risikokommunikation berichtet.<br />

Das Angebot ist überschaubar, der Inhalt von allgemeinem<br />

Informationswert, sachlich und neutral.<br />

60 NEWS 60 letter 1/2004<br />

NEWS<br />

letter 1/2004<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

http://www.mobilfunk-information.de<br />

Betreiber: Bundesministerium für Wirtschaft und<br />

Arbeit (BMWA)<br />

Aktualität: monatsaktuell<br />

Dieses Portal stellt allgemeine Informationen inklusive<br />

der entsprechenden Regelungen und Grenzwerte<br />

vor. Es wird ausführlich über GSM, UMTS, DECT etc.<br />

berichtet, über entsprechende Feldstärkeberechnungen<br />

und Informationen inklusive Sendeleistungsdaten.<br />

Durch bildhafte Vergleiche sollen Verhältnisse<br />

ver<strong>mit</strong>telt werden, wie z. B. <strong>die</strong> Belastung durch EMF<br />

durch den Vergleich <strong>mit</strong> einer Brückenlast.<br />

Neben Empfehlungen zur Nutzung von HF-Wellen<br />

(insbesondere Umgang <strong>mit</strong> Mobilfunk für Kinder),<br />

Strahlenbelastung, Grenzwerten, Gesundheit (neueste<br />

Ergebnisse der Strahlenschutzkommission SSK,<br />

SAR/Handys und den Arbeitsschutz) geht man in <strong>die</strong>sem<br />

Portal aber auch <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Akteure und diverse<br />

Links ein. Die Sicherheit in elektromagnetischen Feldern<br />

stützt sich <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Bewertung der Strahlenschutzkommission<br />

von 2001. Es stehen Downloads, Leserbriefe,<br />

FAQ und ein Glossar zur Verfügung.<br />

Die Darstellung ist sachlich neutral und allgemeinverständlich.


http://www.regtp.de<br />

Betreiber: Regulierungsbehörde für<br />

Telekommunikation und Post (RegTP)<br />

Aktualität: wochenaktuell<br />

Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und<br />

Post bietet den Zugang zur ihrer EMVU-Site unter dem<br />

Unterpunkt „Technische Regulierung Telekommunikation“.<br />

Dabei geht es in erster Linie um <strong>die</strong> Durchführung<br />

des <strong>Stand</strong>ortbescheinigungsverfahrens, das zum<br />

Nachweis der Einhaltung der Grenzwerte der 26.<br />

BImSchV für feste Funkstellen gemäß der BEMFV <strong>die</strong>nt<br />

(wurde im letzten Newsletter 4(03), S.26/27 eingehend<br />

beschrieben). Ein weiteres Thema ist <strong>die</strong> <strong>Stand</strong>ort-Datenbank,<br />

<strong>die</strong> – allerdings per Passwort geschützt<br />

und daher nicht der Öffentlichkeit zugänglich – den<br />

Kommunen in Deutschland Auskunft hinsichtlich des<br />

EMF-Umfeldes geben kann. Aber auch <strong>die</strong> Anzeige<br />

von Amateurfunkanlagen, EMF-Messreihen, EMVU-Informationen<br />

sowie Links zu anderen Behörden oder<br />

Organisationen werden beschrieben.<br />

Neben Broschüren und Druckschriften werden Downloads<br />

aus dem Internet angeboten. Zu den Informationen<br />

gehören auch <strong>die</strong> eigenen bundesweiten Messaktionen.<br />

Dem Bürger, der speziell an EMF-Werten in seinem<br />

Wohnumfeld interessiert ist, <strong>die</strong>nt das neu angebotene<br />

„EMF-Monitoring“, eine Online-Recherche hinsichtlich<br />

ortsfester Funkanlagen und deren Messreihen:<br />

Über www.emf.regtp.de werden <strong>auf</strong> Basis der <strong>Stand</strong>-<br />

ortbescheinigungsdatenbank nach Eingabe von Postleitzahl<br />

und Straße <strong>die</strong> festen Funkstellen <strong>auf</strong> einem<br />

Plan angezeigt und eine Liste der Funkanlagen inklusive<br />

deren Sicherheitsabständen sowie das Feldstärkeumfeld<br />

angezeigt. (siehe hierzu auch Newsletter<br />

4(03), S.28/29). Die inhaltliche Darstellung orientiert<br />

sich an den gegebenen Tatsachen und ist sachlich<br />

neutral gehalten. War der Zugang bisher nur einer<br />

geschlossenen Benutzergruppe vorbehalten, ist<br />

er ab Ende Januar 2004 über <strong>die</strong> allgemeine Seite<br />

der RegTP öffentlich zugänglich.<br />

http://www.umweltministerium.bayern.de/<br />

bereiche/<br />

Betreiber: Bayerisches Staatsministerium<br />

Aktualität: entsprechend den Erfordernissen, kein<br />

Nachrichten<strong>die</strong>nst<br />

Das Bundesland Bayern leitet <strong>auf</strong> <strong>die</strong>ser Homepage<br />

zunächst zu www.stmgev.de weiter. Unter dem Stichwort<br />

„Umwelt“ gelangt der Leser u. a. zu EMVU (EMF).<br />

Neben <strong>Stand</strong>ardinformationen zum Mobilfunk, Messstellen<br />

für EMF und Fachinformationen finden sich<br />

bayrische Besonderheiten wie <strong>die</strong> Rinderstu<strong>die</strong> und<br />

der Mobilfunkpakt II. Aber auch Stu<strong>die</strong>n wie „Einfluss<br />

<strong>auf</strong> Hirnstromaktivitäten“ und „Risikoabschätzung<br />

EMF“ werden angeboten. Ein Kapitel widmet sich den<br />

Rechtsgrundlagen (u. a. BlmSchV) und der freiwilligen<br />

Vereinbarung zur Einbindung der Kommunen beim<br />

Ausbau der Mobilfunknetze in Bayern. Eine andere<br />

Seite listet zahlreiche Links <strong>auf</strong>. Der allgemeine Inhalt<br />

wird verständlich dargeboten.<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

61


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

http://www.femu.de<br />

Betreiber: Rheinisch-Westfälische Technische<br />

Hochschule (RWTH) Aachen<br />

Aktualität: entsprechend den<br />

Forschungsergebnissen<br />

Das Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit<br />

(FEMU) ist <strong>die</strong> interdisziplinäre Einrichtung<br />

des Universitätsklinikums der Rheinisch-Westfälischen<br />

Technischen Hochschule Aachen, <strong>die</strong> sich<br />

<strong>mit</strong> der Erforschung der Einwirkungen elektromagnetischer<br />

Felder und Wellen <strong>auf</strong> Mensch, Fauna und<br />

Flora befasst. Auf ihrer Eingangsseite kann man <strong>die</strong><br />

Homepage des Instituts wählen oder sich direkt für<br />

<strong>die</strong> Datenbank entscheiden, eine wissensbasierte Literaturdatenbank<br />

über <strong>die</strong> Wirkungen elektromagnetischer<br />

Felder (WBLDB). Auf <strong>die</strong>ser Seite werden auch<br />

<strong>die</strong> Forschungsschwerpunkte genannt wie<br />

Erfassung und Auswertung der medizinischen und<br />

technischen Inhalte der relevanten wissenschaftlichen<br />

<strong>Publikation</strong>en und adäquate Präsentation<br />

Elektromagnetische Wechselwirkungen im Organismus,<br />

<strong>mit</strong> Implantaten und technischen Körperhilfen<br />

Wirkungsschwellen beim Menschen in Abhängigkeit<br />

von Beschaffenheit und Einwirkdauer der Felder<br />

Diagnostische und therapeutische Verfahren<br />

Auf der Homepage findet man neben der Darstellung<br />

des Profils auch <strong>die</strong> Nennung der Beweggründe für<br />

<strong>die</strong>se Art von Forschung. Unter Spektrum erhält der<br />

Leser eine Einführung in <strong>die</strong> Grundlagen von „Elektromagnetischer<br />

Verträglichkeit, Radioaktivität, Felder“.<br />

Anschließend werden <strong>die</strong> Projekte vorgestellt wie „Auf-<br />

62 NEWS 62 letter 1/2004<br />

NEWS<br />

letter 1/2004<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

bau der wissensbasierten Datenbank“, „Experimente“<br />

und „theoretische Grundlagen Dosimetrie“. Die<br />

meisten <strong>Publikation</strong>en - diverse Broschüren und Jahresberichte<br />

- sind auch als Download erhältlich. Auch<br />

<strong>auf</strong> der Homepage wird nochmals <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Literaturdatenbank<br />

verwiesen, <strong>die</strong> sich <strong>mit</strong> z. Z. 6890 erfassten<br />

<strong>Publikation</strong>en über <strong>die</strong> Wirkungen elektromagnetischer<br />

Felder präsentiert. Dem wissenschaftlich gebildeten<br />

Leser bietet sich eine sehr ergiebige Quelle.<br />

Der Inhalt ist wissenschaftlich und neutral dargestellt.<br />

Ein Projekt des FEMU ist eine weitere Datenbank:<br />

Hier werden alle entsprechenden Informationen, von<br />

den Grundlagen der Physik bis hin zu (Forschungs-)Ergebnissen<br />

und Originalarbeiten und den EMF-News<br />

(z. B. „Verpflichtung der Mobilfunkbetreiber zum Gesundheitsschutz“<br />

<strong>vom</strong> 17.07.2003, „Neu überarbeitete<br />

EMF-Richtlinie der EU-Kommission“ <strong>vom</strong> 23.01.2003)<br />

hinterlegt. Eine Suchfunktion und ein Glossar runden<br />

das Bild ab, ebenso wie <strong>die</strong> Auflistung zahlreicher Links.<br />

Das Projekt unter http://www.emf-portal.de befindet sich<br />

allerdings z. Z. in der Erprobungsphase und ist daher<br />

der Öffentlichkeit noch nicht zugänglich.<br />

http://www.emf-risiko.de<br />

Betreiber: Programmgruppe „Mensch Umwelt<br />

Technik“ (MUT) des Forschungszentrums Jülich<br />

Aktualität: –<br />

Diese Programmgruppe beschäftigt sich <strong>mit</strong> den wissenschaftlichen<br />

und gesellschaftlichen Kontroversen<br />

um elektromagnetische Felder (EMF), vor allem im<br />

Hinblick <strong>auf</strong> den Mobilfunk. Ziel der Forschungsarbei-


ten ist es, Gründe für Unterschiede in der EMF-Risikobewertung<br />

in der Wissenschaft und Öffentlichkeit zu<br />

verstehen und transparent zu machen sowie praktische<br />

Hilfestellungen für <strong>die</strong> Risikokommunikation und<br />

den Umgang <strong>mit</strong> Konflikten um EMF-Anlagen zu geben.<br />

Dabei setzt man sich insbesondere <strong>mit</strong> der Risikobewertung<br />

von Forschungsergebnissen zur EMVU<br />

bzw. <strong>mit</strong> anderen Risikobewertungen (Stu<strong>die</strong>n) kritisch<br />

auseinander. Die Darstellung ist auch für Laien<br />

verständlich.<br />

http://www.ecolog-institut.de<br />

Betreiber: Institut für sozial-ökologische<br />

Forschung & Bildung GmbH<br />

Aktualität: –<br />

In den verschiedenen Gliederungspunkten, wie Profil<br />

& Service, Zukunft & Entwicklung sowie Kommunikation<br />

& Bildung stehen <strong>die</strong> entsprechenden Texte zum<br />

Lesen bereit. Unter Technik & Entwicklung ist auch<br />

ein Download für „Biologische Wirkungen“ und „Grenzwertevergleich“<br />

möglich.<br />

Es werden zahlreiche Themen behandelt, der Schwerpunkt<br />

liegt hier jedoch <strong>auf</strong> den Grenzwerten, <strong>die</strong> einen<br />

Faktor 100 unter den offiziell gültigen ICNIRP-<br />

Grenzwerte liegen, <strong>die</strong> empfohlen und gerechtfertigt<br />

werden, obwohl sie wissenschaftlich nicht als begründet<br />

angesehen werden können. Auch werden eigene<br />

Aktivitäten beschrieben, <strong>die</strong> den alternativen <strong>Stand</strong>punkt<br />

hervorheben.<br />

http://www.nova-institut.de<br />

Betreiber: nova-institut Hürth<br />

Aktualität: –<br />

Bekannt ist der Betreiber <strong>die</strong>ser Homepage durch <strong>die</strong><br />

Herausgabe des „Strahlentelex“ und des „Elektrosmog-Report“.<br />

„Elektrosmog = EMF“ ist eines von<br />

fünf Fachgebieten, <strong>mit</strong> denen sich das Institut beschäftigt.<br />

Neben einigen allgemeinen Informationen<br />

zeigt <strong>die</strong>se Site auch eigene Grenzwerte bzw. Vorsorgewerte<br />

<strong>auf</strong>, <strong>die</strong> denen von ecolog angenähert sind.<br />

Diverse Reports stehen zur Verfügung, Fachtagungen<br />

werden gehalten und Verbrauchertipps gegeben. Auf<br />

www.handywerte.de können aktuelle Informationen<br />

abgefragt werden. Es werden insbesondere <strong>die</strong> persönliche<br />

Sicht der Dinge (alternativer Ansatz) dargestellt<br />

und entsprechende Dienstleistungen angeboten.<br />

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NEWS<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

63


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

http://www.oeko-institut.de<br />

Betreiber: Öko-Institut Freiburg, Darmstadt, Berlin<br />

Aktualität: –<br />

Das Institut ist ein gemeinnütziger Verein, der sich<br />

u.a. <strong>mit</strong> Risikoforschung, Systemanalyse, Konzeptentwicklung<br />

und Umweltkommunikation auseinander<br />

setzt und dabei auch Gutachter- und Beratertätigkeiten<br />

anbietet.<br />

Schwerpunkt der Expertisen sind allgemeine Öko-Themen<br />

wie Kernenergie, Endlagerung und Nachhaltigkeit.<br />

EMVU ist nur in einem Gutachten für T-Mobile<br />

vertreten: „Gutachten zum Erkenntnisstand zu möglichen<br />

gesundheitlichen Auswirkungen des Mobilfunks“.<br />

64 NEWS 64 letter 1/2004<br />

NEWS<br />

letter 1/2004<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

http://www.izmf.de<br />

Betreiber: Informationszentrum Mobilfunk e.V. der<br />

deutschen Mobilfunkbetreiber<br />

Aktualität: wöchentlich<br />

Dieses Portal des IZMF bietet neben neuesten Informationen<br />

(auch Tickermeldungen) vier Hauptthemen:<br />

<strong>die</strong> TÜV-Stu<strong>die</strong> in NRW, eine aktuelle Liste SAR von<br />

Handys, einen Online-Service zur Er<strong>mit</strong>tlung von Mobilfunkfeldern<br />

und eine Basisinformation zum Thema<br />

Mobilfunk. Beim Onlineservice erhält der interessierte<br />

Leser eine Feldstärkesimulation zwischen Basisstationen<br />

<strong>auf</strong> zwei Hochhäusern, wobei man sich <strong>die</strong><br />

Feldstärke in Prozent <strong>vom</strong> Grenzwert anzeigen lassen<br />

kann.<br />

Mit den Beiträgen zu Gesundheit und Umwelt beginnend<br />

werden nach politischen und wirtschaftlichen<br />

Aspekten insbesondere auch rechtliche Fragen angesprochen.<br />

Das IZMF bietet ein umfangreiches Spektrum<br />

an Informationen bis hin zu Gerichtsurteilen.<br />

Darüber hinaus werden zahlreiche Forschungsergebnisse<br />

angesprochen (u. a. sieben relevante biologisch/medizinische<br />

Themen wie Krebs, Hirntumor, Melatonin,<br />

Hirnaktivität, Blut-Hirn-Schranke, Augenkrebs<br />

und Elektrosensibilität), <strong>die</strong> von den Bürgerinitiativen<br />

verfolgt werden können. Die Informationen werden<br />

wissenschaftlich korrekt wiedergegeben.


http://www.mmfai.org<br />

Betreiber: Mobile Manufacturer Forum<br />

<strong>vom</strong> Internationalen Verband der Mobilfunkgerätehersteller<br />

(Interessenverband)<br />

Aktualität: monatlich<br />

Hier erhält man allgemeine Aussagen zum Thema<br />

Mobilfunk (Schwerpunkt Handy), <strong>die</strong> sich insbesondere<br />

an den Verbraucher wenden, aber auch Stellungnahmen<br />

zu Gesundheit und möglichen Gesundheitsgefahren.<br />

Neben Nachrichten aus dem Bereich Mobilfunk<br />

und Gesundheit, in dem auch <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Gesetzgebung<br />

eingegangen wird, erhält man Aufschluss über<br />

Forschungsstu<strong>die</strong>n, Gesundheitsfragen und <strong>die</strong> Funktionsweise<br />

des Mobilfunknetzes (unter Technologie).<br />

Die Informationen sind in 8 Sprachen zu bekommen<br />

und sachlich gehalten.<br />

http://www.datadiwan.de<br />

Betreiber: Bernhard Harrer, Wissenschaftstransfer<br />

(Berlin)<br />

Aktualität: –<br />

Diese Homepage stellt sich selbst als „Die Datenbank<br />

für außergewöhnliches Wissen in der ganzheitlichen<br />

Medizin und den Grenzgebieten der Wissenschaft“<br />

vor. Über <strong>die</strong> Stichwortsuche findet man EMVU<br />

als kleine Nische <strong>mit</strong> 4 Beiträgen (Elektrosmog Report<br />

1/95-3/00, EMF-Stu<strong>die</strong> des TÜV Bayern/Sachsen<br />

1994 sowie 2 kleinere Beiträge).<br />

Die Informationen bestehen aus „Neuigkeiten“ (<strong>Stand</strong><br />

12/2002), Beratung und Sitemaps und geben <strong>auf</strong><br />

esoterische Art <strong>die</strong> Meinung des Betreibers wieder.<br />

http://www.buergerwelle.de<br />

Betreiber: Dachverband der Bürger und Initiativen<br />

zum Schutz vor Elektrosmo „Bürgerwelle e.V.“<br />

Aktualität: ereignisaktuell<br />

Hier finden sich einige allgemeine Informationen.<br />

Neben Aktuellem (Mobilfunk Newsletter) wird man über<br />

Aufrufe/Beschreibungen von diversen Aktionen in<br />

Kenntnis gesetzt. Auch gibt es einige Aussagen zu<br />

Wissenschaft, Technik und der rechtlichen Seite. Informationsmaterial<br />

kann teilweise per Download abgerufen<br />

werden.<br />

Die Informationen spiegeln <strong>die</strong> Meinung des Betreibers<br />

wider, der den terrestrischen Mobilfunk als eindeutige<br />

Gefahr für Mensch und Umwelt sieht.<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

65


E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

www.ralf-woelfle.de<br />

Betreiber: Ralf Wölfle, ein privater Experte<br />

Aktualität: tagesaktuell<br />

Diese Homepage geht u.a. auch <strong>auf</strong> EMVU ein. Unter<br />

„Elektrosmog“ lautet der Haupttitel: „Mobilfunk – Fortschritt<br />

oder Risiko?“.<br />

Hier findet der an <strong>die</strong>sem Thema interessierte Leser<br />

eine Fülle von Informationen: von physikalischen<br />

Grundlagen zu biologischen und gesundheitlichen Effekten,<br />

von thermischer Wirkung <strong>auf</strong> den Menschen<br />

zu Pflanzen und Tieren. Neben der Beschreibung von<br />

Techniken, Messungen und Berechnungen diverser<br />

wichtiger Einflussgrößen wird auch ein Kapitel der<br />

Elektrosensibilität gewidmet.<br />

Metastu<strong>die</strong>n werden angeboten, aber auch aktuelle<br />

Berichte, Grenzwerte und Gesetze. Sogar ein Zugang<br />

zu „alternativen Positionen“ ist vorhanden. Zur Unterstützung<br />

gibt es eine Suchfunktion. Vieles wird im<br />

Original als Download angeboten. Ein Verweis <strong>auf</strong><br />

andere Links komplettiert das Angebot.<br />

Die umfassenden Informationen geben den aktuellen<br />

<strong>Stand</strong> der Wissenschaft und des Zeitgeschehens<br />

wieder.<br />

66 NEWS 66 letter 1/2004<br />

NEWS<br />

letter 1/2004<br />

Die Seite wird nicht angezeigt ...<br />

> kein Screenshot möglich ...<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g<br />

http://www.mobile-research.ethz.ch<br />

Betreiber: Forschungsstiftung Mobilkommunikation<br />

an der ETH Zürich (gemeinnützige Stiftung,<br />

ursprünglich von Orange, Sunrise, Swisscom und<br />

der ETH gegründet)<br />

Aktualität: aktuell im Sinne der Darstellung<br />

Hier geht es insbesondere um eigene Aktivitäten der<br />

ETH Zürich, z. B. innovative Forschungsprojekte <strong>auf</strong><br />

dem Mobilfunksektor, <strong>die</strong> vergeben werden bzw. abgeschlossen<br />

sind, Teilnahme an und Ausrichtung von<br />

Veranstaltungen (Workshop <strong>mit</strong> Forschenden und<br />

Me<strong>die</strong>nleuten am 28.10.03) sowie Auskünfte, Beratung<br />

und Gutachtertätigkeiten.


http://www.fmk.at<br />

Betreiber: Forum Mobilkommunikation<br />

(Österreich)<br />

Aktualität: wochenaktuell<br />

Hier handelt es sich um ein allgemeines EMVU-Portal,<br />

das ein Augenmerk <strong>auf</strong> österreichische Belange<br />

legt. Es beschäftigt sich <strong>mit</strong> Fragen zu Umwelt, Forschung,<br />

Grenzwerten und Gesundheit (Tipps) und behandelt<br />

auch wirtschaftliche Aspekte. Es bietet breitgefächerte<br />

Informationen und entsprechende Downloads<br />

dazu.<br />

http://www.salzburg.gv.at<br />

Betreiber: Land Salzburg<br />

Aktualität: –<br />

Diese Homepage besitzt eine EMVU-Nische (über Suche<br />

„Elektrosmog“), in der das „Salzburger Modell“<br />

(„Salzburger Resolution“) dargestellt wird. Allgemeine<br />

EMVU-Informationen findet man hier nicht, dafür<br />

wird <strong>die</strong> 1-Milliwatt-Forderung für elektromagnetische<br />

Felder ausführlich behandelt.<br />

http://www.who.int<br />

Betreiber: World Health Organisation<br />

Aktualität: wochenaktuell<br />

Bei <strong>die</strong>sem Portal der WHO stehen allgemeine Gesundheitsaspekte<br />

im Vordergrund, aber auch sehr<br />

aktuelle wie SARS und <strong>die</strong> Vogelgrippe. Auf ganz Aktuelles<br />

wird gesondert hingewiesen. In <strong>die</strong>sem sehr<br />

umfangreichen „Gesundheitsportal“ kommt man durch<br />

<strong>die</strong> Suchfunktion <strong>mit</strong> dem Stichwort EMF zum „EMF<br />

Projekt“.<br />

Zum Thema EMVU werden <strong>Stand</strong>ards, Fact Sheets,<br />

Q&As angeboten. Die weltweite Datenbank WHOLIS<br />

enthält 860 Stu<strong>die</strong>n (Originalartikel englisch). Hier<br />

werden sehr umfangreiche und aktuelle Informationen<br />

bereitgestellt. Neben Englisch stehen <strong>die</strong>se auch<br />

in französischer und spanischer Sprache bereit, <strong>die</strong><br />

Infoblätter sind auch in Deutsch verfügbar. Auch ein<br />

Zugang zu zahlreichen Links ist möglich. Die Informationen<br />

werden sachlich dargeboten.<br />

Dipl.-Ing. Regina Reichardt, Dr.-Ing. Fred Breit,<br />

Deutsche Telekom AG<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

E M V U - W a h r n e h m u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

67


F o r s c h u n g<br />

Neues aus der<br />

Wissens<br />

Die folgenden Beiträge beziehen sich <strong>auf</strong> neuere wissenschaftliche<br />

Originalarbeiten zur Wirkung hochfrequenter Felder der Mobilfunks.<br />

Die Auswahl der <strong>Publikation</strong>en ist <strong>vom</strong> Autor Prof. Roland<br />

Glaser selbst getroffen und durch sein subjektives Urteil der Relevanz<br />

bestimmt.<br />

Roland Glaser<br />

Die Arbeitsgruppe um Tatia M. C. Lee aus Hong Kong<br />

hat bereits vor zwei Jahren eine Untersuchung zum<br />

Einfluss der Felder eines Handys <strong>auf</strong> <strong>die</strong> kognitiven<br />

Funktionen von jungen Stu<strong>die</strong>renden publiziert (siehe:<br />

„Neues aus der Wissenschaft“ Heft 1, 2002).<br />

Damals wurde bei den Probanden eine statistisch<br />

nicht absicherbare leichte Verkürzung der Reaktionszeit<br />

beobachtet. Inzwischen liegt eine neue Arbeit<br />

<strong>die</strong>ser Gruppe vor, <strong>die</strong> über Psycho-Tests (TMT- und<br />

SART-Test) an 78 Stu<strong>die</strong>renden der Hong Kong Universität<br />

unter dem Einfluss eines am Kopf befestigten<br />

Handys (Nokia 3210) im Doppel-Blind-Versuch<br />

berichtet (leider ohne nähere Dosis-Angaben). Die<br />

Versuche beinhalten eine Test-Zeit von 25 Minuten<br />

<strong>mit</strong> bzw. ohne Feld und nach 2 Minuten Pause einen<br />

neuen 25-minütigen Test ohne Feld in beiden Gruppen.<br />

In jedem Fall konnte eine Verkürzung der Reaktionszeit<br />

im zweiten Test in Relation zum ersten festgestellt<br />

werden, der sich leicht als Trainings-Effekt<br />

erklären lässt. Interessant ist jedoch, dass im Falle<br />

des SART-Tests <strong>die</strong>ser Trainings-Effekt zumindest<br />

bezüglich der verkürzten Reaktionszeit, nicht bezüglich<br />

der Anzahl richtiger Reaktionen, bei den zuvor<br />

befeldeten Probanden leicht signifikant höher<br />

(p=0,019) war als bei den Kontrollen. Die Autoren<br />

halten als Mechanismus eine thermisch bedingte<br />

Durchblutungs-Änderung für möglich (Lee, T. M. C.;<br />

Lam, P. K.; Yee, L. T. S., and Chan, C. C. H.: The<br />

effect of the duration of exposure to the electromag-<br />

68 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

F o r s c h u n g<br />

netic field e<strong>mit</strong>ted by mobile phones on human attention.<br />

Neuroreport 14, 1361-1364. 2003).<br />

Ein Vorschlag von Quirino Balzano, <strong>mit</strong> Hilfe einer<br />

elektronischen Anordnung mögliche nichtlineare Reaktionen<br />

biologischer Systeme <strong>auf</strong> Hochfrequenz-Felder,<br />

und da<strong>mit</strong> Demodulationseffekte nachzuweisen,<br />

hat <strong>auf</strong> ungewöhnliche Weise zu einer Diskussion in<br />

der Zeitschrift „Bioelectromagnetics“ geführt.<br />

Insgesamt erschienen 5 „Comments“ und „Comments<br />

on the Comments“ zu <strong>die</strong>ser Arbeit. Worum ging es<br />

eigentlich? Balzano sieht <strong>mit</strong> Recht das Problem einer<br />

möglichen Demodulation modulierter oder gepulster<br />

HF-Felder offen und ist der Meinung, dass prinzipiell<br />

genügend nicht-lineare Prozesse der Energieabsorption<br />

im biologischen System existieren, <strong>die</strong> <strong>die</strong>s ermöglichen<br />

könnten. Der Nachweis der aus der Demodulation<br />

resultierenden NF-Felder ist allerdings schwer, da<br />

<strong>die</strong> zu erwartenden geringen Effekte wahrscheinlich im<br />

Rauschen des Verstärkers untergehen. Er erinnert aber<br />

daran, dass im Falle einer nicht-linearen Absorption<br />

gleichzeitig ein Teil der Energie in Oberfrequenzen der<br />

eingestrahlten Felder frei wird. Eine 0,9 GHz-Einstrahlung<br />

müsste, würde sie nichtlinear absorbiert, eine<br />

schwache 1,8 GHz-Strahlung erzeugen. Diese könnte<br />

durch einen Resonator hoher Güte („high Q cavity“)<br />

berührungsfrei <strong>auf</strong>genommen und ziemlich rauschfrei<br />

verstärkt werden. – Diese <strong>Publikation</strong> löste nun Dis-


chaft<br />

kussionen in zwei Richtungen aus: Gibt es überhaupt<br />

solche Reaktionen? Ist der Vorschlag messtechnisch<br />

realistisch? Andrew Marino nimmt <strong>die</strong> Arbeit zum Anlass<br />

gleich gegen zwei <strong>Stand</strong>punkte vorzugehen, zum<br />

einen gegen den „Heiligen Gral der Experimentalisten“,<br />

– nämlich <strong>die</strong> Forderung nach Reproduzierbarkeit,<br />

und zum anderen gegen den schon von H. Schwan<br />

vertretenen „antitransductionistic viewpoint“, wonach<br />

energetische Einflüsse unterhalb des thermischen<br />

Rauschens (kT) nicht wirksam sein können. Am Beispiel<br />

eines Computer-Modells nach Lorenz zeigt er,<br />

dass chaotische Systeme <strong>auf</strong> kleinste Störungen reagieren,<br />

und <strong>die</strong>s unvorhersehbar und nicht reproduzierbar.<br />

Er gibt an, dass ein millionstel Teil von kT für eine<br />

solche Störung ausreicht. – Als Dritter im Bund meldet<br />

sich nun Robert Adair zu Wort. Er argumentiert nach<br />

beiden Seiten: Sicher, sehr kleine Störungen können<br />

ein chaotisches System unvorhersehbar auslenken.<br />

Doch dann kann das natürlich das kT des thermischen<br />

Rauschens erst recht! Als Beispiel eines gut bekannten<br />

nicht-linearen Systems nennt er <strong>die</strong> spannungsabhängigen<br />

Ionenkanäle des Nervs. Es sei ja bekannt,<br />

dass <strong>die</strong>se selbst rauschen. Um sich gegen <strong>die</strong>ses<br />

Rauschen abzusichern reagiere der Nerv, indem er den<br />

Mittelwert aus vielen 100 000 solcher Kanäle verwerte.<br />

Durch <strong>die</strong> große Zahl sei das Rauschen dann weitgehend<br />

eliminiert. Im Übrigen würde das von Balzano<br />

vorgeschlagene Experiment nicht funktionieren. Für<br />

<strong>die</strong> Erfassung elementarer Nicht-Linearitäten sei es<br />

viel zu unempfindlich. Die Messempfindlichkeit des<br />

von ihm vorgeschlagenen Systems liege im Bereich<br />

thermischer Effekte. - Das letzte Wort hat Balzano<br />

selbst, der meint, er hätte ja gar nicht von Effekten<br />

unterhalb von kT gesprochen. Natürlich müsse ein<br />

chaotisches System <strong>die</strong>ser Empfindlichkeit zuerst <strong>auf</strong><br />

das thermische Rauschen reagieren und nach den<br />

Gesetzen der Thermodynamik schnell in ein thermodynamisches<br />

Gleichgewicht, – dem Ende allen Lebens –<br />

übergehen. Im Übrigen hätte Adair wohl recht <strong>mit</strong> seiner<br />

Skepsis bezüglich der erforderlichen Empfindlich-<br />

keit. Sein vorgeschlagenes System würde aber sicher<br />

ausreichen, Effekte kohärenten Verhaltens nachzuweisen.<br />

(Balzano, Q.: Proposed test for detection of<br />

nonlinear responses in biological preparations exposed<br />

to RF energy. Bioelectromagnetics. 23, 278-287.2002;<br />

Marino, A. A. and Frilot, C.: Bioelectromagnetics. 24,<br />

70-72. 2003; Balzano, Q.: Bioelectromagnetics. 24,73.<br />

2003; Adair, R. K.: Bioelectromagnetics. 24, 440-441.<br />

2003; Marino, A. A.: Bioelectromagnetics. 24, 442.<br />

2003; Balzano, Q.: Bioelectromagnetics. 24, 443.<br />

2003).<br />

Wieder ist eine Arbeit zur Frage erschienen, ob <strong>die</strong><br />

Felder des Mobilfunks Einfluss nehmen könnten <strong>auf</strong><br />

<strong>die</strong> genetischen Vorgänge in menschlichen Lymphozyten.<br />

Zu <strong>die</strong>sem Zweck wurden Lymphozyten-Kulturen<br />

von 20 gesunden Probanden angelegt und in einer<br />

TEM-Zelle unter Bedingungen befeldet, <strong>die</strong> denen<br />

während des Telefonierens <strong>mit</strong> einem Handy gleichen.<br />

Einmal wurden <strong>die</strong> Proben wechselweise 44 Stunden<br />

lang alle drei Stunden für 6 Minuten <strong>mit</strong> 1,6 W/kg<br />

befeldet, in anderen Experimenten erfolgte <strong>die</strong> Befeldung<br />

<strong>mit</strong> nur 0,2 W/kg 1Stunde/Tag im Verl<strong>auf</strong>e von<br />

3 Tagen. Außer unmodulierten wurden auch nach GSM-<br />

Norm gepulste 900 MHz-Felder verwendet. Bei der<br />

intensiveren Befeldung erfolgte eine rasche Erwärmung<br />

der Proben um 0,6 Grad, <strong>die</strong> in der Pause langsam<br />

wieder abfiel. Es konnten keine signifikanten Unterschiede<br />

in der Anzahl der Mikrokerne oder anderer<br />

Parameter des Zell-Zyklus er<strong>mit</strong>telt werden (Zeni, O.;<br />

Chiavoni, A. S.; Sannino, A.; Antolini, A.; Forigo, D.;<br />

Bersani, F., and Scarfi, M. R.: Lack of genotoxic effects<br />

(Micronucleus induction) in human lymphocytes<br />

exposed in vitro to 900 MHz electromagnetic fields.<br />

Radiation Research 160, 152-158.2003).<br />

Eine große Langzeit-Stu<strong>die</strong> zur Krebsproblematik der<br />

Washington University St. Louis ist zum Abschluss<br />

F o r s c h u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

69


F o r s c h u n g<br />

gekommen, und ihre Resultate liegen vor. Im Verl<strong>auf</strong>e<br />

von zwei Jahren wurden insgesamt 344 Ratten von<br />

der 6. Lebenswoche an beobachtet. Neben der Kontroll-<br />

und der schein-befeldeten Gruppe gab es zwei<br />

Gruppen, <strong>die</strong> jeweils 4 Stunden/Tag an 5 Tagen der<br />

Woche Feldern von 835,62 MHz (FDMA), bzw. 847,74<br />

MHz (CDMA) ausgesetzt wurden. Zur Exposition verwendete<br />

man Karussell-Anordnungen, bei denen sich<br />

<strong>die</strong> Tiere, gut belüftet, in röhrenförmigen Behältern<br />

befanden. Dadurch konnte <strong>die</strong> jeweilige Intensität der<br />

Strahlung <strong>mit</strong> 0,85±0,34 W/kg im Gehirn gut bestimmt<br />

werden. Der <strong>mit</strong>tlere SAR-Wert im Körper veränderte<br />

sich im Verl<strong>auf</strong>e der zwei Jahre etwas <strong>mit</strong> dem Wachstum<br />

der Tiere. Im Doppel-Blind-Verfahren wurden <strong>die</strong><br />

Tiere regelmäßig gewogen und untersucht. In jeder<br />

der drei Gruppen mussten zwischen 9 und 12 Tieren<br />

wegen Krankheit vorzeitig getötet werden. Nach Abl<strong>auf</strong><br />

des Experiments wurden alle Tiere getötet und<br />

sämtliche Organe umfangreichen anatomischen und<br />

histologischen Untersuchungen zugeführt. Ausführliche<br />

Tabellen in der <strong>Publikation</strong> geben über <strong>die</strong> Resultate<br />

Auskunft. Es konnten jedenfalls keinerlei statistische<br />

Abweichungen bei den befeldeten im Vergleich<br />

zu den schein-befeldeten Tieren gefunden werden.<br />

Auch <strong>die</strong> Gesamtzahl der Tumore, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> scheinbefeldeten<br />

Ratten 163, für <strong>die</strong> FDMA-Tiere 162 und<br />

für <strong>die</strong> CDMA-Tiere 148 betrug, zeigte keinen signifikanten<br />

Feldeffekt. Die Autoren fügen da<strong>mit</strong> zu den in<br />

der Einführung genannten 21 Tier-Stu<strong>die</strong>n <strong>mit</strong> negativem<br />

Resultat eine weitere hinzu und erwähnen, dass<br />

<strong>die</strong> einzige Untersuchung <strong>mit</strong> positivem Ergebnis, <strong>die</strong><br />

Repacholi-Stu<strong>die</strong>, an genetisch veränderten Tieren<br />

durchgeführt wurde und deshalb <strong>mit</strong> den vorliegenden<br />

Untersuchungen an normalen Ratten nicht vergleichbar<br />

sei. Zudem konnte sie bekanntlich durch<br />

Wiederholung nicht bestätigt werden. Weiter unterstreichen<br />

<strong>die</strong> Autoren, dass <strong>die</strong> vorliegende Stu<strong>die</strong> in<br />

ihrer Anlage den Normen entspricht, <strong>die</strong> <strong>vom</strong> „National<br />

Toxicology Program“ der USA zum Nachweis möglicher<br />

kanzerogener Wirkungen chemischer, biologischer<br />

und physikalischer Agenzien vorgeschrieben<br />

sind (LaRegina, M.; Moros, E. G.; Pickard, W. F.; Straube,<br />

W. L.; Baty, J., and Roti, J. L. R.: The effect of<br />

chronic exposure to 835.62 MHz FDMA or 847.74<br />

MHz CDMA radiofrequency radiation on the incidence<br />

of spontaneous tumors in rats. Radiation Research<br />

160, 143-151. 2003).<br />

70 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

F o r s c h u n g<br />

Ornithin-Decarboxylase (ODC) ist ein Schlüsselenzym<br />

bei der Synthese von Proteinen (Sperminen), <strong>die</strong><br />

für <strong>die</strong> DNA-Synthese und Zellteilung von Bedeutung<br />

sind. Deshalb kommt <strong>die</strong>sem Enzym und seiner möglichen<br />

Beeinflussung durch Hochfrequenzfelder eine<br />

besondere Bedeutung zu. Die Arbeitsgruppe um T.A.<br />

Litovitz hat in der Vergangenheit dazu Experimente<br />

durchgeführt (u.a.: Penafiel et al., Bioelectromagnetics<br />

18, 132-141. 1997) und Theorien entwickelt,<br />

deren Haltlosigkeit der Referent allerdings bereits vor<br />

Jahren dargestellt hat (Glaser, R., Bioelectrochem.<br />

Bioenerg.; 46, 301-302. 1998). Nun liegt von einer<br />

Arbeitsgruppe der U.S. Food and Drug Administration<br />

<strong>die</strong> <strong>Publikation</strong> über Experimente vor, in welchen sie<br />

<strong>die</strong> von Penafiel et al. publizierten Daten überprüfen.<br />

Penafiel et al. hatten von einer Erhöhung der ODC<br />

Produktion in Mäuse-Fibroblasten (L929-Zellen) nach<br />

8 Stunden Exposition <strong>mit</strong> einem typischen TDMA-Signal<br />

bereits bei 2,5 W/kg berichtet, einen Effekt, den<br />

sie als nicht-thermisch bezeichneten. Die Autoren der<br />

Wiederholungs-Arbeit haben sich bemüht, <strong>die</strong> experimentellen<br />

Bedingungen der Penafiel-Arbeit möglichst<br />

genau zu reproduzieren, allerdings offensichtliche Fehler,<br />

wie z. B. Feld-Inhomogenitäten zu vermeiden. Sie<br />

verwendeten den gleichen Zell-Stamm, <strong>die</strong> gleiche<br />

Expositionszeit, <strong>die</strong> gleichen Felder, variierten<br />

allerdings <strong>die</strong> Intensität zwischen


Frau Eleanor Reed Adair - 50 Jahre im Dienst der<br />

Wissenschaft. M. R. Murphy fasst den wissenschaftlichen<br />

Werdegang und <strong>die</strong> Ver<strong>die</strong>nste von Frau Adair<br />

<strong>auf</strong> dem Gebiet der Thermoregulation und der thermischen<br />

Wirkungen von Hochfrequenzfeldern zusammen.<br />

Als Psycho-Physiologin begann sie 1960 im Labor<br />

von James T. Hardy, der <strong>die</strong> ersten Versuche zum<br />

Vergleich der Wärmeempfindung von Infrarot- und<br />

Hochfrequenz-Strahlung an Probanden durchführte.<br />

Dieses Arbeitsgebiet prägte <strong>die</strong> fernere wissenschaftliche<br />

Tätigkeit von Frau Adair, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Forschung<br />

seit 1996 im Dienste des Air Force Research<br />

Laboratory’s (AFRL) durchführte. Das AFRL hat<br />

übrigens auch den vorliegenden Supplement-Band<br />

gesponsert. Frau Adair hat <strong>die</strong>ses Forschungsgebiet<br />

durch viele fundamentale wissenschaftliche Beiträge<br />

bereichert und <strong>die</strong>se Ergebnisse in jenen nationalen<br />

und internationalen Gremien zur Geltung gebracht,<br />

welche Verantwortung für <strong>die</strong> Festlegung von Grenzwerten<br />

tragen. Dies betrifft insbesondere das IEEE-<br />

Co<strong>mit</strong>tee on Man and Radiation (COMAR), dessen<br />

langjähriges Mitglied Frau Adair ist. So war es auch<br />

<strong>die</strong>ses Ko<strong>mit</strong>ee, welches den Anstoß und <strong>die</strong> wissenschaftliche<br />

Betreuung <strong>die</strong>ses Bandes übernahm. Ben<br />

Greenbaum, der Chef-Editor der Bioelectromagnetics<br />

schildert in einem einführenden Artikel den Entstehungs-Modus<br />

<strong>die</strong>ser Beiträge. Die Autoren, vorwiegend<br />

Mitglieder des Ko<strong>mit</strong>ees, waren <strong>auf</strong>gefordert,<br />

<strong>die</strong> Literatur ihres Spezialgebietes gründlich und kritisch<br />

zu sichten (es sind <strong>Publikation</strong>en bis Anfang<br />

2003 erfasst). Nach Diskussion in der Gruppe wurden<br />

<strong>die</strong> Beiträge zusätzlich dem üblichen Peer-Review-Verfahren<br />

der Zeitschrift unterworfen und entsprechend<br />

überarbeitet. Der Herausgeber wünscht sich<br />

eine anregende Diskussion und betont, dass seine<br />

Zeitschrift offen ist, <strong>die</strong>se in Form von „Comments“,<br />

„Brief Communications“, „Letters to the Editor“ oder<br />

auch Artikeln zu publizieren. Nach einem historischen<br />

Überblick über <strong>die</strong> Entwicklung von Grenzwerten und<br />

<strong>die</strong> Arbeit des International Com<strong>mit</strong>tee on Electromagnetic<br />

Safety (ICES) von J. M. Osepchuk und R. C.<br />

Petersen folgen 10 Reviews zu verschiedenen Aspekten<br />

der Forschung über mögliche Einwirkungen von<br />

HF-Feldern. Der Band ist so<strong>mit</strong> in hervorragender Weise<br />

geeignet, sich in <strong>die</strong>se Materie einzuarbeiten bzw.<br />

über den <strong>Stand</strong> der Forschung <strong>auf</strong> <strong>die</strong>sem Gebiet zu<br />

informieren (Murphy, M. R.: Dedication Eleanor Reed<br />

Adair. Bioelectromagnetics. Suppl.6, S1-S2.2003;<br />

Greenbaum, B.: Editor’s note Reviews of the effects<br />

of RF fields on various aspects of human health.<br />

ebenda: S3-S4).<br />

Im oben genannten Supplementband befasst sich ein<br />

umfangreicher Artikel <strong>mit</strong> dem eigentlichen Arbeitsgebiet<br />

von Frau Adair, dem thermoregulatorischen<br />

Verhalten des Menschen bei Exposition <strong>mit</strong> Hochfrequenzfeldern.<br />

Zunächst wird <strong>die</strong> Thermoregulation<br />

selbst dargestellt, <strong>die</strong> Wärmebalance des Körpers,<br />

d.h. <strong>die</strong> Wärmeproduktion versus Wärmeübertragung<br />

und Wärmeableitung unter Berücksichtigung verschiedener<br />

Umweltfaktoren und pathologischer Situationen,<br />

wie z. B. Fieber. Untersuchungen zum Wärmeempfinden<br />

bei Hochfrequenz-Bestrahlung (HF) im Vergleich<br />

zur Infrarot-Strahlung (IR) wurden sowohl an<br />

menschlichen Probanden als auch im Tierversuch<br />

bereits seit etwa 50 Jahren durchgeführt. Vergleicht<br />

man <strong>die</strong> Wärmeempfindung als Funktion der Flächen-<br />

Leistungsdichte, auch Leistungs-Flussdichte genannt<br />

(in W/m2 ) <strong>die</strong>ser beiden Strahlenarten, dann muss<br />

<strong>die</strong> Effektivität der absorbierten Energie, d.h. der lokale<br />

SAR-Wert (W/kg) im Bereich der Thermorezeptoren<br />

in Rechnung gestellt werden. Bezüglich der Haut-<br />

Sensoren nähert sich <strong>die</strong> Effektivität von HF-Feldern<br />

derjenigen der IR-Bestrahlung umso mehr an, je höher<br />

ihre Frequenz, und je stärker folglich ihre Absorption<br />

in den Oberflächenschichten des Körpers erfolgt.<br />

Bei Experimenten <strong>mit</strong> Aktivierung von Thermorezeptoren<br />

im Körperinneren, eventuell sogar im Zentrum<br />

der körpereignen Thermoregulation, dem Hypothalamus,<br />

hingegen sind solche HF-Felder effektiver, welche,<br />

besonders bei kleinen Versuchstieren, <strong>die</strong>sen<br />

Hirnbereich erreichen. Diese Aspekte werden in dem<br />

vorliegenden Review im Detail und <strong>mit</strong> Bezug <strong>auf</strong> viele<br />

Experimente diskutiert. Die Autoren stellen fest,<br />

dass bisher nur wenige Arbeiten <strong>die</strong> Wirkung kontinuierlicher<br />

Felder <strong>mit</strong> derjenigen gepulster <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Thermoregulation<br />

systematisch verglichen haben. Diese<br />

wenigen <strong>Publikation</strong>en konnten allerdings keine Unterschiede<br />

feststellen. Gefahren könnten durch kurze<br />

Pulse hoher Leistungsdichte entstehen, hier ist<br />

noch Forschungsbedarf anzumelden. Ansonsten betrachten<br />

<strong>die</strong> Autoren <strong>die</strong> geltenden Grenzwerte für<br />

ausreichend, halten sogar in einem gewissen Bereich<br />

F o r s c h u n g 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

71


F o r s c h u n g<br />

darüber thermische Effekte für unwahrscheinlich<br />

(Adair, E. R. and Black, D. R.: Thermoregulatory responses<br />

to RF energy absorption. Bioelectromagnetics<br />

Suppl. 6, S17-S38. 2003).<br />

Wie wirken hochfrequente Felder <strong>auf</strong> das Verhalten<br />

von Tieren, und sind kognitive Einflüsse <strong>auf</strong> den<br />

Menschen zu erwarten? Diese Frage bildet den Inhalt<br />

einer weiteren Arbeit in dem Supplementband<br />

Nr.6 der „Bioelectromagnetics“. Geprägt durch <strong>die</strong><br />

Interessenlage der Autoren steht auch hier das Problem<br />

der Thermoregulation im Vordergrund. Tatsächlich<br />

lassen sich <strong>die</strong> meisten Ergebnisse, <strong>die</strong> in Verhaltensexperimenten<br />

an Tieren gewonnen wurden, <strong>auf</strong><br />

thermische Effekte zurückführen. Die Befeldungen bei<br />

<strong>die</strong>sen Experimenten liegen zumeist im SAR-Bereich<br />

von 1-4 W/kg, einer Absorptions-Rate, <strong>die</strong> nachweislich<br />

zu, wenn auch geringen, Temperaturänderungen<br />

im Körper führt. Selbst <strong>die</strong>se Änderungen, so <strong>die</strong><br />

Schlussfolgerung der Autoren, sind reversibel, stellen<br />

also keine gesundheitliche Beeinträchtigung der<br />

Versuchstiere dar. Auf <strong>die</strong> Beobachtungen an Probanden<br />

zur Beeinflussung von Schlaf, EEG etc. bei geringen<br />

Feldstärken wird in <strong>die</strong>sem Review leider nicht<br />

eingegangen. Die Befunde an Versuchen zur kognitiven<br />

Beeinflussung von Probanden durch Felder innerhalb<br />

der Grenzwerte werden wohl <strong>mit</strong> Recht als „very<br />

weak“ bezeichnet. Hier werden weitere Stu<strong>die</strong>n empfohlen,<br />

wobei allerdings <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Einhaltung genauer<br />

Versuchsbedingungen zu achten ist (D’Andrea, J. A.;<br />

Adair, E. R., and deLorge, J. O.: Behavioral and cognitive<br />

effects of microwave exposure. Bioelectromagnetics<br />

Suppl 6, S39-S62. 2003).<br />

Mark J. Elwood fasst <strong>die</strong> Ergebnisse epidemiologischer<br />

Untersuchungen über mögliche Krebserkrankungen<br />

durch hochfrequente Felder zusammen. Dabei<br />

berücksichtigt er Stu<strong>die</strong>n über Anwohner in der Nähe<br />

von Sendetürmen, berufsmäßige Expositionen,<br />

insbesondere im militärischen Bereich, Erfassung von<br />

Erkrankungen der Kinder von berufsexponierten Personen<br />

sowie mögliche Einwirkungen von Nutzern von<br />

Mobiltelefonen. Die Literaturliste <strong>die</strong>ser Zusammenfassung<br />

umfasst mehr als 50 Arbeiten. In einer Graphik<br />

werden <strong>die</strong> Odds-Ratios von 17 Stu<strong>die</strong>n und ihre<br />

72 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

F o r s c h u n g<br />

95% Konfidenzintervalle dargestellt. Signifikante Änderung<br />

zeigt nur <strong>die</strong> polnische Militär Stu<strong>die</strong> von Szmigielski<br />

(1996), deren methodische Probleme<br />

allerdings bereits mehrfach kritisiert wurden. Elwood<br />

kommt zu dem Schluss, dass <strong>die</strong> bisher vorliegenden<br />

Stu<strong>die</strong>n keine klaren Hinweise <strong>auf</strong> eine Krebsgefahr<br />

durch HF-Felder ergeben. Andererseits kann da<strong>mit</strong><br />

natürlich auch kein Beweis für <strong>die</strong> <strong>die</strong>sbezügliche<br />

Unbedenklichkeit geliefert werden. Weitere Untersuchungen<br />

sind abzuwarten, wobei <strong>die</strong> Leukämie bei Erwachsenen<br />

und Kindern sowie Hirntumoren besondere<br />

Beachtung ver<strong>die</strong>nen (Elwood, J. M.: Epidemiological<br />

stu<strong>die</strong>s of radio frequency exposures and human cancer.<br />

Bioelectromagnetics Suppl. 6, S63-S73. 2003).<br />

Drei Autoren wenden sich in <strong>die</strong>sem Supplement-Band<br />

dem Problemkreis: Hochfrequente Felder: Krebs,<br />

Mutagenese und Genotoxizität zu, wobei sie sowohl<br />

epidemiologische Erhebungen als auch Tierexperimente<br />

in <strong>die</strong> Betrachtungen einbeziehen. 130 <strong>Publikation</strong>en<br />

werden zitiert, <strong>die</strong> meisten davon bis ins technische<br />

Detail hinein analysiert und kritisch bewertet.<br />

Keine der epidemiologischen Arbeiten, so wird geschlossen,<br />

bietet eine zuverlässige statistische Wahrscheinlichkeit<br />

dafür, dass Hochfrequenzfelder irgend<br />

eine Form von Krebs im Menschen initiieren oder<br />

auch nur fördern könnten. Diese Feststellung würde<br />

für <strong>die</strong> untersuchten beruflich exponierten Personen<br />

ebenso gelten wie für Nutzer von Mobiltelefonen. Sollten<br />

weitere epidemiologische Stu<strong>die</strong>n in Angriff genommen<br />

werden, so ist eine vorherige Absicherung<br />

darüber erforderlich, ob das Material für eine statistisch<br />

relevante Aussage ausreicht. Im Anschluss an<br />

<strong>die</strong>se Feststellung werden <strong>die</strong> vielen Tierexperimente<br />

und schließlich auch <strong>die</strong> Untersuchungen an in-vitro<br />

Gewebe und Einzelzellen ausführlich diskutiert und<br />

kritisch evaluiert. Als besonders kritikwürdig erscheinen<br />

in den meisten Experimenten <strong>die</strong> verwendete Expositionsanlage<br />

und <strong>die</strong> entsprechende Dosimetrie.<br />

Genau betrachtet bilden auch <strong>die</strong>se Experimente keine<br />

Basis für <strong>die</strong> Annahme einer Krebsgefahr durch<br />

HF-Felder im Rahmen der gültigen Grenzwerte (Heynick,<br />

L. N.; Johnston, S. A., and Mason, P. A.: Radio<br />

frequency electromagnetic fieldsCancer, mutagenesis,<br />

and genotoxicity. Bioelectromagnetics Suppl. 6, S74-<br />

S100. 2003).


12.<br />

Am 29. Januar 2004 fand<br />

I n t e r n<br />

Mitgliederversammlung<br />

der FGF<br />

Uwe Möbius<br />

zum 12. Mal <strong>die</strong> alljährliche<br />

Mitgliederversammlung der<br />

Forschungsgemeinschaft<br />

Funk statt. Gastgeber war<br />

T-Mobile in Bonn.<br />

„Was hat <strong>die</strong> Forschungsgemeinschaft Funk im abgel<strong>auf</strong>enen<br />

Jahr erreicht? Was nimmt sie sich für 2004<br />

vor?“ Dies sind <strong>die</strong> Kernfragen, <strong>die</strong> der Vorsitzende<br />

des Vorstandes der FGF, Eike Bär, den FGF-Mitgliedern<br />

in seinem Rechenschaftsbericht erläuterte.<br />

Zunächst dankte Bär im Namen des Vorstandes allen<br />

aktiven Mitarbeitern, durch deren hohes Engagement<br />

ein großes Pensum an Aufgaben erfolgreich erledigt<br />

werden konnte. Durch <strong>die</strong> Teilnahme an Sitzungen der<br />

Arbeitsgemeinschaft Forschung und der Arbeitsgemeinschaft<br />

Öffentlichkeitsarbeit konnte er sich persönlich<br />

über <strong>die</strong> professionelle und effektive Arbeit <strong>die</strong>ser<br />

Gremien überzeugen. Insbesondere sprach er den<br />

besonderen Dank des Vorstandes an den scheidenden<br />

Leiter der AG F, Herrn Dr. Eberhard Kühn, aus.<br />

Im weiteren Verl<strong>auf</strong> informierte Bär, unterstützt von<br />

den Leitern der Arbeitsgemeinschaften Forschung (Dr.<br />

Eberhard Kühn) und Öffentlichkeitsarbeit (Dr. Olaf<br />

Schulz) sowie dem Geschäftsführer der FGF (Dr. Gerd<br />

Friedrich), über <strong>die</strong> Themen<br />

Kooperationen <strong>mit</strong> internationalen und nationalen<br />

Institutionen<br />

Forschungsvorhaben der FGF<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Bericht aus der Geschäftsstelle<br />

Die regelmäßige Aufgabe des Vorstandes liege, so<br />

Bär, neben der strategischen Steuerung der Geschäftsstelle<br />

in der Koordination der Aktivitäten in<br />

der Öffentlichkeitsarbeit und der Forschung (einschließlich<br />

der Genehmigung von Forschungsprojekten),<br />

der Budgetkontrolle und der Festlegung der FGF-<br />

Strategie.<br />

Bär stellte fest, dass <strong>die</strong> Erwartungen des Vorstandes<br />

bezüglich der Effizienz der FGF bei weitem übertroffen<br />

wurden. So wurde <strong>die</strong> internationale Zusammenarbeit<br />

wie in den vergangenen Jahren sowohl <strong>auf</strong><br />

der europäischen Ebene, z. B. im Rahmen des 5. bzw.<br />

6. Europäischen Rahmenprogramms, als auch <strong>auf</strong> der<br />

Ebene der WHO durch <strong>die</strong> Beteiligung am internatio-<br />

I n t e r n 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

73


I n t e r n<br />

Vergebene Dritt<strong>mit</strong>tel<br />

8<br />

Millionen Euro<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0,29 0,55 0,49<br />

0,53<br />

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001<br />

74 NEWS 74 letter 1/2004<br />

NEWS<br />

letter 1/2004<br />

Entwicklung des Gesamtfördervolumens<br />

seit 1993<br />

0,75 0,66<br />

0,75<br />

I n t e r n<br />

0,49<br />

0,78<br />

0,96 0,98<br />

2002 2003<br />

nalen EMF-Projekt weiter fortgeführt und intensiviert.<br />

Neben des Wahrnehmens der Funktion des wissenschaftlichen<br />

Sekretariates von COST 281 arbeitete<br />

<strong>die</strong> FGF auch im Jahr 2003 aktiv in wissenschaftlichen<br />

Kommissionen und im Steering Com<strong>mit</strong>tee <strong>mit</strong>.<br />

An der Jahrestagung der BioElectromagnetics Society<br />

(BEMS) in Maui war <strong>die</strong> FGF <strong>mit</strong> der Präsentation eigener<br />

Forschungsergebnisse beteiligt.<br />

Zum FGF-Profil bemerkte Bär, dass <strong>die</strong> FGF sich ausschließlich<br />

der Wissenschaft verpflichtet fühle und<br />

<strong>die</strong>se neutrale Position der FGF Teil der gesellschaftlichen<br />

Verantwortung aller Mitglieder sei. Durch <strong>die</strong>ses<br />

Verhalten hat sich <strong>die</strong> FGF hohe internationale Anerkennung<br />

verschafft. Die FGF-<strong>Publikation</strong>en „Newsletter“<br />

und „Edition Wissenschaft“ haben ein hohes Qualitätsniveau<br />

erreicht. Mit der neuen Richtlinie für <strong>die</strong><br />

Öffentlichkeitsarbeit wurde der richtige Schritt für <strong>die</strong><br />

Weiterentwicklung der sachgemäßen Information zum<br />

EMVU-Thema durch <strong>die</strong> FGF getan.<br />

Mit der Überarbeitung des Internet<strong>auf</strong>tritts, <strong>die</strong> im<br />

Jahr 2003 begonnen wurde, habe das Angebot der<br />

FGF an Attraktivität gewonnen. Die Einführung zusätzlicher,<br />

interner Informationsme<strong>die</strong>n, wie z.B. ein Stu<strong>die</strong>nInformationsSystem,<br />

biete den FGF-Mitgliedern<br />

schnelle und übersichtliche Informationsstrukturen.<br />

Forschungsarbeit<br />

Nach wie vor erfüllt <strong>die</strong> FGF im Bereich der eigenen<br />

Forschung ihre Kern<strong>auf</strong>gabe, doch <strong>die</strong> Schwerpunkte<br />

der Forschungsarbeit in der FGF verlagerten sich im<br />

letzten Jahr hin zu mehr Datensammlung durch Literaturanalysen<br />

und Workshops. Dabei standen Wissensver<strong>mit</strong>tlung<br />

und wissenschaftliche Diskussion stärker<br />

im Vordergrund. So wurden zusammen <strong>mit</strong> COST 281<br />

zwei Workshops zu den Themen „Mobile Phone Base<br />

Stations and Health“ und „Mobile Telecommunications<br />

and the Brain” ebenso wie <strong>die</strong> FGF-Workshops<br />

zur Blut-Hirn-Schranke („The Blood-Brain Barrier (BBB)<br />

– Can it be influenced by RF-field interactions?“) und<br />

zum Schlafverhalten („Can electromagnetic fields used<br />

in mobile communications provoke sleep disorders<br />

and other cognitive changes?“) organisiert und <strong>mit</strong><br />

hoher internationaler Beteiligung erfolgreich durchgeführt.


Für <strong>die</strong> Forschung standen im Jahr 2003 ca. 980 000<br />

Euro für <strong>die</strong> l<strong>auf</strong>enden FGF-Forschungsprojekte an<br />

Förder<strong>mit</strong>teln zur Verfügung.<br />

Kühn berichtete, dass da<strong>mit</strong> folgende sieben Forschungsprojekte<br />

finanziert wurden:<br />

EMF-Feldsensor in Zellmembranen (experimentelle<br />

Untersuchungen an künstlichen Lipidmembranen<br />

– „Bilayern“)<br />

Einflüsse von Signalen im hohen GHz-Bereich (5,8<br />

– 110 GHz) <strong>auf</strong> das vegetative Nervensystem (VNS)<br />

Wirkungen schwacher, hochfrequenter EMF (383<br />

MHz, 900 MHz und 1,8 GHz) <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Melatoninsynthese<br />

und reproduktiven Funktionen männlicher<br />

Dsungarischer Hamster<br />

Provokationsstu<strong>die</strong> an Menschen zu physiologischen<br />

Parametern des visuellen Systems unter dem<br />

Einfluss von hochfrequenten EMF<br />

Provokationsstu<strong>die</strong> zur Elektrosensitivität einzelner<br />

menschlicher Individuen<br />

Auswirkungen von HF-EMF <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Funktion der Blut-<br />

Hirn-Schranke in vitro (GSM 1800 und UMTS)<br />

Untersuchungen möglicher Effekte von Mobiltelefonen<br />

<strong>auf</strong> das Zentrale Nervensystem des Menschen<br />

(GSM 900 und optional UMTS)<br />

Weiterhin hob Kühn <strong>die</strong> von der AG F durchgeführten<br />

wissenschaftlichen Veranstaltungen hervor. Dabei<br />

Die <strong>Zugriff</strong>sentwicklung <strong>auf</strong> das FGF-Internetangebot<br />

Durchschnittliche Seitenanfragen/Monat<br />

80.000<br />

70.000<br />

60.000<br />

50.000<br />

40.000<br />

30.000<br />

20.000<br />

10.000<br />

0<br />

wurde FGF-Mitgliedern grundlegendes Wissen zur<br />

Struktur und Funktion der Blut-Hirn-Schranke sowie<br />

über „Heat Shock Proteins“ ver<strong>mit</strong>telt.<br />

Zu den wichtigsten Zielen für das Jahr 2004 gehöre<br />

weiterhin <strong>die</strong> wissenschaftliche Begleitung der l<strong>auf</strong>enden<br />

FGF-Forschungsprojekte, so Kühn. Insbesondere<br />

gelte es, <strong>die</strong> Meilensteine und Kosten zu überwachen<br />

und letztendlich den Ergebnistransfer zu gewährleisten.<br />

Die Reihe der FGF-Workshops soll in 2004<br />

<strong>mit</strong> den Themen „Hypersensitivity/Subjective Symptoms“<br />

und „Gene Expression/Heat Shock Proteins“<br />

fortgesetzt werden.<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

In seinem Bericht zur Öffentlichkeitsarbeit verwies<br />

Schulz <strong>auf</strong> verstärkte Aktivitäten: Die Umsetzung der<br />

neuen Richtlinie für <strong>die</strong> Öffentlichkeitsarbeit soll eine<br />

zielgruppenorientierte Arbeit fördern und <strong>die</strong> Angebote<br />

für <strong>die</strong> Mitglieder optimieren.<br />

Die Angebote der FGF wurden von Mitgliedern als auch<br />

von Außenstehenden gut genutzt: Die FGF-Internetseiten<br />

<strong>mit</strong> ihren aktuellen Meldungen wurden durchschnittlich<br />

mehr als 40 000 mal im Monat abgefragt,<br />

ebenso wurden <strong>die</strong> Angebote genutzt, den<br />

Newsletter und <strong>die</strong> Edition Wissenschaft per „Download“<br />

abzurufen.<br />

Verschickte Datenmenge in kBytes/Monat<br />

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003<br />

* Start des neuen Internetangebots<br />

*<br />

Seitenanfragen/Monat<br />

2.000.000<br />

1.600.000<br />

1.200.000<br />

800.000<br />

400.000<br />

Verschickte Datenmenge in kBytes/Monat<br />

I n t e r n 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

0<br />

75


I n t e r n<br />

Die Verteilung der Seitenanfragen <strong>auf</strong> <strong>die</strong> vier Hauptrubriken des gesamten FGF-Internetangebots<br />

Aktuelles 22 %<br />

Infoline<br />

Veranstaltungen<br />

Ausschreibungen<br />

76 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

Service 7 %<br />

Feedback<br />

Links<br />

Suche<br />

I n t e r n<br />

Die FGF 10 %<br />

Organisation<br />

Mitglieder<br />

Projektvergabe<br />

Darüber hinaus wurden <strong>die</strong> 4 Ausgaben des Newsletters<br />

<strong>mit</strong> einer Druck<strong>auf</strong>lage von jeweils 4500 Stück<br />

produziert und an interessierte Bezieher versandt.<br />

Auch <strong>die</strong> Infoline erfreue sich hoher Akzeptanz, so<br />

Schulz. Im vergangenen Jahr seien 44 Ausgaben <strong>mit</strong><br />

aktuellen Informationen zum Thema EMVU erschienen,<br />

<strong>die</strong> über das Internet etwa 4400 mal pro Monat<br />

abgerufen wurden. Bei der Auswahl der gemeldeten<br />

Nachrichten wird ein festgelegter Kriterienkatalog<br />

zugrunde gelegt, so dass <strong>die</strong> Informationen beispielsweise<br />

keine Produktinformationen oder nichtethische<br />

Inhalte wiedergeben, sondern vor allem Aktuelles<br />

aus Forschung, Technik, Risikokommunikation<br />

usw. beinhalten.<br />

Zu den weiteren Erfolgen der Öffentlichkeitsarbeit zählte<br />

Schulz auch das Projekt „Zeitung in der Schule“,<br />

über das in der letzten Ausgabe des Newsletters ausführlich<br />

berichtet wurde. Für das Jahr 2004 strebt<br />

Schulz eine zunehmende „Sichtbarkeit“ der FGF an.<br />

Mit der weiteren Umsetzung der Öffentlichkeitsrichtlinie<br />

sollen <strong>die</strong> Strukturen und Inhalte der FGF-Me<strong>die</strong>n<br />

weiter verbessert werden.<br />

Aus der Geschäftsstelle<br />

Forschung und<br />

<strong>Publikation</strong>en 60 %<br />

Edition Wissenschaft<br />

Tagungsberichte<br />

Themensammlung<br />

Newsletter<br />

FGF-Forschung<br />

Friedrich begann seinen Bericht <strong>mit</strong> der Mitgliederentwicklung<br />

der FGF. Im Berichtsjahr konnten <strong>mit</strong> der<br />

Université Bordeaux, Laboratoire PIOM, sowie der


Hochschule für Technik und Wirtschaft, Saarbrücken,<br />

zwei neue Mitglieder gewonnen werden:<br />

Da<strong>mit</strong> ist <strong>die</strong> Gesamtzahl der Mitglieder <strong>auf</strong> 58 angestiegen.<br />

Mitgliederstärkste Gruppe bleibt da<strong>mit</strong><br />

weiterhin der Bereich „Universitäten/wissenschaftliche<br />

Institutionen“.<br />

Im Jahr 2004 werden 4 Austritte wirksam, was leider<br />

Auswirkungen <strong>auf</strong> <strong>die</strong> finanzielle Situation der FGF<br />

haben wird, wenn keine weiteren neuen Mitglieder<br />

gewonnen werden.<br />

Friedrich dankte den vielen freiwilligen Helfern außerhalb<br />

der Geschäftsstelle für deren Unterstützung und<br />

gab einen kurzen Überblick über <strong>die</strong> vielen Aktivitäten<br />

des Vereins – ohne zu vergessen, <strong>auf</strong> den Jahresbericht<br />

2003 hinzuweisen, der den Mitgliedern vorlag.<br />

Er äußerte sich selbst überrascht, wie vielfältig und<br />

zahlreich <strong>die</strong> Aktivitäten des Vereins in 2003 waren.<br />

Für 2003, so Friedrich, standen Einnahmen in Höhe<br />

von 1,64 Mio. Euro, den Ausgaben in Höhe von 1,68<br />

Mio. Euro gegenüber. Die Differenz konnte aus den<br />

Rest<strong>mit</strong>teln des Vorjahres gedeckt werden.<br />

Mitglieder zufrieden, Vorstand entlastet<br />

In der anschließenden Aussprache zeigten sich <strong>die</strong><br />

Mitglieder zufrieden <strong>mit</strong> den Ergebnissen des abgel<strong>auf</strong>enen<br />

Jahres. Hervorgehoben wurde <strong>die</strong> hohe Kompetenz,<br />

<strong>die</strong> insbesondere im Bereich der Expositionseinrichtungen<br />

erlangt wurde.<br />

Auch <strong>die</strong> Kassenprüfer zeigten <strong>mit</strong> ihrem Bericht ihre<br />

Zufriedenheit. Die Herren Werner (ZDF) und Garvert<br />

(Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit) testierten<br />

eine ordnungsgemäße Buchführung und satzungsgemäße<br />

Verwendung der Gelder. Es ergaben<br />

sich keine Beanstandungen.<br />

In der anschließenden Abstimmung sprachen sich alle<br />

14 anwesenden stimmberechtigten Mitglieder für <strong>die</strong><br />

Entlastung des Vorstandes aus.<br />

Nachwahl von Vorstands<strong>mit</strong>gliedern<br />

Für <strong>die</strong> ausscheidenden Vorstands<strong>mit</strong>glieder Dr. Christian<br />

Payer, Peter Zapf, Joachim Claus, Horst Ehrnsperger<br />

und Heinz Friedmann wurde eine Nachwahl<br />

durchgeführt. Die vorgeschlagenen Kandidaten wurden<br />

von allen 14 Stimmberechtigten gewählt. Der neue<br />

Mitgliederentwicklung 1992-2003<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001<br />

Industrie Betreiber Ministerien<br />

Verbände Hochschulen Sonstige Institute<br />

Vorstand setzt sich da<strong>mit</strong> aus folgenden Mitgliedern<br />

zusammen:<br />

für <strong>die</strong> Gruppe der Netzbetreiber:<br />

Dr. Wolf Haas, Vodafone D2, Vertreter: Dr. Ulrich<br />

Hermann, Swisscom<br />

Dr. Fritz Lauer, T-Mobile, Vertreter: N.N., Deutsche<br />

Telekom<br />

Dr. Karsten Menzel, E-Plus, Vertreter: Wolfgang<br />

Krüger, O 2<br />

für <strong>die</strong> Gruppe der Serviceanbieter:<br />

Herbert Tillmann, Bayerischer Rundfunk, Vertreter:<br />

Helwin Lesch, Bayerischer Rundfunk<br />

für <strong>die</strong> Industrie:<br />

Eike Bär, Motorola, Vertreter: Thomas Barmüller,<br />

FMK<br />

Dr. Heinz Friedrichs, Bosch, Vertreter: Dr. Werner<br />

Irler, Lucent Technology<br />

Dr. Uwe Kullnick, Siemens, Vertreter: Ralf Grafe;<br />

Nokia<br />

für <strong>die</strong> Gruppe der Behörden:<br />

Dittmar von Schilling, BMWA,Vertreter: Peter Voß,<br />

BMWA<br />

Als Vorsitzenden bestätigte der neu etablierte Vorstand<br />

Herrn Bär, ebenso wie seinen Vertreter, Dr.<br />

Haas. Bär dankte noch einmal im Namen des Vorstandes<br />

den scheidenden Vorstandskollegen für <strong>die</strong><br />

geleistete Arbeit.<br />

I n t e r n 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

2002 2003<br />

77


I n t e r n<br />

2004: So geht es weiter<br />

Friedrich stellte anschließend den Wirtschaftsplan für<br />

2004 vor. Danach betragen <strong>die</strong> Einnahmen voraussichtlich<br />

1,5 Mio. Euro, <strong>die</strong> im vollen Umfang <strong>auf</strong> der<br />

Ausgabenseite verplant sind. Für Forschungsprojekte stehen<br />

etwa 800 000 Euro zur Verfügung, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong><br />

l<strong>auf</strong>enden Projekte weitgehend gebunden sind.<br />

Abschließend wurden <strong>die</strong> weiteren geplanten Aktivitäten<br />

für 2004 vorgestellt:<br />

Forschungsprogramm 2004 <strong>mit</strong> Schwerpunkt <strong>auf</strong><br />

Durchführung von wissenschaftlichen Workshops<br />

neben den l<strong>auf</strong>enden Projekten<br />

Koordinierung und Monitoring der Forschungsaktivitäten<br />

<strong>mit</strong> WHO, EU, BfS, BAuA<br />

Veröffentlichung von Forschungsergebnissen der<br />

FGF-Dritt<strong>mit</strong>tel-Forschung in Internet und Edition<br />

Wissenschaft<br />

2004<br />

Präsentation der Forschungsergebnisse bei der<br />

BEMS 2004 und anderen internationalen Veranstaltungen<br />

Mitarbeit bei COST 281; Wissenschaftliches Sekretariat<br />

Ausbau des Informationsangebots im Internet und<br />

Intranet<br />

Fortentwicklung der Strategie für <strong>die</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />

Veranstaltung und Mitwirkung bei internationalen<br />

wissenschaftlichen Kongressen<br />

Sowohl dem Wirtschaftsplan als auch der Aktivitätenplanung<br />

stimmte das Gremium einstimmig zu. Ebenso<br />

wurde der Beschluss gefasst, den ver<strong>die</strong>nten Mitgliedern<br />

Horst Ehrnsperger und Dr. Christian Payer <strong>die</strong><br />

Ehren<strong>mit</strong>gliedschaft zu verleihen.<br />

Nachdem Dr. Kühn als Leiter der AG F aus Altersgründen<br />

ausscheidet, wurde Herr Dr. Volker Bökelmann<br />

<strong>auf</strong> Vorschlag der AG F durch den Vorstand zu seinem<br />

Nachfolger bestimmt.<br />

Zum Abschluss der 12. Mitgliederversammlung bedankte<br />

sich Bär noch einmal bei allen Beteiligten der<br />

FGF im Vorstand, den Arbeitsgruppen und der Geschäftsstelle<br />

für <strong>die</strong> geleistete Arbeit.<br />

Dipl.-Ing. Uwe Möbius, Forschungsgemeinschaft Funk<br />

78 NEWS<br />

letter 1/2004<br />

I n t e r n


N a c h r i c h t e n<br />

COST 281 Workshop und<br />

Management Com<strong>mit</strong>tee Meeting<br />

in Thessalonoki<br />

Am 18. und 19. März 2004 fand in Thessaloniki,<br />

Griechenland, der sechste Workshop im Rahmen des<br />

europäischen COST 281 Programms statt, der von<br />

der FGF in ihrer Funktion als wissenschaftliches Sekretariat<br />

des COST 281 Programms vorbereitet wurde.<br />

Thema: „Mögliche biologische Effekte neuer Technologien,<br />

insbesondere im UHF Bereich“. Es ging bei<br />

<strong>die</strong>sem Workshop also im Wesentlichen darum zu<br />

untersuchen, ob durch <strong>die</strong> Einführung neuer Funktechnologien<br />

<strong>mit</strong> neuen Auswirkungen <strong>auf</strong> biologische<br />

Systeme zu rechnen ist.<br />

In Verbindung <strong>mit</strong> dem Workshop fand auch das sechste<br />

Treffen des COST 281 Management Ko<strong>mit</strong>ees statt.<br />

Außerdem wurde über Fortschritte bei der Arbeit der<br />

drei aktiven COST 281 Arbeitsgruppen, „Mobiltelefone<br />

und Kinder“, „Genetische Aspekte“ und „Dosimetrie“<br />

berichtet. Alle Vorträge des Workshops sowie eine<br />

Zusammenfassung der Ergebnisse in Form eines Rapporteurs<br />

Berichts, werden in Kürze <strong>auf</strong> der COST 281<br />

Webseite (www.cost281.org) zur Verfügung stehen.<br />

Workshop der FGF zum Thema<br />

HF-Felder und Stress-Proteine<br />

in Helsinki<br />

Am 28. und 29. April 2004 veranstaltet <strong>die</strong> FGF in der<br />

finnischen Hauptstadt Helsinki, in Zusammenarbeit<br />

<strong>mit</strong> der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der finnischen<br />

Behörde für Strahlenschutz und Reaktorsicherheit<br />

(STUK) und der europäischen COST 281 Initiative,<br />

einen Workshop zum Thema „Influence of RF<br />

Fields on the Expression of Stress Proteins“. Hitzeschock-<br />

(und andere Stress-) Proteine werden seit<br />

einiger Zeit als möglicher Hinweis <strong>auf</strong> eine nicht-thermische<br />

Wirkung elektromagnetischer Felder <strong>auf</strong> biologische<br />

Systeme diskutiert. Die Diskussion wird unter<br />

Experten allerdings sehr kontrovers geführt. Ziel<br />

des Workshops ist es, Forscher unterschiedlicher<br />

Fachdisziplinen, <strong>die</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong>sem Thema in den letzten<br />

Jahren Experimente durchgeführt haben, zusammenzubringen,<br />

um <strong>die</strong> Diskussion weiter voran zu bringen.<br />

26. Jahrestreffen der<br />

BEMS in Washington<br />

Die alljährliche Konferenz der Bioelectromagnetics<br />

Society (BEMS) wird <strong>die</strong>ses Jahr <strong>vom</strong> 20. bis 24. Juni<br />

2004 in der amerikanischen Hauptstadt Washington<br />

stattfinden. Nähere Informationen dazu findet man<br />

<strong>auf</strong> der Web-Seite der BEMS: http://www.bioelectro<br />

magnetics.org/bems2004/<br />

Workshop der WHO zum<br />

Thema “Sensitivity of Children<br />

to EMF Exposure” in Istanbul<br />

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veranstaltet<br />

<strong>vom</strong> 9. bis 11. Juni 2004 in Istanbul, Türkei, einen<br />

Workshop der sich da<strong>mit</strong> befasst, ob Kinder in besonderer<br />

Weise durch elektromagnetische Felder gefährdet<br />

sein könnten. Der Workshop wird von der WHO<br />

in Zusammenarbeit <strong>mit</strong> der Medizinischen Fakultät<br />

der Gazi Universität in Ankara organisiert. Darüber<br />

hinaus wird der Workshop von folgenden Organisationen<br />

unterstützt:<br />

International Commission on Non-Ionizing Radiation<br />

Protection (ICNIRP),<br />

European Cooperation in the Field of Scientific and<br />

Technical Research (COST 281),<br />

Swedish Radiation Protection Authority (SSI), Stockholm,<br />

Sweden,<br />

Electrical Power Research Institute (EPRI), California,<br />

USA.<br />

Nähere Informationen: http://www.who.int/peh-emf/<br />

meetings/children_turkey_june2004/en/<br />

N a c h r i c h t e n 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

N a c h r i c h t e n 1/2004 letter<br />

NEWS<br />

79


N a c h r i c h t e n<br />

Rechenschaftsbericht<br />

zur Selbstverpflichtung<br />

der Mobilfunknetzbetreiber<br />

Die Mobilfunknetzbetreiber haben der Bundesregierung<br />

am 2.März 2004 ihren zweiten Rechenschaftsbericht<br />

zur Selbstverpflichtung <strong>vom</strong> Dezember 2001<br />

vorgelegt. Die Gutachter, das Beratungsunternehmen<br />

B.A.U.M. Consult und das Deutsche Institut für Urbanistik,<br />

ziehen in ihrem Bericht eine positive Bilanz.<br />

Insbesondere bei den Fragen der <strong>Stand</strong>ortsuche für<br />

Mobilfunkbasisstationen bescheinigen <strong>die</strong> Gutachter<br />

den Mobilfunkbetreibern und Kommunen ein hohes<br />

Maß an Kooperations- und Konsensbereitschaft. „Es<br />

ist erfreulich, dass sich <strong>die</strong> Zusammenarbeit von Netzbetreibern<br />

und Kommunen weiterhin positiv entwickelt<br />

hat und so unnötige <strong>Stand</strong>ortkonflikte vermieden werden<br />

konnten“, sagte Bundeswirtschaftsminister Wolfgang<br />

Clement. Nach wie vor bleibe es jedoch noch zu<br />

oft dem Zufall überlassen, wie <strong>die</strong> Bürgerinnen und<br />

Bürger über <strong>die</strong> <strong>Stand</strong>ortauswahl für Mobilfunkstationen<br />

informiert würden, so <strong>die</strong> Gutachter.<br />

Nach Feststellung der Gutachter sind <strong>die</strong> Mobilfunkbetreiber<br />

ihrer Zusage, <strong>die</strong> Verbraucher besser über<br />

<strong>die</strong> Strahlungswerte der Handys zu informieren, grundsätzlich<br />

nachgekommen. Allerdings sei entsprechendes<br />

Informationsmaterial in den Verk<strong>auf</strong>sstellen kaum<br />

verfügbar oder das Verk<strong>auf</strong>spersonal nicht entsprechend<br />

informiert. Die Betreiber haben hier Nachbesserung<br />

zugesagt. In <strong>die</strong>sem Zusammenhang kritisierte<br />

Bundesumweltminister Trittin, dass der „Blaue<br />

Engel“ als Qualitätszeichen für besonders strahlungsarme<br />

Handys von den Herstellern nach wie vor nicht<br />

in Anspruch genommen werde, obwohl schon rund<br />

ein Drittel der <strong>auf</strong> dem Markt verfügbaren Geräte <strong>die</strong><br />

Kriterien erfüllen.<br />

80 NEWS 80 letter 1/2004<br />

NEWS<br />

letter 1/2004<br />

N a c h r i c h t e n<br />

Impressum<br />

Newsletter der FGF e.V.<br />

Herausgeber:<br />

Forschungsgemeinschaft Funk e.V.<br />

Rathausgasse 11a<br />

D-53111 Bonn<br />

Telefon: 0228 / 726 22-0<br />

Telefax: 0228 / 726 22 11<br />

E-Mail: info@fgf.de<br />

Internet: http://www.fgf.de<br />

Konzeption und Redaktion:<br />

Gerd Friedrich (verantw.),<br />

Gudrun Westendörpf<br />

Urheberrechte:<br />

Namentlich gekennzeichnete<br />

Beiträge sind urheberrechtlich<br />

geschützt und stellen nicht immer<br />

<strong>die</strong> Meinung der Redaktion dar.<br />

Entwurf:<br />

Kurt Günther, Dortmund<br />

Layout, Grafik:<br />

setz it. Richert GmbH,<br />

Sankt Augustin<br />

Bildnachweis:<br />

S. 2, 3, 6, 10 – Gollnick, S. 5, 9<br />

– Riemann, S. 5, 6 – Penzel,<br />

S. 14 – Oftedal, S. 17, 19, 21,<br />

22, 23 – Glaser, S. 56, 57 –<br />

Ulmer, alle anderen – Archiv<br />

Erscheinungsweise:<br />

4 x jährlich<br />

Auflage:<br />

4.500 Exemplare<br />

Nachdruck und Reproduktion<br />

erwünscht<br />

ISSN 0949-8745

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