Vom Duft der großen weiten Welt Vom Duft der großen ... - rheinkiesel
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Sprichwörter<br />
Von Fettnäpfen,<br />
Fe<strong>der</strong>lesern<br />
und Schema F<br />
Wenn die Dame des Hauses sich extra für ihren Gemahl aufdonnert,<br />
bei ihm <strong>der</strong> Groschen aber nicht fällt, so muß <strong>der</strong><br />
Gatte dies früher o<strong>der</strong> später ausbaden: Ohne viel Fe<strong>der</strong>lesens<br />
hält seine Holde ihm eine geharnischte Gardinenpredigt,<br />
wonach <strong>der</strong> Haussegen eine Weile schief hängt.<br />
In diesem Fall muß <strong>der</strong> Hausherr<br />
sich gewaltig anstrengen, um den<br />
Haussegen und damit den häuslichen<br />
Frieden wie<strong>der</strong> geradezurücken.<br />
Seit jeher ist dies ganz<br />
wörtlich gemeint: Sie kennen gewiß<br />
die Querbalken über dem<br />
Eingang von Fachwerkhäusern –<br />
oft wun<strong>der</strong>schön bunt verziert –<br />
in die ein frommer Spruch eingekerbt<br />
ist: eben <strong>der</strong> Haussegen<br />
(etwa: „Grüß Gott, tritt ein, bring<br />
Glück herein“, o<strong>der</strong> „An Gottes<br />
Segen ist alles gelegen“). Wird das<br />
Haus nicht ausreichend in Schuß<br />
gehalten, leidet das Fundament<br />
und die Balken geraten in Schieflage.<br />
Dann hängt auch <strong>der</strong> Haussegen<br />
schief. Möglicherweise<br />
kommt das Gebäude „unter den<br />
Hammer“ und wird verkauft o<strong>der</strong><br />
gerichtlich versteigert. Der Hammer<br />
gilt als Symbol für Rechtsprechung<br />
und Zeichen <strong>der</strong> Vollmacht.<br />
Fanden früher Gerichtssitzungen<br />
o<strong>der</strong> Beratungen statt,<br />
wurde ein Hammer umhergesandt,<br />
um die beteiligten Gemein-<br />
12 Juli 2009<br />
den zusammenzurufen. Im Falle<br />
von Grundbesitzstreitereien wurde<br />
kurzer Prozeß gemacht und den<br />
rivalisierenden Parteien ein<br />
Hammer in die Hand gedrückt.<br />
Wohl dem, <strong>der</strong> gut werfen konnte,<br />
denn sein Grundstück reichte<br />
künftig so weit, wie er den<br />
Hammer schleu<strong>der</strong>te.<br />
Kurzen Prozess machen wird<br />
sprichwörtlich häufig umschrieben<br />
mit „ohne viel Fe<strong>der</strong>lesens (zu<br />
machen)“. Auf mittelalterlichen<br />
Straßen flog stets allerlei Unrat<br />
herum, darunter eben auch Fe<strong>der</strong>n,<br />
die zuweilen auf den Gewän<strong>der</strong>n<br />
vornehmer Herrschaften<br />
hängen blieben. Wer sich bei den<br />
aufgedonnerten Edlen einschmeicheln<br />
wollte, zupfte ihnen die<br />
Fe<strong>der</strong>n von den Klei<strong>der</strong>n.<br />
„Aufdonnern“, sich also aufdringlich<br />
und geschmacklos zurechtmachen,<br />
hat übrigens nichts mit<br />
dem Wort Donner zu tun. Es findet<br />
seinen Ursprung vielmehr im<br />
lateinischen Ausdruck „donna“ =<br />
Dame. Aufgedonnert wird seit<br />
Voll ins Schwarze? Falsch! Den Nagel auf den Kopf getroffen<br />
dem 19. Jahrhun<strong>der</strong>t ganz wörtlich<br />
übersetzt mit „wie eine Dame<br />
gekleidet“. Die ironische Bedeutung<br />
des Ausdruckes entstand erst<br />
viel später. Heute heißt es: “Guck<br />
mal, die aufgedonnerte Alte da<br />
drüben – das Outfit ist ja wohl<br />
unter aller Kanone!“ (also unter<br />
jedem Niveau).<br />
We<strong>der</strong> Donner<br />
noch Kanone<br />
Genausowenig, wie aufdonnern<br />
mit Donner zu tun hat, hat „unter<br />
aller Kanone“ mit Kanonen zu<br />
tun. Der Ausspruch stammt vielmehr<br />
von „sub omni canoni =<br />
unter allem Kanon“. Ein Kanon<br />
ist ein Stufengesang, bei dem die<br />
Sänger versetzt beginnen. Um die<br />
Versetzung (nämlich in die nächst-