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Appenzeller Bräuche und Traditionen. - Appenzell.ch

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Rugguusseli, S<strong>ch</strong>ölles<strong>ch</strong>ötte, Talers<strong>ch</strong>wingen<br />

Die Männer stehen im Kreis. Völlig auf si<strong>ch</strong> selbst <strong>und</strong> den Ton konzentriert, die<br />

Hände in den Hosentas<strong>ch</strong>en. Der Vorsänger stimmt eine Klangfolge an, einer na<strong>ch</strong><br />

dem andern stimmt ein. Gesungen wird na<strong>ch</strong> Gefühl. Kaum ein anderer Jodel klingt<br />

so anrührend wie das Innerrhoder «Rugguusseli» <strong>und</strong> das Ausserrhoder «Zäuerli».<br />

«Rugguussele» oder «zäuerle» bedeuten, mehrstimmige textlose Naturjodel aus<br />

klingenden Vokalen <strong>und</strong> Silben singen. Typis<strong>ch</strong> für die erste Stimme ist der s<strong>ch</strong>nelle<br />

We<strong>ch</strong>sel von der Brust- in die Kopfstimme (Falsett), bezei<strong>ch</strong>net als Kehlkopfs<strong>ch</strong>lag.<br />

Die Melodie des «Voozaurers» wird gestützt dur<strong>ch</strong> eine improvisierte Mehrstimmigkeit<br />

von mehreren Sängern, was mit «graadhäbe» bezei<strong>ch</strong>net wird.<br />

Die Begriffsherkunft ist ni<strong>ch</strong>t geklärt; bereits in einer S<strong>ch</strong>rift von 1606 begegnet<br />

man dem Ausdruck von «sauren» <strong>und</strong> «rungusen» als Lockrufe (Alfred Tobler in:<br />

«Kuhreihen», 1890). «Zaure» ist eine der typis<strong>ch</strong>en Kommunikationsformen speziell<br />

im Alpenraum. Es ist ein Jau<strong>ch</strong>zer, ein Lebenszei<strong>ch</strong>en, ein Ausdruck von Freude<br />

an Klang <strong>und</strong> E<strong>ch</strong>o.<br />

In Innerrhoden waren es ursprüngli<strong>ch</strong> die Sennen, wel<strong>ch</strong>e den Jodel sangen, do<strong>ch</strong><br />

um 1900 wurde er weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt gema<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong><br />

Solojodlerinnen. «Rugguusseli» <strong>und</strong> «Zäuerli» sind s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>te, langsame Melodien.<br />

Melodien in Moll existieren ni<strong>ch</strong>t, <strong>und</strong> trotzdem empfinden Aussenstehende den<br />

26 Ort: Im <strong><strong>Appenzell</strong>er</strong>land. Zeit: Ganzjährig.<br />

Gesang oft als s<strong>ch</strong>wermütig. Man hört sie an zahlrei<strong>ch</strong>en Konzerten, an der<br />

«Alpstobede», im Wirtshaus <strong>und</strong> natürli<strong>ch</strong> zur Alpfahrt.<br />

«S<strong>ch</strong>ölles<strong>ch</strong>ötte» <strong>und</strong> Talers<strong>ch</strong>wingen<br />

«S<strong>ch</strong>ölles<strong>ch</strong>ötte» – grosse Kuhs<strong>ch</strong>ellen erklingen dur<strong>ch</strong> rhythmis<strong>ch</strong>es S<strong>ch</strong>wingen –<br />

ist eine eigenständige musikalis<strong>ch</strong>e Aufführung; das «Rugguusseli» dazu ist Beigabe.<br />

Anders verhält es si<strong>ch</strong> beim Talers<strong>ch</strong>wingen: Hier steht im Vordergr<strong>und</strong> der<br />

Naturjodel, <strong>und</strong> der Beckendreiklang liefert dazu den Bordun. Es existiert keine<br />

vorgegebene Becken-Stimmung, am beliebtesten ist aber jene mit Intervallen wie<br />

bei den S<strong>ch</strong>ellen (E-G-A) oder in Dreiklang-Terzen.<br />

«Ratzliedli»<br />

In fröhli<strong>ch</strong>en R<strong>und</strong>en singen die <strong><strong>Appenzell</strong>er</strong> gern. Und man<strong>ch</strong>mal werden sie<br />

übermütig. Einer singt die erste Strophe eines «Ratzliedli», eine weitere folgt, <strong>und</strong><br />

no<strong>ch</strong> eine <strong>und</strong> no<strong>ch</strong> eine. Witzige, fre<strong>ch</strong>e, spottende, kokette oder banale Zeilen<br />

reimen si<strong>ch</strong> auf die einfa<strong>ch</strong>en – man<strong>ch</strong>mal von bekannten Volksliedern entlehnten –<br />

Melodien. In den gejodelten Refrain stimmen alle ein. Die ganze Wirts<strong>ch</strong>aft wird<br />

zum Jodel<strong>ch</strong>or. Der Name «Ratzliedli» <strong>ch</strong>arakterisiert mit dem Wortteil «ratz» die<br />

Art der Lieder im Sinne von «zom Tratz», will heissen: Necken, s<strong>ch</strong>erzen, hänseln.<br />

Die Texte werden zum Teil seit Generationen überliefert, aber immer wieder au<strong>ch</strong><br />

neu erf<strong>und</strong>en – sie sind pure Volkspoesie!

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