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Warner Bros. Pictures Germany - Babylon Kino

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24 über die produktion | coco chanel ...<br />

voller Selbstzweifel ist und von einem anderen Leben träumt. Sie hat zwar<br />

schon ihren eigenen Kopf und ihr eigenes Temperament, gleichzeitig ist<br />

sie aber immer noch sehr unsicher. Als wir diesen Teil drehten, steckte ich<br />

selbst voller Zweifel. Ich hatte keine Kontrolle über die Figur, kontrollierte<br />

mich selbst nicht. Dann bekam ich allmählich den Durchblick. Im letzten<br />

Abschnitt des Films bin ich schließlich vollständig mit Coco verschmolzen.<br />

Diese Mimikry hatte nichts mit den Kostümen zu tun, mit der –<br />

sagen wir – oberflächlichen Seite der Figur, sondern mit ihrem tiefsten<br />

Inneren. Ob es mir gelungen ist, weiß ich natürlich nicht ... Jedenfalls fand<br />

ich es wichtig, ungekünstelt zu zeigen, wie sehr sich diese Frau schon in<br />

ihren jungen Jahren von den anderen unterschied, dass sie damals bereits<br />

eine Aura besaß und extrem charismatisch war.<br />

F: Es wurde so viel über Coco Chanel gesagt. Sie selbst hat ständig ihre<br />

Spuren verwischt. Was für eine Vorstellung haben Sie von ihr?<br />

A: Das Problem ist, dass ich mir kein Bild von ihr machen kann, weil sie<br />

es mit der Wahrheit nie so genau genommen hat. Zur Vorbereitung habe<br />

ich das Buch von Paul Morand gelesen, außerdem „Coco Chanel – Ein<br />

Leben“ von Edmonde Charles-Roux, das Porträt von Colette und all die<br />

Biografien, die Chanel selbst autorisiert hatte. Dabei fiel mir auf, wie sehr<br />

sie ihre Spuren verwischte, vielleicht aus Bescheidenheit, wie Menschen<br />

bäuerlicher Herkunft nun mal sind. Jedenfalls muss man sehr schlau<br />

sein, um herauszufinden, wer Chanel wirklich war. Ich möchte niemandem<br />

zu nahe treten, aber ich bin mir nicht sicher, ob all das, was über sie<br />

gesagt und geschrieben wurde und sich dabei häufig widersprach, ihrem<br />

wahren Wesen entspricht. Die Fülle an Material hat mich letzten Endes<br />

nur verwirrt, auch die Reportagen über sie. Deshalb beschloss ich irgendwann,<br />

mir nur noch ihre Fotos anzusehen und meiner Fantasie freien<br />

Lauf zu lassen.<br />

F: Der Film schildert Cocos Beziehung zu den beiden Männern, die ihre<br />

Lehrjahre auf mehr oder weniger positive Weise beeinflusst haben. Zunächst<br />

spielt Balsan nur mit ihr, erniedrigt sie sogar, will sie zu seiner<br />

Geisha machen ...<br />

A: Ja, aber sie stellt es sehr schlau an und erobert sich ganz allmählich ihren<br />

Platz in dieser oberflächlichen Gesellschaft, die auf Schloss Royallieu verkehrte,<br />

zeigt sich von ihrer besten Seite. Auf jeden Fall hat sie all diese<br />

Erniedrigungen eigensinnig und mit viel Intelligenz ertragen, in dem<br />

... der beginn einer leidenschaft | über die produktion 25<br />

Bewusstsein, dass sie nicht für immer dort bleiben und dass sie nie klein<br />

beigeben würde. Sie besitzt eine unermessliche Arroganz. Zu ihrer<br />

Schwester sagte sie einmal: ,Eines Tages werden sie sich darum prügeln, an<br />

meinem Tisch zu essen.‘ Dem Völkchen, das um Balsan herumschwirrte,<br />

begegnete sie stets, wenn nicht mit Verachtung, so doch mit einer gewissen<br />

Distanz. Sie wollte keine Dame der Gesellschaft werden, und erst<br />

recht keine Halbweltdame. Sie wollte wie ein Mann sein – eine Frau, die<br />

alle Freiheiten besitzt, die für Männer selbstverständlich sind. Coco hat<br />

schnell begriffen, dass sie nicht in Balsan verliebt war, stattdessen entwickelte<br />

sich zwischen ihnen eine Freundschaft. Sie bezeichnete ihn als<br />

ihren Wohltäter. Sie wusste, dass Balsan sie nur für eine extravagante Person<br />

hielt, die ihn amüsierte, andererseits hat sie ihn für ihre Zwecke<br />

benutzt. Er öffnet ihr etliche Türen, vor allem aber hat sie es ihm zu verdanken,<br />

dass sie schließlich nach Paris geht. Für eine junge Frau aus der<br />

Provinz ist es immer wieder ein Abenteuer, Paris zu entdecken, selbst<br />

heute noch. Als ich das erste Mal nach Paris kam ... ach, Paris ist so beeindruckend,<br />

so schön, wie ein Traum, und hier bietet sich einem die<br />

Chance, es zu etwas zu bringen!<br />

F: Coco verliebt sich leidenschaftlich in Boy Capel. Sie haben viel gemeinsam,<br />

wollen beide im Leben vorankommen, aber vor allem glaubt er an<br />

sie ...<br />

A: Das Vertrauen, das Boy Capel ihr entgegenbringt, gibt ihr Sicherheit<br />

und Trost. Er spürt, dass Chanel die Zukunft in sich trägt und dass die<br />

Freiheitsliebe dieser Frau etwas sehr Modernes ist. Boy Capel hat ihren<br />

einzigartigen Charakter erkannt, und er gibt ihr zu verstehen, dass ihr<br />

Anderssein kein Handicap ist, sondern – im Gegenteil – ihre Stärke ausmacht.<br />

Genau diese Modernität ist es, die sie gemeinsam haben.<br />

F: Dennoch nimmt sich Coco vor Gefühlen in Acht. Sie sagt: ,Eine verliebte<br />

Frau ist zu nichts zu gebrauchen ... sie benimmt sich wie eine Hündin,<br />

total unterwürfig.‘<br />

A: Sie möchte sich nicht von den Männern abhängig machen. Sie hat gesehen,<br />

wie ihre Mutter litt, weil sie gefühlsmäßig und finanziell von ihrem<br />

flatterhaften Mann abhängig war, der sie immer wieder verließ. Ich<br />

glaube, dass Coco mit sich selbst einen Pakt abgeschlossen hat, nach dem<br />

Motto: ,Ich werde nie von jemandem abhängig sein‘. Auf der anderen Seite<br />

ist die Vorstellung spannend, was wohl passiert wäre, wenn Boy Capel

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