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„Selbstmord, Freitod, Suizid, Selbsttötung“

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„sua manu cadere“, was soviel bedeutet wie „von eigener Hand fallen“. Aber auch die<br />

Übersetzung von „sui cadere“ (sich töten) oder „suicidium“ (Selbsttötung) ist denkbar.<br />

In der juristischen Fachsprache findet vor allem der Begriff der „<strong>Selbsttötung“</strong><br />

Verwendung. Dabei steht der Vorgang als solcher im Vordergrund, nicht jedoch die<br />

Motive oder die gesellschaftliche Bewertung der Handlung – anders als beim Begriff<br />

„<strong>Suizid</strong>“, welcher eine psycho-pathologische Perspektive integriert.<br />

Die inhaltliche Begrenzung des Phänomens des „Sich selbst töten“ ist erstmals durch<br />

Emil Durkheim, einen Soziologen erfolgt. Nach ihm nennt man <strong>„Selbstmord</strong> jeden<br />

Todesfall, der direkt oder indirekt auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen<br />

ist, die vom Opfer selbst begangen wurde, wobei es das Ergebnis seines Verhaltens im<br />

voraus kannte.“ Wichtig ist hierbei die Unterscheidung zwischen versuchtem und<br />

durchgeführtem <strong>Suizid</strong>. Ein großer Teil der <strong>Suizid</strong>ologie, der wissenschaftlichen<br />

Erforschung des <strong>Suizid</strong>s, widmet sich dem <strong>Suizid</strong>versuch. Bei diesem wird der<br />

<strong>Suizid</strong>versuch vom Opfer bewusst so ausgeführt, dass er scheitern muss. Hintergrund<br />

ist nicht das eigentliche Motiv des Sterbens, sondern der Appell an die Mitmenschen.<br />

Die Handlung verfügt über eine enorme Signalwirkung, und wird deshalb für Hilferufe<br />

oder auch Erpressungen der Umwelt genutzt. Weiterhin schließt die Definition auch<br />

<strong>Suizid</strong>e ein, die auf den ersten Blick nicht als solche erscheinen, weil sie indirekt oder<br />

durch Unterlassen herbeigeführt werden. So kann auch die Verweigerung der<br />

Einnahme lebenswichtiger Medikamente als <strong>Suizid</strong>form gedeutet werden. Gleichzeitig<br />

werden Handlungen ausgeschlossen, bei denen sich der Mensch nicht bewusst ist,<br />

dass sein Verhalten in der Folge den eigenen Tod bedeuten muss. Hierunter fällt die<br />

Selbsttötung durch stark narkotisierende Mittel. Da der Besitz der geistigen Kräfte zu<br />

diesem Zeitpunkt ausgeschlossen werden kann, handelt es sich nicht um einen <strong>Suizid</strong><br />

im klassischen Sinne, sondern um einen Unfall mit Todesfolge.<br />

Zum Schluss soll an einem aktuellen Beispiel aufgezeigt werden, weshalb Durkheim<br />

beim <strong>Suizid</strong> von einer sozialen Tatsache spricht, welche durch soziale Bedingungen<br />

erklärt werden muss.<br />

Die aktuelle Debatte um den Patientensuizid in Form der Verweigerung<br />

lebenserhaltender Maßnahmen stellt solch ein Beispiel dar. Fraglich ist, ob die heutige<br />

Gesellschaft den Patientensuizid fördert und damit zu einer Erhöhung der passiven<br />

<strong>Suizid</strong>e beisteuert.<br />

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